Omar Traore ist Löwenpudel der Saison 23/24 | OneFootball

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VfL Osnabrück

·21. Mai 2024

Omar Traore ist Löwenpudel der Saison 23/24

Artikelbild:Omar Traore ist Löwenpudel der Saison 23/24

Der ehemalige VfL-Profi Omar Traoré erhielt am Sonntag vom Kuratorium des Löwenpudels die Auszeichnung „Löwenpudel der Saison“ verliehen. Der Löwenpudel wird an Personen verliehen, die sich nicht nur aktiv im sportlichen Bereich um den VfL Osnabrück verdient gemacht haben, sondern sich auch durch soziale Kompetenzen hervorgetan haben.

Nach der Premiere im Jahr 2022 mit Preisträger Sven Köhler folge im letzten Jahr „Tante Gerhild“, die für ihr soziales Engagement ausgezeichnet wurde. Am Sonntag durfte Omar Traoré, der in dieser Saison in der Bundesliga starke Leistungen in Heidenheim zeigte, den Preis annehmen.


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Die vollständige Laudatio:

Ein Junge vom Schölerberg lebt seinen Traum

Omar Traoré ist unser Löwenpudel der Saison 2023/24

Sonntag, 5. Mai 2024 auf dem Heidenheimer Schlossberg: Es ist kurz vor 21 Uhr, als die 65. Minute im Spiel des gastgebenden 1. FC Heidenheim gegen Mainz 05 angebrochen ist. Das Spiel bildet den Abschluss des 32. Spieltags der laufenden Bundesligasaison. Die Gäste aus Rheinhessen führen und benötigen möglichst den ersten Auswärtsdreier der Saison, um sich Luft im sich immer dramatischer zuspitzenden Kampf um den Klassenerhalt zu verschaffen. Heidenheim drückt, Heidenheim rennt an – der Bundesliganeuling befindet sich in der komfortableren Ausgangslage und kann bereits zwei Spieltage vor Saisonende den Klassenerhalt auch rechnerisch sicher machen. In eben jener 65. Minute steigt Heidenheims Torjäger Tim Kleindienst zum Kopfball hoch und versenkt den Ball hinter Mainz‘ Keeper Zetterer im Gehäuse der Gäste. Jubel brandet auf, Kleindienst posiert vor der Fankurve in einer Mischung aus Erleichterung und Freude. Und doch weiß er, bei wem er sich für dieses Tor zu bedanken hat. Denn nur wenige Sekunden zuvor hat ein Junge, aufgewachsen zu Füßen des Osnabrücker Schölerbergs, eine punktgenaue wie butterweiche Flanke geschlagen und so erst seinen Mitspieler in Szene gesetzt: Der Mann, der auch bei seinem neuen Verein seine Lieblingsrückennummer mit der 23 trägt, heißt Omar Traoré.

Omar Traoré ist gerade einmal vier Jahre alt, als er das erste Mal in einer Mannschaft mit dem Fußballspielen beginnt. Im selben Alter sieht er auch zum ersten Mal ein Spiel an der Bremer Brücke und sein fußballerisches Vorbild Daniel Thioune in Aktion. Omar Haktab Traoré, wie der heutige Erstligaprofi mit vollem Namen heißt, wird am 04. Februar 1998 in Osnabrück geboren. Seine Eltern kamen Anfang der 1990er Jahre aus Togo in Westafrika nach Osnabrück. Omars Vater Alfa Traoré hatte den Plan gehabt, Biologie zu studieren. Dieser ging allerdings nicht auf, stattdessen hielt er sich und seine noch junge Familie mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Omars älterer Bruder Muftao wird 1994 geboren und erst 1997, ein Jahr bevor sein zweiter Sohn das Licht der Welt erblickt, kann Alfa Traoré im Klinikum eine Ausbildung zum Krankenpfleger beginnen, eine Tätigkeit, der er bis heute nachgeht. Die Familie Traoré hat in ihrer neuen Heimat Osnabrück leider auch mit Ressentiments zu kämpfen. Doch auch hiervon lassen sich Alfa, seine Frau und die drei Söhne Muftao, Omar und Hakim nicht beeindrucken. Ganz im Gegenteil: Alfa Traoré engagiert sich in der Zivilgesellschaft, er unterstützt Flüchtlinge aus seinem Heimatland, wird Mitglied in zahlreichen Vereinen und moderiert im Bürgerfunk die Sendung „Hallo Afrika“. Den Wertekompass, den Alfa Traoré tagtäglich im praktischen Handeln vorlebt, gibt er auch an seine Kinder weiter. Der Sport hat mitunter eine besonders wirkungsvolle integrative Kraft und so ist es nur folgerichtig, dass Alfa Traoré seine sportbegeisterten Kinder im Fußballverein anmeldet. Im Jahr 2002 steht Omar auf dem Sportplatz an der Mercatorstraße auf dem Schölerberg erstmals als Spieler auf dem Fußballplatz. Sein Heimatverein ist der SV Rasensport Osnabrück, dort kicken auch Muftao und später auch sein jüngerer Bruder Hakim. Omar und seine Brüder machen schnell auf sich aufmerksam, alle drei bringen ein gewisses Talent mit. Anhand der drei Traoré-Geschwister lässt sich allerdings auch erkennen, dass Talent alleine nicht alles ist. Um sich für höhere Aufgaben gar als Vollprofi empfehlen zu können, benötigt es neben dem Talent und dem festen Willen, die selbstgesteckten Ziele zu erreichen, auch eine große Portion Glück. Omar Traoré hatte jenes und dennoch verlief seine Karriere nicht immer steil nach oben: Häufig, so sagt er selbst, hätte jene auch eine andere Wendung nehmen können. Noch in der Jugend wechselt das Raspo-Talent zum VfL Osnabrück und macht im Nachwuchsleistungszentrum auf sich aufmerksam. Gleichzeitig ist Omar allerdings hier einer von vielen sehr gutenJuniorenspielern. Das Niveau ist merklich höher als bei seinem Heimatverein und genau wie sein jüngerer Bruder Hakim muss er sich durchbeißen. Mit 17 Jahren fällt Omar Traoré eine erste wichtige wie auch mutige Entscheidung: Er verlässt den VfL Osnabrück und wechselt in die U19 des Niedersachsenrivalen Eintracht Braunschweig. Mit ihr gewinnt er in seinem zweiten Jahr beim BTSV den DFB-Junioren-Vereinspokal. Omar Traoré steht wie viele Talente vor ihm an einer ganz entscheidenden Weggabelung: Dem Übergang vom Junioren- in den Herrenbereich. Schon so manch kommender Shootingstar scheiterte an dieser Wegmarke, da das Niveau gerade im Profibereich der Herren noch einmal eine andere Dimension erreicht. Omar Traoré handelt aber wie immer nach seiner Maxime, die ihn zum Löwenpudel werden lässt: „Habe keine Angst, etwas zu verlieren, sondern nutze die Chance etwas zu gewinnen!“. Nach dem Abitur und dem Vertragsende in Ostniedersachsen droht im Januar 2017 Omars Fußballkarriere jedoch schlagartig ein Ende zu nehmen: Omar Traoré ist fast ein Jahr vereinslos und hinterfragt sich mehrmals, ob es für ihn noch dazu reicht, mit dem Fußball seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Ihm droht nicht weniger dasselbe Schicksal wie zahlreichen seiner ehemaligen Mitspieler im NLZ: Ausgestattet mit einem riesigen Talent, einer exzellenten fußballerischen Ausbildung im Gepäck – und dennoch könnte es am Ende nur für den etwas besseren Amateurfußball reichen. Am 01. Januar 2018 unterschreibt Omar Traoré einen Vertrag beim Viertligisten Rödinghausen. Es ist auf den ersten Blick – insbesondere für Außenstehende und Fußballlaien – ein Schritt zurück. Für Omar Traoré erweist sich die Zeit in Rödinghausen aber als absoluter Glücksfall. Er blüht auf, auch wenn er manchmal nur in der zweiten Mannschaft in der Westfalenliga die Fußballschuhe schnürt: Aufgeben gilt nicht und als frisch gebackener Regionalligameister im Jahr 2020 kehrt er in den Profifußball zurück.

Jedoch nicht mit Rödinghausen, das keine Lizenz für die dritte Liga beantragt, sondern ausgestattet mit einem Profivertrag beim Drittligisten KFC Uerdingen 05. Die Krefelder schicken sich bereits seit geraumer Zeit an, wieder in die Bundesliga zurückzukehren, ein Sehnsuchtsort, deren Teil sie als Werksverein des Bayer-Konzerns über Jahre hinweg waren. Doch nur das Geld eines umstrittenen Investors hält die KFC-Mannschaft über Wasser und auch für Omar Traoré läuft es bei seinem Comeback im Profifußball denkbar schlecht: Er reißt sich im Herbst 2020 das Syndesmoseband und fällt bis zur Winterpause aus. Erst im Februar 2021 kann er wieder spielen, doch nur wenige Monate später der nächste Rückschlag: Sein Arbeitgeber ist insolvent, das Gehalt wird verspätet oder gar nicht gezahlt. War es das wieder einmal? Nein, Omar besinnt sich aufs Neue seines Lebensmottos, kehrt in seine Heimatstadt zurück und unterschreibt einen Zweijahresvertrag beim VfL Osnabrück. Schnell wird der offensive Außenverteidiger zum Publikumsliebling und eine der wichtigen Säulen der 90+6-Aufstiegsmannschaft. Er gibt dem Team des VfL Osnabrück Konstanz sowie Stabilität und schafft es mit seiner Gedankenschnelligkeit, das Publikum an der Bremer Brücke zu begeistern. 2023 zieht es ihn in die Bundesliga und gleich am ersten Spieltag der neuen Saison erhält er seine Chance, da der etatmäßige Verteidiger Manon Busch im Auftaktspiel beim VfL Wolfsburg ausfällt. „Herzlich willkommen in der Bundesliga“, sagt der vierte Offizielle Florian Lechner noch zu Omar, bevor dieser die Bühne 1. Bundesliga betritt und seinen Traum weiterlebt. Inzwischen ist Omar Traoré nicht mehr aus der Heidenheimer Mannschaft wegzudenken, er hat seine Chance genutzt – und das ist alles andere als selbstverständlich für einen Fußballer, der bislang nie höher als Liga 3 gespielt hat. Omar Traoré hat inzwischen den Bayern die Lederhosen ausgezogen und im großen Westfalenstadion Champions-League-Finalist Borussia Dortmund geärgert. Darüber hinaus hat er als Osnabrücker Junge das Fußballspielen nicht nur dem VfL, sondern vor allen Dingen seinem Jugendverein SV Rasensport zu verdanken. Ein Osnabrücker Verein, zu dem er immer noch Kontakt hält, im Austausch steht, um seiner Aussage nach „Kindern Mut zu machen, an ihre Träume zu glauben“, so wie er es getan hat, was am Ende seinen Traum vom Fußballprofi wahr werden ließ. Einen Traum, den Omar Traoré inzwischen in der ersten Bundesliga lebt. Und gleichzeitig bleibt Omar Traoré auf dem Boden, da er mehrfach erlebt hat, dass es im Fußball sehr schnell gehen kann und die Zeit als Profi ebenso abrupt enden kann, wie sie einst begann.

Omar Traoré ist ein Gewinnertyp, jemand, der an sich glaubt, jemand, der viele Schlaglöcher auf dem Weg zum Bundesligaspieler umkurven musste, jemand, der weiß, wo er herkommt, jemand, der auch über den Tellerrand hinausblickt und sich ganz im Sinne seiner familiären Sozialisation für Toleranz und Respekt einsetzt. Er möchte ein Vorbild für andere sein, insbesondere für Kinder, die ebenso den Traum vom Fußballprofi träumen. Und so erzählt er auch immer wieder Kindern und Jugendlichen von seinem Weg und dass es sich lohnt, für seinen Traum zu kämpfen. Als Osnabrücker Junge kehrt er hierfür immer wieder aufs Neue in seine Heimat zurück: Sei es bei Raspo, wo er immer mal wieder im Nachwuchsbereich zuschaut und mit Kindern und Jugendlichen ins Gespräch kommt, oder an seiner ehemaligen Schule, dem Graf-Stauffenberg-Gymnasium, wo er in einer Podiumsdiskussion unter dem Titel „Die Würde des Menschen ist unantastbar – auch im Stadion?“ zu Gast war. Angesprochen auf die rassistischen Ausfälle gegenüber seinem Mitspieler Aaron Opoku im Spiel gegen den MSV Duisburg sagte Omar Traoré: „In diesem Moment war ich wahnsinnig stolz auf meinen Verein. Wir standen geschlossen hinter Aaron, der neben mir in der Kabine absolut aufgelöst und nicht in der Lage war, weiterzuspielen. In der Vergangenheit gab es bei ähnlichen Vorfällen viele Appelle, aber die Spiele wurden fortgeführt. Wir haben aber ein sichtbares Zeichen gesetzt, dass man seine Stimme erheben muss. Dafür zolle ich meiner Mannschaft und allen Verantwortlichen beim VfL weiter großen Respekt!“ Er betont, dass es für ihn auf die Haltung ankommt – nicht nur auf das, was man sagt. Damit fasst Omar Traoré in Worte, wofür auch der VfL Osnabrück mitsamt seinen Fans steht: Haltung zu zeigen, auch wenn es nicht immer einfach ist.

Omar Traoré lebt seinen Traum – und er ist gleichzeitig der „Osnabrücker Junge“ vom Schölerberg geblieben, der die Verbindung in seine Heimatstadt hält und uns auch so weiterhin viel Freude bereitet. Auch wenn er nicht mehr beim VfL Osnabrück die Außenbahn beackert, sondern inzwischen seinen Gegenspielern in der Beletage des deutschen Fußballs Kopfzerbrechen bereitet.

Wir gratulieren Omar Traoré zur Auszeichnung „Löwenpudel der Saison 2023/24“ und wünschen ihm, dass er seinen Traum noch lange weiterlebt!

Das Löwenpudelkomitee zu Osnabrück im Mai 2024


Foto: osnapix

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