Staab: "Ich liefere den Funken, das Feuer entfachen die Frauen" | OneFootball

Staab: "Ich liefere den Funken, das Feuer entfachen die Frauen" | OneFootball

Icon: DFB

DFB

·22. Dezember 2021

Staab: "Ich liefere den Funken, das Feuer entfachen die Frauen"

Artikelbild:Staab: "Ich liefere den Funken, das Feuer entfachen die Frauen"

Die allzu leichtfertig verwendete Vokabel "Mission", für Monika Staab hat sie absolute Berechtigung. Seit rund 15 Jahren kämpft die 63 Jahre alte Hessin weltweit für Frauen, die Fußball spielen wollen - und oft muss sie auch gegen die Engstirnigkeit von Männern ankämpfen. Ihre Mission hat sie bis heute in mehr als 80 Länder geführt. Gerade hat sie einen "Sports for Development"-Kurs in Pakistan abgehalten.

DFB.de: Frau Staab, wo erreichen wir Sie?


OneFootball Videos


Monika Staab: In meinem Hotelzimmer hier in Islamabad. Ich bin dankbar, dass dieser Workshop nun doch stattfinden konnte, nachdem wir den September-Termin aufgrund der Entwicklungen im benachbarten Afghanistan nicht halten konnten. Unseren dreitägigen Lehrgang, der durch den DFB und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) möglich gemacht wurde, besuchten 20 Teilnehmerinnen, die meisten kamen aus der Region von Peshawar, in der Nähe des Khyber-Passes.

DFB.de: Worum geht es?

Staab: Ganz klassisch ist das eine Multiplikatoren-Schulung, die Teilnehmerinnen sind Lehrerinnen oder in der Sozialarbeit tätig. Viele haben hier zum ersten Mal gegen einen Ball getreten. Der Fußball soll als Mittel zum Empowerment und sozialen Wandel genutzt werden. Die GIZ nutzt den Sport weltweit zur Förderung von Entwicklung, der DFB stellt die Trainerinnen und Trainer. Hier in Islamabad haben wir vor rund einer Stunde den Kurs abgeschlossen. Alle waren total begeistert, nachdem viele doch am ersten Tag verschlossen ankommen. Die jüngste war 23, die älteste Teilnehmerin 43 Jahre alt. Und drei Kleinkinder, so drei und vier Jahre alt, waren auch dabei. Es war manchmal sehr laut. Hatte ich auch noch nicht erlebt. (lacht)

DFB: Mit welcher Zielsetzung unterrichten Sie einen dieser sogenannten "S4D-Kurse"?

Staab: Ich weiß aus meiner Erfahrung, wenn du die Frauen erreichst, können sie in ihrer Region viel verändern. Es liegt an mir, die Frauen zu inspirieren. Ich liefere nur den Funken, das Feuer entfachen sie. Man muss sich vorstellen, dass auch hier in Pakistan an vielen Schulen nur Jungen Sportunterricht haben dürfen.

DFB.de: Wie oft sind Sie schon verzweifelt, wenn ihnen solche aus unserer Perspektive absurde Vorstellungen über Frauen und Fußball begegnet sind?

Staab: Das sind kulturelle Barrieren, die ich sehr ernst nehme. Ich zähle zur alten Garde. Aufgeben ist keine Lösung, wir sind ja zäh. Natürlich geht es in den Kursen um die Kompetenz als Fußballtrainerin. Aber daneben muss ich die Frauen mitnehmen, damit sie immer wieder ihre Rechte einfordern, unzufrieden bleiben und lernen, kontrolliert und mutig zu argumentieren. Dabei sind Hochmut oder Überlegenheitsgefühle fehl am Platz. Vor nun 52 Jahren kämpften wir jungen Mädchen und Frauen in Deutschland um unser Recht, einfach nur Fußball spielen zu dürfen. Damals klopften wir gegen die verschlossenen Türen beim DFB. Elf Jahre war ich damals alt, heute bin ich 63. Ich weiß, dass man immer kämpfen muss. Es ist ein Kampf um die Köpfe. Wir wollen Bewusstsein schaffen und den langsamen, respektvollen Wandel voranbringen.

DFB.de: Werden Sie Weihnachten in Deutschland feiern?

Staab: Nein, ich fliege morgen wieder zurück nach Saudi-Arabien, dort trainiere ich seit September die erste Frauen-Nationalmannschaft des Landes. In den wenigen Wochen seitdem ist es mir gelungen, eine Liga zu installieren, natürlich nicht ich alleine. Wir spielen mit sechs Mannschaften in drei Großstädten, in Dschidda, Riad und Dammam. Und am 24. Dezember finden zwei Spiele statt. Momentan läuft auch noch ein B-Lizenz-Kurs für junge Trainerinnen, den ich unterrichte. Ich werde es also erstmal nicht schaffen, nach Deutschland zu kommen.

DFB.de: Mit Hannelore Ratzeburg hat gerade eine ihrer Weggefährtinnen ihr Amt im DFB-Präsidium altersbedingt niedergelegt.

Staab: Hannelore und ich, wir kennen uns tatsächlich schon sehr lange. Wir hatten über die vielen Jahre ein gemeinsames Ziel: dem Frauenfußball zu der Anerkennung verhelfen, die er auch verdient hat. Hannelore Ratzeburg hat über die Jahre so unfassbar viel für den Frauenfußball in Deutschland bewirkt. Man kann nur den Hut ziehen. Wir alle können einfach nur dankbar sein, für das was sie erreicht hat. Die Latte für ihre möglichen Nachfolgerinnen im DFB-Präsidium liegt hoch.

DFB.de: Mit welchen Chancen tritt die deutsche Frauen-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft im Juli in England an?

Staab: Der Frauenfußball in Europa ist enger zusammengerückt. In England entwickelt sich sehr viel, tolle Mannschaften, hochklassige Ligaspiele. Bei der WM haben wir gesehen, wie der französische Frauenfußball immer besser wird. Und auch in Spanien geht richtig die Post ab. Ich glaube, wir müssen uns warm anziehen. Aber ich hoffe natürlich trotzdem darauf, dass wir mit den deutschen Frauen einen großen Erfolg feiern können.

Impressum des Publishers ansehen