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·20. Oktober 2024

Union Berlin: Wie Svensson Fischers Idee weiterentwickelt

Artikelbild:Union Berlin: Wie Svensson Fischers Idee weiterentwickelt

Platz sechs vor dem Spieltag, 6:4 Tore in der Liga und die zweitbeste Defensive der Liga. Man könnte meinen, Urs Fischer sei zurück beim 1.FC Union Berlin. Doch tatsächlich heißt der Trainer der Eisernen seit diesem Sommer Bo Svensson. Der Däne übernahm nach einer chaotischen letzten Saison und hält aktuell Kurs auf Europa. Und einige Elemente passen zum Fischer-Union vergangener Tage.

Zwischen Champions League und Abstiegskampf: Die Union-Saison 2023/24

Die letzte Saison war gleichermaßen eine historische und eine Saison zum Vergessen für den Klub aus Köpenick. Stars wie Robin Gosens, Kevin Volland oder Leonardo Bonucci wechselten an die Alte Försterei und zum ersten Mal spielte man in der UEFA Champions League. Doch die Euphorie wurde schnell gebremst und Erfolgstrainer Urs Fischer legte sein Amt Mitte November nach anhaltender Erfolglosigkeit nieder. Auf ihn folgte Nenad Bjelica, der die Abwärtsspirale nur bedingt aufhalten konnte und auch kurz vor Ende der Saison wieder den Hut nehmen musste. In einem dramatischen Saisonfinale hielt U19-Trainer Marco Grote den Klub in der Bundesliga und entging der Relegation.


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Umbruch im Sommer, alte Union-Tugend statt teurer Stars

Diesen Sommer wurde dann Bo Svensson als Trainer verpflichtet, der ähnlich wie Fischer im November 2023 (in Mainz) entlassen wurde. Union erinnerte sich zudem zurück an seine Transferpolitik und verpflichtete unter anderem Ivan Prtajin und Laszlo Benes aus der zweiten Liga und mit Tom Rothe, Woo-Yeong Jeong und Robert Skov Spieler, die bei ihren Bundesliga-Klubs außen vor waren. Mit Leopold Querfeld kam zudem ein interessantes Innenverteidiger-Talent aus Österreich. Auch die Leih-Rückkehrer Jordan Siebatcheu, Tim Skarke und Aljoscha Kemlein kommen auf Spielzeit. Am Deadline Day wurde mit Andrej Ilic noch ein Stürmer aus Frankreich geliehen.

Defensive ist der Schlüssel: Union wie unter Fischer

Der neue Trainer Svensson setzt auch bei Union weiter auf ein 5-4-1 oder 3-4-2-1, das er auch schon bei seiner vorherigen Station, Mainz 05, präferierte. Entscheidend dabei ist die neu stabilisierte Defensive. Kassierte man in der letzten Saison noch 58 Gegentore in 34 Partien, welches einen Schnitt von 1,7 Gegentoren pro Spiel darstellt, sind es diese Saison gerade mal vier nach sechs Spielen. Also mehr als ein Gegentor weniger pro Spiel mit 0,66 Gegentoren.

Besonders hängt dies mit der steigenden Formkurve der beiden äußeren Innenverteidiger Danilho Doekhi und Diogo Leite zusammen. Gerade der Portugiese machte einen großen Sprung in dieser Spielzeit und steht auch in den beiden Statistiken tackles per game und interceptions per game auf Platz zwei der Liga. Auch Kevin Vogt macht als Organisator der Defensivreihe einen guten Job und ersetzt Robin Knoche nicht nur in dieser Hinsicht sehr gut, sondern stellt auch im Spielaufbau einen wichtigen Part dar.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Auf der linken Seite ist nach dem Abgang von Rekordtransfer Gosens mittlerweile der junge Rothe gesetzt und weiß bislang durchaus zu überzeugen. Mit 3.4 tackles per game steht der deutsche Junioren-Nationalspieler noch vor seinem Mannschaftskollegen Leite auf Platz eins in dieser Statistik und auch sein offensiver Output ist nicht zu unterschätzen. Gegen Hoffenheim wurde dies mit einem Tor belohnt, aber an seine elf Scorerpunkte aus der Vorsaison in Liga 2 wird er wohl nicht ganz rankommen.

Auf der rechten Seite kamen bislang entweder Routinier Christopher Trimmel oder Mittelfeldspieler Janik Haberer zum Einsatz. Bei Letzterem fiel allerdings ziemlich oft auf, dass diese Position nicht sein Steckenpferd ist. Während Haberer eher im Spiel mit dem Ball Vorteile bietet, ist Trimmel gegen den Ball die bessere Wahl. Auch Rani Khedira erledigt die „Drecksarbeit“ vor der Kette souverän und hat maßgeblichen Anteil daran, dass die Unioner so wenige Schüsse aufs eigene Gehäuse zulassen.

Neben der erstarkten Defensive ist Keeper Frederik Rönnow ein enorm wichtiges Rückgrat dieser Mannschaft. Der Däne musste diese Saison gerade mal vier Mal hinter sich greifen und stieß im Spiel gegen RB Leipzig besonders heraus. Nicht nur hielt er einen Elfmeter gegen die „Bullen“, sondern war mit seinen Paraden maßgeblich daran beteiligt, dass Union einen Punkt aus der Messestadt mitnehmen konnte. Mit 0,65 verhinderten Toren steht er zudem auf dem siebten Platz in dieser Statistik.

Neue Elemente in der Offensive, Gegenpressing gepaart mit Standardstärke

Defensiv baut Svensson also auf das, was Fischer hinterlassen hat. Eine Defensive, eisern wie Granit, die nun wieder mit zu den Besten der Liga gehört und mit dem teilweise vorhandenen Chaos in der Hintermannschaft der letzten Saison schwer zu vergleichen ist. Man steht tief und macht es dem Gegner sehr schwer überhaupt in Tornähe zu kommen. Dazu kommen die groß gewachsenen und kopfballstarken Innenverteidiger, die die meiste Gefahr, die von Standards oder Flanken ausgehen entschärfen können. Einzig gegen Borussia Mönchengladbach kassierte man ein Tor nach einem hohen Ball.

Auch in der Offensive zeigte man sich stark nach Standards auch wenn vermutlich nicht ganz wie geplant. Zwei Mal bereits profitierten die Eisernen von einem geklärten Ball, der vor die Füße von Benedict Hollerbach, bzw. Yorbe Vertessen kam, die dann jeweils von der Strafraumkante aus den Ball im Netz unterbrachten. Auch gegen die TSG Hoffenheim war es dann eher Ping-Pong im Sechzehner der Kraichgauer, ehe Rothe sein erstes Bundesliga-Tor erzielte.

Untypisch für Union, aber typisch für Svensson ist ein aggressives Gegenpressing, dass der Däne jetzt auch versucht in Köpenick zu implementieren. Sollte man vorne den Ball verlieren, dann geht man sofort in ein gut organisiertes Pressing über, welches aber schnell wieder aufgelöst wird, wenn es fehlschlägt. In diesem Fall versucht das Team, schnell komplett hinter den Ball zu kommen und steht tief, sowie gut gestaffelt.

Der Star in der Offensive ist wie schon in der letzten Saison Hollerbach. Mit fünf Toren hat er in der vorangegangenen Spielzeit die zweitmeisten Treffer nach Gosens erzielt. Hat er sich da aber noch sehr häufig festgelaufen, versucht er dieses Jahr deutlich direkter in Richtung Tor zu kommen und den Abschluss oder den freien Mitspieler zu suchen. Gerade sein Dribbling und seine Schnelligkeit machen ihn genau wie Vertessen und Yeong ideal für die Idee ihres Coaches. Allerdings bleibt die Offensive das Sorgenkind der Svensson-Elf, die zweitwenigsten Großchancen und die fünftwenigsten Abschlüsse der Liga lesen sich nicht gerade wie die Bilanz eines Spitzenteams.

Eiserne Defensive mit offensiven Defiziten, reicht es für Europa?

Eine Rückkehr nach Europa war vor der Saison klar nicht das Ziel. Nach der Chaos-Saison im letzten Jahr soll diese Saison vorrangig der Konsolidierung und Stabilisierung dienen. Doch aktuell scheint es nicht unrealistisch, dass man im Rennen um die europäischen Plätze zumindest ein ordentliches Wörtchen mitzureden hat. Dazu sollte aber die Offensive etwas gefährlicher werden. Jordan schafft es nicht, Tore zu erzielen und die anderen beiden Stürmer Prtajin und Ilic haben bislang kaum Chancen bekommen, um sich zu beweisen.

Man sollte die Köpenicker definitiv auf dem Zettel haben, wenn es um Kandidaten für das europäische Geschäft geht. Allerdings muss man auch den diesjährigenAnsprüchen bewusst sein, die nach der verkorksten Spielzeit 2023/24 nicht wirklich hoch sein können. Svensson scheint wie die ideale Wahl wenn es darum geht, den Trainerposten zu übernehmen. Nicht nur, weil er eine ähnliche Idee zu Urs Fischer hat, die von defensiver Disziplin und Einsatzbereitschaft lebt, sondern auch bereit ist, diese Idee mit seinen eigenen Elementen weiterzuentwickeln und gerade das Spiel mit Ball zu verbessern.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Philipp Beyer

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