Können die FC Bayern Frauen die Champions League gewinnen? | OneFootball

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·13. November 2023

Können die FC Bayern Frauen die Champions League gewinnen?

Artikelbild:Können die FC Bayern Frauen die Champions League gewinnen?

Bislang sind die Frauen des FC Bayern in der Champions League nie über das Halbfinale hinausgekommen. In dieser Saison wollen die Münchnerinnen mehr erreichen.

In der vergangenen Spielzeit mussten Lea Schüller und Co. im Viertelfinale gegen den FC Arsenal die Segel streichen, im Jahr zuvor war gegen Paris Saint-Germain ebenfalls in der Runde der letzten Acht Endstation. Ihr bestes Ergebnis erzielten die Bayern in den Saisons 2018/19 und 2020/21, als sie jeweils im Halbfinale am FC Barcelona bzw. am FC Chelsea scheiterten.


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Anders als die Männer wartet die Frauenauswahl also noch auf den ersten Triumph in der Champions League. Wir fragen uns, ob die Mannschaft in dieser Saison das Zeug dazu hat, den Henkelpott zu gewinnen. Das spricht dafür, das spricht dagegen:

Pro: Darum können die Bayern Frauen die Champions League gewinnen

1. Die Defensivstärke

Schon in der vergangenen Spielzeit zeichnete die Mannschaft von Trainer Alexander Straus die enorme defensive Stabilität aus - zumindest in der Bundesliga. Dort kassierten die Bayern lediglich acht Gegentore.In der Champions League war diese Stabilität nicht immer zu sehen. So ließen die Münchnerinnen in den beiden Viertelfinalspielen gegen den FC Arsenal insgesamt 39 Torschüsse zu - und schieden verdient aus.Zurückzuführen waren die Abwehrprobleme in der Königsklasse auch auf individuelle Defizite. Rechtsverteidigerin Maximiliane Rall, die ihre Stärken in der Offensive hat, war gegen die europäischen Top-Spielerinnen oft überfordert. Saki Kumagai, die den Verein inzwischen Richtung AS Rom verlassen hat, hatte ihren Zenit mit damals 32 Jahren überschritten. Auch die vielseitige Tuva Hansen konnte nur bedingt überzeugen. In dieser Saison sind die Bayern in der Defensive nicht nur mannschaftstaktisch, sondern indivuell hervorragend aufgestellt. Neuzugang Katharina Naschenweng von der TSG Hoffenheim hat auf der linken Seite voll eingeschlagen. Dasselbe gilt für Magdalena Eriksson vom FC Chelsea. Die erfahrene Schwedin bildet mit Kapitänin Glodis Viggosdottir ein Innenverteidiger-Duo, von dem die allermeisten Klubs nur träumen können. Hinzu kommt die Rückkehr der am Kreuzband verletzten Giulia Gwinn, die in kürzester Zeit zurück zu alter Stärke gefunden hat.Diese drei Personalien werden sich gegen die Spitzenteams Europas bemerkbar machen. Die Defensivstärke könnte für die Bayern der Schlüssel zum ganz großen Wurf sein.

2. Die Neuzugänge

Katharina Naschenweng und Magdalena Eriksson haben wir bereits genannt. Daneben haben sich die Bayern mit Alara Sehitler, Anna Wellmann, Samantha Kerr, Inès Belloumou, Erin Nayler, Jill Baijings, Ana Guzman und vor allem mit Erikssons Partnerin Pernille Harder verstärkt. Während die Erstgenannten eher als Transfers für die Breite und für die Zukunft gelten müssen, ist die Harder-Verpflichtung in diesem Sommer der Transfercoup in der Frauen-Bundesliga.Die 30-Jährige Dänin zählt zu den besten Spielerinnen der Welt und war bei ihrem Wechsel vom VfL Wolfsburg zum FC Chelsea vor drei Jahren nicht ohne Grund die teuerste Spielerin aller Zeiten. Harder ist in der Offensive flexibel einsetzbar, ist im System von Alexander Straus aber vornehmlich für die Zehnerposition vorgesehen. Von dort erzielte sie in ihren ersten vier Pflichtspielen für die Münchnerinnen drei Tore und deutete bereits an, wie wertvoll sie in dieser Saison sein kann.Allerdings zog sich Harder am dritten Spieltag gegen die SGS Essen eine Innenbandverletzung zu und fällt seitdem aus. In den kommenden Wochen ist mit ihrer Rückkehr auf den Platz zu rechnen. Wenn die Offensivspielerin fit bleibt, kann sie im Kampf um den Henkelpott ein ganz wichtiger Faktor werden.

3. Der Trainer

Alexander Straus kam im Sommer 2022 als Nachfolger von Jens Scheuer an den Bayern Campus. Der Norweger hatte in seiner Heimat den SK Brann zum ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte geführt. Auch mit den Bayern gewann er direkt in seiner Premierensaison die Deutsche Meisterschaft. Noch viel wichtiger ist aber, dass unter Straus eine deutliche spielerische Entwicklung zu erkennen ist.Während das Team unter Scheuer trotz der Erfolge (Deutscher Meister, CL-Halbfinale) häufig zu leicht auszurechnen war und gerade in den Duellen mit Spitzenteams nicht überzeugen konnte, ist das Offensivspiel unter Straus variaber geworden. In den Duellen mit den Topteams verfolgt der Norweger einen aktiveren Ansatz als sein Vorgänger. Wozu die Mannschaft in der Lage ist, stellte sie jüngst im Spitzenduell mit dem VfL Wolfsburg unter Beweis. Speziell in der ersten Halbzeit dominierten die Bayern den VfL in allen Belangen, die Niedersachsen fanden gegen das bayerische Offensivpressing kein Mittel. Ein anderes Highlight der noch jungen Ära Straus war der Sieg zu Hause gegen den FC Barcelona in der Gruppenphase im vergangenen Jahr. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Mannschaft noch lange nicht da ist, wo Straus sie gerne hätte. Im Viertelfinale gegen Arsenal wurden den Bayern die Grenzen aufgezeigt, der Start in die neue Saison mit Unentschieden in Freiburg und gegen Frankfurt war holprig. Trotzdem macht die Entwicklung unter dem 48-Jährigen Hoffnung. Straus ist auf alle Fälle zuzutrauen, dass er die Bayern auch international zu Erfolgen führen kann.

Contra: Darum können die Bayern Frauen die Champions League nicht gewinnen

1. Reicht die Klasse in der Offensive?

Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive gewinnt Meisterschaften. So wahr dieser Leitsatz auch sein mag: Ohne herausragende Qualität im Angriff dürfte es schwierig werden, die Champions League zu gewinnen.

Die Bayern haben mit der angesprochenen Pernille Harder eine Angreiferin in ihren Reihen, die höchsten internationalen Ansprüchen genügt. Aber sonst? Lea Schüller, Klara Bühl oder Linda Dallmann zählen zwar in der Bundesliga zu den absoluten Spitzenkräften, haben ihre Klasse auf internationalem Parkett bislang aber nur bedingt unter Beweis gestellt. Dasselbe gilt für Jovana Damnjanovic, Sydney Lohmann und erst recht für die junge Franziska Kett. Lina Magull befindet sich seit längerer Zeit im Formtief.

Wollen die Bayern in dieser Champions League-Saison besser abschneiden als in den letzten beiden Jahren, müssen sich die genannten Spielerinnen steigern. Lea Schüller ist mit inzwischen 26 Jahren kein Talent mehr und hat den Anspruch, in der Nationalelf Stürmerin Nummer eins zu sein. In der Champions League muss ihr Anspruch darin bestehen, die Bayern bis ins Finale und noch weiter zu schießen. Das Potenzial dazu hat die ehemalige Essenerin.

Auch Klara Bühl oder Sydney Lohmann müssen in der Königsklasse den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung gehen. Linda Dallmann und Lina Magull sind mit 29 Jahren im besten Fußballeralter und dürfen nicht nur in der Bundesliga Topleistungen zu zeigen. Jovana Damnjanovic scheint in dieser Saison aus dem Schatten von Lea Schüller heraustreten zu können. Wenn die Serbin in der Champions League ihre Chance bekommt, muss sie sie nutzen.

2. Schwachstelle Tor

Auch wenn es die Bayern-Fans nicht gerne hören: Die junge Torhüterin Mala Grohs besitzt zwar eine Menge Potenzial. Noch ist die 22-Jährige aber keine Torfrau von internationalem Format.

Grohs hat enorme Stärken auf der Linie, aber große Probleme bei hohen Bällen und im Spiel mit dem Ball am Fuß. Unvergessen ihr katastrophaler Schnitzer gegen Barças Geyse im letzten Jahr. Hinzu kommt, dass die gebürtige Münsteranerin in der Bundesliga nur selten gefordert wird. Ganz anders sieht es in der Königsklasse aus.

Dort muss sich Grohs im Vergleich zum Vorjahr steigern. Mit 22 Jahren ist das normal. Fraglich ist allerdings, ob sich die Bayern angesichts ihrer Ambitionen eine so unerfahrene Torhüterin leisten können. Zuzutrauen ist es der jungen Schlussfrau allemal, dass sie den nächsten Entwicklungsschritt macht und gegen die besten Teams Europas zu einer Sieggarantin wird.

Genauso realistisch ist es jedoch, dass Grohs im negativen Sinne den Unterschied macht. In diesem Fall würde sich der Klub wohl im kommenden Sommer nach einer neuen Torhüterin umsehen.

3. Faktor Glück, Verletzungen, Tagesform

Auf dem Weg zum Champions League-Titel gibt es zahlreiche Faktoren, die die Bayern nicht oder nur teilweise beeinflussen können. So spielt es eine wichtige Rolle, wie sehr die Mannschaft von Verletzungen gebeutelt wird. Vor zwei Jahren beim Ausscheiden gegen PSG etwa fielen zahlreiche Akteurinnen aufgrund von Coronainfektionen aus, sodass am Ende Spielerinnen aus der zweiten Mannschaft eingesetzt werden mussten. Kein Wunder, dass es gegen die Französinnen nicht zum Weiterkommen reichte. In der letzten Saison musste das Team gegen Arsenal ohne Linda Dallmann auskommen, die sich einen Syndesmosebandriss zugezogen hatte. Giulia Gwinn fehlte nach ihrem Kreuzbandriss ohnehin.

Ähnliche Ausfälle sind natürlich auch in dieser Spielzeit möglich. Muss Alexander Straus in den entscheidenen Duellen auf Schlüsselspielerinnen verzichten, wird die Herausforderung Champions League nicht leichter. Auf einigen Positionen sind die Münchnerinnen zwar auch in der zweiten Reihe sehr gut besetzt, wichtige Stammkräfte wie etwa Georgia Stanway oder Klara Bühl sollten aber auf keinen Fall länger fehlen.

Daneben kommt es in den engen Duellen mit Schwergewichten wie Barcelona, Olympique Lyon oder dem FC Chelsea auf die Tagesform an. Die Leistungsdichte in der Champions League ist enorm hoch, Kleinigkeiten entscheidend. Erwischen einige Spielerinnen oder sogar die ganze Mannschaft einen schlechten Tag, kann es im K.o.-System schnell vorbei sein.

Deshalb spielt auch der Faktor Glück eine elementare Rolle. Die angesprochenen Verletzungen, Schiedsrichterentscheidungen und nicht zuletzt die Auslosung wirken erheblich auf die Erfolgschancen ein. All diese Punkte liegen außerhalb des eigenen Einflussbereichs. Gut möglich also, dass sich die Bayern am Ende nichts vorzuwerfen haben, trotzdem aber erneut eine Champions League-Saison ohne Titel oder Finaleinzug erleben.

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