90PLUS
·4. Juli 2025
Kommentar: Ronaldos endgültiger Absturz zur saudischen Marketing-Marionette

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·4. Juli 2025
Es gab eine Zeit, da stand der Name Cristiano Ronaldo für eisernen Ehrgeiz, eine eingebaute Torgarantie und unstillbaren Hunger nach Titeln. Und natürlich: seine großartigen Erfolge und die in der Geschichte des Fußballs fast beispiellose Karriere kann und will dem Portugiesen niemand mehr streitig machen. Dennoch bröckelt, man könnte auch sagen zerfällt, sein Image immer mehr.
Was einst in den ikonischen Fußballtempeln von Manchester und Madrid begann, endet im Jahre 2025 nämlich auf den verwaisten Sportplätzen von Saudi-Arabien. Zu seiner Ehrenrettung könnte man jetzt darauf hinweisen, dass CR7 längst nicht der einzige Megastar ist, der auf seine alten Tage in der Golfmonarchie noch ein paar Brötchen verdienen will. Das ist schön und gut.
Aber: Kein anderer Akteur – kein N’Golo Kanté, kein Sadio Mané und nicht einmal Neymar – haben sich den machthabenden Monarchen in Riad so unterwürfig zu Füßen gelegt. Ironischerweise war es Ronaldo selbst, der dieses fast schon unangenehm zu beobachtende Schauspiel in einem prägnanten wie treffenden Satz zusammenfasste: „Ich gehöre zu Saudi-Arabien.“
Um dieses Treuebekenntnis zu untermauern, schreckt der fünfmalige Weltfußballer auch vor offensichtlichem Unfug nicht zurück: Ronaldo verkündete im Rahmen seiner jüngsten Vertragsverlängerung gegenüber Al-Nassrs vereinseigenem Social-Media-Kanal, dass die saudi-arabische Liga nun zu den „Top-Fünf-Ligen der Welt“ zähle. Und allem Anschein nach meint er das sogar ernst.
„Ich glaube zu 100 % an meine Worte“, beteuert er. Ein Satz, der im Kontext einer Liga, deren beste Teams in einem Vorbereitungsspiel gerne auch mal mit 2:6 gegen den FC Heidenheim verlieren, eigentlich nicht fallen sollte.
Doch Ronaldo glaubt. Er glaubt an die Schönheit der saudischen Liga, an ihre weltweite Strahlkraft. Und er glaubt an die Magie des Sommers 2034, in dem laut ihm „die schönste Weltmeisterschaft aller Zeiten“ bevorsteht. Die gekauften Fans und die schamlose Inszenierung des ausrichtenden Regimes wie schon in Katar muss man da nun einmal in Kauf nehmen.
Foto: Getty Images
Doch für Ronaldo geht es längst nicht mehr um den Sport. Er sagt selbst: „Ich spiele nicht nur Fußball. Ich bin hier, um die Kultur des Landes zu verändern.“ Während Menschenrechtler mit den Augen rollen, malt sich der 40-Jährige in seiner eigenen Heldenerzählung als globaler Kulturbringer, der in Fußballschuhen nicht nur Tore, sondern Fortschritt liefert.
Doch trotz unbestreitbarer Modernisierungsmaßnahmen auf einigen politischen Feldern sieht die Realität in Saudi-Arabien noch immer anders aus. Amnesty International nennt die FIFA-Bewertung zur Menschenrechtslage eine „absurde Schönfärberei“ und auch der Name Jamal Khashoggi dürfte bei vielen Beobachtern noch irgendwo im Hinterkopf klingeln – bei Ronaldo vermutlich nicht.
Hinzu kommt: 2024 haben die saudischen Behörden laut Amnesty-Angaben alleine bis Oktober 198 Menschen hingerichtet. Das ist die höchste Zahl von Hinrichtungen seit dem Jahr 1990. Eine Zahl, die der selbsternannte Kulturveränderer selbstredend verschweigt.
„Ich bin Portugiese, aber ich gehöre zu Saudi-Arabien“, stellt er hingegen fast schon sklavisch untergeben klar und schließt damit seine Entwicklung zur sprechenden Litfaßsäule einer geopolitischen Imagekampagne endgültig ab. Stichwort Sportswashing.
Man möchte fast Mitleid haben. Aber Ronaldo wirkt nicht wie ein Opfer. Er wirkt viel eher wie ein Vorreiter dieser Entwicklung. Bewusst und ignorant zugleich verkündet er, dass Kritiker „noch nie in Saudi-Arabien gespielt haben und nichts über Fußball wissen.“
So steht er nun da, der ewige CR7. Einst der König Europas, heute der Kronprinz einer Fußballzukunft, die nach dubai’schem Hochglanzprojekt aussieht, aber nach einer staatlich regulierten Marketingkampagne riecht. Vielleicht hat er recht, vielleicht wird die WM 2034 wirklich „die schönste aller Zeiten“ – zumindest für die Geldtöpfe der FIFA.
Für den Rest von uns bleibt der fade Nachgeschmack. Nämlich der, Zeuge davon zu werden, wie ein Idol von Millionen zur Sprechpuppe eines totalitären Regimes mutiert. Man kann sich nur wünschen, dass sich der Ronaldo von 2040 für die Worte seiner 2025-er-Version schämen wird.