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·9. April 2025
Mats Hummels: Langsam auf dem Rasen, schnell im Kopf – Ein Abwehr-Architekt geht von Bord!

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Die großartige Karriere von Mats Hummels wird in wenigen Wochen zu einem Ende kommen. Und die Fußstapfen, die der 36-Jährige im Weltfußball hinterlassen wird, sind immens.
Das liegt in erster Linie natürlich am prallgefüllten Trophäenschrank des Innenverteidigers. Denn mit fünf Bundesliga-Meisterschaften, drei DFB-Pokalsiegen und vor allem dem WM-Titel 2014 gehört Hummels zu den meist dekorierten deutschen Fußballern des 21. Jahrhunderts.
Doch abgesehen vom großen mannschaftlichen Erfolg hat der Routinier das moderne Verteidigerspiel wie kaum ein anderer Akteur mitgeprägt: Hummels verfügt am Ball über eine derart hohe technische Qualität, wie sie nur wenige Defensiv-Kanten vor ihm aufweisen konnten.
Der Mann, der in Bergisch Gladbach geboren, beim FC Bayern ausgebildet und bei Borussia Dortmund zum Star wurde, hebt sich mit seiner Fähigkeit, das Spiel von hinten heraus zu gestalten, vom gewöhnlichen Abwehrspieler der späten 2000er-Jahre um Längen ab. Zu Hummels‘ Debützeiten war es lange noch nicht so selbstverständlich wie heute, den Spielaufbau zu großen Teilen in die Hände von Innenverteidigern zu geben.
So zählen die exzellente Ballkontrolle und das fast schon chirurgisch präzise Passspiel zu den markantesten Stärken des Rechtsfußes. Bereits in jungen Jahren war der 1,91m-Hüne dazu in der Lage, den Ball auch unter hohem Gegnerdruck Druck sicher zu führen und präzise Bälle über verschiedene Distanzen zu spielen. Ob kurze, schnelle Pässe oder lange, diagonale Bälle, Hummels versteht es, das Spiel zu verlagern und das Tempo von hinten heraus zu bestimmen. Wie ein Quarterback im Fußball-Trikot quasi.
„Mats Hummels ist einer der besten Innenverteidiger der Welt. Er versteht das Spiel, er hat eine unglaubliche Spielintelligenz und ist sowohl defensiv als auch offensiv ein absoluter Gewinn“, beschrieb Förderer Jürgen Klopp einst die einzigartige Spielweise seines Schützlings.
(Foto: Getty Images)
Diese Fähigkeit, das Spiel zu initiieren, machte ihn über fast eine Dekade hinweg zu einem zentralen Baustein der deutschen Nationalmannschaft. Und auch wenn Hummels‘ Beziehung zum DFB nicht immer von gegenseitiger Liebe geprägt war – ohne ihn hätte sich der bis dahin dreimalige Weltmeister 2014 in Brasilien wohl nicht den vierten Stern auf dem Trikot gesichert.
Ein weiteres herausragendes Merkmal seiner Spielweise ist immer schon die Antizipation und Positionierung gewesen. Hummels hat ein außergewöhnliches Gespür dafür, wo der Ball hinkommt, bevor er tatsächlich gespielt wird. Diese Fähigkeit, die Bewegungen des Gegners vorherzusehen, lässt ihn häufig in Situationen auftauchen, in denen andere Verteidiger sich schon lange aus der Spielsituation hätten verabschieden müssen. Er ist fähig, gefährliche Aktionen zu entschärfen, bevor sie entstehen, und dabei sowohl körperlich als auch taktisch immer einen Schritt voraus zu sein.
Und das muss er auch. Denn ein überragender, oder auch nur überdurchschnittlicher Athlet war Hummels zu keinem Zeitpunkt seiner Karriere. Die fast schon flummiartige Sprungkraft ausdrücklich ausgenommen. Der 36-Jährige verfügte schon in jungen Jahren weder über einen explosiven Antritt noch über eine hohe Endgeschwindigkeit. Auch wenn physisch durchaus stabil gebaut, war Hummels zudem kein Kraftwürfel wie Sergio Ramos oder andere Abwehr-Granden seiner Generation.
Spätestens in den letzten fünf Jahren seiner Karriere wurde der BVB-Rückkehrer dann endgültig von jeglicher Form der Schnellkraft verlassen. Doch seine Spielintelligenz ermöglichte es ihm, noch bis in die mittleren Dreißiger hinein zu den besten Innenverteidigern auf diesem Kontinent zu gehören.
Denn obwohl Hummels mehrfach kurz vor einer Ausbootung stand und letztlich – mit Ausnahme des DFB-Pokals 2021 – keine großen Titel mehr gewinnen sollte: Der Deutsche hatte einen legitimen Case dafür, sich als den besten Spieler der vergangenen Champions-League-K.o.-Phase zu bezeichnen. Und welchem Abwehrspieler ist das im Alter von 35 Jahren bitte zuvor gelungen?
Hummels ist es gelungen. Nicht weil er größer, stärker oder schneller als seine Gegenspieler war. Sondern weil er ihnen im Kopf immer einen Schritt voraus war. Und weil er schlicht und ergreifend ein verdammt guter Fußballer ist. Ein so guter Fußballer, wie es vor ihm nur ganz wenige Verteidiger gewesen sind.
(Foto: Getty Images)