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·8. Mai 2025
Rekordabsteiger der Bundesliga: VfL Bochum droht Sprung aufs Treppchen

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·8. Mai 2025
Sie hießen mal „die Unabsteigbaren“. Das Unwort, das doch jeder verstand, bezeichnete das Phänomen VfL Bochum. Mit dem Bundesliga-Aufstieg 1971 begann der Abstiegskampf des Ruhrpottklubs, der sein Image als graue Maus pflegte und doch viel Sympathien gewann – weil sie dem Establishment trotzten und im Gegensatz zu den großen Nachbarn Dortmund und Schalke nie abzusteigen schienen.
Bis es sie über zwei Jahrzehnte später 1993 doch erwischte – und seither fuhren sie häufiger Fahrstuhl als viele andere Bundesligisten.
Am Samstag gegen Mainz droht Bochum der siebte Bundesliga-Abstieg und damit der Sprung aufs Treppchen einer Wertung, die keiner gewinnen will.
Das geflügelte Sprichwort „Der Club is a Depp“ verdankt der Traditionsklub aus Franken vor allem seiner Neigung, auf ungewöhnliche Weise abzusteigen. Schon sein erster Abstieg schrieb Bundesligageschichte und ist einmalig geblieben: 1969 traten sie als amtierender Meister den Weg in die Zweitklassigkeit an und nach dem 0:3 im Abstiegsfinale in Köln wünschte der Stadionsprecher dem Gegner voller Mitleid eine baldige Wiederkehr. Es dauerte zehn Jahr und 1978/79 konnte selbst ein Weltmeister wie Uli Hoeneß, für die Rückrunde ausgeliehen, nichts mehr retten. Aber sie kamen ja immer wieder, sind folglich auch Rekordaufsteiger. Furore machten dennoch die weiteren Abstiege: 1984 als bis dato einzige Mannschaft ohne Auswärtspunkt! 1994, weil sie nach dem irregulären Helmer-Tor in München gegen die 1:2-Niederlage Protest einlegten, die Wiederholung dann aber weit höher verloren (0:5) und wegen der schlechteren Tordifferenz abstiegen. 1999 blieb unübertroffen, als sie als Zwölfter in den letzten Spieltag gingen und schon Einladungen für die Klassenerhaltsfeier verschickten – ja, so was gibt es auch – dann aber zuhause Freiburg 1:2 unterlagen und bei Punktgleichheit mit Frankfurt wegen eines Tores abstiegen. An jenem 29. Mai 1999, bis heute der dramatischte Tag der Bundesligageschichte, meldete sich Club-Fan und BR-Reporter Günter Koch legendär „vom Abgrund“. 2003 war es mal etwas undramatischer, weil der Nachfolger von Klaus Augenthaler – Wolfgang Wolf –statt zu retten die letzten vier Spiele verlor. 2007/08 gingen sie als Pokalsieger und Europacupteilnehmer in die Saison und als neuer Zweitligist wieder heraus, was an 1969 erinnerte. 2014 blieben sie im Schneckenrennen der letzten Drei, die alle die letzten fünf Spiele verloren, auf der Strecke und das bis dato letzte Bundesligajahr 2018/19 beendete der Club als kläglicher Letzter mit 19 Punkten. Dass ihr Rekord nicht zweistellig wurde, verdanken sie ihrer Stärke in der Relegation – 2010 währten sie den Angriff von Energie Cottbus ab. Aber was nicht ist, kann ja noch werden…
Weil sie sich den Klassenerhalt im ersten Bundesligajahr erkauften und den großen Skandal wesentlich mitverursachten, war der erste Abstieg der Ostwestfalen kein sportlicher. Der DFB verurteilte sie 1972 zum Zwangsabstieg, alle Spiele wurden annulliert, so wurde Arminia die erste Null-Punkte-Mannschaft. Das Comeback 1978/79 war eine Episode, Abstieg Nummer drei 1985 erfolgte immerhin erst nach vier Jahren. Ein Jahrzehnt fehlten sie, tauchten in der 3. Liga ab, ehe die Ära Lamm/Middendorp anbrach. Mit viel Geld von Kleinsponsoren leistete sich Arminias Altstars wie Thomas von Heesen und Uli Stein, deren beste Zeit vorbei war. 1998 ging es im zweiten Jahr wieder raus, der prompten Rückkehr folgte 2000 die nächste Fahrstuhlfahrt, auch 2002/03 war es ein kurzes Glück im Oberhaus. Von 2004 – 09 hielten sie sich besser, dann kam Abstieg Nummer sieben, begleitet von der Posse um Jörg Berger. Der Trainer mit dem Retter-Image kam ein Spiel vor Schluss und konnte nichts mehr retten. Elf Jahre vergingen, 2020 kam Arminia in Corona-Zeiten zurück und hielt sich tapfer zwei Jahre – um dann in die 3. Liga durchzurauschen. Dieser Verein, so scheint es, findet seine sportliche Heimat nie.
Der erste Bundesliga-Meister gehörte zu den letzten Dinos, nur Köln und der HSV gingen ununterbrochen auch in die Saison 1997/98. Dann rächten sich die Management-Fehler und das Unfassbare geschah – nach einem 2:2 gegen Nachbar Bayer Leverkusen, der sie sportlich längst überholt hatte, trottete der Geißbock ins Unterhaus. Es folgte eine WM und das schien Gesetz zu werden. Wenn der FC absteigt, dann in Turnierjahren. Vor der WM 2002 ging es wieder runter, mit dem Rekord der längsten Torlosserie von 1033 Minuten, die fortbesteht. Und dann? Sofortiger Aufstieg 2003 und wieder ein Abstieg, nun im EM-Jahr 2004. Das konnte auch der junge Lukas Podolski nicht verhindern und als er mit Köln 2006 – ein WM-Jahr – wieder abstieg, zog das Juwel gen München. Nun brauchten die Kölner zwei Jahre und den Wundertrainer Christoph Daum zur Wiederauferstehung. Vier Jahre hielten sie sich im Oberhaus, dann – wieder ein EM-Jahr – kam es 2012 zum fünften Abstieg. Peter Stöger, Aufstiegscoach 2014, sorgte für neue Stabilität und sogar einen Einzug in den Europacup 2017 – aber das war sein Verhängnis. Ein fataler Fehlstart in einem Jahr mit Dreifachbelastung brachte 2018 (WM) den sechsten Abstieg als kläglicher Letzter (22 Punkte), selbst ein Claudio Pizarro konnte nicht helfen. Abstieg Nummer sieben konnte 2021 unter Retter Friedhelm Funkel in der Relegation noch abgewendet werden, 2024 (EM) passierte es dann doch, auch wegen einer fatalen Transfersperre. Aber sie kommen ja bald wieder…
Die Berliner waren die ersten überführten Betrüger der Bundesligageschichte und wurden wegen überhöhter Gehälterzahlungen und der Führung schwarzer Konten 1965 zum Zwangsabstieg verurteilt. Diesem Skandal verdankt die Liga übrigens die Aufstockung auf 18 Mannschaften. Hertha kam bald wieder und mischte in den Siebzigern im oberen Drittel mit, ehe es 1980 bergab ging. Mit der damals besten Punktzahl eines Absteigers (29) wurden sie wegen zweier Tore nach unten verabschiedet. Es folgte ein tristes Jahrzehnt mit zwei Kurzauftritten in der Bundesliga (1982/83 und 1990/91), namhafte Trainer wie Georg Gawliczek oder Pal Csernai verzweifelten an den speziellen Berliner Verhältnissen. Auch den Schwung des Mauerfalls nutzten sie nicht, vertaten sich bei Transfers (Uwe Rahn) und Trainern (Peter Neururer). In der Ära Dieter Hoeneß/Jürgen Röber brachen bessere Tage an, von 1997-2010 war Hertha erstklassig und manches Mal international vertreten. 2010 warf Trainer Lucien Favre nach fünf Niederlagen hin, Routinier Friedhelm Funkel rettete diesmal nichts. Mit einem einzigen Heimsieg – im ersten Spiel – beendeten sie die blamable Saison. 2011/12 machte es der Aufsteiger besser, Altmeister Otto Rehhagel sprang im März ein und musste in die Relegation – die sie gegen Fortuna Düsseldorf verloren. 2022 gegen den HSV behielt Hertha mit einem anderen Altmeister – Felix Magath – gegen den HSV noch die Oberhand. Doch das Unheil wurde nur um ein Jahr verschoben, seit 2023 ist Tante Hertha wieder Unterhaus-Mitglied. Und wird es noch etwas bleiben…
1993 erwischte es die Unabsteigbaren erstmals, doch sie legten sich gleich ein neues Label zu: die Wiederaufsteigbaren. Den weiteren Abstiegen 1995, 1999, 2001 und 2005 folgten nämlich sofortige Aufstiege. Den Fans wurde vor lauter Fahrstuhlfahrten ganz schwindlig, auch wenn sie etwas Berechenbares hatten. Ab 2006 kehrte dann etwas Ruhe ein, bis 2010 hielt sich der VfL in der Bundesliga – um dann für kaum glaubliche elf Jahre jäh zu verschwinden. Seit 2021/22 ist die „Perle aus dem Revier“ wieder da, doch es wurde von Jahr zu Jahr schwerer. 2024 entgingen sie in unvergesslichen Relegationsspielen gegen Fortuna Düsseldorf (0:3, 3:0) im Elfmeterschießen auf Gegners Platz dem siebten Abstieg. Nun steht er doch unmittelbar bevor.
Sie gehörten zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga und entgingen dem ersten Abstieg 1965 nur durch die Aufstockung der Liga. 1968 war es doch so weit, als abgeschlagener Letzter war schon nach dem 30. Spieltag jedes Rechenspiel obsolet. 1975 als 2. Liga Süd-Meister wieder gekehrt, hielten sie sich zwei Jahre, 1977 fehlte nur ein Punkt. Die nächste Episode währte drei Jahre (1980-83), 1984/85 blieb es ein Intermezzo. Dann begann die Ära Winfried Schäfer und von 1987-1998 schrieben sie viele schöne Kapitel der Vereinsgeschichte. Ausgerechnet in der Saison, als sie mit Thomas Häßler und Guido Buchwald zwei Weltmeister von 1990 im Kader hatten, lief nichts mehr zusammen. Schäfer wurde entlassen, im Vertrauen auf Jörg Bergers Retterqualitäten. Am Ende lag es an der Tordifferenz und der KSC verschwand für neun Jahre in unteren Ligen, war sogar drittklassig. 2007 führte sie Ex-Spieler Edmund Becker ein letztes Mal hoch, 2009 war wieder Schluss. Sie verabschiedeten sich mit einem 4:0 gegen Hertha BSC, die das den Einzug in die Champions League kostete.
Als Meidericher SV gehörten sie zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga und wurden ihr erster Vize-Meister. Das blieb die Bestplatzierung der „Zebras“ aus dem Revier, die bis 1982 zu den „Dinos“ der Liga gehörten. Wie Bochum galten auch sie fast immer als Abstiegskandidat, hielten sich aber auch dank guter Nachwuchsarbeit im Oberhaus. Dann riss der Glücksfaden, selbst „Ritter Kuno“ (Klötzer) konnte sie nicht mehr retten. 1986 sogar drittklassig, kehrten sie erst 1991 in die Bundesliga zurück, wo sie in der einzigen Saison mit 20 Teams am letzten Spieltag abstiegen – damals erwischte es vier Vereine. Unter Ewald Lienen 1993 prompt zurückgekehrt, hielten sie sich bis 1995, waren sogar mal Tabellenführer (Februar 1994), aber im ominösen schweren zweiten Jahr nach dem Aufstieg überfordert. Der Fehlstart mit drei Punkten aus 14 sieglosen Spielen kostete Lienen den Job und war von Nachfolger Hannes Bongartz nicht zu kompensieren. Schon 1996 kehrten sie unter Friedhelm Funkel zurück – für vier Jahre! 2005/06 und 2007/08 spielten die Zebras noch je eine Saison erstklassig, waren aber chancenlos. Selbst Ailton konnte sie nicht retten, lieferte aber 2007/08 schöne Bilder für die Fotografen (auf einem Zebra).