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·9. Mai 2025

Nationalspielerin Hendrich vor Wolfsburg-Abschied: "Das hat mich schon überwältigt"

Artikelbild: Nationalspielerin Hendrich vor Wolfsburg-Abschied: "Das hat mich schon überwältigt"

Nach fünf Jahren wird Nationalspielerin Kathrin Hendrich den VfL Wolfsburg zum Saisonende verlassen. Ihr "Abschiedsspiel" wird die 33 Jahre alte Innenverteidigerin am Sonntag (ab 14 Uhr, live bei SPORT1, MagentaSport und DAZN) im Rahmen des 22. und letzten Spieltages der Saison 2024/2025 in der Google Pixel Frauen-Bundesliga gegen ihren früheren Verein Bayer 04 Leverkusen bestreiten. Im DFB.de-Interview spricht "Kathy" Hendrich mit Mitarbeiter Ralf Debat über die Reaktionen auf ihren Wechsel, die angestrebte Vizemeisterschaft und die bevorstehende EM in der Schweiz.

DFB.de: Zu Beginn der Woche haben Sie mit emotionalen Worten Ihren bevorstehenden Abschied vom VfL Wolfsburg bekanntgegeben. Wie sehr haben Sie die zahlreichen Reaktionen berührt, Frau Hendrich?


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Kathrin Hendrich: Sehr natürlich. Obwohl mein engster Kreis und das Team schon im Vorfeld Bescheid wussten und es sicherlich auch sonst für den einen oder anderen keine allzu große Überraschung war, kamen doch super viele Nachrichten. Damit hatte ich nicht gerechnet, das hat mich schon ein wenig überwältigt. Auf der einen Seite freut mich diese Wertschätzung sehr, auf der anderen Seite macht es den Abschied noch etwas schwieriger.

DFB.de: Wie schwer wird es Ihnen denn fallen, den Verein und das Team nach fünf Jahren zu verlassen?

Hendrich: Es war vor allem deshalb keine leichte Entscheidung, weil ich mich in Wolfsburg nach wie vor sehr wohl fühle. Wenn ich darüber nachdenke, merke ich erst, wie schnell die Zeit verflogen ist. Ich hatte einfach das Gefühl, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, noch einmal etwas Neues in meiner Karriere zu erleben. Das war schon bei meinen früheren Stationen oft nach vier oder fünf Jahren der Fall. Es fühlt sich jetzt einfach richtig an.

DFB.de: In Ihrem Post nannten Sie bereits den Gewinn des Doubles 2022, die Pokalendspiele in Köln und den Einzug in das Champions League Finale 2023 als sportliche Höhepunkte. Welche Momente bleiben persönlich besonders in Erinnerung?

Hendrich: Wenn ich mich auf zwei festlegen darf, dann wäre es zum einen der Gewinn der Deutschen Meisterschaft 2022, weil es mir sehr viel bedeutet hat, endlich auch einmal Meisterin zu werden. Insgesamt sind wir in dieser anstrengenden Saison über uns hinausgewachsen. Außerdem war es sehr besonders für mich, nach dem gewonnenen Pokalfinale 2024 gegen den FC Bayern gemeinsam mit meinen Neffen und Nichten im Kölner Stadion auf dem Platz zu stehen. Auch die gesamte Familie war dabei.

DFB.de: Ihr letztes Bundesligaspiel für die Wölfinnen werden Sie gegen den Verein bestreiten, für den Sie vor fast 15 Jahren in der höchsten deutschen Spielklasse debütiert haben. Schließt sich damit für Sie ein Kreis?

Hendrich: Es ist auf jeden Fall ein schöner Zufall, dass es ausgerechnet gegen Leverkusen geht. Dort habe ich ganz in der Nähe meiner Heimat den Sprung in die Bundesliga geschafft und fünf Jahre lang mit ganz vielen Freundinnen zusammengespielt.

DFB.de: Mal direkt gefragt: Wird es auch Ihr Abschied von der Bundesligabühne sein?

Hendrich: Das lasse ich mir ganz bewusst offen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es nicht mein letztes Bundesligaspiel sein wird. Mal sehen, was die Zukunft bringt. Im Fußball soll man bekanntlich niemals nie sagen. (lacht)

DFB.de: Wie gut können Sie sich denn noch an Ihr erstes Bundesligaspiel erinnern?

Hendrich: Sehr gut, leider. Wir verloren mit Bayer 04 beim FCR Duisburg 0:9, unter anderem durch fünf Tore von Inka Grings. Ich habe damals noch im defensiven Mittelfeld gespielt. Auf der anderen Seite waren auch Simone Laudehr, die damals mein Vorbild war, und meine jetzige Teamkollegin Alexandra Popp dabei. Auch Poppi hat ein Tor erzielt. Wir waren gerade erst in die Bundesliga aufgestiegen und haben sofort zu spüren bekommen, dass es dort ein ganz anderes Level ist.

DFB.de: Welches Ihrer mehr als 300 Bundesligaspiele werden Sie ebenfalls niemals vergessen?

Hendrich: Spontan fällt mir ein Heimspiel mit dem damaligen 1. FFC Frankfurt gegen den SC Sand ein. Da ist mir mal mit einem Schuss in den Winkel ein cooles Tor geglückt. Das kam in meiner Karriere halt nicht so oft vor. (lacht) Sehr besonders war auch mit dem VfL Wolfsburg unser 6:0 in der Meistersaison gegen den FC Bayern. Überhaupt waren alle Partien in der Volkswagen Arena besondere Erlebnisse.

DFB.de: Sie sind die einzige Spielerin, die für alle vier aktuellen Top-Teams der Google Pixel Frauen-Bundesliga am Ball war. Was bedeutet Ihnen das?

Hendrich: Das war mir bisher gar nicht so bewusst, um ehrlich zu sein. Es zeigt auf jeden Fall, dass ich während meiner Karriere auch mit den Vereinswechseln einige richtige Entscheidungen getroffen habe. Leverkusen war als Einstieg perfekt, Frankfurt mit den zahlreichen Nationalspielerinnen eine große Herausforderung. Es folgten bei Bayern München und beim VfL Wolfsburg jeweils die nächsten Schritte. Dass mir all diese Vereine viel Vertrauen und Wertschätzung entgegengebracht haben, macht mich schon ein wenig stolz.

DFB.de: Beim VfL werden Sie in dieser Saison erstmals keinen Titel gewinnen. Wäre es dennoch eine gelungene Spielzeit, wenn sie mit der Vizemeisterschaft endet?

Hendrich: Grundsätzlich hat der VfL Wolfsburg andere Ansprüche und ist auch erfolgsverwöhnt. Wir alle hatten uns mehr vorgenommen, waren aber nicht konstant genug. Von daher bleibt die Enttäuschung. Nachdem klar war, dass der Gewinn der Meisterschaft nicht mehr realistisch ist, mussten wir unser Ziel anpassen und werden jetzt auch zum Abschluss alles dafür geben, unsere Position zu behaupten.

DFB.de: Wie wichtig wäre es, den zweiten Tabellenplatz zu sichern?

Hendrich: Es wäre zumindest ein versöhnlicher Abschluss dieser Saison und würde für die kommende Spielzeit den Weg in die neue Ligaphase der Champions League verkürzen.

DFB.de: Bayer 04 Leverkusen hat lange Zeit ebenfalls um die internationalen Plätze mitgespielt. Wie sehr hat Sie das überrascht?

Hendrich: Eigentlich gar nicht so sehr. Bayer 04 hat ein gutes und junges Team, ist über Jahre eingespielt. Im Vergleich zu den Spitzenmannschaften haben sie definitiv aufgeholt. Das tut der Spannung in der Liga auf jeden Fall gut.

DFB.de: Das Hinspiel ging 0:1 verloren und kostete damals den Gewinn der inoffiziellen Herbstmeisterschaft. Steckt dieser Stachel noch tief?

Hendrich: So weit blicken wir nicht mehr zurück. Ich glaube auch nicht, dass es notwendig sein wird, das noch einmal zu thematisieren. Wir wissen ganz genau, worum es geht.

DFB.de: Für Bayer 04 geht es sportlich nicht mehr um allzu viel. Wieviel Gegenwehr erwarten Sie vom Gegner?

Hendrich: In Wolfsburg ist jeder Gegner immer zu 100 Prozent motiviert, um sich zu zeigen und uns einen Strich durch die Rechnung zu machen. Von daher wird es mit Sicherheit ein schwieriges Spiel. Aber wir besitzen definitiv die Qualität, um die drei Punkte zu holen und damit Eintracht Frankfurt aus eigener Kraft hinter uns zu lassen.

DFB.de: Neben Ihnen werden noch einige weitere Spielerinnen verabschiedet. Es gibt zahlreiche Veränderungen im Kader. Wie bewerten Sie die Perspektiven für die Zukunft?

Hendrich: Einen so großen Umbruch gab es vielleicht in den vergangenen Jahren nicht. Dennoch haben uns auch früher schon einige wichtige Spielerinnen verlassen und dennoch hat es der VfL Wolfsburg immer wieder geschafft, um Titel mitzuspielen. Das wird aus meiner Sicht manchmal noch zu wenig gewürdigt. Da die Spielerinnen, die bleiben, ebenso über herausragende Qualität verfügen wie die Neuzugänge, muss man sich ganz bestimmt keine Sorgen machen, dass der VfL erneut ein starkes Team ins Rennen schicken wird.

DFB.de: Ihr nächstes großes Ziel ist die Europameisterschaft in der Schweiz mit den DFB-Frauen. Was nehmen Sie sich vor?

Hendrich: Zunächst einmal gebe ich alles dafür, um dabei sein zu dürfen. Während meiner Reha nach dem hartnäckigen Muskelfaserriss im Februar gab es auch einen Austausch mit Bundestrainer Christian Wück, der mir gesagt hat, ich solle mir Zeit lassen, um die Verletzung richtig auszukurieren, und mich nicht unter Druck setzen. Jetzt habe ich wieder die ersten Einsätze hinter mir und fühle mich super fit.

DFB.de: 2022 in England ging erst das Finale verloren. Was ist diesmal drin?

Hendrich: Unabhängig davon, ob ich dabei bin oder nicht: Unser Team hat auf jeden Fall das Potenzial, um auch gegen die besten Gegner zu bestehen. Wir haben keine einfache Gruppe, werden von Beginn an voll gefordert. Da dürfen wir uns absolut keine Schwächephase erlauben. In den zurückliegenden Länderspielen war oft erst ein Weckruf in Form eines Gegentores notwendig, um die Kurve zu kriegen. Bei der EM müssen wir immer über 90 Minuten unsere Qualität auf den Platz bekommen. Dann ist alles möglich.

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