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·15. September 2020
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·15. September 2020
In wenigen Tagen startet die neue Saison in der italienischen Serie A. In der zweiten Ausgabe der 90PLUS-Saisonvorschau schauen wir detailliert auf Milan, Cagliari, Udinese Calcio und den FC Genoa.
Letzte Saison: 6. Platz
Die Fans der AC Milan blicken auf eine bewegte Saison zurück. Bereits nach sieben Spieltagen wurde Gattuso-Nachfolger und Hoffnungsträger Marco Giampaolo aus dem Traineramt entlassen. Unter dem 53-Jährigen erzielten die Rossoneri gerade einmal zwei Tore und holten (in Anbetracht dieser Trefferquote eigentlich beachtliche) neun Punkte.
Für ihn übernahm Stefano Pioli (54), der es nach einigen Schwierigkeiten schaffte, Stabilität in die Mannschaft zu bringen. Besonders nach der Corona-Pause blühte die AC auf: Durch neun Siege und drei Remis aus zwölf Spielen schafften es Pioli und sein Team, sich den sechsten Tabellenplatz und damit die Teilnahme an der Europa League zu sichern. Der Übungsleiter wurde dafür prompt mit einer Vertragsverlängerung belohnt, die schon als sicher geltende Amtsübernahme von RB-Funktionär Ralf Rangnick (62) platzte doch noch.
Während in der Coppa Italia im Halbfinale gegen Juventus Turin Endstation war, erhielt der Verein vor allem mit einer prominenten Neuverpflichtung internationale Aufmerksamkeit. Altmeister Zlatan Ibrahimovic kehrte im Januar diesen Jahres zu seinem ehemaligen Klub zurück, den er vor acht Jahren in Richtung Paris St. Germain verlassen hatte. Im zarten Alter von 38 Jahren bewies der Schwede seine noch immer überragende Klasse und trug mit zehn Treffern und fünf Vorlagen aus nur 18 Einsätzen entscheidend zum erfolgreichen Saisonendspurt bei.
Dementsprechend groß ist die Freude darüber, dass “Ibra” seinen Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert hat, obwohl er noch vor wenigen Wochen Wechselgedanken äußerte. Damals bezog er sich vor allem die schwierige Situation im Klub, nun ließ er sich doch überzeugen und setzt damit ein starkes Zeichen.
Der bisher wichtigste Neuzugang des Sommers ist ohne Frage Sandro Tonali (20). Der Mittelfeldmann ist eine der großen Nachwuchshoffnungen des italienischen Fußballs und wurde von zahlreichen großen Klubs gejagt, allen voran von Inter. Schlussendlich konnte aber Milan den Erzrivalen ausstechen und erhielt den Zuschlag. Die Lombarden lassen sich die Dienste des ehemaligen Brescia-Akteurs in der kommenden Saison zehn Millionen Euro Leihgebühr kosten, anschließend besteht die Option, ihn für 20 Millionen fest zu verpflichten.
Ein ähnliches Verfahren scheint sich auch in Bezug auf Tiemoué Bakayoko (26) anzubahnen. Der defensive Mittelfeldmann vom FC Chelsea steht wohl kurz vor der Rückkehr nach Mailand, bereits in der Saison 2018/19 stand er für die Rot-Schwarzen auf dem Feld. Hier soll die Leihgebühr für die erste Spielzeit drei Millionen Euro betragen, die anschließende Ablöseoption liegt bei 30 Millionen.
Für die Offensive konnte außerdem Brahim Diaz (21) gewonnen werden. Der Offensivspieler von Real Madrid wird ebenfalls für eine Saison ausgeliehen, eine Kaufoption besteht dem Vernehmen nach aber wohl nicht.
Für das nötige Kleingeld sorgt vor allem der Abgang von Suso (26). Der spanische Nationalspieler war bereits in der vergangenen Saison an den FC Sevilla ausgeliehen, der nun die Kaufoption zog und dafür rund 24 Millionen Euro an Milan überwies.
Jahr für Jahr stehen die Rossoneri vor dem Umbruch. Die Zeiten von Glanz und Glorie sind lange vorbei, neun Jahre liegt der letzte Meistertitel mittlerweile zurück. Zahlreiche Trainer haben sich seitdem die Zähne ausgebissen, zahlreiche Millionen wurden für fragwürdige Transfers ausgegeben und zahlreiche Fragezeichen entstanden in den Köpfen der Fans.
Die Entscheidung, den Vertrag von Coach Pioli zu verlängern, kann als Signal verstanden werden: Die Verantwortlichen des Klubs entschieden sich anstelle einer schnellen Reaktion in Form eines erneuten Personalwechsels dafür, ihrem Übungsleiter das Vertrauen zu schenken und (zumindest vorerst) die nötige Ruhe für einen nachhaltigen Aufbau zu gewährleisten. Pioli muss nun dafür sorgen, dass die gute Form der letzten Spieltage auch in die neue Saison mitgenommen wird.
Zur Verfügung steht ihm dabei eine Mannschaft, die aus einer guten Mischung aus erfahrenen Akteuren und starkem Nachwuchs besteht. Mit Ante Rebic (26), Hakan Calhanoglu (26), Simon Kjaer (31), Kapitän Alessio Romagnoli (25) und allen voran natürlich Zlatan Ibrahimovic (39), hat der Kader sowohl einiges an internationaler Erfahrung als auch an Führungsspielern zu bieten, die zugleich Leistungsträger und wichtige Stützen des Teams bilden. Darüber hinaus ist mittlerweile auch für die Zukunft gesorgt: Neben Gianluigi Donnaruma (21) sorgen Theo Hernandez (22), Ismail Bennacer (22), Franck Kessié (23) und Rafael Leao (21) dafür, dass man bei Milan langfristig planen kann.
Entscheidend wird sein, ob Pioli es schafft, das vorhandene Potenzial noch besser auszuschöpfen und vor allem in der Offensive die dringend notwendige Effizienz zu erreichen. In der vergangenen Saison kürte sich Ante Rebic zum Top-Scorer der Rossoneri – mit gerade einmal elf Ligatreffern.
Mit der Verpflichtung von Sandro Tonali haben die Lombarden ein Ausrufezeichen gesetzt, und das nicht nur, weil man dem Stadtrivalen Inter ein Schnippchen geschlagen hat. Tonali wird in Italien als legitimer Erbe von Andrea Pirlo angesehen. Der erst 20-jährige Mittelfeldakteur agiert auf derselben Position und besticht durch ähnliche Spielweise und Qualitäten wie der Altmeister, zu allem Überfluss trägt er auch noch die gleiche Frisur.
Tonali ist sowohl Regisseur als auch Techniker, kann es im 1 gegen 1 mit seinem Gegner aufnehmen und hat das Auge und die Fähigkeit, den tödlichen Pass zu spielen. Trotz seines jungen Alters hat er die Ruhe und Abgeklärtheit eines Spielmachers, trifft auch unter Druck die richtigen Entscheidungen und ist durchsetzungsstark im Zweikampf.
Bisher stand der Italiener bei seinem Ausbildungsklub Brescia Calcio unter Vertrag, mit dem er in der Saison 2018/19 den Aufstieg in die Serie A erreichte. Der Wechsel zu Milan ist nun der nächste große Schritt und seine Chance, sich bei einem Klub mit internationaler Aufmerksamkeit zu beweisen.
Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Saison sind gegeben, die Rossoneri werden um die Champions League kämpfen. Für einen Spitzenplatz wird es wohl nicht reichen, dafür ist die Konkurrenz zu stark, ein vierter Rang (der für die Königsklasse reichen würde) ist allerdings durchaus denkbar.
Letzte Saison: 14. Platz
Wie man bei Cagliari Calcio zu der abgelaufenen Spielzeit stehen soll, dürfte schwer zu beurteilen sein. Die Sarden vermieden es einerseits konkret etwas mit dem Abstieg zu tun zu haben. Nachdem man in der Saison 2018/19 relativ lange um den Klassenerhalt kämpfen musste, verlor der Verein im letzten Sommer mit Eigengewächs, Kapitän und Nationalspieler Nicolo Barella (22) sein absolutes Herzstück an Inter, wo sich der hochtalentierte Mittelfeldspieler sofort durchgesetzt hat. Deshalb sahen nicht wenige Experten Cagliari vor der letzten Runde als einen Kandidaten für die unteren Regionen.
Doch vor allem in der Hinrunde wiederlegten die „Rossoblu“ solche Einschätzungen, als man lange auf den europäischen Plätzen lag. Zum Jahreswechsel reiste die Mannschaft von Ex-Trainer Rolando Maran (57) als Sechster zu Meister Juventus – und wurde von einem damals nicht unbedingt formstarken Titelverteidiger mit 0:4 abgeschossen. Irgendetwas schien diese Pleite bei den Sarden ausgelöst zu haben, denn bis zum Saisonende gewann Cagliari lediglich zwei weitere Saisonspiele. Die Bilanz in der Serie A im Kalenderjahr 2020 liest sich dementsprechend grausig: Drei Siege, sieben Remis, zwölf Niederlagen – mit einer solchen Ausbeute sind Teams eigentlich zum Abstieg verdammt. Die gute Hinserie rettete somit eindeutig die Saison.
Keine Rettung gab es hingegen mehr für Maran, welcher, mit Ausnahme der verkorksten Rückserie, eigentlich stets das Optimale aus dem Kader in seiner zweijährigen Amtszeit rausholte. Für ihn übernimmt Eusebio Di Francesco (51) bei dem Klub aus der sardischen Hauptstadt – und soll aus einer durchaus vorhandenen Qualität im Kader noch mehr rausholen. Wie schon im Vorjahr scheint Cagliari auch bereit, gewisse Investitionen zu tätigen.
Denn im letzten Sommer zeigten sich die Sarden äußerst aktiv. Zahlreiche Leihspieler von enormer Qualität fanden den Weg nach Cagliari. Allen voran ist hier die Rückkehr des verlorenen Sohnes Radja Nainggolan (32) zu nennen, welcher für ein Jahr von Inter ausgeliehen wurde und vor allem in der Vorrunde die Barella-Lücke adäquat schloss. Ausgerechnet seine Weiterbeschäftigung steht aktuell infrage, offenbar möchten die „Nerazzurri“ den Belgier nicht nochmal zu seinem Herzensverein ausleihen. Bisher stellt sich die Situation genauso bei Linksverteidiger Luca Pellegrini (21/Juventus) dar, dessen weitere Verpflichtung ebenfalls noch offen ist.
Dafür wurde aus dem Spielerkreis Stürmer Giovanni Simeone (25/Fiorentina) fest unter Vertrag genommen. Der Sohn von Atletico-Coach Diego (50) überzeugte in der vergangenen Runde mit zwölf Treffern in der Serie A, ebenso viele Millionen Euro muss Cagliari für ihn in die Toskana überweisen. Mit dem permanenten Engagement von Marko Rog (25/Napoli) für 13 Millionen Euro gelang den Sarden ein weiterer Coup. Die finanziellen Mittel für diese Deals stammen aus dem Barella-Abgang für 25 Millionen Euro, dessen Kaufoption nach der Leihe von Inter in diesem Sommer gezogen wurde.
Daneben fokussierte man sich wie im Vorjahr auf Leihgeschäfte. Von Ajax kam mit Razvan Marin (25) ein vielversprechender Mittelfeldspieler, welcher vor allem die Nainggolan-Lücke schließen soll. Ebenfalls auf Leihbasis fand Riccardo Sottil (21/Fiorentina) den Weg auf die Insel. Von Delfino Pescara verpflichtete Cagliari Rechtsverteidiger Gabriele Zappa (20) für zwölf Monate. Ansonsten kamen auch viele verliehene Spieler zurück auf Sardinien. Dabei ist allen voran Innenverteidiger Filippo Romagna (23) zu nennen, der zurück aus Sassuolo kommt.
Die womöglich größte Verpflichtung dieses Fenster könnte zudem noch vor dem Verein liegen: Denn in den letzten Tagen nahmen die Gerüchte um eine Verpflichtung von Diego Godin (34) enorm an Fahrt auf. Dabei sollten die exzellenten Geschäftsbeziehungen zu Inter helfen. Auf der anderen Seite haben auch viele Leihspieler den umgekehrten Weg genommen und den Verein verlassen. Neben Nainggolan und Pellegrini sind in dieser Kategorie Torhüter Robin Olsen (30/AS Roma), Rechtsverteidiger Federico Mattiello (25/Atalanta) und Stürmer Alberto Paloschi (30/SPAL) hervorzuheben. Mit Valter Birsa (34/vereinslos) verließ daneben ein echtes Urgestein der Serie A den Klub.
Schon in Zeiten von Barella operierte Cagliari zumeist in einem 4-4-2 mit einer Raute im Mittelfeld. Dabei unterstützte die Zweierreihe im Angriff meistens Joao Pedro (28) in einer etwas „hängenden Rolle“ als Spielmacher. Der Brasilianer bestach mit 18 Serie-A-Toren in der letzten Saison, ob er auch nach dem Deadline-Day am 5. Oktober in der Sardenga Arena aufläuft, bleibt abzuwarten. Womöglich gibt es die alte Rolle Joao Pedros in der kommenden Spielzeit gar nicht. Denn Di Francesco bevorzugte in seiner Zeit als Roma-Trainer häufig ein 4-3-3, mit einem tiefstehenden Abräumer und zwei etwas höher positionierten „Achtern.“
In diesem Verbund sollten zu Beginn ziemlich sicher Marin und Rog neben Herzstück Nahitan Nandez (25) gesetzt sein. Wie Di Francesco die offensiven Außenbahnen besetzen würden, ist bei dem aktuell vorhandenen Spielermaterial eher fraglich. Denn außer Leihspieler hat Sottil hat Cagliari nicht unbedingt Flügelstürmer im klassischen Sinne im Kader. Hier muss definitiv noch nachgelegt werden, möchte Di Francesco auf sein Lieblingssystem auch bei seinem neuen Arbeitgeber zurückgreifen können. In der Sturmmitte sind die Optionen dagegen qualitativ hochwertig, dort wird Simeone mit Routinier Leonardo Pavoletti (31) konkurrieren.
Die Defensive könnte indes die Godin-Verpflichtung durchaus gebrauchen. Neben den Rückkehrer Romagna stehen Di Francesco hier noch Spielführer Luca Ceppitelli (31), Ragnar Klavan (34) sowie der vielversprechende Sebastian Walukiewicz (20) zur Verfügung. Kein Upgrade benötigt hingegen die Torhüter-Positon, weswegen man sich auch erlauben konnte, mit Olsen den schwedischen Nationaltorwart wieder ziehen zu lassen. Doch Alessio Cragna (26) hat gerade in der Saison 2019/20 eine herausragende Entwicklung hingelegt und wurde auch deswegen jüngst erstmal für die Nationalmannschaft nominiert.
Der Nationalspieler Uruguays füllt bei Cagliari eine vergleichbare Rolle wie sein Vorgänger Barella aus: Die des aggressiven Leaders. Auch, weil der Verein das Potential in dem Mittelfeldspieler sah, wurde er im Sommer 2019 für eine stattliche Ablöse von 18 Millionen Euro unter Vertrag genommen. Nandez besticht durch einen großen Aktionsradius und Bissigkeit im Zweikampf. Dabei behält er auch in engen Situationen die Nerven. Dazu steht durchaus im Widerspruch, dass sein Passspiel trotz einer ansprechenden Technik ausbaufähig ist.
Wegen seiner Körpergröße von 1,72m ist er in den Luftduellen keine große Hilfe. Grundsätzlich kann Nandez seine Fähigkeiten erst dann richtig einbringen, wenn das Element des langen Balls in der Spielidee keine exponierte Stellung einnimmt. Unter Di Francesco (und wegen des Verlusts von Nainggolan) sollte seine Rolle für die Mannschaft nochmal wichtiger werden.
Cagliari besitzt ein solides Grundgerüst, um in der ersten Hälfte der Tabelle zu landen. Dieses Fundament bedarf aktuell aber noch weiterer Verstärkungen, will man sich im Vergleich zum Vorjahr wirklich weiterentwickeln. Mit Di Francesco steht nun auch ein Coach an der Seitenlinie, der einen attraktiveren Fußball als sein Vorgänger Maran spielen lässt bzw. lassen möchte. Ohne das vorhandene Material dafür bleibt dies aber nur eine bloße Idee. Von daher sind die Sarden im Moment als eine Art Wundertüte der Liga zu sehen. Die Rückrunde hat gezeigt, dass Cagliari auch nicht völlig immun gegen einen richtigen Absturz ist. Sollte der neue Übungsleiter seine Wünsche noch (teilweise) erfüllt bekommen, dann ist eine Platzierung auf einem einstelligen Platz durchaus realistisch.
Letzte Saison: 13. Platz
Die Saison 2019/20 verlief für Udinese Calcio nicht ideal, aber im Endeffekt wurde der Klassenerhalt mit zehn Punkten Vorsprung auf den ersten Absteiger Lecce eingefahren. Die “Friulani” gewannen zwölf ihrer Ligaspiele und fuhren am Ende 45 Punkte ein. Probleme gab es vor allem im Offensivbereich, denn Udinese Calcio erzielte im gesamten Verlauf der Saison nur 37 eigene Treffer. Lediglich die Absteiger aus Brescia und SPAL waren in dieser Kategorie schlechter.
Die Offensive muss also belebt werden, das ist eine der Hauptaufgaben für Trainer Luca Gotti (53). Denn das Saisonziel wird es auch in der nun folgenden Saison sein, so schnell wie möglich den Klassenerhalt zu fixieren und sich anschließend in Richtung des oberen Mittelfeldes zu orientieren. Leicht wird das allerdings nicht.
Denn auf dem Transfermarkt tat sich bislang verhältnismäßig wenig. Wie in Italien üblich wurden einige Leihgeschäfte beendet, was zahlreiche Rückkehrer bedeutet. Zudem wurde Thomas Ouwejan (23) aus Alkmaar ausgeliehen. Ebenfalls neu dabei sind Fernando Forestieri (30, Sheffield) und Nahuel Molina (22, Boca Juniors). Beide Spieler wurden ablösefrei verpflichtet.Auf der Abgangsseite tat sich indes einiges. Stipe Perica (25) und Francisco Sierralta (23) wechselten nach Watford, Andija Balic (22) zu Dunajska Streda, Emmanuel Badu (29) zog es zu Hellas Verona, Giuseppe Pezzella (22) wechselte nach Parma und Mittelfeldmotor Seko Fofana (25) wurde nach Lens transferiert. Insbesondere Fofana stellt einen großen Verlust dar.
Rund 15 Millionen Euro wurden eingenommen, weitere Einnahmen könnten aber noch folgen. Denn Offensivstar Rodrigo de Paul (26), Dreh- und Angelpunkt im Spiel von Udinese Calcio, könnte es noch nach England ziehen. Für ihn sollen weit mehr als 20 Millionen Euro in die Kassen der “Friulani” fließen, wenn ein Verkauf zustande kommt.
Trotz der Abgänge ist der Kader von Udinese Calcio noch immer sehr groß. 33 Profispieler stehen im Aufgebot des Klubs, angesichts des straffen Terminkalenders könnte dies ein Vorteil für Udinese Calcio sein. Doch blickt man genauer auf den Kader, dann erkennt man, dass auf der ein oder anderen Position die individuelle Qualität in der Spitze nicht vorhanden ist und sich viel Mittelmaß tummelt.
Auf der Torhüterposition gilt das nicht, denn Juan Musso (26) ist ein sehr sicherer Rückhalt für die Mannschaft. Die 51 kassierten Gegentore der Vorsaison, die den geringsten Wert aller Mannschaften in der unteren Tabellenhälfte darstellten, unterstreichen das noch einmal. Doch schon in der Defensive beginnen die Probleme. Rodrigo Becao (24), Samir (25), Sebastian Prödl (33) und Co. verfügen zwar über eine gewisse Zweikampfhärte, haben aber sowohl im Aufbauspiel, als auch unter Druck der Gegner immer wieder Probleme.
Auch auf den Außenverteidiger- respektive “Wingback”-Positionen ist die Besetzung nicht optimal. Dafür sieht es im Mittelfeldzentrum besser aus. Rolando Mandragora (23), Walace (25) und Antonin Barak (25) verfügen über viel Qualität. Gleiches gilt auch für den schon angesprochenen Rodrigo de Paul, der noch einmal deutlich effizienter geworden ist. Ein klassischer Knipser im Angriffszentrum fehlt außerdem, auch wenn Kapitän Kevin Lasagna (28) in der Vorsaison immerhin zehn Tore erzielen konnte.
Das 3-5-2-System, das der Klub spielt, ist natürlich maßgeblich von de Paul abhängig. Seine Ideen und seine Pässe aus der Tiefe sorgen dafür, dass viele Angriffe initiiert werden. Wird er noch verkauft, muss ein Ersatz verpflichtet oder gar das System verändert werden. Denn einen Spielertypen wie ihn sucht man im Kader der Bianconeri vergeblich. Das sorgte schon für Probleme, wenn de Paul einmal nicht auflaufen konnte.
Die angesprochenen Probleme in der Defensive würden sich vermutlich durch einen Systemwechsel alleine nicht beheben lassen. Dafür muss in Sachen individueller Qualität noch nachgebessert werden. Stellt Udinese Calcio auf eine Art 4-3-3-System um, wäre das Mittelfeldzentrum zwar kompakter, aber es fehlt weiterhin ein inspirierendes Element, das das Vakuum eines Abgangs von de Paul beheben kann.
Das weitere Vorgehen bei Udinese Calcio wird also vom Topstar und seinem Verbleib oder Verkauf abhängig sein. Da der Transfermarkt noch bis in den Oktober geöffnet hat, könnte sich die Ungewissheit weiter fortsetzen. Und das führt wiederum möglicherweise zu neuen Problemen, denn mit fortschreitender Zeit wird es immer schwieriger, entweder de Paul zu ersetzen oder die Baustellen rundherum anzugehen.
Als bester Torschütze und darüber hinaus einzig zuverlässiger Torschütze einer Mannschaft steht man immer im Mittelpunkt. Kevin Lasagna, Kapitän von Udinese Calcio, ist ein Spieler, auf den dies zutrifft. Der 28-Jährige traf in der Vorsaison zehnmal, ließ allerdings auch einige Chancen liegen. Der 1,81m große Italiener, der seit Januar 2017 bei Udinese Calcio unter Vertrag steht, wird auch in der neuen Saison der vielversprechendste Stürmer der Mannschaft von Trainer Gotti sein.
Eigentlich sollte Lasagna im System der Friulani sehr gut funktionieren. Das Problem ist allerdings, dass ihm der kongeniale Sturmpartner fehlt. Und so hängt vieles von ihm ab, im letzten Drittel ist er der Spieler, der zumeist gesucht wird. Das erleichtert es auch den gegnerischen Teams, sich auf Lasagna einzustellen. Für ihn wäre es also ideal, wenn die Offensive noch weiter verstärkt wird.
Udinese Calcio ist kurz vor dem Saisonstart noch eine Wundertüte. Bleibt de Paul, muss vor allem die Defensive stabilisiert werden. Wechselt der Argentinier, muss ein neues Konzept für die Offensive her. Eine Verbesserung in der Tabelle ist angesichts dieser Vorzeichen nur schwer vorstellbar.
Letzte Saison: 17. Platz
Die beiden letzten Spielzeiten waren für den FC Genua schlichtweg zum Vergessen. In beiden Saisons sprang lediglich nur ein 17. Rang heraus. Man erging dem Abstieg somit zwei Mal nur denkbar knapp. Die “Rossoblu” standen über die komplette Runde 2019/20 in den unteren Tabellen-Regionen, kurz vor der Corona-Unterbrechung rutschte man gar auf den letzten Platz ab. Nach dem Restart stand Genua konstant auf dem 17. Platz und war dem unmittelbaren Fall in die Zweitklassigkeit konstant ausgesetzt.
Davide Nicola (47) übernahm den Trainerposten bei dem Verein aus ligurischen Hauptstadt kurz vor dem Jahreswechsel. Unter ihm konnte der Verein eine bis dahin furchtbare Saison zu einer lediglich verkorksten umwandeln. Der FC Genua erlebte nach dem Restart seine beste Phase 2019/20, feierte in elf Spielen gleich fünf Siege, wodurch man sich auch 2020/21 als Mitglied der Serie A bezeichnen kann. Für die Rettung waren vor allem die Erfolge gegen die direkten Konkurrenten und späteren Absteiger Lecce und SPAL maßgeblich. Die Dienste Nicolas waren nach dem Klassenerhalt allerdings nicht mehr gefragt. Der FC Genua verpflichtete mit Rolando Maran (57) einen neuen Cheftrainer, welcher in den Vorjahren bei Cagliari ansprechende Arbeit ablieferte.
Mit welchem Kader Maran konkret für bessere Zeiten sorgen soll, ist wohl bei keinem italienischen Verein rund drei Wochen vor dem Deadline Day am 5. Oktober schwieriger zu prognostizieren, als bei dem neunfachen Meister des Landes. Gewiss, nahezu alle Klubs der Serie A sind in ihrer Personalpolitik den Leihgeschäften sehr zugeneigt, was gerade in den Corona-Zeiten quantitativ noch mal ausgeprägter ist. Was der “Grifone” in den letzten Transferfenstern in dieser Kategorie fabriziert hat, übertrifft allerdings die hohe Fluktuation bei nahezu allen anderen Teams.
Gefühlt wurde Jahr für Jahr mehr als die Hälfte des gesamten Kaders ausgetauscht. Eine Verbindung zwischen dieser fehlenden Konstanz in personeller Hinsicht und dem schwachen sportlichen Abschneiden ist nicht schwierig herzustellen. Und nach aktuellen Stand gibt es diesbezüglich auch in diesem Jahr keine Abkehr dieser Vorgehensweise. Als Anhänger des FC Genua hat man es in den letzten Jahren bisweilen schwer, sich ein Trikot mit einem Spielnamen zu ergattern, sind die meisten Spieler doch kaum länger als zwölf Monate länger im Verein.
Einen solchen Zeitraum übertrifft jedenfalls Stürmer Andrea Pinamonti (21), welcher bereits im Vorjahr für Genua spielte und nun für rund 20 Millionen Euro fest von Inter verpflichtet wurde. Der italienische U21-Nationalspieler erzielte zwar nur mäßige fünf Tore (in 32 Partien) in der Liga, besitzt aber ein großes Steigerungspotential. Auch Mittelfeldspieler Francesco Cassata (23/sieben Millionen Euro) wurde von Sassuolo nun permanent unter Vertrag genommen und geht nun in seine zweite Saison im Stadio Luigi Ferraris. Ablösefrei kam zudem der ehemalige Nationalstürmer Mattia Destro (29) aus Bologna in die ligurische Küstenregion. Auf Leihbasis verpflichtete der FC Genua zudem den deutschen Außenverteidiger Lennart Czyborra (21/Atalanta) sowie Kreativspieler Miha Zajc (26/Fenerbahce). Ein richtiger Coup gelang dem Klub mit der erneuten Leihe von Keeper Mattia Perin (26/Juventus).
Ansonsten fand eine hohe zweistellige Anzahl von Leihspielern den Weg zurück in den Verein, von denen nur die allerwenigsten eine sportliche Rolle spielen dürften. Die Personalplanungen sind aber laut neueren Medienberichten wohl noch keineswegs abgeschlossen: Demnach hat Genua mit Milan Badejl (31/Lazio) eine Einigung erzielt, der Transfer dürfte zeitnah vollzogen werden. Daneben sollen auch Filippo Melegoni (21/Pescara) und Edoardo Goldaniga (26/Sassuolo) zeitnah ihre medizinischen Untersuchungen absolvieren. Darüber hinaus wird den “Rossblu” ebenfalls Interesse an Rick Karsdorp (25) und Juan Jesus (29) von der AS Roma nachgesagt. Außerdem soll FC Genua eine Verpflichtung des ehemaligen Schalkers Marko Pjaca (25/Juventus) anstreben. Noch nicht genug Namen? Dann lohnt es sich noch abschließend das kolportierte Interesse an Danny Rose (30/Tottenham) zu erwähnen. Wie bereits eingangs erwähnt, die Anhänger des Klubs müssen bei der Auswahl der Trikot-Beflockung sehr genau überlegen…
Aus dem Kreis dieser Optionen kann zumindest dauerhaft Christian Kouamé (22) gestrichen werden, den es für elf Millionen Euro nach Florenz zieht. Daneben wurden die zuvor verliehenen Koray Günter (26/Hellas) und Gianluca Lapadula (30/Benevento) gegen Millionen-Ablöse abgegeben. Daneben wurde zahlreiche Verträge nicht verlängert, unter anderem von Oscar Hiljemark (28), Romulu (31) und Sinan Gümüs (26/Fenerbahce). Die bisherigen Leihspieler Christian Romero (22/Juventus), Iago Falque (30/Torino), Antonio Sanabria (24/Real Betis) und Adama Soumaoro (28/Lille) kehrten zu ihren ursprünglichen Vereinen zurück.
In Cagliari bevorzugte Maran zumeist ein 4-4-2 System, mit einer Raute im Mittelfeld. Auch Nicola optierte häufig zu einem 3-5-2 und damit zu einem stark besetzten Mittelfeld. Insofern dürfte den Akteueren, welche bereits in der letzten Saison im Verein waren, die Umstellung nicht derart schwer fallen. Mit Lasse Schöne (34), Stefano Sturaro (27) oder Valon Behrami (34) befindet sich auch bereits eine gewisse Qualität und vor allem Erfahrung für diesen Mannschaftsteil im Kader. Im Sturm-Zentrum dürften die beiden Neuzugänge Destro und Pinamonto konkurrieren. Zajc könnte hinter dem dem Angriff als eine Art hängende Spitze eingesetzt.
Noch einen gewissen Bedarf hat Genua in der Abwehr. Dort stehen mit Christian Zapata (33) und Andrea Masiello (33) zwei erfahrenen Akteure zur Verfügung, wirklich Back-Ups für die Routiniers hat Maran aktuell nicht. Umso wichtiger wären daher wirklich, die oben erwähnten möglichen Verstärkungen durch Goldaninga und vor allem Juan Jesus. Gleiches gilt für die Außenverteidiger-Positionen, welche mit Karsdorp und gerade Rose (auch wenn dies nicht sonderlich realistisch erscheint) ein deutliches Upgrade erfahren könnten. 73 Gegentore in der Saison 2019/20 zeigen recht deutlich, wo personell nachgerüstet werden muss.
Der teuerste Neuzugang dieses Sommers hat bereits in der letzten Runde für den FC Genua gespielt. Dabei erzielte Pinamonti gerade einmal fünf Tore, über die gleiche Ausbeute kam der Jugendnationalspieler auch ein Jahr davor bei Frosinone nicht. Insofern überraschen die gezahlten 20 Millionen Euro für den 21-Jährigen durchaus. Doch bei einem näheren Blick auf den Stürmer erschließt sich die Summe durchaus.
Pinamonti ist mit seinen 1,85m ein robuster Angreifer, der auch seine Qualitäten in der Luft hat. Der Angreifer ist sich auch für die Defensivarbeit nicht zu schade, was aber durchaus zulasten seines Abschlusses geht. Hier reibt sich Pinamonti manchmal zu sehr auf, weswegen seine Konzentration vor dem Gehäuse etwas leidet. Genau hier liegt auch das größte Verbesserungspotential: Pinamonti muss noch abgeklärter vor dem Tor werden, seine Kaltschnäutzigkeit aus der Primavera bei Inter konnte er im Profibereich noch nicht vollends unter Beweis stellen. Verbessert er sich in diesem Bereich, dann steht eine verheißungsvollen Karriere wenig im Weg.
Nach dem eigenen Selbstverständnis und bei der eigentlich vorhandenen Qualität im Kader sollte es für den FC Genua eigentlich nicht gegen den Abstieg gehen. Doch die vergangenen Runden haben gezeigt, dass der Klub durchaus empfänglich für Abstürze in der allergrößten Kategorie ist. Mit Maran hat man einen Übungsleiter verpflichtet, der durch seinen pragmatischen Stil für eine ruhige Saison sorgen könnte – wenn man ihn denn in Ruhe arbeiten lässt. Deshalb sollte der Verein seine letzten Platzierungen eigentlich übertreffen und im Mittelfeld landen.
(Photo by MARCO BERTORELLO/AFP via Getty Images)