Miasanrot
·31. Dezember 2024
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Die Verpflichtung von Vincent Kompany im Sommer überraschte viele. Wie hat sich der neue Trainer des FC Bayern bewährt, und welches Fazit lässt sich kurz vor dem Jahreswechsel ziehen? Nach den Zahlen schneidet Kompany in der Bundesliga sogar schlechter ab als sein Vorgänger Thomas Tuchel.
Nach den Absagen von Xabi Alonso, Julian Nagelsmann und Ralf Rangnick wirkte Vincent Kompanys Verpflichtung auf viele wie eine Notlösung. Entsprechend skeptisch waren die Erwartungen an ihn.
Im vergangenen Jahr präsentierte sich der FC Bayern unter Tuchel in der Bundesliga wie folgt: Nach 15 Spielen hatte das Team vier Punkte Rückstand auf Tabellenführer Bayer Leverkusen, jedoch noch ein Nachholspiel in der Hinterhand.
Tuchels Bayern konnten 12 Siege (im Vergleich zu 11 in dieser Saison), ein Unentschieden weniger (zwei statt drei) und ebenfalls eine Niederlage verbuchen. Insgesamt standen 38 Punkte zu Buche – zwei mehr als Kompanys aktuelle Bilanz von 36 Punkten.
Punktuell sind die Unterschiede gering, in der Wahrnehmung jedoch erheblich: Während Tuchels Spielweise oft als abwartend und destruktiv kritisiert wurde, gilt Kompanys Stil als mutig und offensiv. Beide Trainer teilen jedoch ein gemeinsames Schicksal: das frühe Aus im DFB-Pokal.
Tuchel scheiterte unglücklich in Saarbrücken, Kompany unterlag nach einer frühen roten Karte gegen Manuel Neuer dem deutschen Meister Bayer Leverkusen.
Dennoch ist die Stimmungslage unter Kompany deutlich positiver. „Mit unserer bisherigen Saison sind wir im Großen und Ganzen sehr zufrieden“, erklärte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen nach dem überzeugenden 5:1-Sieg gegen RB Leipzig.
Der Erfolg gegen Leipzig war ein echter Stimmungsaufheller. Mit dominantem Fußball und einer überzeugenden Leistung fegte das Team die Sachsen vom Platz – ein deutlicher Kontrast zur enttäuschenden 1:2-Niederlage in Mainz wenige Tage zuvor.
In der Champions League hatte Kompany jedoch teilweise Schwierigkeiten. Besonders die schmerzhaften Niederlagen bei Aston Villa (0:1) und dem FC Barcelona (1:4) offenbarten Schwächen seiner Mannschaft. Häufig führten dabei individuelle Fehler zu Gegentoren, weniger taktische Defizite.
Die beiden verbleibenden Gruppenspiele im Januar – bei Feyenoord Rotterdam und zu Hause gegen Slovan Bratislava – müssen gewonnen werden, um sicher ins Achtelfinale einzuziehen. Ein Scheitern wäre ein Rückschlag, während ein erfolgreicher Einzug in die K.o.-Phase das Bild von Kompanys erster Saison entscheidend prägen könnte. Hier wird in der weiteren Entwicklung auch das Losglück eine Rolle spielen, auch in möglichen Play-Offs.
Kompany bleibt bisher in jedem Fall seiner offensiven Philosophie treu. Seine Bayern setzen auf mannorientiertes Pressing und eine hohe Intensität, wie der PPDA-Wert (Passes per Defensive Action) zeigt: Dieser liegt laut understat in der aktuellen Saison bei 7,73 und damit deutlich niedriger als in der Vorsaison (11,15). Der Wert gibt an, wie viele Pässe der Gegner spielen darf, bevor eine defensive Aktion erfolgt – ein Indikator für aggressives Pressing.
Die offensive Ausrichtung fordert jedoch die Restverteidigung stark. In den Spielen gegen Barcelona, Frankfurt oder Aston Villa zeigte sich, dass hier noch Optimierungsbedarf besteht. Die Abwehr muss flexibel agieren, je nach Spielsituation kompakt oder höher stehen.
Insgesamt war die Defensive in der Bundesliga jedoch stabil: Mit nur 10,48 „Expected Goals against“ steht Bayern sehr gut da. Tatsächlich kassierte das Team nach 15 Spielen 13 Gegentore (im Vergleich zu 15 im Vorjahr). Eine Wiederholung der letztjährigen Gesamtzahl von 45 Gegentoren scheint unter Kompany dennoch unwahrscheinlich.
Nach der titellosen Saison unter Tuchel ist der Meistertitel für Vincent Kompany nahezu Pflicht. Nach dem Sieg gegen Leipzig stehen die Chancen gut, doch in der Offensive darf keine weitere Krise auftreten. Der Ausfall von Harry Kane offenbarte Schwächen, und das Team erzielte in sechs der letzten neun Pflichtspiele vor Leipzig nicht mehr als ein Tor.
Zwar gewann Bayern in dieser Phase dreimal 1:0, doch die Abhängigkeit von Kane sowie den Schlüsselspielern Jamal Musiala, Leroy Sané und Michael Olise bleibt eine Herausforderung, die der belgische Coach meistern muss.
Besonders problematisch ist der Umgang mit Rückständen: In dieser Saison geriet Bayern neunmal im Spiel in Rückstand und konnte nur zweimal noch gewinnen. Hier muss der Trainer Lösungen entwickeln, um in großen Spielen wie gegen Leverkusen oder in der Champions League konkurrenzfähig zu bleiben.
Die Kritik an Kompany ist dennoch überzogen. Er hat die Stimmung beim FC Bayern spürbar verbessert. Sein ruhiges und professionelles Auftreten, gepaart mit attraktivem Offensivfußball, überzeugt. Anders als sein Vorgänger, stellt er Spieler nicht öffentlich an den Pranger und vermeidet polemische Aussagen.
Verbesserungspotenzial besteht lediglich noch in der Integration junger Talente. Spieler wie Adam Aznou und Arijon Ibrahimović kamen bislang kaum zum Einsatz (elf bzw. eine Minute). Andere Nachwuchsspieler wie Jonah Kuni-Asare oder Noel Nkili warten weiterhin auf ihre Chance.
Wenn Kompany die Defensive weiter stabilisiert, effektive offensive Lösungen entwickelt und Rückstandsszenarien meistert, könnte die Saison noch äußerst erfolgreich werden und auch zu Ende gehen.