90min
·22. September 2022
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·22. September 2022
Thomas Eichin, Leiter Nachwuchs und Frauen bei Bayer 04 Leverkusen, hat sich im Rahmen einer Diskussionsrunde ausführlich zu den Strukturen im deutschen Frauenfußball geäußert. Mit Blick auf den Entwicklungsstand anderer Länder sieht der 55-Jährige in Deutschland großen Verbesserungsbedarf und fordert vom DFB und der DFL nachhaltige Veränderungen. Darüber hinaus formuliert der ehemalige Bundesliga-Profi ehrgeizige Ziele für seinen eigenen Klub. Eichin will mit den Bayer-Frauen in die Champions League.
Vor dem Rheinderby am Freitagabend gegen den 1. FC Köln lud der Werksklub zu einem "Medien-Kick-off", in dessen Rahmen Eichin deutlich machte, dass die Frauenfußball-EM-Euphorie nun auch zu konkreten Strukturveränderungen in der Bundesliga führen müsse. Das berichtet der Kicker.
Konkret forderte der Ex-Manager von Werder Bremen und 1860 München, dass die Förderung des Frauenfußballs im DFL-Lizenzierungsverfahren verankert werde, wie es etwa in England der Fall ist. "Die anderen Länder sind uns da voraus, weil die Frauen da anders gewertet werden und es andere Regularien gibt", erklärte Eichin.
"Das ist der Weg: DFL und DFB müssen einfach bessere Voraussetzungen schaffen. Es ist ja nicht damit getan, dass man sagt, die Mannschaften sollen in den großen Stadien spielen. Es muss nachhaltig etwas passieren. Wir müssen uns um den Nachwuchs kümmern, Dinge in die Wege leiten", so der Bayer-Frauen-Chef weiter.
Die Euphorie, die durch die Europameisterschaft im Sommer rund um den Frauenfußball entstanden ist, sieht er zwar als Schritt in die richtige Richtung. Allerdings seien nun die Entscheidungsträger in den Verbänden gefragt.
"Meine Sorge ist, dass nach einer wirklich tollen EM, nach der sich der eine oder andere Verein auf die Fahnen geschrieben hat, da mitzumachen, dieser Hype wieder verpufft", gab Eichin zu und kündigte zugleich an, "den Finger immer wieder in die Wunde legen" zu wollen.
Genau das tat auch Bayer-Neuzugang Ivana Ferreira Fosu, die vor der Saison auf Leihbasis von Manchester United unters Bayerkreuz wechselte. "Die Fans dort sind verrückt, die Atmosphäre ist unglaublich. Alle Spieler dort sind Vollzeit-Angestellte", schwärmte die Angreiferin von den Bedingungen auf der Insel. Im Gegensatz zum englischen Fußball "arbeiten hier fast alle noch nebenbei. Es ist ein großer Unterschied, ob man sich auf eine Sache fokussieren kann."
In Leverkusen agieren die Bundesliga-Frauen nicht etwa unter dem Dach der Bayer 04 Fußball AG, sondern gehören zum TSV Bayer 04 Leverkusen. In England wiederum ist die Verzahnung zwischen Männer- und Frauenfußball innerhalb der Klubs wesentlich enger. "Wir werden dort vom Marketing her wie die Männer behandelt", bestätigte Ferreira Fuso.
Nicht nur, was die generelle Entwicklung des deutschen Frauenfußballs angeht, zeigt sich Eichin voller Tatendrang. Auch für seinen eigenen Klub formuliert er ehrgeizige Ziele. "Platz 3 berechtigt zur Champions League" stellte der 55-Jährige fest. "Mein Ziel und das des Trainers mit der Mannschaft ist es, so zu spielen, dass wir immer die Möglichkeit haben, an Platz 3 zu kratzen."
Angesichts der Leistungen in der vergangenen Saison kommt diese Angriffslust etwas überraschend. Bayer landete zuletzt auf dem siebten Tabellenplatz und erweckte auch zum Auftakt der neuen Saison nicht den Eindruck, als sei der dritte Tabellenplatz in dieser Spielzeit ein realistisches Ziel. Zwar durfte sich der neue Trainer Robert de Pauw direkt über seine ersten drei Bundesliga-Zähler freuen, beim 1:0-Erfolg gegen Aufsteiger MSV Duisburg ließ jedoch gerade das Offensivspiel der Werkself einiges zu wünschen übrig.