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·12. Februar 2025

Mehr Wettbewerb in der Trainerausbildung

Artikelbild:Mehr Wettbewerb in der Trainerausbildung

Es ist bereichernd, sich mit Fußball-Expertinnen auszutauschen, die man bisher weniger kannte. Sie bringen frische Perspektiven in die Diskussion ein. So erlebte ich es im Gespräch mit Claudia Mandrysch, einer ehemaligen Erstliga-Spielerin und erfahrenen Trainerin, die zudem als Managerin und Organisationsentwicklerin tätig ist. Ihr Vorschlag: Die Öffnung der Trainerausbildung, beispielsweise durch ein Studium für angehende Fußball-Coaches.

Am Ende könnten viele Ausgebildete einen Bachelorabschluss mit einem Fußballtrainer-Zertifikat haben, das neben sportlichen Qualifikationen auch sozialpädagogische Aspekte umfasst. „Gerade Kinder und Jugendliche benötigen die besten Coaches, um ihre Persönlichkeit und Potenziale zu entfalten“, betont sie. Aktuell ist dies im Amateursport nicht gegeben, da das Nadelöhr der DFB-Trainerausbildung dies verhindert. „Eine Öffnung würde insbesondere für Frauen große Chancen bieten“, so Mandrysch weiter. Für die vielen Amateurvereine böten sich neue Perspektiven.


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Trainerausbildung Monopol bei Verbänden

Das Monopol der Trainerausbildung liegt bei den Fußballverbänden, deren Vorgaben in der neuen, kostspieligen DFB-Akademie erarbeitet werden. Nicht alles dort ist so negativ wie die Planung und Finanzierung des architektonisch wenig gelungenen Gebäudes. Der weltgrößte Einzelsportverband musste sogar sein Tafelsilber verkaufen – ein Thema, das in den Medien erstaunlich wenig Beachtung fand.

Im Gespräch waren wir uns einig, dass es fragwürdig ist, wenn die Ausbildung für Trainer des „größten Sozialprojekts der Republik“ in nur einer Hand liegt. Der Jugendfußball hat eine immense gesellschaftliche Bedeutung, wie mein Kollege Michael Franke von den Hartplatzhelden immer wieder betont. Leider spielt dies im Bundestagswahlkampf – wie der Sport insgesamt – kaum eine Rolle. Ein Grund mehr, warum wir uns künftig aktiver einmischen wollen.

Die gängigen Methoden reichen heute nicht mehr aus, weder im Jugend- noch im Erwachsenenfußball. Junge Menschen sind durch die intensive Bildschirmnutzung oft unkonzentrierter und zeigen teilweise Suchtverhalten, was sich gerade im Breitensport negativ auf Training und Spiele auswirkt. Die Anforderungen an Trainer steigen, insbesondere im pädagogischen Bereich.

Übermotivierte Eltern

Auch die oft übermotivierten und unzureichend vorbereiteten Eltern am Spielfeldrand stellen ein wachsendes Problem dar. Hartplatzheldin Susanne Amar schult regelmäßig Vereine und Verbände, um dem entgegenzuwirken. Das Klima auf den Plätzen wird rauer, der gesellschaftliche Mainstream macht auch vor dem Sportplatz nicht halt.

Apropos Klima: Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Umgang mit steigenden Temperaturen im Sommer. Trainer und ihre Umfelder sollten wissen, worauf bei 32 Grad im Schatten zu achten ist, wie man im Falle eines Hitzschlags reagiert. Themen wie Kinderschutz, eine immer vielfältigere Gesellschaft und Ernährung sind ebenfalls von großer Bedeutung.

Persönlichkeitsentwicklung wird immer wichtiger, auch in der Ausbildung von Unparteiischen, die davon auf dem Platz profitieren könnten. Die erschreckenden Berichte über mentale Gewalt im Turnsport zeigen, dass dringend mehr Wert auf die soziale Kompetenz von Coaches gelegt werden muss. Leider ist Turnen hier kein Einzelfall.

Trainerausbildung bei anderen Sportarten

Unbestritten hat sich in der klassischen sportlichen Ausbildung viel getan – nicht nur im Fußball. Der Deutschen Lieblingssport kann von anderen Sportarten viel lernen und umgekehrt. Die Liste der Handlungsfelder ist lang:

  • Sportmanagement
  • Organisationsentwicklung
  • Teamführung
  • Verletzungsprophylaxe
  •  Selbstorganisation
  •  mentale Gesundheit 

Ein Semester Regelkunde mit anschließender Schiedsrichtereignung könnte ebenfalls von Vorteil sein.

Würde es in Deutschland wenigstens fünf oder gar zehn Hochschulstandorte geben, in denen ein Studiengang Fußballtraining – mit allem, was dazu gehört – angeboten wird, und wo tatsächlich gültige Trainerzertifikate vergeben werden dürften, entstünde ein Wettbewerb, der dem Fußball nur guttun könnte. Konkurrenz belebt das Geschäft, Innovationen werden durch eine Vielzahl von Anbietern gefördert.

Nun haben die DFB-Leute um Hannes Wolf bereits einige Veränderungen angeschoben, oft gegen den Widerstand von wenig kompetenten, dafür aber umso lauteren Altvorderen. Nein, die Bälle werden nicht eckig, wie der DFL-Aufsichtsrat befürchtet. Und das Toreschießen wird keineswegs abgeschafft, wie der Unions-Kanzlerkandidat fabuliert, auch nicht im Sauerland. Das Gegenteil ist der Fall. Daher noch einmal Glückwunsch zur Kinderfußballreform, DFB. Die Kämpfe gegen den verbreiteten Unfug kosten viel Energie. Dabei sind Verbandsstrukturen ohnehin nicht die effektivsten.

Für die Chefausbilder des DFB wäre mehr Wettbewerb ein Gewinn. Denn Ausprobieren und Austausch verschiedener Anbieter können nur hilfreich sein. Zudem könnten mehr Menschen in den Genuss hoher Trainerlizenzen kommen, ein an der Basis heftig diskutiertes Thema.

Rolle der Hochschulen bei der Trainerausbildung

Die durchführenden Hochschulen könnten gemeinsam mit Nachwuchsleistungszentren und gut aufgestellten Jugendabteilungen klassischer Amateurvereine kooperieren. So könnten neue und spannende Modelle entstehen, die sich vielleicht sogar an international erfolgreichen Nationen orientieren. Mein Kollege Carsten Maaß von Empor Berlin, regt derlei seit Jahren an. Eine Hochschule könnte sich an Frankreich, eine andere an Belgien, die nächste an Spanien, wieder eine andere an den Niederlanden oder Norwegen orientieren.

Die DFL müsste ein Interesse an neuen Wegen in der Ausbildung haben, denn heimische Talente sind in der Regel günstiger als Transfers aus Frankreich, Spanien oder den Niederlanden. Die beiden Jugendfußball-Experten Gora Sen und Leo Tessmann warfen kürzlich die Frage auf, wann es sinnvoll sei, talentierte Kinder in ein NLZ zu überführen. Die große Mehrheit der antwortenden Experten war der Meinung, das solle nicht vor dem 11. oder 12. Lebensjahr geschehen, auch ich. Aber ist das wirklich das richtige Alter? Letztlich ist jedes Kind ein Individuum mit einer sehr persönlichen Entwicklung.

Richtig oder falsch ist also nicht die Frage. Mit wissenschaftlicher Begleitung mehrerer Standorte könnten viele Erkenntnisse gewonnen werden, indem eben Dinge in verschiedenen Modellen in der Praxis ausprobiert werden. Nun werden einige Wissenschaftler ihre Erkenntnisse als das Nonplusultra reklamieren. Was aber den meisten von ihnen fehlt, ist der Kontakt zur Basis des Amateurfußballs. Fragen bleiben:

► Wie viele Talente verlieren wir durch falsche Ausbildung? ► Welche Modelle führen dazu, dass wir mehr Topspieler generieren?► Wie schaffen wir Modelle, die nicht stromlinienförmig sind?► Wie muss der Austausch zwischen den Vereinen gestaltet sein?

Natürlich gibt es schon viele wertvolle Erkenntnisse von Fachleuten, wie vom geschätzten Prof. Arne Güllich. Die kennt natürlich auch der DFB, wendet davon bestimmt vieles an. Dennoch sei noch einmal erwähnt: Vielfalt, Wettbewerb und Flexibilität sind wesentliche Bestandteile des Fußballs. Warum nicht auch in der Trainerausbildung?

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