Mein TSG-Moment (28): Sejad Salihović und die Dortmund-Elfer | OneFootball

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·17. Januar 2021

Mein TSG-Moment (28): Sejad Salihović und die Dortmund-Elfer

Artikelbild:Mein TSG-Moment (28): Sejad Salihović und die Dortmund-Elfer

Der Fußball steckt voller Emotionen, vor allem, wenn der eigene Verein beteiligt ist. In unserer Serie „Mein TSG-Moment“ blicken aktuelle und ehemalige Mitarbeiter, Trainer und Spieler der Akademie auf ihre ganz besonderen Momente mit der TSG zurück – ob als aktiv Beteiligte oder als Zuschauer. Heute endet die Serie mit einem Beitrag von Sejad Salihović. Der Co-Trainer der U23 schrieb mit seinem TSG-Moment Vereinsgeschichte.

»Es ist schon verrückt: Als ich geboren wurde, spielte die TSG in der Kreisliga A. Knapp 24 Jahre später bin ich mit ihr in die Bundesliga aufgestiegen und weitere fünf Jahre später durfte ich ein Kapitel Klubgeschichte mitschreiben, an das nicht nur ich mich gerne erinnere: Das Nicht-Abstiegsspiel in Dortmund. Ich werde immer wieder auf diese beiden Strafstöße angesprochen. Ob ich mir der Bedeutung bewusst war, ob ich nicht nervös gewesen bin, was mir so durch den Kopf gegangen ist, als ich am Elfmeterpunkt stand. Man ist in solchen Situationen in einem Tunnel und kann das gar nicht genau beantworten. Das einzige, was ich weiß: Von vielen herausragenden TSG-Momenten war der zweite Elfmeter in Dortmund der schönste, weil er eben auch diese große Bedeutung hatte.


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Vielleicht würde es sich interessanter lesen, wenn ich sagen würde: „In dieser Sekunde zog mein bisheriges Leben im Schnelldurchlauf an mir vorbei und ich hatte die Hosen gestrichen voll.“ Dass es nicht so war, hat mehrere Gründe. Erstens, ich hatte wenige Minuten zuvor bereits den Elfmeter zum 1:1 sicher verwandelt. Zweitens, es stand nicht mehr Roman Weidenfeller zwischen den Pfosten, sondern Kevin Großkreutz. Drittens, ich musste als Kind mit meinen Eltern vor dem Bürgerkrieg in Jugoslawien fliehen. Wenn man so etwas erlebt hat, relativiert sich Druck. Nicht, dass es mir egal gewesen wäre, ob ich nun treffe oder nicht. Aber ich habe keinen Druck verspürt. Ein Elfmeter ist ein Elfmeter.

Mehr mit dem Rücken zur Wand stehen, als wir es zur Halbzeit in Dortmund taten, geht nicht. Nicht nur, weil wir gewinnen mussten, um nicht abzusteigen, sondern weil wir auch auf dem Papier krasser Außenseiter waren, der zu diesem Zeitpunkt 0:1 hinten lag. Nur 0:1 muss man sagen, denn nach der frühen Führung durch Lewandowski hätte uns der BVB aus dem Stadion schießen können. Jürgen Klopp hatte seine beste Elf ins Rennen geschickt, obwohl es für die Borussia an diesem letzten Spieltag um nichts mehr ging. Sie war so oder so Zweiter.

Wir hatten 45 Minuten. Und selbst bei einem Sieg mussten wir auf die Resultate unserer Konkurrenten Augsburg und Düsseldorf schauen. Einer von beiden musste verlieren. Als klar war, dass Düsseldorf in Hannover keinen Punkt holen wird, war noch eine Viertelstunde auf der Uhr. Es lag nun wieder allein in unserer Hand. Aber zwei Tore mussten noch her. Das erste fiel in der 77. Minute. Nachdem Hummels Kevin Volland zu Fall gebracht hatte, lief ich zur Bank um zu sagen, dass ich schießen werde. Da kam Bobby Firmino schon auf mich zu und gab mir den Ball. Ich drosch ihn unter die Latte.

Dann vier Minuten später der zweite Elfer. Wir mussten ja alles oder nichts gehen. Weidenfeller hatte „Schippo“ zu Boden gerissen und die Rote Karte gesehen. Da Klopp schon drei Mal gewechselt hatte, musste ein Feldspieler ins Tor. Es herrschte Verwirrung, die Zeit verging, schließlich zog sich Großkreutz Trikot und Handschuhe über. 80.000 Zuschauer im Stadion und wer weiß wie viele am Fernsehschirm schauten auf mich. Was soll ich sagen? Ich habe geschossen, wie immer: Kurzer Anlauf, linker Fuß, so hart wie möglich. Wieder unter die Latte. Der Ball flog aus dem Tor zu mir zurück, ich nahm ihn in die Hand und stellte mich jubelnd vor die Nordtribüne, wo unsere Fans standen. Erster Gratulant war Bobby. Das war unglaublich. Wir haben einfach nur unsere Freude herausgeschrien, obwohl noch zehn Minuten zu spielen waren, in denen alles hätte passieren können.

Der Rest der Geschichte ist bekannt. Es blieb beim 2:1 und die Euphorie trug uns durch die Relegationsspiele gegen Kaiserslautern. Danach wurde mir erst richtig bewusst, wie wichtig dieses eine Tor für den Verein, für die Fans, für uns alle war. Im Rückspiel auf dem Betzenberg habe ich dann beim Stand von 0:0 einen Elfer verschossen. Aber das spielte keine Rolle mehr. Den einen, alles entscheidenden, habe ich verwandelt.«

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