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·4. Dezember 2024

Talentschmieden in der Frauen-Bundesliga: Wo spielen die meisten Eigengewächse?

Artikelbild:Talentschmieden in der Frauen-Bundesliga: Wo spielen die meisten Eigengewächse?

"Wir wollen unsere eigene Jugend fördern!", gehört zu den klassischen Phrasen von Fußballmanagern, in einer Reihe mit "Der Trainer hat unser vollstes Vertrauen!" oder "Wir denken Spiel zu Spiel und schauen nur auf die sportliche Entwicklung!" Leider wird nach zwei Niederlagen in Folge doch oft wieder auf die erfahrenen Raubeine gesetzt, die Trainer werden gefeuert und die sportliche Krise ausgerufen.

Bei der Förderung der eigenen Jugend ist es aber besonders einfach, die Versprechen der Funktionärinnen und Funktionäre zu entlarven. Die Statistik spricht klare Worte - wenn trotz Versprechen nur zwei Spielerinnen im Kader aus der eigenen Jugend kommen, dann ist die Nachwuchsarbeit wohl doch nicht Priorität Nummer Eins. Welche Klubs in der Frauen-Bundesliga haben die meisten Eigengewächse, und wo haben sie tatsächlich gute Chancen auf Spielzeit?


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Als Eigengewächs gelten hier, nach der englischen Definition für "homegrown players" - warum eigentlich diese ständigen Assoziationen zu Pflanzen? -, Spielerinnen, die zwischen dem 15. und 21. Geburtstag mindestens drei Jahre bei dem Klub verbracht haben. Eine Spielerin, die zu ihrem 18. Geburtstag wechselt, kann damit als Eigengewächs gelten - ob die Talentschmiede damit noch so viel Arbeit leisten musste, steht auf einem anderen Blatt, aber irgendeine Definition muss ja her.

Essen und Potsdam mit den meisten selbst ausgebildeten Talenten

In der Frauen-Bundesliga gelten vor allem die reinen Frauenklubs Essen und Potsdam als Talentschmieden. Dieser Ruf kommt nicht von irgendwo, wie die Statistik zeigt: Bei den beiden Klubs spielen deutlich mehr Eigengewächse als anderswo.

Die meisten von Essen und Potsdam ausgebildeten Spielerinnen sind auch schon sehr lange im Verein. Bei Potsdam steht diejenige Spielerin im Kader, die bereits am längsten bei ihrem Verein spielt: Laura Lindner ist bereits seit 2007 in Brandenburg aktiv. Die 30-Jährige hat ihre gesamte Karriere und Ausbildung beim 1. FFC verbracht. 17 Jahre bei einem Verein, das ist in der Bundesliga einzigartig.

Auf Platz zwei folgt wenig überraschend eine Essenerin: Jacqueline Meißner kann vier Jahre weniger aufweisen, die Essen-Kapitänin kam mit 2011 im Alter von 17 zur SGS. Sie teilt sich den zweiten Rang mit Bremens Dauerbrennerin Michelle Ulbrich, die ebenfalls seit 2011 bei ihrem Klub spielt und diese Saison noch keine Minute verpasst hat.

Bayern, Wolfsburg und Köln haben wenige Eigengewächse

Auf der anderen Seite haben drei Klubs besonders wenige Eigengewächse: Bayern und Wolfsburg sowie Köln. An beiden Enden der Tabelle wird es also weniger, aus unterschiedlichen Gründen: Bei den Topklubs ist es wegen der Qualität im Kader für Eigengewächse schwieriger, sich durchzusetzen.

Spielerinnen aus den beiden Top-Akademien haben oft an anderen Orten ihren Weg in die Bundesliga gefunden: Gia Corley (Hoffenheim) und Kristin Kögel (Leverkusen) wurden etwa in München aus- oder weitergebildet und sind nun gestandene Bundesligaspielerinnen. Lisanne Gräwe und Natasha Kowalski zählen diese Saison ebenfalls zu den interessantesten Spielerinnen und entschieden sich aufgrund der hohen Konkurrenz zu einem Wechsel aus Wolfsburg weg.

Bei Köln ist die Situation im Abstiegskampf angespannt, daher haben es die Talente wohl auch schwer - aber die niedrige Zahl an Eigengewächsen könnte auch darauf hindeuten, dass die Akademie nicht ganz so funktioniert wie gewollt.

Bayern und Wolfsburg: Lohmann und Wedemeyer als Aushängeschilder

Bei Bayern ist vor allem Sydney Lohmann als Eigengewächs ein Aushängeschild: Die Mittelfeldspielerin kam mit 16 Jahren aus Fürstenfeldbruck an die Isar und arbeitete sich von dort bis zum Nationalteam hoch. Mala Grohs kam etwas später zum FCB, zählt aber auch als Eigengewächs. In der letzten Saison gelang auch Franziska Kett der Durchbruch, aktuell ist sie aber verletzt.

Eine vierte Spielerin ist auf dem besten Weg, bald auch als Eigengewächs zu zählen: Alara Şehitler wechselte erst 2023 nach München, hat sich mit ihren 18 Jahren aber bereits als eins der größten deutschen Talente etabliert und wurde sogar schon ins A-Nationalteam berufen. Noch zählt sie aber nicht als Eigengewächs, da sie erst ein Jahr in München ist.

Bei Wolfsburg ist Joelle Wedemeyer ein Paradebeispiel für ein Eigengewächs: Mit fünfzehn Jahren kam die gebürtige Braunschweigerin zum VfL und blieb den Grün-Weißen seitdem treu. Bei den Fans ist Wedemeyer als Defensivspezialistin und Wolfsburgerin durch und durch geschätzt, auch wenn sie selten die erste Geige spielt.

Einen weniger geraden Weg nahm dagegen Merle Frohms: Die Nummer Eins im Tor der Niedersächsinnen wurde in Wolfsburg ausgebildet, sah dort wegen der großen Konkurrenz aber keine Perspektive mehr. Über die Zwischenstationen Freiburg und Frankfurt fand Frohms schließlich ihren Weg zurück zum Jugendverein. Die Dritte im Bunde ist Jugendspielerin Karla Brinkmann, die diese Saison erstmalig im Kader steht, aber noch nicht viel Bundesliga-Luft schnuppern konnte.

Eintracht Frankfurt als dritter Topklub hat gleich doppelt so viele Eigengewächse: Sophia Kleinherne und Tanja Pawollek sind echte Erfolgsgeschichten, die von früh auf in Frankfurt (vorher noch beim FFC) spielten und inzwischen Spielerinnen von Top-Format sind. Mit den Acikgöz-Zwillingen Ilayda und Dilara sowie Jella Veit und Lina Altenburg hat Frankfurt für die nächsten Jahre weitere Eisen im Feuer.

Einsatzminuten: Wo kommen die Eigengewächse tatsächlich zum Zug?

Interessant ist auch der Blick auf die Einsatzminuten der Eigengewächse. Im Kader stehen schön und gut, aber wo haben die Talente tatsächlich Chancen, und wo drücken sie die Bank? Wir haben den Taschenrechner herausgeholt - verletzte Spielerinnen wurden hier nicht berücksichtigt. Hier gibt es einen extremen Ausreißer nach unten:

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Grafik: Wie viele Minuten spielten die Eigengewächse durchschnittlich diese Saison, pro Bundesliga-Spiel? / 90min

Die vier Eigengewächse von Leipzig kamen diese Saison so gut wie gar nicht zum Zug. Nur eine Spielerin, Mia Werner, kommt diese Saison auf eine dreistellige Minutenanzahl - alle anderen spielten bisher weniger als fünf Minuten. An der Nachwuchsarbeit muss Leipzig noch feilen, soll der angepeilte Sprung in die Topgruppe der Frauen-Bundesliga gelingen. Mit dem geplanten Umzug in ein neues Trainingsgelände zeigte der Klub schon seine Ambitionen.

Eigentlich müsste Leipzig im Rennen um gute Talente aber einen Vorteil haben: In Ostdeutschland gibt es nur drei Bundesliga-Klubs, das Einzugsgebiet ist dementsprechend höher und die Konkurrenz kleiner. Aber das Leipziger Projekt Frauenfußball ist noch sehr jung, erst seit 2016 gibt es ein Team, und damit auch wenig Zeit, um Talente auszubilden.

Das Gegenbeispiel zu Leipzig ist Freiburg: Im Breisgau kommen die Eigengewächse auf so viele Einsatzzeiten wie nirgendwo sonst. Torhüterin Rafaela Borggräfe, Kapitänin Lisa Karl, Verteidigerin Greta Stegemann, Shootingstar Cora Zicai und Defensivspielerin Alina Axtmann wurden beim Sport-Club ausgebildet. Bis auf Axtmann sind sie allesamt Stammspielerinnen, mit der 17-Jährigen Maj Scheider kommt bald ein weiteres Talent nach.

Die meisten SC-Eigengewächse sind inzwischen schon über 23 und damit gestandene Bundesliga-Spielerinnen - in dieser Statistik profitiert der SC also von der guten Arbeit in der Vergangenheit. Der Erfolg der Freiburgerinnen bei der Nachwuchsarbeit ist nicht überraschend, denn zahlreiche Nationalspielerinnen wie Giulia Gwinn und Klara Bühl spielten in Freiburg und bekamen dort schon früh Vertrauen und Spielminuten.

Alle Eigengewächse in der Frauen-Bundesliga im Überblick

* = (teils) verletzt

Die SGS Essen hat eine beeindruckende Liste an Eigengewächsen aufzuweisen: Drei Torhüterinnen wurden im Ruhrgebiet ausgebildet, außerdem zahlreiche Talente und heutige Stammspielerinnen wie Beke Sterner und Laureta Elmazi.

Die Eigengewächse im Kader von Leverkusen in der Frauen-Bundesliga

Bei Leverkusen fällt vor allem auf, dass die Talente schon für zu Bayer kamen: Anstatt Nachwuchsspielerinnen mit achtzehn Jahren abzuwerben, bildete Leverkusen die meisten Bundesliga-Spielerinnen schon seit ihrer Kindheit aus.

Bremen bewies bei einer Spielerin besonders früh ein gutes Näschen für Talent: Melina Kunkel kam schon mit sieben Jahren zu Werder - jünger war keine andere aktuelle Bundesliga-Spielerin, die danach bei ihrem Klub blieb. Mit Michelle Ulbrich wurde eine absolute Identifikationsspielerin in Bremen ausgebildet.

Hoffenheim belegt Rang zwei bei der Statistik nach den Spielminuten: Fast alle Eigengewächse sind heute Stammspielerinnen.

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