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Textilvergehen

·11. Mai 2021

Union geht bei Vorwürfen gegen das eigene Nachwuchsleistungszentrum in die Offensive

Artikelbild:Union geht bei Vorwürfen gegen das eigene Nachwuchsleistungszentrum in die Offensive

Mit einer Meldung ist der 1. FC Union am Montagabend in die Offensive in einer Auseinandersetzung gegangen, von der die meisten wohl eben auch erst am Montagabend erfahren haben. Es gibt Vorwürfe gegen das Nachwuchsleistungszentrum, dort würde das Verhalten gegenüber den Jugendlichen/jungen Erwachsenen nicht korrekt sein und die Spieler ohne Migrationshintergrund würden bevorzugt, sprich hier wird dem 1. FC Union Rassismus vorgeworfen. Ein Teil der Vorwürfe, aber nicht alle, richten sich gegen den Cheftrainer des Nachwuchsleistungszentrums André Hofschneider.

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Ein Teil der Vorwürfe stammt aus einer journalistischen Recherche, die noch nicht veröffentlicht wurde. Ein anderer Teil aus zwei Mitteilungen an den Berliner Fußballverband, die dort über ein anonymes Postfach eingingen (übrigens ein ganz normales Instrument, wie es das in vielen Verbänden und großen Unternehmen gibt).


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Soweit, was dazu bekannt ist. Union hat nicht nur vor der Berichterstattung ein Statement veröffentlicht, sondern auch die Fragen der Journalisten und die Antworten des Vereins darauf (pdf). Aus Sicht von Union war das notwendig, weil man den Eindruck hatte, die journalistische Recherche sei bereits zu einem Ende gekommen und die Fragen und das angebotene Treffen mit den Journalisten würde keinen Einfluss auf die Berichterstattung mehr haben.

Ob das richtig ist, kann niemand belegen. Aber sollten beispielsweise die Journalisten in Besitz von Chatverläufen oder anderen harten Belegen sein, dann ist das schon möglich. Dann wären die Fragen an Union nur der Form nach wichtig, weil somit allen Beteiligten vor einer Veröffentlichung die Chance auf eine Stellungnahme gegeben wird. Das ist durchaus wichtig für eine mögliche rechtliche Auseinandersetzung hinterher. So weit, so normal.

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Schwache Argumentation im Union-Statement

Das Statement von Union wirft durchaus Fragen auf. Denn es ist argumentativ nicht besonders stark. Auch das liegt ein bisschen in der Natur der Sache. Es ist halt schwierig, zu belegen, was nicht existiert. Und es ist auch nicht einfach, sich gegen Vorwürfe zu verteidigen, von denen man nicht weiß, wie konkret sie belegt sind.

Schwach finde ich die Herleitung, mit der die Vorwürfe abgewiesen werden: “Die Vorwürfe reichen von Mängeln im persönlichen Umgang von Mitarbeitern des NLZ mit einzelnen Spielern bis zur Unterstellung, dass neben sportlichen Kriterien auch die Herkunft der Spieler eine Rolle bei der Aufnahme ins NLZ bzw. bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit innerhalb des NLZ spielen soll. Ein solches Vorgehen ist jedoch bereits durch die Vereinssatzung ausgeschlossen, gemäß derer der Verein ‘demokratischen und humanistischen Grundwerten verpflichtet’ ist.”

Mit dem gleichen Argument können wir alle Geschwindigkeitskontrollen einstellen, weil es ja ein Tempolimit gibt. Regeln wie die Satzung von Union oder Gesetze sind der Rahmen, den wir uns setzen. Aber sie können auch verletzt werden.

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Auch der ständige Hinweis auf anonyme Vorwürfe ist aus meiner Sicht fehl am Platz. Gerade bei Fällen von Mobbing oder Diskriminierung ist es für Betroffene normalerweise schwer, diese Vorwürfe offen anzubringen. Denn die mutmaßlichen Opfer befinden sich mit den Personen, gegen die sich Vorwürfe richten, selten auf der gleichen Hierarchie-Ebene. Gerade diesen Umstand sollen die anonymen Postfächer begegnen. Anonym als Vorwurf, wie man ihn gegen Online-Hetze benutzt, ist hier eigentlich fehl am Platz. Klar, gibt es auch theoretisch Missbrauchsmöglichkeiten. Aber wenn die Vorwürfe nicht öffentlich verhandelt werden, geht es eigentlich.

Warum geht Union in die mediale Offensive?

Union befindet sich mit diesem Statement in einem Modus der Vorwärtsverteidigung. Und es ist klar, warum der Verein diesen für ihn ungewöhnlichen Weg gewählt hat, der aber ein ganz normales Mittel der Krisenkommunikation ist. Union will mit eigenen Worten bereits einen Ton setzen in einer Auseinandersetzung, die möglicherweise eine Weile dauern kann. Die einzelnen Zielgruppen des Statements von Union (in dem Falle alle anderen Journalisten, Fans und Mitglieder des 1. FC Union, aktuelle und potenzielle Spieler des Nachwuchsleistungszentrums und deren Eltern, sowie die allgemeine fußballinteressierte Öffentlichkeit) sollen nicht unvorbereitet mit einer Berichterstattung über Vorwürfe gegen das Nachwuchsleistung in Berührung kommen, sondern den ausführlichen Widerspruch bereits im Kopf haben. Um in einem aktuellen Sprachbild zu bleiben: sie sollen dagegen geimpft sein.

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Ein bisschen offen bleibt die Frage, warum Union das nicht etwas defensiver formuliert hat. Hätte es wehgetan, Folgendes zu schreiben? “Wir nehmen die Vorwürfe sehr ernst und untersuchen sie. So etwas hat in unserem Nachwuchsleistungszentrum keinen Platz, wie auch schon in unserer Vereinssatzung steht, sind wir Grundsätzen verpflichtet, die jede einzelne Person im Verein zu achten hat. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, hat das Konsequenzen. So lange die Untersuchung nicht abgeschlossen ist, gilt aber die Unschuldsvermutung und wir kommen unserer Fürsorgepflicht als Arbeitgeber nach.”

Das wäre sicher die Antwort gewesen auf einen Vorwurf, mit dem man kurzfristig konfrontiert wurde. Damit gewinnt man Zeit, hat aber irgendwie Stellung bezogen, ohne jemanden zu verurteilen. In dem konkreten Fall stehen die Vorwürfe schon etwas länger im Raum, nämlich seit 2020. Wir können davon ausgehen, dass der Verein das intern untersucht hat, keine Belege dafür gefunden wurden und deswegen das Statement offensiver gestaltet wurde.

Die Berichterstattung muss die konkreten Vorwürfe jetzt beweisen

Dass ein Nachwuchsleistungszentrum kein Ort der der permanenten Freude ist, an dem alle auf rosa Wölkchen herumspringen und immer die Unionhymne singen, wie wir uns das vielleicht in einer fußballromantischen Sicht ausmalen, dürfte jeder Person klar sein.

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Da geht es um Disziplin, Durchhaltevermögen und viel Glück, um in der nach oben immer kleiner werdenden Spitze dabei sein zu können. Da herrscht ein großer Druck, sei es von innen durch die Spieler selbst oder von außen durch Schule, Elternhaus, Freunde, Trainer. Damit einher kommt dann viel Enttäuschung von Spielern, die dem “Aussieben” für den nächsten Jahrgang zum Opfer fallen. Dazu gab es bereits viel Medienberichterstattung in den vergangenen Jahren.

Ich bin tatsächlich gespannt, in welche Richtung die Berichterstattung in diesem Fall gehen wird und wie belegt die Vorwürfe sein werden. Denn das ist klar, Beweise braucht es schon bei der Qualität dieser Vorwürfe.

Update von 10.03 Uhr: Der Artikel von BuzzFeed News Deutschland ist online: „Ausländerquote“ bei Union Berlin? Schwere Diskriminierungs-Vorwürfe gegen Bundesligisten

Klarstellung

Einer der Fragensteller arbeitet für BuzzFeed News Deutschland. Ich selbst habe von 2014 bis 2018 für BuzzFeed gearbeitet, dabei vor allem den Entertainmentbereich in Deutschland geleitet. BuzzFeed Deutschland inklusive BuzzFeed News Deutschland gehört seit 2020 nicht mehr dem amerikanischen Mutterunternehmen, sondern zum deutschen Verlag Ippen.

Und sonst so?

Die Morgenpost schildert die Ausgangslage von Union vor dem Spiel in Leverkusen und macht Hoffnung auf ein Comeback von Taiwo Awoniyi, der Unions Spiel sicher mehr Tiefe geben könnte. Die BZ/Bild dagegen sieht Union defensiv nicht mehr so stark und holt dafür Zahlen wie Spiele ohne Gegentor hervor oder die Anzahl von Zweikämpfen. Das sind aber vielleicht eher Symptome für ein Problem, das mit den Verletzungen von Taiwo Awoniyi, Sheraldo Becker oder Christopher Lenz seinen Anfang nahm. Möglicherweise musste Union gerade auf den Flügeln mehr nach vorne schieben, um Spieler wie Petar Musa und andere mit Hereingaben von der Grundlinie zu füttern und kam bei Ballverlusten nicht mehr so einfach zurück in die defensive Grundordnung?

Gratulation an Robert Andrich, der bald Vater einer Tochter werden wird. Außerdem scheint es auch gute Nachrichten zu geben, die einen Einsatz gegen Leverkusen wahrscheinlich machen (Kurier).

Gratulation auch an Jochen Lesching für das Bundesverdienstkreuz, mit dem er vom Bundespräsidenten ausgezeichnet wurde (Vereinsmitteilung). Ich weiß nicht, ob die Unionstiftung ohne ihn solch eine Wirkung entfaltet hätte. Dabei stellt er sich nie in den Vordergrund, sondern ist eher ein Möglichmacher. Er verbindet Menschen, kennt alle und jeden und sorgt so dafür, dass Dinge passieren. Aber er packt auch immer an. So ist er sich auch als Mitglied des Aufsichtsrats nie zu schade gewesen, das Stadionheft vor dem Spiel zu verkaufen. Eine in jeder Hinsicht absolut verdiente Auszeichnung für einen Unioner, der alles verkörpert, was wir als Unionfamilie bezeichnen.

Immerunioner

Bei n-tv.de gibt es übrigens einen langen Beitrag über Simon Terodde, in dem der Frage nachgegangen wird, ob er wirklich nur ein herausragender Zweitligastürmer ist oder ob er nicht bei anderen Teams in der Bundesliga doch auch starke Leistungen gebracht hätte. Wichtig wäre mir hier der Hinweis, dass Simon Terodde auch ohne die großen Bundesliga-Erfolge eine hervorragende Karriere hingelegt hat. Es wird ja ein bisschen zu oft im Zusammenhang mit ihm von “nur Zweite Liga” gesprochen …

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