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·26. Juni 2025

Next-Gen-Power bei Beşiktaş: Klub vor Neuausrichtung?

Artikelbild:Next-Gen-Power bei Beşiktaş: Klub vor Neuausrichtung?

Beşiktaş steht vor einer strategischen Neuausrichtung. Anstelle großer Transfers könnten junge Talente aus der eigenen Akademie und weltweit entdeckte Nachwuchsspieler den Kader verjüngen, was auch die letzten Transfers des Vereins nahelegen. Was das für Chancen und Risiken bedeutet, beleuchten wir im Vergleich zu Benfica oder RB Leipzig – und zeigen, wie Beşiktaş sich zu einem modernen Modellklub entwickeln kann. Ein Kommentar von LIGABlatt-Redakteur Çetin M. Dahle.

Chancen der Jugend-Offensive


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Nachhaltiges Entwicklungsmodell: Benfica ist das Paradebeispiel. Zwischen 2015 und heute generierte der Klub aus Seixal rund 379 Mio. Eur0 mit dem Verkauf eigener Talente – mehr als Real Madrid. CIES listet Benfica als globale Nummer eins unter den profitabelsten Akademien mit über 500 Mio. Euro seit 2014.

Systematisches Scouting: RB Leipzig und das Red-Bull-Netzwerk zeigen, wie Talentfindung funktioniert. Mittels globaler Daten, klarer Spielidylle (z. B. Intensität, Gegenpressing) und abgestufter Entwicklung können Spieler effizient reifen – unter einem Dach, gewinnbringend für beide Seiten.

Praxisbeispiel England: Nottingham Forest fiel insbesondere 2024 durch gezielte, junge Transfers mit einem Durchschnittsalter von ~23 Jahren auf – und stabilisierte sich sportlich sowie finanziell: von ‑67 Mio. Pfund Verlust auf 12 Mio. Pfund Gewinn in nur einem Jahr.

Vernetzte Zukunft: Ein weiteres vielversprechendes Modell liefert die britische Investmentgruppe Sport Republic, zu der neben Southampton auch der türkische Klub Göztepe gehört. Seit dem Einstieg 2022 wurde Göztepe zum Sprungbrett für junge Talente und Leihspieler. Das Netzwerk ermöglicht gezielte Entwicklungspfade, von der Süper Lig bis zur Premier League – ein Modell, das Beşiktaş teilweise adaptieren könnte, ohne die Identität als Traditionsverein aufzugeben.

Stolpersteine auf dem Weg

  1. Finanzielle Ausgangslage: Anders als Benfica verfügt Beşiktaş derzeit nicht über hohe Transfererlöse. Ein initialer Invest in Akademie und Scouting ist nötig – in Infrastruktur, Personal, Datenanalyse. Doch wenn man sich die ausgezahlten Gehälter anschaut, dürfte das nicht das größte Problem für große türkische Klubs darstellen.
  2. Geduld & Zeit: Der Modellbau funktioniert nicht über Nacht. Es braucht stabile Führung, strategische Ausrichtung und Fan-Verständnis für ein mittelfristiges Konzept. Doch gerade nach den letzten erfolglosen Jahren könnte Beşiktaş an einem Punkt stehen, an dem die starke Fangemeinschaft den Aufbau eines solchen nachhaltigen Fundaments unterstützt.
  3. Verkaufskultur etablieren: Die Bereitschaft, Talente früh zu verkaufen, muss institutionalisiert werden – was in der Türkei und bei Beşiktaş noch kulturell schwächer ausgeprägt ist. Die Ausländerregel der TFF stellt den türkischen Vereinen dabei leider zusätzlich ein Bein – denn Verkäufe von talentierten türkischen Spielern wie Semih Kılıçsoy stellen so besonders herbe Verluste für die Klubs dar.

Beşiktaş-Akademie: Ist sie bereit?

Die Beşiktaş-Fußballakademie betreibt Jugendteams von U8 bis U19, doch im Vergleich zu Sevilla oder Benfica wirken Struktur und internationale Ausrichtung noch rudimentär. Ein starkes Netzwerk von Scouts – regional in der Türkei, dann international – sowie digitale Analyse-Tools könnten das ändern. Auch erste Kooperationen mit europäischen Partnern böten Türöffner für Talente im Ausland. Damit ist auch ein großes Investment in Ausbildungsmethodik gefragt – denn Talent allein reicht nicht.

Die großen Erfolge der Jugendmannschaften von Beşiktaş blieb in den letzten Jahren aus. Der Aufstieg von Talenten wie Semih Kılıçsoy, Mustafa Hekimoğlu oder auch Emrecan Terzi, der in der vergangenen Saison erste Spielzeiten bekam, zeigt jedoch, dass die Schwarz-Weißen ein starkes Interesse daran haben, auf die eigene Akademie zu setzen. Auch die Verkäufe von Spielern wie Emirkan Ilkhan oder Rıdvan Yılmaz nach Europa aus der nahen Vergangenheit zeigen, dass das Potenzial vorhanden ist.

Wie kommen Next-Gen-Talente zu Beşiktaş?

  1. Eigene Talente: Spieler aus Istanbul oder Anatolien könnten neben den bereits bestehenden Fußballschulen durch gezieltes Monitoring – z. B. im Rahmen von regionalen "Talent-Scouting Days" – entdeckt werden. Wichtig wäre für Beşiktaş, eine Identität als starker Ausbildungsverein zu verkörpern, damit Talente sich für den Verein entscheiden.
  2. Günstige Transfers mit Potenzial: Scouting in Balkanländern, Skandinavien oder Westafrika – analog zu Benfica – bietet Chance auf spätere Profite. Die Transfers der Youngstars Keny Arroyo und Élan Ricardo aus Südamerika im vergangenen Winter deuten auf eine ähnliche Ausrichtung hin.
  3. Leihsystem als Entwicklungspfad: Junge Spieler können durch Kooperationen mit vereinsnahen Klubs (U23-Teams oder Drittligisten) Wettkampfpraxis sammeln – wie es RB Leipzig und Red-Bull-Partner vormachen. In der Türkei und auch bei Beşiktaş versauern viele Talente mit Potenzial als "Kader- bzw. Akademieleichen".

Ausblick: Wunschträumerei oder umsetzbare Vision?

Beşiktaş steht erkennbar vor einem strategischen Scheideweg: Ohne große Geldgeber ist ein kurzfristiger Einkauf auf Top-Niveau unwahrscheinlich. Dagegen bietet ein nachhaltiges Jugendmodell mit integriertem Scouting enormes Potential: Neben sportlichem Mehrwert können finanzielle Erfolge erzielt und Fans motiviert werden, wenn man ihnen Erkenntnisse, Visionen und Fortschritte – etwa in transparenten Entwicklungsberichten – vermittelt.

Ein ambitioniertes, langfristig finanziertes Projekt mit klarer Kommunikation und akademischer Ambition könnte Beşiktaş aus der derzeitigen Lücke herausführen und Anschluss an die "Big Two" ermöglichen. Natürlich braucht es Geduld, Disziplin und Realismus. Doch der Weg ist vorgezeichnet und Vorbilder liefern das Handbuch.

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