Rollentausch in Hamburg? Fünf Fragen zum Stadtderby | OneFootball

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·21. Januar 2022

Rollentausch in Hamburg? Fünf Fragen zum Stadtderby

Artikelbild:Rollentausch in Hamburg? Fünf Fragen zum Stadtderby

News | Am heutigen Freitag (18.30 Uhr) trifft der Hamburger SV auf den FC St. Pauli. Die 100. Auflage des Derbys steigt unter umgekehrten Vorzeichen, denn der Stadtteilklub geht mit sechs Vorsprung in dieses Duell. 90PLUS klärt vorab die fünf wichtigsten Fragen.

Hamburger SV vs. FC St. Pauli

Wie ist die Ausgangslage?

Beide Mannschaften gehen positiv gestimmt in die Begegnung hinein. Grund dafür ist der DFB-Pokal, wo beide einen Erstligisten bezwingen konnten. Der Hamburger SV siegte nach einem kuriosen Elfmeterschießen beim 1. FC Köln, während der FC St. Pauli einen begeisternden Auftritt gegen Borussia Dortmund hinlegte und mit 2:1 gewann. Darauf deutete im Vorlauf der Partie nur wenig hin. Am vorherigen Wochenende glichen die Braun-Weißen nämlich erst in letzter Sekunde gegen Erzgebirge Aue (2:2) aus. Es war der erste Punktverlust am Millerntor für den Tabellenführer der 2. Bundesliga. Dennoch wuchsen die Zweifel im Umfeld hinsichtlich eines möglichen Verpassen des Aufstieg, da sich die Kiezkicker zuvor mit einem 0:3 in Kiel in die Winterpause verabschiedete.


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Damals kassierte St. Pauli seine bereits vierte Saisonniederlage – und hat doppelt so viele auf dem Konto wie der Stadtrivale. Trotzdem befindet sich der auf Rang fünf liegende HSV mit sechs Punkten im Hintertreffen. Die zehn Unentschieden – eine beachtliche Anzahl bei 19 Ligaspielen – verhinderten eine bessere Platzierung. Auch der Start in 2022 endete mit einer Punkteteilung bei Dynamo Dresden, wobei die Leistung eher wenig Anlass zur Hoffnung gab. Für Aufwind sorgte dagegen die über weite Strecken couragierte – und letztlich auch erfolgreiche – Darbietung in Köln.

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Wie fällt die bisherige Bilanz aus?

Auf dem ersten Blick spricht die Statistik eine klare Sprache. Der Hamburger SV gewann bei 16 Unentschieden und 22 Niederlagen 68 der 106 bisherigen Aufeinandertreffen. Doch bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass seit dem Bundesliga-Abstieg der Rothosen zumeist der FC St. Pauli die Nase vorn hatte. In den sieben Vergleichen triumphierte viermal die seit fünf Derbys ungeschlagene Braun-Weiße Seite – auch beim spektakulären 3:2-Erfolg im Hinspiel.

Für wen ist das Derby wichtiger?

Die Bedeutung des innerstädtischen Kräftemessens ist natürlich für beide Seiten groß, doch erneut hat der punkttechnisch seine schlechteste Zweitliga-Saison spielende HSV wesentlich mehr zu verlieren. ihm droht ein historisches Debakel, denn er läuft Gefahr, erstmals eine Spielzeit hinter St. Pauli abzuschließen. Eine Niederlage würde nicht nur den ohnehin schon vorhandenen Ruf als „Derbyversager“ festigen, sondern den Rückstand auf den Rivalen auf gleich neun Zähler anwachsen lassen. Darüber hinaus würde der mehrfache Europapokalsieger die direkten Aufstiegsränge sowie den Relegationsplatz vorerst weiter aus den Augen verlieren.

Ohne besonderen Druck werden dagegen die Kiezkicker im Volksparkstadion antreten. Für sie besteht dafür die Möglichkeit, ein weiteres Statement in Richtung Aufstieg zu setzen. Bei einer Niederlage im Derby würde immer noch ein direkter Aufstiegsplatz zu Buche stehen. Eine Niederlage  wäre unschön, aber eher zu verkraften als für die Gegenseite, die in den letzten Jahren schon zu viele bittere Pleiten erleiden musste.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Wer ist der Favorit?

Die Favoritenrolle lässt sich nur schwer klären. Historisch betrachtet war der Hamburger SV stets der klare Favorit, diesmal dürften sich zwei Mannschaften fast auf Augenhöhe duellieren. Einen ernsthaften Heimvorteil wird es nicht geben, da nur 2.000 Zuschauer Einlass in den Volkspark erhalten. Dies dürfte eher für den auf fremden Geläuf bisher eher durchschnittlich agierenden FC St. Pauli sprechen, der angesichts der Ergebnisse in den letzten Aufeinandertreffen, den überlegenden Auftritt im Hinspiel sowie dem Erfolg über Borussia Dortmund womöglich sogar erstmals leicht favorisiert ins Spiel geht.

Was könnte den Ausschlag geben?

Fest steht, dass am Freitagabend zwei der spielstarke Mannschaften gegeneinander spielen. Beide gehören zu den Top-Vier der 2. Bundesliga, wenn es um das Kreieren von Torszenen geht. Dort ergibt sich ein klarer Unterschied, der sich in der Punkteausbeute beider Mannschaften widerspiegelt. Der inzwischen defensiv wesentlich stabilere HSV schaffte es oft nicht, klare Feldvorteile sowie ein Chancenplus in dementsprechende Ergebnisse umzumünzen, da er im letzten Drittel zu fehlerbehaftet oder im Abschluss glücklos agierte.

Der bei zehn Saisontoren stehende Angreifer Robert Glatzel (28) fand zwar mittlerweile in die Spur, doch der FC St. Pauli kann auf Guido Burgstaller (32) zurückgreifen. Auf ihn kann man sich in dieser Saison verlassen, wie 14 Treffer sowie vier Vorlagen eindeutig nachweisen. Im Hinspiel blieb er allerdings ohne persönliches Erfolgserlebnis. Sturmpartner Simon Makienok (31) brachte die Kiezkicker mit einem Doppelpack auf die Siegerstraße. Er stieg damit zum Matchwinner auf, wobei das Mittelfeld den herausragenden Mannschaftsteil darstellte.

Die von Trainer Timo Schultz (44) präferierte Raute um Eric Smith (25), den von Bundesligisten umworbenen Finn Ole Becker (21), Marcel Hartel (26) und Daniel-Kofi Kyereh (25) dominierte die Begegnung, indem sie unheimlich sicher, stets vorwärts denkend agierte und tief in der gegnerischen Hälfte den Ball eroberte, woraus sich reichlich Möglichkeiten ergaben. Kyereh – mit 5 Toren und zehn Vorlagen zweitbester Scorer – wird übrigens wieder in den Kader zurückkehren, nachdem er mit Ghana beim Afrika-Cup ausschied. „Er is einer von den Spielern, die wir nicht eins zu eins ersetzen können“, sagte Schultz auf der Pressekonferenz. Daher dürfte Kyereh wohl zumindest auf einen Kurzeinsatz kommen. Ähnlich viele Freiheiten wie im August wird er wohl kaum haben.

Dies sollte zumindest der Anspruch von Tim Walter sein, der grundsätzlich auf eine 4-3-3-Ausrichtung mit einem Sechser und zwei Achtern baut. „Wir haben uns seitdem entwickelt und sind viel weiter“, stellte er gegenüber den Medienvertretern klar. In der Tat trat seine Mannschaft, die offensiv auf Freigeist Sonny Kittel (29) und das Tempo der Flügelspieler Baker Jatta (23) und der im Sommer nach Frankfurt wechselnde Faride Alidou (20) angewiesen ist, im Saisonverlauf zunehmend verbessert auf. Letztgenannter steht vor seinem ersten Derby und könnte mi seiner unbekümmerten, zielstrebigen Art den Unterschied zugunsten des HSV ausmachen, der sich eine weitere Pleite nicht erlauben kann. Nicht nur mit Blick auf die aktuelle Saison, sondern auch auf das dauerhafte Kräfteverhältnis innerhalb der Stadt Hamburg.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

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