Von Matthäus bis Götze: Wie Musialas Vorgänger als DFB-Greenhorn performten | OneFootball

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·14. Juni 2021

Von Matthäus bis Götze: Wie Musialas Vorgänger als DFB-Greenhorn performten

Artikelbild:Von Matthäus bis Götze: Wie Musialas Vorgänger als DFB-Greenhorn performten

Seit 1980 erst findet die Endrunde der Europameisterschaft mit mindestens acht Mannschaften statt. Wer waren seitdem die "Greenhorns" der deutschen Nationalmannschaft?

Jamal Musiala ist hinter Kacper Kozlowski (Polen/16.10.2003) und Jude Bellingham (England/29.06.2003) der drittjüngste Teilnehmer bei der Europameisterschaft 2021. Der Offensivmann des FC Bayern München wurde erst am 26. Februar 18 Jahre alt, Bundestrainer Joachim Löw nahm ihn dennoch schon mit zum Turnier. Der Offensivakteur reiht sich damit in die Liste prominenter Namen ein. Wer waren bei den vorherigen EM-Turnieren die  "Greenhorns" im DFB-Team? fussball.news blickt auf die Europameisterschaften seit 1980 zurück und stellt fest: Wer in jungen Jahren schon dem DFB-Team angehörte, hat in der Regel eine große Karriere vor sich.


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EM 1980 - Matthäus mit Fehlstart

Dabei muss ein schlechter Start einer großen Karriere nicht unbedingt im Weg stehen, wenn danach die richtigen Schlüsse gezogen werden. Lothar Matthäus etwa hat Standards und Rekorde im Weltfußball gesetzt. Doch bei seinem EM-Debüt am 14. Juni 1980 misslang der Start völlig. Der damals 19-Jährige - er war mit Abstand der jüngste Spieler im Team - verursachte fünf Minuten nach seiner Einwechslung im Vorrundenspiel gegen die Niederlande beim Stand von 3:0 für Deutschland einen Foulelfmeter. Die Niederlande verkürzten dadurch auf 1:3. Danach unterlief Matthäus ein Fehlpass, der das 2:3 einleitete. Die deutsche Mannschaft stand kurz vor dem EM-K.o., rettete den Sieg aber noch über die Zeit. Matthäus spielte aber danach im Turnier keine Minute mehr, während Deutschland Europameister wurde. Bundestrainer Jupp Derwall wirkte sogar so nachtragend, dass er Matthäus erst wieder im November 1981spielen ließ. Der Rest ist allerdings bekannt: Matthäus wurde 1990 Weltmeister und Weltfußballer und einer der erfolgreichsten Profis der Fußball-Geschichte. Und sein Rekord von 150 Einsätzen im DFB-Team wäre noch höher ausgefallen, hätte er bei der EM 1980 nicht gepatzt.

EM 1984 - Eintrachts Falkenmayer bleibt nur eine Randnotiz beim DFB

Vier Jahre später war Ralf Falkenmayer das "Greenhorn" im DFB-Team. Er reiste als damals 21-Jähriger als jüngster deutscher Nationalspieler mit zur EM nach Frankreich. Doch der Profi von Eintracht Frankfurt kam nicht zum Einsatz, das bittere Vorrunden-Aus des damaligen Titelverteidigers erlebte er komplett von der Bank aus. Die große Nationalmannschafts-Karriere (vier Einsätze) blieb zwar aus, doch in der Bundesliga kam Falkenmayer für die Eintracht und Bayer Leverkusen auf insgesamt 385 Einsätze mit 36 Treffern. Zeitweise zählte Falkenmayer zu den besten Mittelfeldspielern der Bundesliga - dass er also als "Greenhorn" bei der EM 1984 mit dabei war, hatte durchaus seine Berechtigung.

EM 1988 - Illgner startet erst später durch

Wie Falkenmayer hatte auch "Greenhorn" Bodo Illgner bei seiner ersten EM keinen Einsatz zu verbuchen. Bei der Heim-Europameisterschaft 1988 musste der damals 21-Jährige Keeper hinter Stammtorwart Eike Immel auf der Ersatzbank Platz nehmen. Der gebürtige Koblenzer, der elf Jahre lang das Tor des 1. FC Köln hütete, legte danach eine tolle Karriere hin. Er wurde nicht nur 1990 Elfmeterheld und Weltmeister, sondern holte mit Real Madrid (1998, 2000) zweimal die Champions League.

EM 1992 - Wörns dabei - aber erst fünf Jahre später wirklich Nationalspieler

Zur EM 1992 in Schweden stieß Christian Wörns als "Greenhorn" zu den Weltmeistern hinzu. Die Deutschen kamen bis ins Finale, was überraschend gegen Dänemark verloren ging (0:2). Wörns kam nicht zum Einsatz, erst ab 1997 sollte er zum Stammpersonal in der Innenverteidigung des DFB-Teams zählen. Auf Vereinsebene etablierte sich Wörns dagegen sehr schnell auf Topniveau. Für Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund brachte er es auf insgesamt 469 Bundesligapartien. Mit dem BVB holte er die deutsche Meisterschaft und den DFB-Pokal, bei seinem Auslandsjahr bei Paris Saint-Germain stemmte er den französischen Supercup in die Höhe.

EM 1996 - Schneiders Karriere scheitert am Verletzungspech

Zwischen 1980 und 1992 konnte also jedes "DFB-Greenhorn" einen erfolgreichen Karriereweg einschlagen. Auch Rene Schneider war so eine Karriere vorhergesagt, allerdings kam es anders. Bundestrainer Berti Vogts nominierte Rene Schneider zum EM-Turnier 1996, der anschließend als Europameister (ohne Einsatz) für umgerechnet drei Millionen Euro von Hansa Rostock zu Borussia Dortmund wechselte. Schneider wollte beim BVB durchstarten, doch schwerwiegende Verletzungen warfen ihn weit zurück. Nach nur 16 Einsätzen in drei Jahren wechselte Schneider zurück nach Rostock, wo er allerdings auch nicht mehr zu seinem Topniveau aus den Jahren 1994 und 1995 zurückfand.

EM 2000 - Die tragische Deisler-Geschichte

Im Jahr 2000 gab es wenn überhaupt zwei hoffnungsvolle Namen im deutschen Fußball: Michael Ballack und Sebastian Deisler. Auf ihnen lasteten die gesamten Hoffnungen einer ganzen Fußballer-Generation. Bei der EM 2000 konnten die Nachwuchsstars das Scheitern in der Vorrunde aber nicht verhindern. Deisler, das "Greenhorn" im Kader, war in Gladbach groß geworden, wechselte 1999 zur Hertha und 2002 zum FC Bayern. Der Offensivakteur wurde bereits als kommender Weltfußballer gehandelt, doch zunächst schwerwiegende körperliche Verletzungen (u.a. Knie) und dann psychische Probleme sorgten für Deislers frühes Karriereende bereits mit 27 Jahren.

EM 2004 - "Prinz" Poldi legt los

Bei der EM 2004 schied Deutschland erneut in der Vorrunde aus. Allerdings fielen bereits zwei eigentliche U21-Nationalspieler auf: Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger. Podolski, gerade 19 Jahre alt und das "Greenhorn" im Team, wurde von Bundestrainer Rudi Völler noch im letzten Gruppenspiel gegen Tschechien 45 Minuten eingesetzt. Die 1:2-Niederlage konnte der Stürmer des 1. FC Köln nicht mehr verhindern, doch er war danach am Aufschwung des deutschen Fußballs maßgeblich beteiligt, was neben der Heim-WM 2006 seinen Höhepunkt im Gewinn der WM 2014 in Brasilien fand. "Prinz Poldi" war stets dabei. Mit 130 Länderspielen liegt Podolski in der All-Time-Rangliste hinter Lothar Matthäus und Miroslav Klose auf Platz drei. Auch seine Stationen auf Vereinsebene können sich sehen lassen: Neben dem 1. FC Köln zählen dazu unter anderem der FC Bayern, der FC Arsenal, Inter Mailand und  Galatasaray Istanbul.

EM 2008 - Jansen erlebt beim ersten Turnier Höhen und Tiefen

Zeitweise Teamkollege von Podolski beim FC Bayern und in der Nationalmannschaft war Marcell Jansen. Jansen war der jüngste Spieler im deutschen Kader bei der EM 2008 in Österreich und der Schweiz und wusste da bereits beim 2:0-Erfolg gegen Polen zu überzeugen. Doch wenige Tage später erlebte der damals 22-Jährige einen rabenschwarzen Tag, gegen die Kroaten (1:2) war schon zur Pause Schluss. Wegen einer Schulterverletzung musste der linke Flügelspieler kurz pausieren und kam anschließend nur noch als Einwechselspieler zum Einsatz. Im Anschluss wechselte der frühere Gladbacher vom FC Bayern zum Hamburger SV, wo er zum Stamm- und Führungsspieler aufstieg. 2015 folgte das Karriereende als Profi. Seit 2020 ist er sogar Klubchef des HSV.

EM 2012 - Götzes Name in den Geschichtsbüchern

Bei der Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine zählte Mario Götze mit seinen 20 Jahren schon zum Kader des DFB-Teams, schließlich hatte er zuvor maßgeblichen Anteil am Double-Gewinn von Borussia Dortmund gehabt. Beim Turnier selbst musste "Greenhorn" Götze dennoch sich gedulden und Routiniers den Vortritt lassen, nur im blamablen Halbfinale gegen Italien (1:2) kam der Angreifer zehn Minuten vor Schluss in die Partie. Zwei Jahre später aber trug sich Götze mit seinem goldenen Tor im WM-Finale gegen Argentinien in die Geschichtsbücher des Weltfußballs ein. Danach wollte Götze auch beim FC Bayern durchstarten, doch eine passable Scorerquote reichte nicht, um sich nachhaltig in München zu etablieren. Auch seine Rückkehr 2016 zu  Borussia Dortmund war dann mit Höhen und Tiefen verbunden, unter anderem auch bedingt durch eine zwischenzeitliche Stoffwechselstörung. Derzeit spielt Götze in den Niederlanden bei der PSV Eindhoven. Fünf deutsche Meistertitel, vier Siege im DFB-Pokal und das Tor im WM-Finale stellen aber jetzt schon eine extrem erfolgreiche Karriere dar.

EM 2016 - Tah springt auf den EM-Zug auf

Bei der Europameisterschaft 2016 in Frankreich war Jonathan Tah mit 20 Jahren der jüngste Spieler der deutschen Mannschaft. Allerdings kam er beim Turnier nicht zum Einsatz, bei dem Deutschland im Halbfinale an Frankreich scheiterte. Danach avancierte Tah zu einem der besten Innenverteidiger der Bundesliga, doch bei Bayer Leverkusen ist er in ein Formtief gerutscht, weshalb er nun nicht zum aktuellen DFB-Kader zählt. Mit 25 Jahren steht ihm aber sicherlich eine zeitnahe Rückkehr in die Nationalmannschaft offen.

Fazit: Was die "Greenhorn"-Chronologie des DFB für Jamal Musiala nun zeigt: Im Grunde wurde jedes "Greenhorn" im EM-Kader der deutschen Nationalmannschaft ein Topspieler in der Bundesliga, außer es wurde von einer Verletzung oder Krankheit heimgesucht. Und fast alle "Greenhorns" gewannen mit der deutschen Nationalmannschaft große Titel, oftmals hatten sie am Triumph maßgeblichen Anteil wie die Beispiele Matthäus, Illgner,  Podolski und Götze zeigen.

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