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·9. Mai 2023
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Die Aufstiegsanwärter steuern mehr und mehr auf ein Herzschlagfinale zu. Mittendrin: der VfL Osnabrück, der zum Abschluss des 35. Spieltags seine Hausaufgaben gegen Verl mit Müh und Not erledigte. Die Zuversicht wächst – auch weil die Mannschaft eine Willensleistung nach der anderen abliefert.
Fast eine Viertelstunde lang dauerte die Siegesfeier des VfL Osnabrück am Montagabend. Hüpfen, singen, klatschen, das alles mit einem gewaltigen Echo im fast leeren Stadion: Die Stimmung hatte Zweitliga-Niveau, die Euphorie steigt in luftige Höhen. Auch wenn der Mannschaft von Trainer Tobias Schweinsteiger nicht alles gelang und sie die Kontrolle über das Spiel nach der Führung abgeben musste: Der 1:0-Auswärtssieg beim SC Verl in Paderborn, der bereits vierte Erfolg in Serie, war das nächste fette Zeichen an die Konkurrenz. Der VfL kann auch Arbeitssiege, er kann auch dreckig und er kann in der zu Saisonbeginn so wackligen Abwehr sogar Ausfälle kompensieren. Er wirkt bereit, bis zum Ende um den Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga mitzuspielen.
Dabei war von Aufstiegseuphorie zumindest in der ersten Halbzeit nicht viel zu sehen und zu hören: Ein finaler Stimmungsboykott im drittletzten Montagsspiel der Drittliga-Geschichte legte die bemerkenswerte gefüllte Gästekurve lahm, der aktive Support blieb erst einmal eingestellt. Viele andere der 5.000 mitgereisten Fans, einige waren aufgrund des ziemlich dichten Paderborner Stadt- und Autobahnverkehrs viel zu spät im Stadion oder drängten sich an den Tribünenaufgängen, hielt es kaum zurück. Denn der VfL spielte gegen einen traditionell unbequemen Gegner zumindest anfangs reif wie ein Spitzenteam, erzwang immer wieder Fehler – das leicht abgefälschte Traumtor zum 1:0 von Noel Niemann, erst der zweite Saisontreffer des Wirbelwinds, war die logische und wunderschön anzuschauende Konsequenz.
Nicht zu verschweigen sind die Problemzonen, die die Lila-Weißen ebenso durch die Saison tragen. Themen, die der VfL im vermeintlich machbaren Endspurt (Meppen, Viktoria Köln, Dortmund II) angehen müsste und erst recht in der Relegation. Ein Knackpunkt: die Zuordnung beim breit gefächerten, gegnerischen Aufbauspiel. Auch beim direkten Verteidigen der vielen Verler Standards klärte Osnabrück mehrfach nicht konsequent, brachte die anfangs harmlosen Gastgeber erst zurück ins Spiel und bescherte ihnen nach der Pause sogar richtig Oberwasser. Spätestens die Verletzung von Abwehrchef Timo Beermann, der mit einer Muskelproblematik zu Beginn der zweiten Halbzeit das Feld verließ, brachte Lila-Weiß so richtig ins Schwimmen. "Wir haben keine Räume zum Umschalten mehr gefunden", analysierte Trainer Tobias Schweinsteiger im Nachhinein. "Zum Glück haben wir im Winter gelernt, tief zu verteidigen." Beobachter unter anderem von Arminia Bielefeld, mit denen Anfang Juni noch zwei Relegationsduelle ausgefochten werden könnten, dürften sich dies notiert haben. "Das zeichnet uns in den letzten Wochen und Monaten aus, dass wir solche Spiele dann auch mal ziehen. Das ist dann einfach ein dreckiger 1:0-Arbeitssieg", so Torhüter Philipp Kühn im Vereins-TV.
So munter die Partien sind und so viel zuletzt gezittert werden musste: Nach Ergebnissen verhält sich der VfL Osnabrück längst wie ein künftiger Aufsteiger. Mal vereint er den ultimativen Willen mit einem Quäntchen Glück, was im 4:3-Sieg über Zwickau endete. Mal hält er trotz mehrere Ausfälle im Defensivverbund geschlossen dagegen – und rettet wie am Montag die 1:0-Führung über die Zeit. Diesmal war es noch deutlich knapper als zwei Wochen zuvor in Halle (1:0). Aber: Gegen Verler, die sich von allerorts Komplimente für ihre mutige, dominante Spielweise abholen und in den vergangenen 20 Drittliga-Partien immer mindestens einmal trafen, ist die Weiße Weste ein besonderer Triumph. "Wir wussten, dass Verl es uns im Aufbau schwierig machen wird", sagte Schweinsteiger danach – und verstand sich mit Kumpel Mitch Kniat, Verler Trainer und einst Lehrgangskollege bei der UEFA-Pro-Lizenz, schon wieder bestens. "Er hat mich ausgecoacht", musste Kniat zugeben.
Zur Tabellenkonstellation kann nur gesagt werden: Enger geht es kaum. Drei Spieltage vor Ende stehen drei Mannschaften punktgleich – noch ist der VfL der undankbare Fünfte, nur durch die weniger erzielten Tore getrennt vom SV Wehen Wiesbaden auf dem Relegationsplatz, vier Tore fehlen zu Dynamo Dresden auf dem direkten Aufstiegsrang. "Es war wichtig nachzuziehen. Die Konkurrenz hat gepunktet. Deswegen haben wir auf jeden Fall ein Statement gesetzt", so Kühn. Die Formkurve aber spricht nach dem vierten Sieg in Folge klar für Osnabrück, Wiesbaden holte im gleichen Zeitraum nur noch vier Zähler. Und wer ist der nächste Gegner, der dem SVWW das Leben schwermachen soll? Natürlich: der SC Verl. "Wir geben da Gas, werden dort etwas Zählbares mitnehmen“, kündigte Kniat noch am Montagabend an. Setzt er diese Aussage in die Tat um, dürfte er sich das eine oder andere verspätete Gastgeschenk aus der Hasestadt abholen…
Osnabrück begrüßt derweil den SV Meppen zum Derby, natürlich sind die Heimbereiche ausverkauft. Auch das allerletzte Saisonspiel gegen Dortmund II wird vor rappelvoller Bremer Brücke ausgetragen. Und zum "Auswärtsfinale" bei Viktoria Köln haben sich ebenso schon 4.000 Osnabrücker angekündigt – mindestens. Die Euphorie ist nicht zu leugnen, "es wäre ja ein Käse, jetzt nicht zu sagen, dass wir einen der beiden Plätze da oben erreichen wollen", sagte Schweinsteiger. Die Stadt steht Spalier, jetzt muss der VfL – im Optimalfall mit drei Siegen – nur noch hindurchgehen.