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Simon Schmidt·14. September 2024

Nie am Ball, aber viel Ertrag: Ist er das neue Tor-Phantom der Bundesliga?

Artikelbild:Nie am Ball, aber viel Ertrag: Ist er das neue Tor-Phantom der Bundesliga?

Bezeichnend, dass Gladbach-Stürmer Tim Kleindienst in der 67. Minute nur einen Kontakt dafür brauchte, um die gefühlvolle Flanke von Franck Honorat per Kopf über die Linie zu drücken. Denn am Ball war er gegen den VfL Bochum so gut wie nie. Dass er trotzdem einen Glanztag hatte, unterstrich das neue Tor-Phantom der Bundesliga wenig später mit einer Vorlage.

15 Ballberührungen, zwei Scorerpunkte. Kleindienst wirkt damit wie der Inbegriff des kantigen Strafraum-Stürmers, der sich im Sechzehner „wundliegt“ und dann da ist, wenn irgendwer noch seinen Kopf oder großen Zeh hinhalten muss, um sich danach mit ausgebreiteten Armen als Größten feiern zu lassen. Eine Annahme, die in diesem Fall aber falscher nicht sein könnte.


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Also klar, Kleindienst ist schon da, um das Ding reinzudrücken, doch sonst gibt es kaum eine Parallele zu diesen Neunern, für die der Rest des Teams mitarbeiten muss. Im Gegenteil.

Bei Ex-Klub Heidenheim perfektionierte der 29-Jährige die Philosophie von Frank Schmidt: Arbeiten und Vollgas geben. Wie giftig Kleindienst ist, untermauern die Werte aus der vergangenen Bundesligasaison. Der 1,94-Meter-Hüne gewann die meisten Kopfballduelle der Liga und landete bei den gewonnenen Zweikämpfen auf Platz drei. Er konnte außerdem richtig eklig sein, denn er beging 89 Fouls, die meisten in der letzten Saison. Leandro Barreiro hatte auf Platz zwei mit 58 Fouls satte 31 weniger (Quelle: `bundesliga.com´).

Auch andere stürmeruntypische Stats dominierte Kleindienst. Er zog bundesligaweit die meisten Sprints sowie intensiven Läufe an und landete sogar auf Platz fünf der gelaufenen Gesamtkilometer. Mit Ermedin Demirović war nur ein weiterer Mittelstürmer unter den Top 30.

Auferstehung des Phantoms?

Diese Qualitäten hat Kleindienst ganz offensichtlich auch mit nach Mönchengladbach gebracht. Bei den Sprints und intensiven Läufen ist der Angreifer schon wieder ganz weit vorne zu finden. Außerdem hat er seine Torgefahr schon unter Beweis gestellt, sowohl gegen Leverkusen als auch gegen Bochum war Kleindienst erfolgreich. Und das – gemessen an seinen Ballaktionen – mit einer brutalen Effizienz. Laut dem Datenportal ‚Opta‘ hatte Kleindienst erst 49 Ballkontakte, war aber trotzdem brandgefährlich und machte aus 1,24 xGoals zwei Tore.

Kein Wunder, dass er sich jetzt schon in die Herzen der Fohlen-Fans gespielt hat. Ein Arbeiter, der gleichzeitig Tore schießt? Welcher Fußball-Fan ist da nicht schockverliebt?

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Das erinnert an einen weiteren Publikumsliebling in seiner Prime: Marek Mintal, der Torschützenkönig des 1. FC Nürnberg von 2004/05 (24 Tore) war bekannt dafür, nicht oft den Ball zu haben und am Ende das Spiel zu entscheiden. Dadurch verdiente er sich den Spitznamen „Phantom“.

Einst sagte Mintal in einem Interview mit ’11Freunde‘: „Ich lief meine Gegenspieler einfach in Grund und Boden. Ich war nie der Schnellste, aber ich konnte laufen. Ich bin tausende von Kilometern in meiner Karriere umsonst gelaufen, aber was heißt im Fußball schon umsonst? Irgendwann war mein Gegner müde, tat sich eine Lücke auf, kam der Ball – und dann machte ich ihn rein.“

Qualitäten, die auch auf Kleindienst zutreffen, der es in dieser Saison auch nur knapp in die 150 der schnellsten Bundesliga-Spieler geschafft hat.

Worin er aber einer der Besten ist, sind die „talentfreien Aktionen“, wie Bundestrainer Julian Nagelsmann einmal Einsatz, Lauffreude und Leidensfähigkeit bezeichnete.

Kein Wunder, dass sogar eine Nominierung für die Nationalmannschaft im Raum steht. Niclas Füllkrug, Robert Andrich, Pascal Groß und Deniz Undav zeigen, dass Nagelsmann solche Typen mag. Das sind allesamt Speiler, die für einen harten Weg an die Spitze stehen. Echte Arbeiter und teilweise auch Spätzünder, die in ihrer Karriere zur Not mal Umwege gingen und sich auch von Rückschlägen nicht entmutigen ließen. Die diese Qualitäten auch im Spiel zeigen sollen, wenn man mal in Rückstand gerät.

Kleindienst könnte also als Backup für Füllkrug agieren, der zwar mehr als ballverteilender Wandspieler daher kommt, aber dessen mannschaftsdienliches Verhalten Kleindienst auf seine eigene Art einbringen könnte. Mit seinen unermüdlichen Läufen könnte er Räume für die Dreierreihe Wirtz/Musiala/Havertz reißen und so eine wichtige Rollen übernehmen.

„Wenn es passieren sollte, wäre es natürlich sehr geil“, sagte Kleindienst zuletzt bei ‚Sky‘ zum Thema. Und eins sollte klar sein: Wenn Kleindienst in der Nationalmannschaft gebraucht werden sollte, wird er auch da mit Sicherheit abliefern. Zur Not auch ohne Ball. Aber vielleicht drückt er auch im richtigen Moment mal wieder einen über die Linie. Wie ein echtes Phantom eben.