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·15. Juni 2025

Karriere in die Tonne getreten? Diesen "Rentner" verstehen wir alle falsch

Artikelbild:Karriere in die Tonne getreten? Diesen "Rentner" verstehen wir alle falsch

Er ist eigentlich noch viel zu jung und vor allem auch noch viel zu gut, aber so ist es jetzt nunmal: Leroy Sané beendet mit nur 29 Jahren seine Karriere. So muss man es zumindest verstehen, wenn man nach einem Großteil der Diskussionsbeiträge und Kommentare in der Berichterstattung rund um den Wechsel des Noch-Bayern-Stars zu Galatasaray Istanbul geht.

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Schließlich wechselt Sané im besten Fußballalter für mehr Geld in eine sportlich weniger relevante Liga, die dazu noch als Renterparadies für alternde Stars abgestempelt ist. Als “sportliche Selbstdemontage” (’t-online’) oder Entscheidung für den “bequemen Weg” (‘ZEIT’) wird der Gang in die türkische Süper Lig entsprechend verstanden. Die WM 2026 soll sich durch die Entscheidung für “Türkei-Versenkung statt Präsenz” (’ntv’) auch erledigt haben. Wir fassen zusammen: Leroy Sané is finished.

Das Interessante daran ist allerdings: Für jemanden, der gerade dabei ist, sein Potenzial in die Tonne zu treten, sah Leroy Sané beim Empfang am Istanbuler Flughafen eigentlich recht gelöst aus.

Entweder freut sich da jemand sehr, seiner Karriere ein verfrühtes, unwürdiges Ende zu setzen oder wir haben hier irgendetwas falsch verstanden. Am besten begleiten wir den Neurentner noch ein bisschen bei seiner Ankunft in der fußballerischen Bedeutungslosigkeit.

Hm, auch in einem von Fans durch Pyro-Nebel begleiteten Auto scheint Leroy Sané sich mit der Entsorgung seiner eigenen Zukunft noch recht wohl zu fühlen. Oder anders gesagt: Sieht eigentlich ganz nett aus da in der Versenkung. Und das vor allem im Kontrast zu dem, was Sané gerade ja angeblich so achtlos wegwirft: Der großen Fußballbühne beim deutschen Rekordmeister.

Man möchte nämlich fast meinen, dass Sané in Istanbul in einer einzigen Nacht schon mehr gefeiert wurde als während fünf voller Jahre in München. Dabei hätten die Fans des FC Bayern dazu allen Grund gehabt. Allein in der letzten Saison war er der viertbeste Scorer, insgesamt kommt er in 220 Pflichtspielen auf 116 Scorerpunkte, wohlgemerkt als Flügelspieler. Trotzdem gehörte er nie zu den beliebtesten Spielern, stand stets für seine Körpersprache in der Kritik und bekam jüngst beim letzten Heimspiel - längst nicht zum ersten Mal - Pfiffe von den eigenen Fans. Dass er diese Pfiffe gegen die Chance eintauschen möchte, der gefeierte Star eines Vereins mit so leidenschaftlichen Unterstützern wie den von Galatasaray zu sein, ist doch verständlich, oder?

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📸 Marco Luzzani - 2025 Getty Images

Der Vorwurf der Bequemlichkeit lässt sich damit natürlich noch nicht entkräften, Unsinn ist er aber trotzdem. Wer davon ausgeht, dass Leroy Sané es sich jetzt in Istanbul gemütlich machen kann, kennt die türkischen Fans schlecht. Denn da darf man sich nicht täuschen: Diese Liebe von den Gala-Fans, von der er am Flughafen und im Auto einen Vorgeschmack bekommen hat, die ist alles andere als bedingungslos.

Zwar bekommt er jetzt die Chance, endlich das eine Aushängeschild eines Klubs zu sein, was beim FC Bayern oder ManCity nicht möglich war, doch all die Energie, die ihm bei seiner Ankunft in der Türkei positiv entgegengeschlagen ist, könnte sich auch schnell gegen ihn richten. So sieht es auch einer, der den türkischen Fußball - und insbesondere Galatasaray - gut kennt: “Aktuell ist er dort der Star. Das kann sich aber schnell ändern, gerade in der türkischen Liga und mit den Medien“, erklärt Ex-Gala-Profi Hamit Altintop zum Sané-Transfer gegenüber ’Sky’. „Der Empfang war großartig, aber entscheidend wird sein, was er auf dem Platz zeigt. Die Erwartungen an ihn sind sehr hoch”, so der frühere Schalker.

Was da am Flughafen und im Auto passiert ist, war nicht einfach nur das Abfeiern eines neuen Stars, sondern auch das klare Formulieren einer riesigen Erwartungshaltung. Wenn man sich nun vorstellt, dass sich diese Meute, die sich nicht zu schade ist, ihn am Flughafen zu empfangen, gegen ihn wendet, weil er die Erwartungen nicht erfüllen kann, wirkt der Vorwurf der Bequemlichkeit ein wenig albern. Beim FC Bayern zu bleiben und noch drei bis fünf deutsche Meisterschaften einzusammeln, ohne dass dabei allzu viel von ihm abhängig wäre: Das wäre deutlich bequemer.

Mit seinem Wechsel geht Sané ins volle Risiko. Er muss sofort der Star der Liga sein, um nicht zu enttäuschen und riskiert gleichzeitig auch sein Ticket für die WM im nächsten Jahr. Aber er kann eben auch der größte Star einer Liga sein und das Kunststück fertig bringen, in der fußballerischen Peripherie zu spielen und trotzdem zur WM zu fahren. Hight risk, high reward.

Heute Abend, falls er beim ersten Klub-WM-Spiel der Bayern gegen Auckland City auf dem Platz stehen sollte, kann er es sich dagegen noch einmal bequem machen, bevor er ein neues Kapitel in seiner Karriere aufschlägt. Wann er die beendet, lassen wir ihn vielleicht am besten selbst entscheiden.