Rund um den Brustring
·14. Dezember 2024
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·14. Dezember 2024
Und wieder geht’s im Winter auf die Alb. Vor dem Gastspiel in Heidenheim sprachen wir mit FCH-Fan Petra über die aktuelle Lage beim Aufsteiger der letzten Saison.
Rund um den Brustring: Hallo Petra und vielen Dank, dass Du dir Zeit für unsere Fragen nimmst. Nach der überragenden Saison nach dem erstmaligen Bundesliga-Aufstieg steht der 1. FC Heidenheim aktuell auf einem Relegationsplatz. Ist das die erwartet schwere zweite Saison nach dem Aufstieg oder siehst Du Gründe, die darüber hinaus gehen?
Petra: Ja ist es. Der Aufstieg ist die kleinere Sensation, die größere wäre es die Klasse zu halten und das trotz #hoirnainternational.
Durch die Abgänge, eigentlich der kompletten Offensive, kam es aus mehreren Gründen zu einem maximalen Umbruch. Es ging nicht darum Kleindienst, Beste und Dinkci 1:1 zu ersetzen, sondern auch den Erfahrungen des ersten Jahres Rechnung zu tragen. Es fehlte beispielsweise an Kreativität im Mittelfeld.
Nach dem Aufstieg konnten alle Leistungsträger gehalten werden und eine eingespielte Mannschaft die erste Saison weitestgehend verletzungsfrei absolvieren. Die Stärken der Mannschaft was Laufbereitschaft, Fitness und Geschlossenheit auf vielen Ebenen betrifft, waren über Jahre gewachsen.
Die Voraussetzungen jetzt sind natürlich viel herausfordernder.
Welche Rolle spielt dabei die sensationelle Qualifikation für die Conference League und damit der erste Europapokalauftritt in der Vereinsgeschichte? Ist das mehr Lust oder Last?
Bis zum Spiel am Donnerstag in Istanbul war die ECL trotzdem keine Last, denn diese Gelegenheit wird ein so kleiner Verein wie Heidenheim vermutlich nicht mehr haben und das gilt sowohl für große Teile des Staffs, als auch für die Fans. Das nimmt dir keiner mehr und es wäre auch völlig hanebüchen sich das von jemandem kleinreden zu lassen. Natürlich liegt das Augenmerk auf der Liga und es ging von Tag 1 an um Abstiegskampf, aber es kann ja keine Option sein, die ECL abzuschenken. Zumal man die Gelegenheit hatte, so auch einer breiteren Öffentlichkeit die Geschichte des Vereins zu erzählen und auch für die Zukunft neue Fans zu gewinnen. Du kannst dir natürlich von jedem erzählen lassen wie irrelevant du bist, musst es aber weder glauben noch leben.
Was sagt die Fußballseele, wenn der große FC Chelsea zum Pflichtspiel ins eigene Stadion kommt?
Natürlich hat ein Auftritt wie der des Milliardärsclub Chelsea für viele auch seine Schattenseiten. Vielleicht dann doch ein bisschen viel Rummel und Eventfans. Aber wer die großartige Choreografie und die Emotionen vor allem auf der Osttribüne erlebte, hat auch gespürt was es den Menschen bedeutet hat. Heidenheim hat jedes Heimspiel im ausverkauften Stadion gefeiert, das kann man nicht von allen ECL Teilnehmern behaupten.
Highlight war aber nicht Chelsea, sondern das Auswärtsspiel in Schottland bei Heart of Midlothian in Edinburgh.
Wo siehst Du den FCH am Saisonende?
Prognosen zu diesem Zeitpunkt natürlich immer schwierig. Bei einem so fragilen Konstrukt wie Vereinen dieser Größenordnung, was Kader und Finanzen betrifft, braucht es mehr Glück als bei den großen Vertretern. Ausfälle sind schwerer zu kompensieren, Nachbesserungen kaum machbar.
Aber ich bin zuversichtlich. Vieles was schiefläuft, braucht Zeit, ich setze da auf die Winterpause. Am Limit ist kaum einer, viel Luft nach oben also. Ich sehe uns auf einem sicheren Platz 15.
Im Sommer verließen mit Jan-Niklas Beste (zu Benfica), Eren Dinkci (nach Leihende zu Freiburg) und Tim Kleindienst (nach Mönchengladbach) zwei Schlüsselspieler den Verein. Wie gut konnte man deren Verlust deiner Meinung nach auffangen?
Offensiv konnten die Abgänge zunächst gut aufgefangen werden, vor Marvin Pieringers Verletzung hatte man sogar mehr Treffer als letzte Saison zum selben Zeitpunkt.
Mit der Verpflichtung von Leo Scienza und der Leihe von Paul Wanner wurde ein mehr spielerischer Ansatz gewählt, um die bisherigen FCH Tugenden zu ergänzen.
Doch was gerne vergessen wird, Kleindienst und Beste waren auch sehr in die Defensive eingebunden. Tim Kleindienst war immer der erste Verteidiger. Niklas Beste hat auf der linken Seite vieles abgelaufen. Diese Komponenten fehlen , keiner der Neuzugänge konnte diese Lücke bisher füllen.
Man werfe nur einen Blick Richtung Gladbach, welche Rolle Kleindienst dort einnimmt. Ohne ihn stünden sie sicher deutlich weiter unten in der Tabelle.
Leo Scienza und Paul Wanner haben beide eine Liga übersprungen und bisher nur Drittliga Erfahrungen. Hier braucht es Zeit und vor allem Trainingseinheiten die du aber aufgrund der ECL nicht hast.
Mathias Honsak kommt hingegen immer besser ins Spiel und macht durchaus Hoffnung.
Euer bester Torschütze, Marvin Pieringer, verletzte sich im November im Spiel gegen Leverkusen. Wie schwer wiegt der Ausfall?
Marvin Pieringer gelang es, aus Tim Kleindiensts Schatten herauszutreten und sein Potenzial auf den Platz zu bringen, er kam immer besser ins Rollen. Seine Verletzung im Spiel gegen Leverkusen, als man sensationell 2:0 führte, markierte nicht nur in diesem Spiel einen Bruch. Gefühlt hat sich die Mannschaft bis heute davon nicht erholt.
Frank Schmidt ist weiterhin der langlebigste aktuelle Bundesliga-Trainer. Hat sich bei ihm oder seiner Spielweise durch den Erfolg der letzten Saison etwas verändert?
Bei ihm als Trainer oder Mensch sicher nicht. Bei Frank Schmidt ist immer drin, was draufsteht.
Was seine Spielweise betrifft ja. Aber nicht aufgrund des Erfolges, sondern des Umbruchs und dem Erkennen der Defizite.
Er und sein Team versuchen immer dazuzulernen, sich weiterzuentwickeln. Das beinhaltet Rückschläge, wie man ja jetzt eindrucksvoll sieht.
Wo siehst Du aktuell die Stärken und Schwächen des FCH?
Das ist leicht. Man ist auf der Suche nach den Stärken und hat alle Schwächen aufgedeckt. Das größte Manko derzeit ist die fehlende Härte. Nicht unbedingt gegen den Gegner. Sondern gegen sich selbst.
Die einzige im Moment auszumachende Stärke ist eine gewisse Kreativität im Mittelfeld, wobei es da aber noch bei der Andeutung bleibt.
Zum Abschluss: Dein Tipp für Aufstellung und Ergebnis?
Das Ergebnis ist für mich eigentlich zweitrangig. Hier geht es um einen Turnaround in der Herangehensweise. Die Mannschaft soll sich für den Abstiegskampf eingeschworen haben, was immer das heißt. Dann muss jetzt Istanbul der Tiefpunkt gewesen sein. Ich hoffe auf einen Punkt.
Ehrlicherweise befürchte ich aber eine deutliche Niederlage, das Spiel kommt zu früh nach Istanbul und bei euch zeigt nach der CL die Kurve eher nach oben.
Titelbild: © Neil Baynes/Getty Images
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