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·12. Februar 2020

Kann der BVB mit Bürki Meister werden?

Artikelbild:Kann der BVB mit Bürki Meister werden?

Die eklatanten Schwächen in der Defensive von Borussia Dortmund sind hinlänglich bekannt und beschrieben. 32 Gegentore nach 21 Spieltagen der Bundesliga sind ein durch und durch inakzeptabler Wert. Neben Trainer Lucien Favre bekommen dafür auch einige Spieler heftige Kritik ab. Bei Teilen der BVB-Fans bleibt dabei auch Roman Bürki weiterhin umstritten.

Ein Analyse von fussball.news-Redakteur Lars Pollmann


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Für den Schweizer hat die Bild-Zeitung kürzlich eine Quote abgewehrter Torschüsse von 50 Prozent veröffentlicht. Dezidierte Statistikanbieter führen den Schlussmann sogar bei einer noch geringeren Quote. Das Internetportal FBref etwa vermerkt für Bürki eine Quote von 47,5 Prozent. Alleine sagt so ein Wert natürlich noch nicht viel. Auch wenn durchaus bemerkenswert ist, dass sich der 29-Jährige seine bisherigen fünf Spielzeiten in der Bundesliga dem Portal zufolge nie unter 67 Prozent abgewehrter Torschüsse bewegt hat.

Letzes Glied der Kette

Gerade regelmäßige Zuschauer der Spiele von Borussia Dortmund wissen freilich, dass der Torhüter nur geringen Einfluss darauf nehmen kann, aus welcher Position auf seinen Kasten gefeuert wird, und unter welche Art von Druck der Schütze zum Zeitpunkt seines Versuchs gesetzt wird. Die nackte Zahl der abgewehrten Torschüsse bedarf dringend eine Kontextualisierung. Den Versuch, genau diese herzustellen, machen moderne Fußball-Analytiker mit dem Modell der expected Goals. Dabei wird aus statistischen Erfahrungswerten für jede Abschlusssituation ein Wert errechnet, der die Wahrscheinlichkeit eines Torerfolgs abbildet.

Dortmund lässt gute Schüsse zu

Wenn ein Torhüter einen Abschluss mit einem hohen xG-Wert pariert, mag zum Beispiel der Kommentator im Fernsehen davon sprechen, dass er einen „Unhaltbaren herausgeholt“ hat. Das Portal FBref liefert auch hier die relevanten Zahlen. Daraus geht hervor, dass die Torschüsse, die Roman Bürki entgegenfliegen, statistisch betrachtet am schwersten zu halten sind. Ein Schuss auf den Kasten des BVB-Keepers hat demnach einen durchschnittlichen xG-Wert von 0,37. Weniger umständlich ausgedrückt heißt das: Dortmund erlaubt seinen Gegnern bessere Abschlüsse als jeder andere Bundesligist! Zum Vergleich: Der Wert bei Schüssen auf das Tor von Manuel Neuer liegt bei nur 0,28 xG.

Bürki kassiert mehr, als er rechnerisch sollte

Aus dieser Betrachtung geht schließlich auch hervor, wie viele Gegentreffer Bürki aus rein statistischer Sicht kassieren hätte sollen. Knapp 21 Gegentore, errechnet die Statistik, hätten dabei einen erwartungsgemäßen Wert dargestellt. Tatsächlich hat Bürki aber 31 der 32 BVB-Gegentore hinnehmen müssen, eines kassierte Marwin Hitz am 1. Spieltag schon nach wenigen Sekunden gegen den FC Augsburg. Die Diskrepanz bei Dortmunds Nr.1 ist also frappierend. Er hat mehr als acht Gegentore mehr kassiert, als die Statistik für ihn vorausgesehen hätte. Größer fällt der Fehlbetrag nur bei Timo Horn vom 1.FC Köln und Jiri Pavlenka von Werder Bremen aus. Auch hier hilft ein Vergleich: Yann Sommer hat mehr als sieben Tore weniger kassiert, als die Statistik für ihn errechnet.

Seltene Ausreißer nach ganz unten

Daraus lässt sich nun nicht automatisch ableiten, der Schweizer in Diensten von Borussia Mönchengladbach spiele eine erheblich bessere Saison als sein Landsmann vom BVB. Gerade in recht kurzen Zeiträumen gilt das xG-Modell nicht als absolut aussagekräftig. Mithin könnte Bürki auch schlichtweg viel Pech haben, beziehungsweise auf Schützen treffen, die besonders viel Zielwasser getrunken haben. Grobe individuelle Fehler hat sich der Münsinger jedenfalls im Saisonverlauf nur selten geleistet. Ins Auge springt dabei etwa ein Patzer beim 3:3 gegen RB Leipzig vor der Winterpause. Gleichzeitig lassen sich aber auch die Spiele, in denen Bürki über sich hinaus wuchs und dem Team mit einer Vielzahl von Paraden aushalf, an einer Schreinerhand abzählen, wie Jürgen Klopp einst zu scherzen pflegte.

Beste Leistungen gegen Slavia

Seine besten Spiele zeigte Bürki wohl in den Duellen mit Slavia Prag in der Champions League. Vor allem im Rückspiel, das Dortmund gewinnen musste, um ins Achtelfinale zu kommen, bot der Standby-Nationalspieler eine wahre One-Man-Show. In der Bundesliga war ihm in der laufenden Saison eine solche Partie bisher nicht verwehrt. Auch deshalb macht sich wohl immer wieder Kritik an Bürki breit. Im Alltag ist er in der laufenden Spielzeit eben kein Torhüter, der die „Unhaltbaren herausholt“. Und einen ebensolchen bräuchte Borussia Dortmund angesichts der erheblichen Mängel in der Abwehrarbeit vermutlich, um nach der Meisterschale greifen zu können.

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