
Miasanrot
·3. Mai 2025
Quasi Fußballmeister, FCB! FC Bayern muss noch warten

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·3. Mai 2025
Der FC Bayern München ist Deutscher Meister – quasi. Denn rechnerisch ist es noch nicht durch. In Leipzig erlebt der FCB ein spektakuläres 3:3.
Harry Kane hatte sich kurz vor Abpfiff der Partie gegen Leipzig auf den Weg in den Innrenraum des Stadions gemacht. Kurz zuvor hatte der gelbgesperrte Engländer eine spektakuläre Aufholjagd seines FC Bayern erlebt.
Unten angekommen sah er dann, wie dem deutschen Red-Bull-Konstrukt in letzter Sekunde der Ausgleich gelang. Wodurch die Meisterfeier um mindestens einen Tag verschoben wird. Direkt nach dem Tor von Yussuf Poulsen wurde Kane in der Nahaufnahme eingeblendet. Ein Blick wie die bisherige Karriere: Wieder muss er sich gedulden.
Doch was war los in Leipzig? Drei Dinge, die auffielen.
So wie die Partie in Leipzig Licht und Schatten für den FC Bayern war, so war es auch die Leistung der einzelnen Spieler. Aufgrund der vielen Verletzungen und Ausfälle ist der zweite Anzug nach wie vor wichtig. Einerseits zeigten Spieler wie Eric Dier, Josip Stanišić, Serge Gnabry oder Kingsley Coman gute Leistungen.
Auf der anderen Seite hatte man vor allem in der ersten Halbzeit massive Probleme – auch wegen schwacher individueller Leistungen von Sacha Boey und zunächst auch Konrad Laimer. Und auch Thomas Müller konnte Kane erwartbar nicht ersetzen. Irgendwo dazwischen befand sich zudem Jonas Urbig, der in der Anfangsphase einmal herausragend parierte, dann unglücklich wegrutschte und beim dritten Gegentor am Ende zu schnell runterging, statt sich groß und breit zu machen.
Selbiges gilt für Leon Goretzka, der das Spiel zwar belebte, in einigen Szenen wie beim Gegentor aber auch bekannte Schwächen offenbarte. Viel wird derzeit über Transfers für die Spitze des Kaders diskutiert. Je nachdem, wer dann aus den ersten 13, 14 Spielern ein oder zwei Positionen nach hinten in der Hierarchie rückt, können auch solche Wechsel die Kaderbreite verbessern.
Dennoch muss man genau schauen, auf welchen Positionen Verstärkungen notwendig sind.
Es war absehbar, dass die Champions League mit derart vielen Ausfällen zur schwer lösbaren Aufgabe wird. Dass man trotzdem in der Bundesliga am Ende souverän Meister wird, ist ein großer Fortschritt zu den vergangenen Spielzeiten. Wären die Bayern mit so vielen Rückschlägen in den vergangenen Spielzeiten ebenfalls Meister geworden? Müßig zu diskutieren.
Der Verdacht, dass es enger geworden wäre, liegt zumindest nahe. Kompanys größter Erfolg in dieser Saison ist es vielleicht, dass er diese Bayern stabilisiert hat. Sie können damit umgehen, wenn etwas nicht nach Plan läuft. Und diese Partie ist ein weiterer Beleg dafür.
Auf eine sehr schwache erste Halbzeit folgte eine deutlich bessere zweite. Sicherlich durch die beiden Tore und die teils glückliche Entstehung begünstigt, aber die Bayern bekamen das Geschehen trotz 0:2-Rückstand zunehmend in den Griff und belohnten sich dann.
Man ist unter Kompany noch lange nicht da, wo man als Topclub in Europa sein möchte. Es gibt einige Baustellen im personellen, aber auch im taktischen Bereich. Wie bekommt man den Sechserraum besser in den Griff, ohne zu viele Spieler aufzustellen, die den Spielfluss stören? Wie bekommt man es auch ohne Jamal Musiala und Kane hin, aus dem Spiel heraus einen tiefen Verteidigungsblock konsequenter und mit besserer Frequenz zu knacken?
Und die Gretchenfrage für die Zukunft ist womöglich, wie Kompany bei der Arbeit gegen den Ball weitermacht. Kritik am hohen Pressing der Bayern findet gewiss auf hohem Niveau statt. Trotzdem zeigte die Rückrunde einen relativ deutlichen Unterschied zur Hinrunde, was Konsequenz, Bereitschaft und vielleicht auch Fitness anbelangt.
Die Defensive war nicht nur wegen der Verletzungen anfälliger. Sie war es auch, weil die Entlastung der Abwehrkette durch ein präzises und aggressives Angriffspressing zu oft nicht gelang und so Räume entstanden, die Gegner genutzt haben – so auch Leipzig in der ersten Halbzeit.
Die unterschiedlichen Halbzeiten sollten den FC Bayern daran erinnert haben, dass diese Saison trotz Quasi-Meisterschaft noch nicht vorbei ist. Da geht es nicht mal um die noch anstehende Club-WM, sondern um die letzten beiden Spieltage. Es mag menschlich sein, dass die tabellarische Situation den Druck nimmt – und deshalb vielleicht der eine oder andere Prozentpunkt fehlt.
Aber den Münchnern sollte es nicht egal sein, ob sie am Ende mit 76, 77, 78 oder eben 82 Punkten Deutscher Meister werden. Es geht letztlich auch darum, das Narrativ rund um diese Meisterschaft ein wenig zu steuern. Nicht den Eindruck zu erwecken, man sei Meister geworden, weil die Konkurrenz schwach war, sondern weil man die Konkurrenz mit eigener Stärke gebrochen hat.
Die Punktverluste, die es in den vergangenen Wochen gab, sind noch überschaubar und erklärbar. Auch die Bedeutung der Meisterschaft wird durch Narrative von außen sicher nicht kleiner. Es bleibt ein großer Erfolg. Und doch geht es in den kommenden beiden Spielen darum, sich standesgemäß aus der Bundesliga-Saison zu verabschieden.
Schon am Sonntag können sie vom „Quasi-Fußballmeister“ zum offiziellen deutschen Fußballmeister werden. Wenn Leverkusen in Freiburg nicht gewinnt. „Es fühlt sich an, als wären wir Meister“, sagte Thomas Müller bei Sky. Der Weltmeister von 2014 hatte anders als Kane schon mit Abpfiff bessere Laune, versuchte seine Teamkollegen aufzumuntern und animierte auch die Fans trotz des späten Rückschlags.
Die einzige relevante Frage beginnt jetzt nur noch mit „Wann“, könnte man meinen. Aber es kommt auch auf das „Wie“ an. Eine erste Halbzeit wie in Leipzig darf es bei allen nachvollziehbaren Argumenten beim FC Bayern nicht geben.