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·9. April 2025
Viele Tore, alte Probleme: 3 Erkenntnisse zum Spiel der DFB-Frauen gegen Schottland

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·9. April 2025
Ein 6:1 zierte am Ende die Videowand in der Wolfsburger Volkswagen-Arena. Die DFB-Frauen drehten in der zweiten Halbzeit gegen Schottland auf und erzielten sechs Tore in nur 16 Minuten. Damit hätten so viele nach den ersten 45 Minuten wohl nicht gerechnet: Mit einem 0:1-Rückstand ging es für das Team von Christian Wück in die Halbzeitpause. Ob es in den Katakomben der VW-Arena eine ordentliche Ansage gab? Jedenfalls zeigten die DFB-Frauen mit Wiederanpfiff ein anderes Gesicht und gewannen schlussendlich verdient gegen ratlose Schottinnen - in der Höhe ist das Endergebnis allerdings dann doch etwas schmeichelhaft. Die Erkenntnisse zum Spiel.
Es ist kein neues Thema bei der deutschen Frauennationalelf: Die Abwehr bleibt auch weiterhin das große Sorgenkind. Damit ist längst nicht nur die letzte Reihe gemeint, sondern viel mehr die komplette Rückwärtsbewegung der gesamten Mannschaft. Die Abstände sind - besonders zwischen dem defensiven Mittelfeld und der Viererkette - viel zu groß. Die Zuordnung und Übergabe der Gegenspielerinnen funktioniert nur rudimentär. Hinzu kommen kleine individuelle Unkonzentriertheiten und schon lässt man die Gegenspielerinnen zu gefährlichen Situationen kommen. Jetzt ist Schottland kein Top-Team, aber solche Fahrlässigkeiten und ein solches Chaos wird von Nationen wie Spanien oder England sofort bestraft werden. Wück wird nicht müde zu erwähnen, dass er aufgrund vieler Verletzungen auf zahlreiche Spielerinnen verzichten muss. Dazu gehören mit Kathrin Hendrich, Rebecka Knaak und Bibiane Schulze Solano allein drei Innenverteidigerinnen. Natürlich hemmt das eine Mannschaft, allerdings darf es besonders im Hinblick auf die Europameisterschaft nicht so schwer ins Gewicht fallen.
Mit ähnlicher Sorge blicken viele Fans auf die fehlende Spielidee der deutschen Mannschaft. Ein klares System ist (noch) nicht zu erkennen. Einerseits predigt Wück, dass sie Abläufe einüben wollen. Doch auf der anderen Seite rotiert der Unterfranke munter weiter und schenkt allen Spielerinnen die wichtigen Minuten, um sich für die DFB-Auswahl zu empfehlen. Wie soll sich also ein System und eine Spielidee etablieren, wenn das Trainerteam selbst das richtige Gerüst noch nicht gefunden hat? So langsam wird es Zeit, dass sich Wück auf eine Startelf festlegt und diesen elf Spielerinnen zumindest in den letzten zwei Spielen vor der EM die Chance gibt, sich einzuspielen. Auch an Kreativität in der Offensive mangelt es. Die Kombinationen sind teils zu durchschaubar, eine richtige Gefahr ging gegen Schottland in der ersten Halbzeit von keiner Spielerin aus - eigentlich fehlte es an allem. Viel zu harmlos schoben sie sich den Ball zu und machten das Spiel unnötig langsam. Ähnlich wie der Coach nach der Partie schienen auch die Spielerinnen auf dem Feld ratlos gewesen zu sein. "Seien Sie bitte nicht so kritisch. Wir sind nicht die einzige Mannschaft, die noch nicht in EM-Form ist", versucht der Bundestrainer die Journalisten nach dem Spiel gegen Schottland zu besänftigen. Solange die DFB-Frauen dann mit der Entwicklung der anderen Nationen mithalten kann, ist ja alles gut - hoffentlich verpassen sie aber nicht den Anschluss.
Genug der Schwarzmalerei: Aus der zweiten Halbzeit lässt sich viel Positives gewinnen. Die DFB-Frauen haben abermals gezeigt, dass sie zurückkommen und ein Ergebnis zu ihren Gunsten drehen können. Christian Wück bewies aufgrund seiner Einwechslungen ein glückliches Händchen: Besonders Giovanna Hoffmann konnte durch ihren Doppelpack und mehreren weiteren gelungenen und gefährlichen Aktionen auf ganzer Linie überzeugen. Auch die Joker Sjoeke Nüsken und Sarai Linder taten dem Spielgeschehen merklich gut und brachten Stabilität und Ruhe auf den Rasen. Jetzt gehören die beiden unter normalen Umständen eigentlich zur Startelf der deutschen Frauennationalmannschaft, doch auch Spielerinnen der zweiten Garde konnten ihr Können gegen Schottland unter Beweis stellen. Eine davon ist Selina Cerci: Die Hoffenheimerin war noch eine der auffälligsten in der ausbaufähigen ersten Halbzeit und konnte sich durch einen Hattrick in Halbzeit zwei dann auch für ihre Leistung mehr als belohnen. Es ist ein wichtiges Zeichen, dass sowohl die Wechselspielerinnen als auch Spielerinnen, die eher selten in der Startelf spielen, die jeweiligen Situationen annehmen und die Partie beeinflussen können. Außerdem funktioniert die Tormaschine, wenn sie denn dann mal anläuft. Darauf lässt sich zumindest mal aufbauen.