Macht’s nochmal! – unter anderen Umständen | OneFootball

Macht’s nochmal! – unter anderen Umständen | OneFootball

In partnership with

Yahoo sports
Icon: MillernTon

MillernTon

·28. August 2025

Macht’s nochmal! – unter anderen Umständen

Artikelbild:Macht’s nochmal! – unter anderen Umständen

Nach 14 Jahren treffen der FC St. Pauli und der HSV wieder in der Bundesliga aufeinander. Der Rückblick zeigt: Die Vorzeichen haben sich stark verändert.

Der FC St. Pauli war am 16. Februar 2011 nicht das letzte Mal zu Gast im Volkspark. Denn zwischen damals und heute gab es gleich eine ganze Reihe von dort ausgespielten Stadtmeisterschaften – allerdings in der 2. Bundesliga. Nun kommt es, 5.308 Tage nach diesem Spiel, erneut zu einem Bundesliga-Derby im Volksparkstadion.


OneFootball Videos


Wenn euch die Zahl 5.308 (!!!) nicht, so wie mir, bereits einen Schrecken eingejagt hat, dann gehen wir das anders an. Denn wie lange Ereignisse her sind, wird vielen erst bewusst, wenn man sich diese genauer anschaut. Der Bundesliga-Derbysieg des FC St. Pauli im Volkspark ist schon über 14 Jahre her. Und diese 14 Jahre haben Spuren hinterlassen bei den Beteiligten auf dem Rasen (und na klar, auch bei uns allen).

Von den damals in den Kadern befindlichen Spielern kicken noch genau drei (halbwegs) auf Profiniveau: Robert Tesche ist mit 38 Jahren die graue Eminenz im Team des VfL Osnabrück. Sein Trainer ist mit Timo Schultz einer, der damals auf der anderen Seite aktiv war (allerdings nicht im Februar 2011 im Volkspark). Zwei weitere Konkurrenten haben inzwischen zueinandergefunden: Paolo Guerrero (41 Jahre) und Carlos Zambrano (36) kicken momentan zusammen in ihrer Heimat bei Alianza Lima in Peru. Alle anderen Spieler haben ihre Karriere bereits beendet oder sind im Amateurbereich unterwegs. Einige sind dem Fußball treu geblieben, andere komplett in der Versenkung verschwunden.

Obwohl die Protagonisten nicht mehr nur langsam, sondern aktuell relativ schnell ergrauen (und aus Derbyhelden teilweise traurige Figuren geworden sind): Die Erinnerungen an diesen Abend im Februar 2011 sind noch ziemlich frisch. Zumindest bei mir – und ich bin mir sicher, dass es vielen auch so geht. Der lange Weg zum Stadion, es war richtig episches Scheißwetter, die vielen Chancen des HSV, der nicht gegebene Elfmeter nach dem Foul an Bartels, Thorandts(!) Flanke, die zu einem Eckball in der 59. Minute führte – der Rest ist Geschichte: Ecke Kruse, Boll verlängert unorthodox am ersten Pfosten, Asamoah läuft am zweiten Pfosten ein (Mathijsen stellt die Abwehrarbeit ein) und köpft den Ball ins Netz. Der Treffer war nicht nur die Führung, sondern ein Niederschlag, der HSV erholte sich auch spielerisch nicht mehr davon, der FCSP war dem zweiten Tor näher, als der HSV dem Ausgleich.

Und so wurde am 16.02.2011 gegen 20:30 Uhr Geschichte geschrieben, der FC St. Pauli gewann die Stadtmeisterschaft – es sollte Jahre dauern, ehe sich der HSV den Titel zurückholte. Was es damals so besonders machte: Das Stadtderby war auch immer ein „David gegen Goliath“. Auf der einen Seite der FC St. Pauli, der mit viel Leidenschaft, aber sportlich limitierten Mitteln einen Ausflug in die Bundesliga machte. Auf der anderen der Hamburger SV, der sich als Club eher in der Champions League wähnte und sich zu jener Zeit auch einen solch kostspieligen Kader finanzierte. An dieser Sichtweise, aber auch an den Realitäten, hat sich nun, zumindest in Teilen, einiges geändert.

Denn 2011 waren die Unterschiede auf dem Platz eigentlich riesengroß. Auf der einen Seite van Nistelrooy, Jansen, Ze Roberto und Elia, auf der anderen (mit Verlaub) Daube, Kalla, Thorandt und Pliquett. Ohne am Heldentum der FCSP-Spieler zu kratzen, muss man nüchtern feststellen: Der Kader des HSV war deutlich besser. Und er spiegelte die damaligen Machtverhältnisse wieder: Der FC St. Pauli war stets der krasse Außenseiter und war das auch noch bei den ersten Aufeinandertreffen in der 2. Bundesliga.

Doch die Jahre im Unterhaus, sie haben Spuren beim Hamburger SV hinterlassen. Der aktuelle Kader ist nicht gespickt mit (Alt-)Stars wie damals, er ist der eines Aufsteigers. Nicht der eines Bundesligisten, der mal auf Stippvisite in der 2. Liga war. Aufsteiger ist der FC St. Pauli nicht mehr, der Club spielt bereits ein Jahr länger in der Bundesliga. So mag der HSV zwar den höheren Kader-Etat haben, aber das eine Jahr mehr im Oberhaus sieht man dem FCSP-Kader eben auch an. Die Folge: Auf sportlicher Ebene ist von David gegen Goliath kaum noch was übrig. Der FC St. Pauli und der HSV begegnen sich diesen Freitag auf Augenhöhe. Einige meinen sogar, dass der FCSP als Favorit ins Spiel geht.

Die Favoritenrolle weist man beim FC St. Pauli natürlich von sich. Aber der FCSP darf und wird mutig und selbstbewusst im Volkspark antreten. Dieses Mal wird eher nicht jeder Eckball wie ein Treffer bejubelt, so wie 2011. Dazu ist das Duell nun zu sehr auf Augenhöhe, das Ziel beider Clubs ist einzig der Klassenerhalt. Wobei: Im Zweifel wäre mir das alles scheißegal. 89 Minuten auf ein Tor, Niko fischt alles raus – Sinani legt sich einen Ball an der Eckfahne zurecht – BÄM!

Nach 14 Jahren ist die Erinnerung an den historischen Derbysieg zwar alles andere als verblasst, trotzdem gibt es genügend Raum für neue Legenden und Geschichten. Das Team des FC St. Pauli wird auf dem Platz dafür brennen. Und wir werden – egal ob im Gästeblock, vor dem Fernseher, am Ticker oder vor dem Radio – unseren Teil dazu beitragen, dass es eine neue Heldengeschichte wird. Machen wir es nochmal! // Tim

Alle Beiträge beim MillernTon sind gratis. Wir freuen uns aber sehr, wenn Du uns unterstützt.

MillernTon auf BlueSky // Mastodon // Facebook // Instagram // Threads // WhatsApp // YouTube

// Teile diesen Beitrag mit Deinem Social Media Account (Datenübertragung erfolgt erst nach Klick)

  • teilen 
  • teilen 
  • teilen  
  • teilen  
  • teilen 
Impressum des Publishers ansehen