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·19. September 2024
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Kevin Trapp gehört zu den absoluten Dauerbrennern der Bundesliga. In den letzten vier Spielzeiten verpasste der Keeper lediglich sechs Spiele. Umso ungewöhnlicher war es, beim Spiel gegen den VfL Wolfsburg einen anderen Eintracht-Schlussmann im Tor zu sehen.
Angesichts einer Oberschenkelverletzung der Nummer eins kam Kaua Santos zur Halbzeit in die Partie und feierte damit viel früher als erwartet sein Bundesliga-Debüt für die Hessen. Der 21-Jährige zeigte einen starken Auftritt und erhielt im Anschluss viel Lob für seine Leistung. Das gelungene Debüt dürfte für die Frankfurter in Hinblick auf die nächsten Spiele wichtig sein. Immerhin wird Trapp laut Angaben der Eintracht in den nächsten drei bis vier Wochen nicht mit dabei sein können.
Doch wer ist der Trapp-Vertreter Kaua Santos eigentlich? Der 1,96 Meter große Schlussmann kommt aus Brasilien und hat bis zum Sommer 2023 das Tor der U20 von Flamengo Rio de Janeiro gehütet. Zudem debütierte er im selben Jahr für die brasilianische U20 und hat für die Auswahl zwei Länderspiele bestritten. Im Vorjahr stand Santos 13-mal für Frankfurt II zwischen den Pfosten und half auch gelegentlich im Profi-Kader aus. Meist war es aber der 35 Jahre alte Jens Grahl, der als Nummer zwei hinter Trapp auf der Bank saß.
Zwar wäre Grahl auch für die kommenden Wochen eine Option, jedoch deutet alles darauf hin, dass es Toppmöller zunächst mit dem jungen Brasilianer versucht. Trotz der geringen Profi-Erfahrung des Torwart-Hünen wirkt dieser schon jetzt ziemlich cool und selbstbewusst. "Kaua hat es sehr gut gemacht und das gezeigt, was wir von ihm im Training gesehen haben“, erklärte Toppmöller und lobte den Mut des Schlussmannes. "Er strahlte eine unheimliche Ruhe aus, ging auch bei Flanken gut raus. Das war fürs Erste Spiel eine sehr gute Leistung“, zeigte sich auch Sportvorstand Markus Krösche nach dem Wolfsburg-Spiel vom jungen Keeper begeistert. "Er hat schon ein brasilianisches Selbstbewusstsein, das zeichnet ihn aus. Auch durch seine Körpergröße hat er eine gewisse Ausstrahlung“, lobte er die Qualitäten von Santos.
Ob Santos diese nun aber schon konstant auf Top-Niveau abrufen kann, wird man abwarten müssen. Immerhin hat der 21-Jährige viele wichtige Dinge der Torwartschule erst in den letzten zwölf Monaten gelernt. "Körperlich, athletisch, da ist der deutsche Fußball und vor allem meine Torwart-Philosophie fordernder, als das, was er aus Brasilien kennt“, erläuterte Torwarttrainer Jan Zimmermann gegenüber dem kicker. Zuletzt habe man “extrem daran gearbeitet, die brasilianische Mentalität auf Bundesliga-Seriösität zu bringen“. In der Bundesliga müsse man schließlich eine Lösung finden, die “zehn von zehnmal“ funktioniert. “Die nötigen Fähigkeiten hat Kaua“, stellte sich Zimmernmann hinter seinen Schützling.
Am Samstagabend (ab 18:30 Uhr) soll der Ex-Flamengo-Torwart sein Startelf-Debüt gegen Borussia Mönchengladbach geben. Für Santos wäre dies der Lohn nach einem gleichermaßen traurigen wie bemerkenswerten Lebensweg. Als der hoffnungsvolle Keeper neun Jahre alt war, starb seine Mutter. „Natürlich ist das eine schlimme Sache, aber meine Großmutter und meine Tante waren immer da für mich, auch als meine Mutter noch lebte. Ich habe immer gesagt: ‘Ich habe drei Mütter‘“, erklärte Santos, als er noch für Flamengo kickte.
Beim brasilianischen Traditionsklub entwickelte er sich trotz des Schicksalsschlag so positiv, dass die Frankfurter auf ihn aufmerksam wurden. Ganz störungsfrei lief es bei den Hessen zunächst allerdings nicht. “Er musste sich ans Profi-Dasein in Deutschland gewöhnen. Startzeiten hat man in Brasilien nur als Empfehlung gesehen“, erinnert sich Sportdirektor Timmo Hardung.
Im Klub-Podcast liefert Zimmermann passend zum Thema Pünktlichkeit und Professionalität eine eine spannende Anekdote. “Ich erwarte, dass jeder alles unterordnet, um seine Leistung zu bringen. Wenn wir um elf Uhr Training haben, gehört es bei uns dazu, um 10.15 Uhr im Gym anzufangen. Wenn ein Torwart das nicht macht, kann ich nicht sicher sein, dass er Profi wird. Das habe ich Kaua genau so gesagt. Denn er macht dann ja nicht alles dafür. Also musste ich ihn mal aufs Leben außerhalb des Sports vorbereiten. Da musste Kaua dann um fünf Uhr früh in der Küche antanzen und Küchendienst machen – um das mal kennenzulernen“, schilderte er.
Zwar habe ihm das Kochen zunächst nicht sonderlich gefallen, jedoch mache er das nun leidenschaftlich. Zu spät kommt Santos inzwischen ebenfalls nicht mehr. Vielmehr ist er ein beliebtes und glänzend integriertes Mitglied der Eintracht-Mannschaft geworden, selbst wenn sein brasilianischen Temprament geblieben ist.
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