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·11. Mai 2021

Omar Marmoush – mindestens problematisch

Artikelbild:Omar Marmoush – mindestens problematisch

Dieser Text fällt uns schwer. Denn das gesamte Thema ist eines, bei dem wir uns kein Urteil erlauben können. Denn unser Wissen über den Nahost-Konflikt mit all seinen Ungerechtigkeiten reicht dazu nicht aus. Es gibt hochbezahlte Politik-Journalisten, die auch an dem Thema verzweifeln. Wo wir uns aber recht sicher sind: Es gibt kein Schwarz und Weiß in diesem Konflikt. Entsprechend problematisch ist, wenn sich Personen deutlich positionieren. So geschehen von Omar Marmoush.(Titelbild: Peter Böhmer)

In den letzten Tagen und vor allem gestern ist es zu massiver Gewalt in und um Jerusalem herum gekommen. Die Situation ist mittlerweile derart eskaliert, dass von der Hamas Raketen auf Israel abgefeuert wurden. Danach hat Israel Ziele im Gazastreifen angegriffen. Es gibt Berichte über Dutzende Todesopfer. Diese Eskalation ist somit ein weiteres dunkles Kapitel im Nahost-Konflikt und scheint noch nicht beendet.


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Was die Beurteilung der Situation so schwer macht und vermutlich für nicht wenige den Nahost-Konflikt zu einem ganz schwierigen Thema macht: Es gibt so viele Vorfälle, so viel Unrecht auf beiden Seiten, dass es uns schlicht unmöglich ist, ein Urteil zu fällen. Der Nahost-Konflikt ist aufgrund seiner hochkomplexen Geschichte und des inzwischen seit mehr als 70 Jahren andauerndern Konflikts, vermutlich nie ganz aufzulösen. Wie sollte das auch gelingen, wenn zwei Völker das gleiche Territorium für sich beanspruchen?(Wer sich die Chronologie des Nahost-Konflikts noch einmal durchlesen möchte, dem empfehlen wir diesen kurzen Überblick)

Es scheint also kein Schwarz und Weiß bei diesem Konflikt zu geben. Auch eine Lösung scheint trotz aller internationalen Bemühungen nicht möglich zu sein. Das ist nichts Neues und um das festzustellen braucht es auch keinen Fußballblog eines mäßigen Zweitligisten.Da es kein Schwarz und Weiß gibt, ist mit einem gewaltigen Echo zu rechnen, wenn jemand sich bei diesem Konflikt klar auf einer Seite positioniert. Besonders dann, wenn diese Person Profi-Fußballer ist. Omar Marmoush postete am Dienstagmorgen (ist inzwischen gelöscht) diese Story bei Instagram:

Artikelbild:Omar Marmoush – mindestens problematisch

Das gesamte Land Israel ist hier im Muster der Kufiya, einem in der arabischen Welt getragenen Kopftuch, auch „Palästinensertuch“ genannt, gehalten. Die Botschaft ist ziemlich eindeutig: Das Land Israel gehört den Palästinensern. Zudem schreibt Omar Marmoush hierzu folgenden Text:

Eure Einladung an unsere Schwestern – möge Gott ihnen den Sieg gewähren.Instagram-Story Omar Marmoush, sinngemäß übersetzt

Allein schon das Abbilden des Staates Israel mit einer Art Nationalsymbol von Palästina könnte man so deuten, dass Marmoush den Staat Israel nicht anerkennt. Strafrechtlich dürfte das noch nicht zur Zerstörung Israels aufrufen, man kann dies aber sehr wohl dort so herauslesen. Das ist mindestens problematisch.

Die Rückmeldung aus der Fanszene auf diese Insta-Story ließ nicht lange auf sich warten:

Einige Tweets im Anschluss gehen dann in die Richtung, dass Omar Marmoush nach Ende seiner Leihe auch gleich gar nicht mehr ans Millerntor zurückkehren sollte.

Aber klar ist eben auch, dass es innerhalb der Fanszene des FC St. Pauli einige Stimmen gibt, die die Ansichten von Omar Marmoush teilen, genauso, wie es Personen gibt, die das genaue Gegenteil davon als richtig empfinden. Der Blick richtet sich hier beispielhaft nach Glasgow. Seit vielen Jahren ist die Positionierung der Fanszene von Celtic ein wiederkehrendes Thema in der Fanszene des FCSP. Denn es gab bereits mehrere Statements und auch Choreos, in denen offen mit Palästina sympathisiert wurde. Der Vorwurf des Antisemitismus ist da dann nicht mehr weit. Die Sichtweise auf den Konflikt ist von Großbritannien aus eine gänzlich andere als aus Deutschland, wo allerdings ja auch innerhalb „der politischen Linken“ (so es sie denn überhaupt als solche gibt) durchaus sehr unterschiedliche Meinungen existieren.Doch zurück nach Glasgow:

Oder auch der von uns ebenfalls sehr geschätzte Account des FCSP South End Scum:

Diese Tweets dürften bei vielen Kritik hervorrufen. Und da sind wir mitten im Thema: Kann man ziviles Leid in Palästina losgelöst von den terroristischen Taten der Hamas betrachten? Kann man die Vergeltungsschläge von Israel rechtfertigen? Gibt es hier Schwarz und Weiß, ist es eine Henne/Ei-Problematik? Erzeugt Aktion immer Reaktion?„Freiheit für Palästina“ wäre für sich genommen ja ein Statement, welches jede:r sofort unterzeichnen könnte – wenn es eben nicht jeweils auch die andere Seite der Medaille gäbe. Und so greift es als Forderung hier zu kurz.Ist es deswegen als Forderung komplett falsch? Wir wissen es nicht und stehen dieser Problematik recht hilflos gegenüber.

Zusätzlich haben auch weitere Profis Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung bekundet. Leart Paqarada und Christopher Avevor teilten im Laufe des Vormittags die unten gezeigten Stories auf Instagram. Hierbei wird, anders als von Marmoush, darauf verzichtet den Staat Israel mindestens nicht anzuerkennen.

Artikelbild:Omar Marmoush – mindestens problematisch

Der Umgang mit dem Thema zeigt wie divers dieses Thema auch innerhalb der Fanszene betrachtet wird. Sicher ist, dass es bei diesem hochkomplexen Konflikt kein richtig und falsch geben dürfte.

Wir wünschen uns alle sicher sehr, dass Fußball-Profis mündig und meinungsstark in den Sozialen Medien auftreten. Wir wünschen uns, dass sie eben nicht einfach nur ein paar Bilder vom Fußball teilen, sondern das sie auch mal auf politische und gesellschaftliche Probleme aufmerksam machen.Allerdings ist gerade der Nahost-Konflikt ein Thema bei dem eine klare Positionierung alles andere als hilfreich erscheint. Das hat die Geschichte der letzten 70 Jahre gezeigt. Dieser Konflikt braucht keine weiteren radikalen Ansichten, die geteilt werden. Er braucht Verständnis füreinander, es braucht Schritte aufeinander zu. Ein Insta-Post bei dem der Staat Israel nicht anerkannt wird bzw. mit Palästinenser-Symbolen belegt wird, ist da sicher genau das Gegenteil von dem, was notwendig ist. Wenn dieser Post zudem noch mit den Worten „möge Gott ihnen den Sieg gewähren“ versehen wird, dann ist das inakzeptabel.

Das Marmoush die Story bereits wieder gelöscht hat, zeigt, dass entweder er selbst oder der Verein die Rückmeldungen registriert haben. Es scheint, dass die Verantwortlichen die Problematik erkannt haben und es ist zu erwarten, dass es hier seitens des Vereins eine Aufarbeitung des Themas gibt. Die kürzlich veröffentlichten Stories von Paqarada und Avevor zeigen umso mehr, dass der Verein gut daran täte, sich einem schwierigen Thema anzunehmen. Ohne, dass wir hier vorgeben könnten, in welcher Art und Weise dies genau zu geschehen habe.

Insofern: Die Kommentare sind offen. Wir haben hier bisher in ähnlichen Situationen bereits feststellen dürfen, dass es bei allen unterschiedlichen Meinungen absolut möglich ist, fair miteinander umzugehen und in der Sache zu diskutieren, ohne andere respektlos zu behandeln. Über eine derartige Diskussion zu diesem Thema würden wir uns auch hier sehr freuen, wohl wissend, dass auch da dieser Konflikt sicher nicht gelöst werden kann.// Tim & Maik

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