FC Schalke 04
·2. Oktober 2023
Stürmer-Trainer Martin Max: Wiederholung, Wiederholung, Wiederholung …

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·2. Oktober 2023
Der Name Martin Max ist auf Schalke jedem ein Begriff. Zwischen 1995 und 1999 setzte der Ex-Profi gegnerische Abwehrreihen regelmäßig schachmatt. 2004 endete die Karriere – mit Fußball ist aber noch lange nicht Schluss. 2010 ist er wieder in den königsblauen Dienst getreten und feilt seit fünf Jahren an den Stürmern von morgen.
Zumindest medial ist es ruhiger geworden um den heute 55-Jährigen nach anderthalb intensiven Profi-Jahrzehnten. Ein letztes starkes Jahr mit 20 Treffern für Bundesligist Hansa Rostock, zuvor noch vier Jahre beim TSV 1860 München. Und im Herzen, damals wie heute: ganz viel Königsblau. Da fällt der Schritt zurück in den Ruhrpott nicht wirklich schwer. „Wir haben bis 2010 gewartet, weil wir unseren Sohn Philipp nicht aus seinem Umfeld reißen wollten“, erklärt der frühere S04-Stürmer, dessen Spross es in der Folge über die U19 mit Norbert Elgert ebenfalls zu den Schalker Profis schafft und mittlerweile für Eintracht Frankfurt den Flügel beackert.
Doch auch Vater Martin kommt nach den Stationen im Süden und Norden schnell wieder bestens zurecht im Revier – und findet natürlich sofort (den alten) Anschluss auf Schalke. „Ich bin direkt Teil der Traditionsmannschaft geworden, habe dort im Abteilungsvorstand gewirkt, die Fußballschule und die Stiftung Schalke hilft! begleitet, die Walking-Football-Abteilung mit aufgebaut, Fanclubs besucht und den Verein als Repräsentant vertreten.“ Ehrbarer Einsatz nach der aktiven Karriere, kann man wohl sagen.
Seit nunmehr fünf Jahren füllt aber eine weitere, nicht ganz unwichtige Aufgabe den Kalender: Stürmer-Trainer in der Knappenschmiede. „Eines Tages kam Schobi (Mathias Schober, Direktor Knappenschmiede und Entwicklung, Anm. d. Red.) auf mich zu und hat gefragt, ob ich mir den Job hier auf Schalke vorstellen könnte.“ Und: er konnte. Seither arbeitet Max mit den Angreifern in der U15, U16, U17 – und seit vergangenem Jahr auch mit der U23-Offensive.
Viel Action für den früheren Bundesliga-Torjäger, der beinahe jeden Tag auf den Schalker Trainingsplätzen steht. „Mittwochs ist in der Regel frei, und vielleicht mal ein Sonntag, wenn alle Spiele auf den Samstag fallen“, erklärt er und lacht. Ein klein wenig Hoffnung auf etwas mehr Ruhe hatte seine Frau nach der aktiven Zeit ja schon gehabt. „Aber sie hat selbst gespielt und kann sich in die Lage hineinversetzen, zumal Philipp auch Fußballer ist. Sie weiß also Bescheid, denn das wird noch einige Zeit so gehen.“ Zudem hält die Taktung den 55-Jährigen selbst fit und auch ein Stück weit jung. „Man will ja nicht mit Plauze auf dem Platz stehen …“
Wie einst als Profi ist Max auch als Coach vor allem eins: ehrgeizig. „Die U15 ist genau der richtige Einstieg. Wenn es glattläuft, haben die Jungs drei Jahre am Stück bei mir, in denen wir alles durchgehen.“ Gemeint sind: Laufwege, Schusstechnik und die richtige Stürmerbewegung, die er bei vielen Profi-Stürmern vermisst. „Heutzutage werden die klassischen Stoßstürmer wieder händeringend gesucht. Und sie sind noch immer genauso besonders wie etwa Torhüter, also ergibt auch hier ein Spezialisten-Training absolut Sinn.“
Und wie sieht das aus? Mit einem Wort bringt der Eurofighter es auf den Punkt: „Wiederholungen.“ Und zwar eine Vielzahl an Wiederholungen der Situation, die man im Spiel hat, damit Automatismen entstehen, die man schnell abrufen kann. Das Spiel sei über die Jahrzehnte schneller geworden, die Abwehrspieler seien variabler. „Im normalen Training hat man diese Momente vielleicht vier-, fünfmal. Bei mir bekommen die Angreifer 50 Abschlussaktionen in 30 Minuten und müssen handlungsschnell schalten.“ Klingt nach Monotonie, in der Realität ist davon aber nichts zu spüren. „Es kommt sogar vor, dass die Mittelfeldspieler zu mir kommen und drum bitten, auch mal das Stürmer-Training zu absolvieren.“ Quasi instinktiv, schließlich hätte jeder das Spiel einmal begonnen, um Tore zu erzielen.
Mit seinem Erfahrungsschatz kann Martin Max den Offensivtalenten sportlich eine Menge mitgeben, auch wenn sich der Sport mit den Jahren weiterentwickelt hat. „Zu meiner Zeit gab es noch Libero und Manndecker, die konnten keinen Fußball spielen, dafür sind sie dir aber bis aufs Klo gefolgt“, erinnert er sich lachend. „Da haben es die Stürmer heute etwas leichter, durch taktische Vorgaben entstehen Räume, die man erkennen und nutzen kann.“ Sein Prototyp: Stoßstürmer mit stattlicher Größe und Körperlichkeit – robust, kopfballstark und idealerweise beidfüßig. „Der perfekte Zielspieler.“
Doch nicht bloß bei Flanken und Abschlüssen ist Max für seine Jungs stets zur Stelle, auch die mentale Ebene spielt für den Ex-Profi eine wichtige Rolle im Training. „Das Drumherum ist mir mittlerweile zu viel, das bräuchte ich nicht. Umso wichtiger ist es aber, den Jungs aufzuzeigen, dass der sportliche Weg als Grundlage entscheidend ist und nicht die Frage, wo es mehr Geld zu verdienen gibt.“ Auch der Umgang mit Erfolg und Misserfolg gehört dazu. „Wenn beispielsweise einer unserer Stürmer schon länger auf das nächste Tor wartet, bestärke ich ihn immer wieder darin, sich auf sein Spiel zu konzentrieren. Wellenbewegungen in der Leistung wird es immer geben – und der nächste Treffer wird kommen.“
Dass er sich neben den U-Jahrgängen im Leistungsbereich nun auch um die Regionalliga-Stürmer kümmert, ist der Tatsache geschuldet, dass dort mittlerweile mit Chef-Trainer Jakob Fimpel und „Co“ Willi Landgraf zwei ehemalige U15-Coaches am Ruder sind. „Wir waren damals schon auf einer Wellenlänge, also hat Jakob irgendwann gefragt, ob ich das auch in der U23 machen möchte.“ Hierbei unterscheiden sich die Anforderungen aber dann doch ein wenig im Vergleich zu den jüngeren Jahrgängen. „Einem Pierre-Michel Lasogga muss ich nicht mehr erklären, wie er zu laufen hat“, beschreibt der Spezialisten-Trainer erneut mit einem Lachen. „Aber auch hier zählen möglichst viele Wiederholungen, um sich Selbstvertrauen und Sicherheit zu holen. Das hört auch mit 30 Jahren noch nicht auf.“
Für die Zukunft ist der Eurofighter positiv gestimmt, er sieht in den Jahrgängen Potenzial für eine torreiche Zukunft. „Ob die Jungs es bis nach ganz oben schaffen, ist für mich nicht vorrangig. Ich möchte jeden, der hier ist, besser machen.“ Und das, solange seine Knochen noch halten. „Ich hoffe, dass ich bei der Entwicklung noch lange mitwirken darf.“ Schließlich ist Martin Max im Ruhrpott und auf Schalke schnell wieder heimisch geworden. Auch so eine nette Wiederholung.