
effzeh.com
·13. November 2020
Lebenswege beim 1. FC Köln: Daniel Chitsulo – Fußballer zwischen zwei Welten

In partnership with
Yahoo sportseffzeh.com
·13. November 2020
Als er die Augen öffnete, musste er einige Male blinzeln, bis sie sich an das Licht gewöhnt hatten. Er hörte ein leises Brummen wie von Motoren oder einem Triebwerk. Es dauerte einen Augenblick, bevor er wusste, wo er war. Sie waren vom Johannesburg International Airport abgeflogen, gestern am späten Abend. Die Kabine in der Business Class wurde durch den anbrechenden Tag erhellt. Nicht wenige der Passagiere schliefen noch, ihre Sessel in Schlafposition. Er erinnerte sich an die freundliche Stewardess, die ihm beim Umklappen seines Sitzes geholfen hatte. Genüsslich reckte er sich, stand auf und brachte den Sitz wieder in seine ursprüngliche Position.
Gestern Mittag hatte seine Familie ihn zum Kamuzu International Airport in Lilongwe begleitet. Sie hatten nicht viel gesprochen. Das wichtigste war in den letzten Wochen gesagt worden, nachdem sich der deutsche Bundesligist bei ihm gemeldet und ihn zu einem Probetraining eingeladen hatte. Geredet hatten sie auch am letzten Abend in seinem Elternhaus bei dem reichhaltigen Abschiedsmahl, zu dem alle zusammengekommen waren. Seine Mutter, sein Vater und seine fünf Geschwister. Und sie hatten gebetet, für ihn, für eine sichere Reise und eine erfolgreiche Zeit in dem Land, das viele tausend Kilometer entfernt lag, für eine gute Heimkehr.
Am Flughafen hatte seine Mutter ihn zum Abschied lange und innig umarmt, ihre Augen traurig und voller Sorge. Sein Vater hatte ihn ernst und auch etwas stolz angeschaut, bevor er genickt und ihm einen guten Flug und Gottes Segen gewünscht hatte. Er musste lächeln, als er an seine Zwillingsbrüder dachte, die kleine Scherze gemacht hatten. Er hatte seine Schwestern geküsst und war dann schnell in den Boarding-Bereich verschwunden. Schon als kleiner Junge hatte er Abschiede gehasst.
Der 1. FC Köln hatte ihm das Ticket spendiert und sich dabei nicht lumpen lassen. ‚Gerade so, als sei ich der König von Malawi‘, dachte er und grinste dabei. Und das mit gerade mal 17 Jahren.
Von Lilongwe war er nach Johannesburg geflogen, wo er in die Lufthansa-Maschine nach Frankfurt gestiegen war. Er hatte nicht schlecht gestaunt, als er die Business Class betreten hatte. Die großzügig angeordneten Sessel, das aufwändige Interieur, die zuvorkommenden Flugbegleiterinnen. Der 1. FC Köln hatte ihm das Ticket spendiert und sich dabei nicht lumpen lassen. ‚Gerade so, als sei ich der König von Malawi‘, dachte er und grinste dabei. Und das mit gerade mal 17 Jahren.
Er hatte dafür aber auch vieles zurücklassen müssen. Seine Familie, seine Freunde, alles das, was ihm in seinem jungen Leben vertraut gewesen war. Nun reiste er in ein Land, von dem er bis vor kurzem nicht genau gewusst hatte, wo es auf der Weltkarte lag. Und dessen Sprache er nicht sprach. Gedankenverloren strich er über die Bibel, die sein Vater ihm vor dem Abflug gegeben hatte. Reiste er dorthin, um zu bleiben?
Das Knacken der Bordlautsprecher unterbrach seine Gedanken. Der Flugkapitän informierte sie, dass sie in wenigen Minuten das afrikanische Festland östlich von El Agheila verlassen und das Mittelmeer in Richtung Italien überfliegen würden. Afrika, Malawi, seine Heimat, wann würde er dorthin zurückkehren? „Das ist Deine Chance“, hatte Manfred Hoener, der deutsche Nationaltrainer Malawis gesagt, als er die Kontakte zum 1. FC Köln hergestellt hatte: „Pack sie beim Schopfe!“
Vor einigen Wochen, am 17. Juni 2000, hatte er ihm, dem 17jährigen, zu seinem ersten Einsatz in der A-Nationalmannschaft verholfen. Und er hatte ihm Talent attestiert, sehr viel Talent, genug, um in Europa Fuß fassen zu können. Andere hatten es ihm vorgemacht. Nwankwo Kanu aus Nigeria, der bei Ajax Amsterdam und Inter Mailand zum Star geworden war. George Weah aus Liberia, der in Monaco und Paris für Furore gesorgt hatte, bevor er zum AC Mailand ging. Oder Benni McCarthy aus Südafrika, der mit seinen Toren Ajax Amsterdam zum Double geschossen hatte.
Er blickte aus dem Fenster. Weit unten sah er das Mittelmeer, das silbern im Licht des neuen Tages glitzerte. Er zog die Sonnenblende etwas herunter, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Etwas später nahm er ein leises Klappern wahr, als die Flugbegleiterinnen die Rollwagen anschoben und den Passagieren ihr Frühstück servierten. Er war hungrig, das merkte er jetzt, sehr hungrig sogar. Und es würde jetzt nicht mehr allzu lange dauern, bis sie in Frankfurt landen und ein neues Leben für ihn beginnen würde. Daniel Chitsulo nickte. Er würde sein Bestes geben, um den deutschen Club zu überzeugen. Das würde er, da war er sich ganz sicher. Er würde seine Chance beim Schopfe packen.
Ziemlich genau zwanzig Jahre später bin ich mit Daniel Chitsulo via FaceTime verabredet. Der heute 37-Jährige erweist sich als detailgenauer Berichterstatter der Höhen, aber auch der Tiefen seiner Karriere mit einem bemerkenswerten Gedächtnis für die Daten seiner Laufbahn sowie die Namen und späteren Werdegänge seiner ehemaligen Mitspieler. Auch an einer Reihe lustiger Erinnerungen lässt er mich teilhaben, die er mit seinem ansteckenden Lachen untermalt, das raumfüllend ist und in seinen Augen beginnt.
Geboren ist Daniel Chitsulo am 7. März 1983 in Zomba, Malawi. In der ehemaligen Hauptstadt der Präsidialrepublik Malawi verlebt er mit sechs weiteren Geschwistern eine Kindheit, in der er früh lernt, mit einfachen Mitteln sein Leben zu bewältigen. „Den Ball mussten wir uns selber basteln, aus Einkaufstüten, die wir mit allem möglichen stopften“, erinnert er sich. „Das hat unserer Freude am Fußballspielen aber nicht geschadet. Im Gegenteil. Nach der Schule ging es raus auf die Straße, wo wir mit den Nachbarskindern bis abends dem Ball hinterherjagten.“
Malawi Housing United wird sein erster Fußballverein, in der U14 des Klubs findet der damals 13jährige schnell seine Idealposition als zentrale Sturmspitze. Durch den Beruf des Vaters bedingt zieht die Familie in die heutige Hauptstadt des Landes, Lilongwe. Dort besucht Chitsulo die Bwaila Secondary School und vertritt die Schule auch auf dem Fußballfeld. Bei einem Spiel der Schulauswahl sieht ihn Hardly Mumba, der damalige Manager von CIVO United, einem Klub, der in der Premier Division beheimatet ist.
Der junge Stürmer wird sofort in der ersten Mannschaft des Vereins eingesetzt – und überzeugt. Er erzielt Tor um Tor und wird mit 16 in seiner ersten Saison Torschützenkönig der höchsten Liga des Landes. In der nächsten Saison wiederholt er dieses Kunststück. Malawi hat einen neuen Torjäger!
Ein anderer Torjäger, den es schon in ganz Jungen Jahren nach Europa verschlagen hatte, ist das Vorbild des jungen Ostafrikaners: Samuel Eto’o. Der Rekordtorschütze der Nationalelf Kameruns und Afrikas viermaliger Fußballer des Jahres, der die Champions League sowohl mit dem FC Barcelona als auch mit Inter Mailand gewinnen konnte, hat den nur zwei Jahre jüngeren Chitsulo mit seiner fußballerischen Klasse fasziniert. „Seine Geschmeidigkeit, seine schnellen Bewegungen und sein Torinstinkt waren einzigartig“, schwärmt der malawische Internationale noch heute. „Er war nicht groß wie Ibrahimovic oder ein Brecher wie Benzema, aber trotzdem lehrte er den besten Abwehrreihen der Welt das Fürchten.“
Chitsulos viele Tore wecken das Interesse der Malawi Football Association, die ihn in die U17-Auswahl des Landes beruft. In zwei Länderspielen trifft er mit Malawi auf Sambia. Das erste Spiel geht noch 0:4 verloren, auf einheimischen Boden gelingt der Auswahl jedoch ein 3:0-Sieg. Alle drei Tore schießt – Daniel Chitsulo.
Unter den Zuschauern befindet sich auch Manfred Hoener, der deutsche Trainer der Nationalmannschaft Malawis. Er ist begeistert von dem jungen Torjäger, von seiner enormen Schnelligkeit, seiner ausgezeichneten Technik – und seiner Kopfballstärke. Dank seiner außergewöhnlichen Sprungkraft überspringt der nur 1,70 Meter große Stürmer regelmäßig seine deutlich größeren Gegenspieler an diesem Tag und ist von ihnen kaum zu verteidigen. Hoener zögert nicht und beruft Chitsulo in den Kader der A-Nationalelf, die vor einem wichtigen WM-Qualifikationsspiel gegen Burkina Faso steht.
Grenzenlose Freude erfüllt den erst 17jährigen Offensivakteur und auch Stolz, als er zum ersten Mal das Trikot der „Flames“, wie die Nationalelf Malawis genannt wird, überstreift. Das Spiel endet 1:1, das Tor für Malawi schießt erneut Daniel Chitsulo. Hoener hat immer noch gute Kontakte in Deutschland, über einen mit ihm befreundeten Spielerberater vereinbart er für seinen Schützling ein Probetraining beim 1. FC Köln.
Ewald Lienen und auch Christoph John, Coach der Amateure des FC, sind zugegen, als der junge Malawier im Juli 2000 am Geißbockheim fußballerisch auf Herz und Nieren geprüft wird. Sie zeigen sich angetan von dem, was sie gesehen haben. Einem Vertrag scheint nichts mehr im Wege zu stehen. Beim Medizincheck offenbart sich jedoch ein Problem. Eine Schambeinentzündung wird diagnostiziert, deren Heilung schwer zu prognostizieren ist.
Die Ärzte raten den FC-Verantwortlichen zur Vorsicht. Anstatt des erhofften Profivertrags muss sich Daniel Chitsulo mit einem Amateurvertrag zufriedengeben, der zwei Spielzeiten in der A-Jugend vorsieht mit einer Anschlussvereinbarung für die zweite Mannschaft des 1. FC Köln. Der frischgebackene Nationalspieler Malawis ist enttäuscht, unterschreibt jedoch schlussendlich die Vereinbarung. „Ich hatte damit gerechnet, einen Vertrag für die Profis zu bekommen“, sagt er. „Das war schon ein Rückschlag für mich.“
Chitsulo findet ein neues Zuhause bei Anne und Willi Peter, die das Jugendhaus des FC in Weiler-Volkhoven leiten. Anne Peter organisiert einen Sprachunterricht für den jungen Stürmer und berät ihn auch in vertraglichen Angelegenheiten. Ihr ist es dann auch später zu verdanken, dass der Vertrag mit seinem ersten Spielerberater aufgelöst wird. „Das war, als Andreas Rettig Manager beim FC war“, erzählt Chitsulo. „Ich bin mit Frau Peter zu ihm hin und habe ihm den Vertrag vorgelegt. Rettig hat dann sofort dafür gesorgt, dass der Vertrag aufgehoben wurde.“
Die ersten Wochen in der neuen Umgebung fallen dem 17-Jährigen schwer. „Abends, wenn ich im Bett lag, habe ich oft geweint“, sagt er. Alles ist ungewohnt, die Sprache, die Kultur und vor allem auch der große Verein, in dessen A-Jugend er jetzt spielt. Dort freundet er sich mit Bashir Kaba an, einem ein Jahr älteren Innenverteidiger aus Guinea, der bereits Auslandserfahrung gesammelt hat.
„Zeige dem Trainer, was Du kannst und dass Du willst, dann wirst Du es schaffen.“
„Bashir hat mir immer wieder gesagt, ich solle durchhalten“, berichtet Chitsulo. „Er hat mir oft gut zugeredet. ‚Gib nicht auf‘, hat er gesagt. ‚Du wirst sehen, dass es immer besser wird, je länger Du hier bist. Zeige dem Trainer, was Du kannst und dass Du willst, dann wirst Du es schaffen.‘ Sein Rat war enorm wichtig für mich.“
Auch der 1. FC Köln bemüht sich, das Heimweh des jungen Neuzugangs zu lindern. So wird ihm vertraglich zugesichert, dass er zweimal im Jahr auf Kosten des Vereins nach Malawi fliegen kann. Zudem kann er vom Büro von Nachwuchskoordinator Christoph Henkel aus regelmäßig mit seinen Eltern telefonieren. Unter Trainer Martin Siegbert trifft er in der ältesten Nachwuchsmannschaft der Kölner auf Mitspieler wie Michael Lejan, Frank Opitz und Jonas Wendt. Letztgenannter ist in der Vorsaison mit 38 Saisontoren Torschützenkönig der neu geschaffenen Jugend-Regionalliga West geworden. „Jonas war ein Riesenfußballer, ein richtiger Typ“, erinnert sich Chitsulo und fügt lächelnd hinzu: „Aber ein bisschen verrückt, das war er auch.“
Nicht nur die A-Jugend des FC kann in der folgenden Saison mit Filip Sebo einen Neuzugang verzeichnen, der slowakische Jugendnationalspieler zieht auch in das Jugendhaus der Familie Peter ein und wird Chitsulos neuer Mitbewohner. Der wuchtige Stürmer aus Bratislava, der später unter anderem für Austria Wien und die Glasgow Rangers aufläuft, entpuppt sich als enorme Verstärkung, ist jedoch von den Trainern nicht leicht zu handhaben. „Er hatte eine ziemlich kurze Zündschnur“, erinnert sich der frühere malawische Internationale. „Man durfte ihn nur nicht reizen. Aber zweifellos war er auch ein Superfußballer.“
Die Saison 2002/03 ist Chitsulos erste Saison bei den FC-Amateuren. Hier trifft er wieder auf seinen Freund, Bashir Kaba; auch Alassane Ouedraogo, Nationalspieler aus Burkina Faso, und Giovanni Federico zählen zu seinen Mitspielern. Am 1. Juni 2003 bildet er beim Auswärtsspiel in Dortmund das Kölner Sturmduo zusammen mit einem 17-jährigen Jungspund. Sein Name: Lukas Podolski. „Lukas war damals schon völlig schmerzbefreit“, berichtet Chitsulo. „Wenn es um einen Freistoß, Eckball oder Einwurf ging, sagte er: ‚Lass mal, ich mach‘ dat schon‘. Er hat sich kaum verändert seitdem. Sympathisch, offen und bodenständig, so kommt er ‚rüber, wenn man ihn heute trifft.“
Nur sechs Tage später steht in Abuja das prestigeträchtige Duell gegen Nigeria an. Die „Super Eagles“ haben angekündigt, mit all ihren Stars antreten zu wollen. Daraufhin übertragen die Verantwortlichen Malawis ihrem „Starspieler“ im Ausland, Daniel Chitsulo, das Kapitänsamt.
Eine große Ehre für den mittlerweile 20-Jährigen, mit der eine recht ungewöhnliche Aufgabe verbunden ist. „In Afrika ist es üblich, dass der Mannschaftskapitän vor dem Spiel die Spielerpässe der gegnerischen Mannschaft kontrolliert“, erläutert er. „Ich ging also in die Kabine der Nigerianer. Dort saßen die großen Stars des Teams, Spieler wie Celestine Babayaro, Sunday Oliseh oder auch Nwankwo Kanu. Als ich vor Jay Jay Okocha stand, dachte der zuerst, ich wäre ein Balljunge. Ein Offizieller musste ihn erst aufklären, wir haben später herzhaft darüber gelacht.“
Als Chitsulo die „Flames“ auf das Spielfeld führt, wird er von der Kulisse, den Schlachtrufen und Gesängen der 60 000 Zuschauer beinahe erschlagen. Malawi verliert die Begegnung mit 1:4, Daniel Chitsulo erzielt das einzige Tor für seine Mannschaft. Und trotzdem bleibt ihm das Spiel in ewiger Erinnerung. „Das war sicherlich ein Höhepunkt meiner Karriere, sportlich wie emotional“, beteuert er.
Diese Erfahrung spornt den jungen Malawier an, noch härter zu trainieren. Er entwickelt sich immer mehr zu einer tragenden Säule der Amateure des FC, hat den Traum von einer Profikarriere noch längst nicht begraben. Am Ende der Saison 2003/2004 steigt die 1. Mannschaft des FC zum dritten Male in die 2. Bundesliga ab. Chitsulo rechnet sich nun erst recht eine Chance auf einen Profieinsatz aus.
In der Winterpause der Saison 2004/05 verbringt er seinen Heimaturlaub bei seinen Eltern in Lilongwe. Pünktlich zur Vorbereitung auf die Rückrunde stößt Chitsulo anschließend zu seiner Mannschaft, die ein Trainingslager im portugiesischen Albufeira durchführt. Er fühlt sich ausgeruht und frisch und erzielt im Testspiel gegen den örtlichen Drittligisten beide Treffer zum 2:2-Unentschieden.
Kurze Zeit später muss er jedoch das Training abbrechen und wird vom Physiotherapeuten auf sein Zimmer geführt, wo er ohnmächtig zusammenbricht. Im Krankenhaus stellt man eine schwere Malaria-Erkrankung fest, die er sich wohl bei seinem Heimaturlaub zugezogen hat. Das Team muss ohne ihn aus Portugal abreisen, seine Rekonvaleszenz nimmt mehrere Wochen in Anspruch.
Trotz dieses Rückschlags bestreitet er in dieser Saison 29 Partien für die FC-Amateure, erzielt dabei neun Tore und die gleiche Anzahl an Assists, kann aber die Aufmerksamkeit von Trainer Huub Stevens nicht so weit wecken, dass er ihn zu den Profis hinzuholt. Dies ändert sich erst, als Uwe Rapolder im Sommer 2005 das Traineramt übernimmt. Schon in der Vorbereitung holt er Chitsulo in den Bundesligakader und lässt ihn auch danach mit den Profis trainieren.
Der malawische Internationale dankt ihm diese Förderung mit seiner bis dahin besten Saison in der 2. Mannschaft der Kölner. Bis zur Winterpause erzielt er sieben Tore und eine Reihe von Torvorlagen. Bei den Profis steht Uwe Rapolder nach nur drei Punkten aus den letzten neun Partien unter erheblichem Druck. Er beruft Chitsulo in den Bundesligakader für das Heimspiel gegen Werder Bremen und auch für die letzte Begegnung vor der Winterpause, die der FC auf der Bielefelder Alm gegen die heimische Arminia bestreitet.
„Ich war heiß, wollte unbedingt spielen. Wer weiß, wie meine Karriere verlaufen, wenn Rapolder mich eingesetzt hätte?“
Daniel Chitsulo wähnt sich kurz vor seinem Ziel, ein Einsatz bei den Profis scheint nun zum Greifen nahe. Doch es kommt anders. Er kommt nicht zum Zuge, beide Spiele gehen verloren. Manager Andreas Rettig tritt zurück, auch Rapolder muss seinen Hut nehmen, sehr zum Bedauern des jungen Malawiers. „Ich war heiß, wollte unbedingt spielen“, erinnert er sich. „Wer weiß, wie meine Karriere verlaufen, wenn Rapolder mich eingesetzt hätte?“
Chitsulo läuft in der Rückrunde für die FC-Amateure auf, erzielt noch fünf Treffer, kann jedoch wie auch seine Mannschaftskollegen Thomas Kessler, Silvio Pagano und Mike Wunderlich den Abstieg aus der Regionalliga Nord nicht verhindern. Eine enge Freundschaft entwickelt er mit seinem damaligen Mitspieler Gérard Sambou. Der heutige Spieler von Borussia Freialdenhoven wird 2011 Taufpate von Chitsulos erster Tochter Naomi.
Inzwischen hat Hans-Peter Latour das Traineramt bei den Profis übernommen, findet sich jedoch in einem schier aussichtslosen Abstiegskampf wieder, bei dem er den Torjäger der FC-Amateure aus den Augen verliert. „Für mich war schnell klar, dass mein Weg beim FC zu Ende war“, sagt der sprungkräftige Stürmer. „Hier würde ich den Sprung zu den Profis nicht mehr schaffen.“
Im Gegensatz zu den FC-Amateuren bleibt Daniel Chitsulo in der Regionalliga Nord und wechselt zum VfL Osnabrück. Trainer Pele Wollitz hat in der Saison 2006/07 eine schlagkräftige Truppe zusammen mit Spielern wie Joe Enochs, Markus Feldhoff, Thomas Cichon und Dominique Ndjeng, den es gemeinsam mit Chitsulo vom Geißbockheim an die Bremer Brücke gezogen hat. Mit Addy-Waku Menga, dem wuchtigen Mittelstürmer des VfL, versteht er sich im Nu. Der Nationalspieler der Demokratischen Republik Kongo wird 2015 Taufpate von Chitsulos zweiter Tochter Leona.
Der ehemalige FC-Spieler bestreitet 33 Spiele, erzielt dabei sechs Tore und bereitet eine Reihe von Treffern der besten Torschützen, Thomas Reichenberger und Addy-Waku Menga, vor. Damit trägt er maßgeblich dazu bei, dass das Team aus der Friedensstadt bis zum Schluss in Schlagdistanz zu den ersten beiden Plätzen bleibt, die den Aufstieg in die 2. Liga bedeuten. Am letzten Spieltag benötigt der 1. FC Magdeburg lediglich einen Punkt aus der Partie gegen den FC St. Pauli, unterliegt jedoch, und so steigt der VfL Osnabrück durch einen Treffer, den Thomas Reichenberger in der 89. Spielminute zum 2:1-Sieg bei Rot Weiß Ahlen erzielt, in die 2. Bundesliga auf.
Kaum jemand hat wirklich noch an diesen Aufstieg geglaubt, umso euphorischer wird dieser Erfolg von Mannschaft, Verein und Fans gefeiert. „Wir hatten eine tolle Truppe zusammen, die sich nicht nur auf dem Spielfeld bestens verstand“, erinnert sich Chitsulo. „Auch während der Saison haben wir privat viel miteinander unternommen.“ Pele Wollitz muss nun zu seinem Versprechen stehen, das er dem sprunggewaltigen Stürmer gegeben hat: Sollte der VfL aufsteigen, darf er zwei Wochen länger bei seiner Familie in Malawi bleiben.
Ende Juli kommt Chitsulo aus seiner Heimat zurück. Er hat den Trainingsplan, den Wollitz ihm für den Urlaub mitgegeben hat, minutiös eingehalten, hat jeden Tag Kilometer um Kilometer auf seiner Laufstrecke abgespult. Trotz des ganzen Trainingseifers kehrt er jedoch mit vier bis fünf Kilo Übergewicht zurück – und zieht sich den Zorn seines Trainers zu. „Ich habe versucht, ihm zu erklären, dass ein gemütliches Beisammensein ohne zu essen in unserer Kultur gar nicht vorstellbar ist“, erläutert er. „Meine Mutter hat mich bekocht, zahlreiche Einladungen bei Freunden und Nachbarn kamen hinzu. Es wäre extrem unhöflich gewesen, das dabei angebotene Essen abzulehnen.“
Aber alle Erklärungsversuche stoßen beim Trainer auf taube Ohren, Chitsulo verbringt die meiste Zeit auf der Bank. Als er bis zur Winterpause lediglich auf zwei Einsätze in der 2. Bundesliga kommt, zieht er die Konsequenzen. Er wechselt zu Rot Weiß Ahlen, die nach der Hinrunde den 10. Platz in der Regionalliga Nord belegen. „Ich wollte endlich wieder spielen, mich zeigen, das Interesse anderer Vereine wecken“, sagt er.
Trainer Christian Wück steht ein ausgewogen besetzter Kader zur Verfügung mit Spielern wie Nils-Ole Book, Deniz Naki, Lars Toborg, Daniel Thioune – und Kevin Großkreutz. „Er war es, der aus der Truppe ein wenig herausstach. Fußballerisch und auch von seiner Mentalität, nie aufgeben zu wollen“, berichtet Chitsulo und lacht. „Aber er war auch damals schon ziemlich verrückt.“
In der Rückrunde zeigt sich, dass mit Chitsulo nun das fehlende Rädchen in einer gut geölten Angriffsmaschine des Vereins aus dem Münsterland zur Verfügung steht. Das Team legt eine Siegesserie ohnegleichen hin, an der der schnelle Stürmer maßgeblich beteiligt ist. In 15 Spielen erzielt er fünf Treffer und legt eine Reihe weiterer Tore auf. Rot Weiß Ahlen grüßt am Saisonende die anderen Klubs von der Tabellenspitze und steigt in die 2. Liga auf.
Die Stadt mit ihren 50 000 Einwohnern steht Kopf. Niemand hat mit diesem Aufstieg ernsthaft rechnen können, dementsprechend ausgelassen fallen die Feierlichkeiten aus. Die Fans rufen immer wieder nach Publikumsliebling „Chitsu“, der sich auch nicht lumpen lässt und mit seiner Version des Xavier Naidoo-Hits „Dieser Weg“ seine Sangeskünste unter Beweis stellt.
Die Aufstiegseuphorie verhilft den Ahlenern in der neuen Saison zu einem gesicherten Mittelfeldplatz. Seinen beiden Profeinsätzen beim VFL Osnabrück kann Daniel Chitsulo 22 weitere hinzufügen. Am 12. September 2008 erzielt er beim 2:1-Auswärtssieg in Oberhausen seinen einzigen Saisontreffer – gleichwohl einen historischen, denn es ist das erste Tor eines Spielers aus Malawi in einer westeuropäischen Profiliga.
„Er war nicht nur schlank, er war dünn. Seine Oberschenkel hatten ungefähr den Umfang meiner Waden, mehr nicht.“
Sein Nebenmann im Angriff ist ein Jungspund aus dem Nachwuchs des Vereins: Marco Reus. Vom BVB aussortiert hat er in der A-Junioren Bundesliga West zwölf Saisontore für die Ahlener erzielt. Auch bei den Profis weiß er mit seiner überragenden Schnelligkeit und ausgezeichneten Technik zu überzeugen – und kompensiert damit seine mangelnde Robustheit. „Er war nicht nur schlank, er war dünn“, erinnert sich Chitsulo. „Seine Oberschenkel hatten ungefähr den Umfang meiner Waden, mehr nicht. Trotzdem war er mitunter von seinen Gegenspielern selbst durch Fouls nicht zu stoppen.“
Die beiden Offensivkräfte freunden sich an, der 25jährige Malawier steht dem 19-jährigen Linksfuß mit Rat und Tat zur Seite – auch bei der Auswahl der Fußballschuhe. „Durch meinen damaligen Berater hatte ich gute Verbindungen zu Puma“, erzählt Chitsulo. „So kam ich immer an die neusten Fußballschuhe. Marco stand auch auf Puma-Schuhe und hat sich so manches Paar von mir ausgeliehen.“
Der Kontakt zu Deutschlands Fußballer des Jahres von 2012 und 2019 besteht noch heute, Daniel Chitsulo verfolgt Reus‘ Karriere nach wie vor mit großem Interesse. „Seine Leichtfüßigkeit ist ebenso einzigartig wie seine Coolness beim Abschluss“, sagt er. „Wenn Verletzungen ihn nicht immer wieder zurückgeworfen hätten, wäre er ein Kandidat für den FC Barcelona gewesen.“
Man sagt, dass das zweite Jahr nach dem Aufstieg immer das schwerste ist. In der darauffolgenden Saison erfahren das auch die Ahlener, die zum Ende der Spielzeit auf dem letzten Tabellenplatz landen und absteigen müssen.
Chitsulos Vertrag in Ahlen ist ausgelaufen, er steht zu Beginn der Saison 2009/10 ohne Verein da. Zunächst hält er sich bei Fortuna Köln fit, dann schließt er sich dem Trainingscamp der VdV für vertragslose Profis an. Dort trifft er unter anderem auf Stefan Wessels, Thomas Cichon und Alassane Ouedraogo, mit denen er unter der Anleitung von Karl-Heinz Pflipsen und Christian Hock zweimal täglich trainiert und am Wochenende Testspiele bestreitet. Seine ansprechenden Leistungen in diesen Partien wecken das Interesse von Rot-Weiss Essen.
Der Traditionsverein aus dem Kohlenpott ist auf der Suche nach einem schnellen und torgefährlichen Stürmer. Der malawische Nationalspieler unterschreibt in der Winterpause einen Vertrag bis zum Saisonende. In der Ruhrmetropole trifft Chitsulo auf eine Reihe ehemaliger Spieler des 1. FC Köln: Alassane Ouedraogo, Markus Kurth, Sebastian Zinke und Mike Wunderlich trainieren allesamt unter Trainer Uwe Erkenbrecher, der ebenfalls auf eine Vergangenheit beim Geißbockclub zurückblicken kann. Er kommt in der Rückrunde auf 14 Einsätze für Essen, bei denen er einen Treffer erzielt.
Privat gibt es Grund zur Freude für Chitsulo. Er heiratet seine langjährige Freundin Miriam, die er wenige Wochen nach seiner Ankunft in Köln kennengelernt hat. „Sie wollte sich ein Training der FC-Profis anschauen und hat mich nach dem Weg zum Geißbockheim gefragt“, erzählt er. „Wir haben uns dann immer mal wieder beim FC gesehen, zwei Jahre später wurden wir schließlich ein Paar.“ Das Glück der beiden perfekt macht Naomi, ihre erste Tochter, die im Dezember 2010 das Licht der Welt erblickt.
Im Sommer meldet sich Marc Fascher bei dem Ex-Osnabrücker. Fascher wollte ihn schon in seiner Zeit als Trainer von Kickers Emden verpflichten. Chitsulo scheute damals jedoch den Umzug in den hohen Norden, wollte lieber im Westen bleiben. Inzwischen ist Fascher zu Preußen Münster gewechselt und lockt den vertragslosen malawischen Internationalen in die westfälische Universitätsstadt. Der Regionalligist ist ambitioniert und strebt mit allen Mitteln den Aufstieg in die 3. Liga an.
Der Stürmer unterschreibt einen Zweijahresvertrag bei den Preußen, wo er mit Dominique Ndjeng auf einen alten Bekannten trifft und mit Spielern wie Jürgen Duah, Babacar N’Diaye und Sercan Güvenisik ein starkes Gerüst vorfindet. Das Mannschaftsgefüge passt, Faschers Elf fährt Sieg um Sieg ein und profitiert dabei auch von den Offensivkünsten Chitsulos, der in 29 Spielen sechs Tore erzielt und zahlreiche weitere Treffer vorbereitet. Die Preußen beenden die Saison an der Tabellenspitze und schaffen den so sehr ersehnten Aufstieg.
Wie auch in seinen Stationen zuvor wird Chitsulo auch in Münster zum absoluten Publikumsliebling. Seine temporeichen Dribblings, die zahlreichen Torvorlagen und sein nimmermüder Einsatz tragen dazu bei, aber vor allem auch seine offene, fröhliche Art. Im Preußenstadion gibt es sogar eine „Chitsu-Tribüne“, die den malawischen Nationalspieler regelmäßig mit Gesängen und Sprechchören feiert und Siege ausgiebig mit ihm zusammen bejubelt.
Er entwickelt sich langsam zu einem Aufstiegsgaranten. Immerhin ist dies sein dritter Aufstieg innerhalb von vier Jahren. Wie ihn Ahlen zuvor begeistert Daniel Chitsulo auch die Münsteraner Fans mit seinen Sangeskünsten. Die animieren ihn immer wieder dazu, Micki Krauses „Schatzi, schenk mir ein Foto“ anzustimmen, und so wird dieses Lied zum Song dieses Aufstiegs. „Man hatte mir vorher gesagt, dass die Menschen in Münster eher reserviert seien und nicht ausgelassen feiern könnten,“ sagt der Münsteraner Publikumsliebling. „Bei der Aufstiegsfeier damals haben sie dieses Vorurteil dann deutlich widerlegt.“
Alles scheint gut zu sein im Münsterland, doch dieser Schein trügt. In der Vorbereitung auf die Drittligasaison verspürt Chitsulo immer wieder Schmerzen im Adduktorenbereich. Eine Spritzenkur sorgt dafür, dass die Symptome kurzzeitig verschwinden, er muss allerdings mehrmals mit dem Training aussetzen und merkt, dass ihn die Beschwerden daran hindern, sein Leistungspotential voll auszuschöpfen.
Am 5. Oktober 2011 erzielt er im Pokalspiel gegen ASC Dortmund das 1:0, verspürt jedoch kurze Zeit später einen stechenden Schmerz an der Innenseite seines linken Oberschenkels. Die Verletzung stellt sich später als Adduktorenabriss heraus. Zwei Operationen folgen, ebenso eine langwierige Reha, und mehr als sechs Monate ziehen ins Land, bevor er überhaupt wieder an Training denken kann. Zu einem Einsatz reicht es bis zum Saisonende nicht mehr. Auch ohne ihn gelingt den Münsteranern der Klassenerhalt.
Chitsulos Vertrag ist zum Saisonende abgelaufen, doch die Verantwortlichen versichern ihm, dass sie ihn nicht fallen lassen wollen. „Sie sagten mir, dass ich eine Chance bekommen würde. Sie wüssten ja, was sie an mir hätten“, berichtet er. Trainer Pavel Dotchev, der bereits im Januar das Traineramt von Marc Fascher übernommen hat, nimmt ihn mit zur Vorbereitung auf die neue Saison. Der malawische Nationalspieler trainiert fleißig, kämpft verbissen und macht sich Hoffnungen auf einen neuen Vertrag – doch vergebens. „Am letzten Tag der Vorbereitung holte mich Dotchev in sein Trainerbüro“, erinnert sich Chitsulo. „Er sagte mir, dass ich ein richtig guter Fußballer sei und auch in der Mannschaft ein gutes Standing hätte. Allerdings plane er nicht mit mir.“
Zur neuen Saison steht er ohne Verein da. Ihn beschleicht die Ahnung, dass sich seine Karriere ihrem Ende zuneigen könnte, und widmet sich nun vermehrt dem Gedanken an eine berufliche Ausbildung. „Mir war klar, dass ich einen Beruf ausüben wollte, bei dem ich möglichst oft im Freien arbeiten konnte“, erläutert er. Er erinnert sich an die vielen Stunden, die er mit seinem Vater daheim in ihrem botanischen Garten verbracht hatte. Er hatte es geliebt, ihm bei der Pflege der Blumen und Pflanzengewächse zuzuschauen und hatte später selber dort Hand angelegt.
Die Familie ist inzwischen nach Köln zurückgekehrt. Beim dortigen Grünflächenamt macht Chitsulo ein Praktikum, bevor er 2013 eine zweijährige Ausbildung zum Landschaftsgärtner bei der Diakonie Duisburg beginnt. Mittlerweile spielt er auch wieder Fußball. In der Regionalliga West, beim SV Bergisch Gladbach 09. Trainer Dietmar Schacht hat wie ein Löwe um die Verpflichtung des malawischen Nationalspielers gekämpft, benötigt sein Team doch Verstärkung im Kampf um den Klassenerhalt. Chitsulo trainiert in der Winterpause hart, will es noch einmal wissen.
„Unter Didi Schacht haben wir ungemein intensiv trainiert“, erinnert er sich und fügt lachend hinzu: „Er war schon ein richtig harter Hund!“ Er wird wieder fit, bestreitet für das Team um Rachid Eckert, Bastian Wernscheid, Fatih Salih und Abdelkader Maouel auch 17 Spiele, in denen ihm drei Treffer gelingen.
Er spürt jedoch, dass er an sein vorheriges Leistungsniveau nicht mehr herankommt. Die Leichtigkeit fehlt, das Selbstverständliche. Wo er früher intuitiv das Richtige im Spiel gemacht hat, beginnt er nun zu überlegen, schaltet den Kopf ein. Zum Saisonende hört er in Bergisch Gladbach auf, den Abstieg aus der Regionalliga West konnte auch er nicht verhindern.
Er wechselt zum Landesligisten SG Köln-Worringen. Dort spielt er unter anderem mit Andrew Sinkala, von 2001 bis 2006 Profi beim FC, und Viktor Pasulko zusammen und erzielt in drei Spielzeiten 22 Tore. Seine zweite Tochter, Leona, wird im August 2014 geboren und 2015 schließt er seine Ausbildung zum Landschaftsgärtner erfolgreich ab. Er findet eine Anstellung beim Amt für Landschaftspflege und Grünflächen der Stadt Köln, wo er nur ein Jahr später einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhält.
Für die 3. Mannschaft der SG Köln-Worringen bestreitet er noch einige Partien – in der Kreisliga D. „Ich hatte meinem Schwager, der dort aktiv ist, versprochen, einmal mit ihm zusammen in einer Mannschaft zu spielen“, erläutert er. 2019 hängt er schließlich seine Fußballschuhe an den berühmten Nagel. Obwohl, so ganz kann er nicht vom Fußball lassen. Jedes Jahr führt er in Worringen ein einwöchiges Sommerfußballcamp für Kinder ab sechs Jahren durch und wird dabei unter anderem von Moses Sichone unterstützt, der von 1999 bis 2004 seine Fußballschuhe für den FC schnürte.
Wie sieht er die Bilanz seiner Laufbahn als Fußballer? „Der Fußball hat mir sehr, sehr viel gegeben“, sagt er. „Ich durfte mein Land 38mal international vertreten, an jedes meiner 14 Tore für Malawi kann ich mich genaustens erinnern. Wenn ich daran denke, dass die Menschen in Malawi mich am Flugplatz mit Sprechchören und Gesängen empfingen, wenn sie wussten, dass ich dort ankam, dann macht mich das ungeheuer stolz. Auch wenn ich heutzutage meine Eltern und Geschwister besuche, muss ich noch viele Autogramme schreiben.“
„Und das Wichtigste: Ich habe meine Frau durch den Fußball kennengelernt.“
Er hält einen Augenblick inne. „Aber auch die Zeit beim FC war eine wichtige Erfahrung. Die Aufstiege mit Osnabrück, Ahlen und Münster waren toll. Die grenzenlose Freude der Fans zu sehen, wenn man – wie in Osnabrück und Ahlen – das Unmögliche möglich macht, das hat mich sehr berührt!“ Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: „Und das Wichtigste: Ich habe meine Frau durch den Fußball kennengelernt.“
Hat er als afrikanischer Spieler Rassismus im deutschen Fußball erlebt? „Ja, das kam vor“, sagt er. „In einigen Fußballstadien haben mich Zuschauer als ‚einen Affen‘ beschimpft und Affenlaute gemacht, wenn ich am Ball war. Und einmal habe ich mit den FC-Amateuren in Chemnitz gespielt. Mittags vor dem Spiel haben wir mit der Mannschaft noch einen Spaziergang gemacht. Da kam ein älterer Mann auf uns zu und prophezeite uns eine Niederlage gegen die Heimmannschaft. Dann zeigte er auf mich und sagte:‘ Und der da, der hat jetzt schon verloren‘. Meine Mannschaftskameraden wollten sich auf ihn stürzen, ich habe sie aber zurückgehalten.“ Dann fügt er hinzu: „Ich habe dann immer versucht, mich zu konzentrieren und meine Arbeit zu machen. Das war zwar schwer, aber in dem Moment habe ich daran gedacht, dass ich in erster Linie Profi bin und es mein Job ist, Fußball zu spielen.“
Hat ihm bei der Verarbeitung solcher Erfahrungen jemand geholfen? „Ja, in erster Linie die Familie meiner Frau“, antwortet er. „Sie haben mich sofort akzeptiert und bedingungslos unterstützt, auch als wir noch nicht miteinander verheiratet waren. Sie haben mir zugehört und mich wieder aufgebaut. Ich glaube, dass das ganz wichtig ist in solchen Situationen. Meine Schwiegereltern, sowie Melanie und André, die Geschwister meiner Frau, und selbst ihre Oma Susanne sind auch dann noch zu meinen Spielen gekommen und haben mich angefeuert, als ich nicht mehr beim FC gespielt habe. Ihre Wärme und Zuneigung war ein wichtiger Ersatz für meine Familie daheim in Lilongwe.“
Dort in Malawi sind Daniel Chitsulos Wurzeln. Das merkt man deutlich, wenn er über dieses Land spricht, das zu den ärmsten Ländern Afrikas gehört und als Agrarland besonders unter dem Klimawandel zu leiden hat. Das Schicksal der Kinder und Jugendlichen dort beschäftigt ihn. So hat er 2015 geholfen, das Projekt „Ein Spielplatz für Misanjo“ anzuschieben, in dem zwei Kölner Studenten in Malawi nicht nur einen Spielplatz für 80 Waisenkinder errichtet haben, sondern die Kinder mit Fußballschuhen, Bällen und Trikots ausgestattet haben, die durch die Mitwirkung Chitsulos und Fußballern wie Marco Reus, Addy-Waku Menga und Pele Wollitz gesammelt werden konnten.
In regelmäßigen Abständen unternimmt er mit seiner Frau und den Kindern die weite Reise in seine Heimat. Dorthin, wo er geboren ist, zu seinen Eltern, zu seinen Geschwistern, zu den Freunden aus Kindheitstagen. Dorthin, wo er gelernt hat, dass man sich hilft, wenn man helfen kann. So hat er seine Eltern während seiner Zeit als Fußballer finanziell unterstützt. Ein Haus hat er ihnen gebaut, dessen Mieteinnahmen dabei helfen, ihren Lebensabend bestreiten können. Der für 2020 geplante Flug zu seiner Familie in Lilongwe muss allerdings ausfallen – der Pandemie wegen.
Zwanzig Jahre ist es jetzt her, dass Daniel Chitsulo in das Flugzeug in Richtung Europa gestiegen ist. Mit Schmetterlingen im Bauch, mit Hoffnungen und Wünschen im Gepäck, aber auch mit Sorgen und Bedenken. Er ist längst angekommen, hat seine neue Heimat in Köln gefunden. Bei seiner Frau Miriam und seinen beiden Töchtern Naomi und Leona. In der Domstadt am Rhein, wo alles angefangen hat, damals beim 1. FC Köln. Verbindungen zu handelnden Personen beim Geißbockclub hat er nicht mehr. „Aber meine Frau ist FC-Fan und ihre ganze Familie auch“, sagt er. „Meine Tochter Naomi ist sogar Mitglied in dem Verein.“ Ab und an gehen sie zusammen ins Stadion. Singt er die Hymne mit? „Aber sicher“, versichert er lachend und fügt mit Überzeugung hinzu: „Einmal FC, immer FC!“
Aufstiegsheld, Publikumsliebling, gefeierter Fußballstar in seiner Heimat, all dies war Daniel Chitsulo. Ein Mensch, der positiv denkt und gerne lacht, ist er geblieben. Und jemand, der sich kümmert. Um seine Familie in Lilongwe, die Kinder in Misanjo und die Kids im Sommercamp in Worringen. Ein Satz fällt mir ein, den mir seine Frau bei der Planung des Interviews geschrieben hat: „Er hat sein Herz am richtigen Fleck.“ Daniel Chitsulo winkt mir zum Abschied zu. Das Herz am richtigen Fleck. Da ist was dran, denke ich, als ich die Internetverbindung trenne.
Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs traf „Joschi“ Chang, ein Mitglied der Kölner B-Jugend-Mannschaft von 1990, die damals Deutscher Meister wurde.
Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs traf Massimo Cannizzaro, der, einst ein großes Talent, auch die negativen Seiten des Geschäfts kennenlernte.
Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs traf Stefan Oventrop, der die Schuhe noch nicht an den Nagel gehangen, aber beruflich einen äußerst interessanten Weg eingeschlagen hat.
Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs traf Frank Ploeger, dessen Traum von einer Profikarriere früh platzte – etwas aus sich gemacht hat er trotzdem.
Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs traf Gregor Kapitza, in dessen Leben Fußball eine große Rolle spielt – und der immer noch Verbindungen zum Geißbockheim hat.
Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs traf Hermann Knöppel, der 17 Jahre lang und in etwa 500 Spielen für den 1. FC Köln aktiv war.
Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs traf Rocco Kühn, der 1993 von Frank Schaefer aus Dresden zum Nachwuchs der Geißböcke geholt wurde und zu den größten Nachwuchshoffnungen gehörte.
Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs traf Thomas Olschewski, der als erfolgreicher Finanzberater dem Fußball immer noch eng verbunden ist.
Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs traf Sebastian Zinke, der unter anderem in der Jugend des FC ausgebildet wurde und später zum Aufstiegshelden der Fortuna avancierte.
Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs sprach mit Michael Loch, der nach seinem Ende bei den „Geißböcken“ sein Glück im Berufsleben fand und dem FC als Fan noch verbunden ist.
Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs sprach mit Jörg Gerlach, der einst Horst Heldt vorgezogen wurde und von der Bundesliga bis zur Kreisliga D alles spielte.
Im Lebenswege-Spezial interviewt effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs diesmal keinen ehemaligen Jugendspieler des 1. FC Köln, sondern den ehemaligen FC-Scout Ralf Maes, der unter anderem Bodo Illgner und Thomas Häßler ans Geißbockheim holte.
Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs sprach mit Jerome Assauer, dessen Karriere nicht den erhofften Verlauf nahm, aber der 2018 Weltmeister im Kleinfeldfußball wurde.
Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs sprach mit Dennis Kings, der auch aufgrund eines schicksalhaften Zweikampfs statt großer Fußballkarriere sein Glück als Firmeninhaber fand.
Wie ergeht es ehemaligen Jugendspielern des 1. FC Köln, die den Sprung zu den Profis nicht geschafft haben? effzeh.com-Autor Kurt Ludwigs sprach mit Dano Himmelrath, der als Torwart einst in der A-Jugend aussortiert wurde, aber auf eine erfüllte Karriere zurückblickt.