Rolf Fongué: Der, der Fussballer schneller macht | OneFootball

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·26. April 2024

Rolf Fongué: Der, der Fussballer schneller macht

Artikelbild:Rolf Fongué: Der, der Fussballer schneller macht

Rolf Fongué macht seit einem Jahr Fussballer schneller – und das mit teils überwältigendem Erfolg. Doch wie macht man das? Der ehemalige Schweizer Sprinter führt im Interview in spezielle Methodiken ein und illustriert, warum gerade die Formel 1 für das, was er tut, ein gutes Beispiel ist.

"Elite Speed & Performance Coach" – ein Begriff, der den stets konservativen Fussballtraditionalisten wohl mindestens ein Runzeln über die Stirn laufen lässt. Doch die Begrifflichkeit und die damit verbundenen Trainingsmethoden haben im modernen Ballspiel, das immer dynamischer wird, sehr wohl ihre Berechtigung.

Das weiss vor allen Dingen Rolf Fongué. Als ehemaliger Schweizer Leichtathlet, der seine Spezialisierung auf den Sprint hatte, will er Fussballer – ganz plakativ gesagt – schneller machen. In dem speziellen Training, das er dafür anbietet, achtet Fongué auf viele Faktoren – und erkennt durch sein geschultes Auge schnell, wo Verbesserungsbedarf besteht.


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Rolf Fongué achtet darauf – richtiges Ansteuern von Armen und Beinen

Doch wie macht man einen Fussballer schneller? "Es geht dabei vom Antritt bis hin zum Topspeed", sagt Fongué im Gespräch mit 4-4-2.ch. "Wir steuern die Biomechanik an, sprich gezielte Verbesserung der Physis und richtiges Ansteuern von Armen und Beinen." Denn der richtige Einsatz von diesen beiden Komponenten gehört beim Sprinten zu den essenziellen Bestandteilen.

Das "CIES Football Observatory" hat in einer seiner neuesten Untersuchung dokumentiert, welchen Stellenwert Sprints und generell schnelle Abläufe im Fussball inzwischen haben. Der sogenannte "fast runs index" wurde auf der Grundlage einer Mischung aus Sprints, Geschwindigkeit und Beschleunigung erstellt. Die Premier League belegt hier den Spitzenplatz, die Schweizer Super League nimmt einen starken 5. Rang ein.

Zu diesem hervorragenden Abschneiden hat mitunter Isaac Schmidt seinen Beitrag geleistet. Der Fussballer des FC St. Gallen nimmt am Sprint Coaching Programm von Fongué (hier geht's zur Homepage) teil und ist einer von inzwischen 25 bis 30 Klienten. Erfolge, sagt er, sind bei Fussballern in nicht seltenen Fällen schon nach kürzester Zeit sichtbar. Warum? Weil sie in diesem Bereich weniger geschult sind und nicht regelmässig trainieren.

"Überrascht davon, wie schnell die Erfolge sichtbar waren"

"Die Erfolge sind sehr vielversprechend. Ich war teilweise überrascht, wie schnell diese sichtbar waren", erzählt Fongué. "Fussballer lernen schneller als Leichtathleten, was daran liegt, dass im Fussball noch nicht im Speedbereich gearbeitet wird. Ich hatte Fälle, in denen Spieler über 30 Meter bereits innerhalb von einer Stunde um einen Zehntel schneller waren."

Als schnellster Fussballer der Welt gilt übrigens Kylian Mbappé. Im Jahr 2019 erreichte der Superstar eine beeindruckende Spitzengeschwindigkeit von 38,5 Stundenkilometern. Doch ist einfach nur ein hoher Topspeed auch am erfolgversprechendsten?

Jein, findet Fongué: "Topspeed ist ohne Frage sehr wichtig, aber ich denke, dass die Beschleunigung für alle Positionen noch wichtiger sein kann. Um den Topspeed zu erreichen, braucht ein Fussballer schon seine 30 bis 40 Meter – und das kommt eben nicht so oft vor im Spiel wie die kurzen Beschleunigungen, die vergleichsweise viel öfters gebraucht werden. Klar ist der Topspeed für einen Flügelspieler von grosser Bedeutung, aber für den zentralen Mittelfeldspieler nicht ganz so wichtig. Jedoch ist der Antritt die ersten zehn bis 15 Meter für jede Position ein essenzieller Faktor."

Wie ein FCZ-Junior Rolf Fongué zum Fussball brachte

Fongué hatte wenig Berührungspunkte mit dem Fussball, bis im Jahr 2022 die Eltern eines Jugendspielers des FC Zürich auf ihn zukamen. "Als wir anfingen, war er in seinem Jahrgang bei der Schnelligkeit ziemlich weit unten angesiedelt", erinnert sich Fongué. Nach drei Monaten Zusammenarbeit war er plötzlich in den Top 3 – und das in der gesamten Schweiz. Fongué hat dieser Erfolg angefixt. Er erkannte das ungemeine Potenzial seiner Arbeit und wie er Spieler in diesem immer wichtiger werdenden Bereich gezielt voranbringen kann.

Aufmerksame Verfolger ihres Klubs dürften sich fragen: Was unterscheidet das Speedtraining von der täglichen Arbeit? Schliesslich verfügen viele Vereine über einen ergiebigen Coaching-Staff, in dem teilweise mehrere Athletiktrainer integriert sind.

"Ein Athletiktrainer verfügt nicht über einen Sprintbackground und legt daher seinen Schwerpunkt mehr auf den physischen Bereich", meint Fongué, der im Jahr 2006 mit einer Zeit von 10,47 Sekunden über 100 Meter auf Platz 10 der europäischen Juniorenbestenliste landete. Verletzungen bremsten ihn aber immer wieder aus – 2010 nahm er an den Leichtathletik-Hallenweltmeisterschaften in Doha teil, bei den Leichtathletik-Europameisterschaften 2012 in Helsinki erreichte er den Halbfinal. Darüber hinaus ist Fongué dreifacher Schweizer Meister über 100 Meter und hatte in der Vergangenheit mit den besten der Welt wie Usain Bolt oder Yohan Blake trainiert.

Rolf Fongué: "Ich vergleiche es gerne mit der Formel 1"

Um es bildlich festzuhalten, unternimmt Fongué eine kleine Reise in die Königsklasse des Motorsports, der Formel 1: "Nimmt man den Athleten (Fussballer), dann ist die Beobachtung von mir, dass in den oberen Ligen einiges für die Physis gemacht wird – sprich für das Fahrzeug. Jedoch wird die Qualität des Fahrers ausser Acht gelassen. Mein Ansatz ist, lernt der Fahrer zuerst sein Fahrzeug zu beherrschen, wird er aus jedem dazugewonnenen PS, den er sich im Kraftraum erarbeitet, das Maximum herausholen können." Fongué tut genau das, geht auf die individuellen Bedürfnisse seiner Klienten ein und verbessert mit seinen Ausführungen nicht nur das Tempo, sondern weitere wichtige Eigenschaften.

Die bessere und bewusste Ansteuerung von gewissen Komponenten sowie eine allgemein verbesserte Körperspannung machen einen Fussballer in seiner Gesamtheit besser. "Daraus ergeben sich zum Beispiel eine verbesserte Ballbeherrschung und -kontrolle, das Verletzungsrisiko ist ebenfalls extrem minimiert", klärt Fongué über die weiteren Vorteile auf.

Der 36-Jährige betreut dabei nicht nur Fussballer aus der Schweiz, sondern aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, hat Auftraggeber aus Deutschland und Österreich – und muss dabei nicht mal zwingend vor Ort sein.

Spieler würden einfach ein Stativ mitbringen und sich damit selbst bei den Übungen filmen, erklärt Fongué. "Ich bin mit den Spielern über Zoom und Kopfhörern verbunden und leite sie an – wir können so ohne Probleme Bewegungsabläufe, Sprints und Wechselsprints sowie Stop-and-go trainieren." Quasi ein Arbeiten aus dem Homeoffice und auch hier wieder komplett dem Zeitgeist entsprechend. Kylian Mbappé, sei vorgewarnt.

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