Kampf gegen das Sommerloch: Ist die Klub WM wirklich sinnvoll? | OneFootball

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·4. Juli 2025

Kampf gegen das Sommerloch: Ist die Klub WM wirklich sinnvoll?

Artikelbild:Kampf gegen das Sommerloch: Ist die Klub WM wirklich sinnvoll?

Wenn der Sommer kommt und die Stadien Europas in ihre wohlverdiente Pause gehen, entsteht im Fussballkalender eine Leere, die nicht nur Spieler regenerieren lässt, sondern auch TV-Sender und Fans auf Entzug setzt. Während Grillwürste brutzeln und Transfergerüchte durch die Medien wabern, passiert auf dem Platz meist herzlich wenig.

Die FIFA sah darin allerdings weniger ein Problem als vielmehr eine Gelegenheit. Seit Juni 2025 rollt der Ball nun bei einem Turnier, das grösser kaum sein könnte – die Klub-WM im XXL-Format mit 32 Teams, verteilt über das gesamte Gebiet der Vereinigten Staaten. Ein Prestigeprojekt, ein finanzielles Wagnis und eine fussballpolitische Botschaft gleichermassen.


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Eine Weltmeisterschaft für Vereine – so funktioniert das Mammutturnier

Die klassische Klub-WM war bislang eher Randnotiz als globales Spektakel. Eine überschaubare Zahl an Teilnehmern, wenige Spieltage im Dezember und oft in Regionen ausgetragen, die mehr an PR-Strategie erinnerten als an Fussballkultur. Seit diesem Sommer ist jedoch alles anders. Nun treten 32 Mannschaften an, sortiert in acht Gruppen mit jeweils vier Teams. Aus jeder Gruppe ziehen die besten zwei weiter ins Achtelfinale, von dort an geht es im K.-o.-Modus weiter bis zum Finale.

Die Tickets für dieses Turnier lösen sich über die kontinentalen Wettbewerbe, also Champions League, Copa Libertadores oder deren Äquivalente. In Europa sicherten sich ausserdem Teams mit besonders starker Fünfjahreswertung einen Platz. Gespielt wird in zwölf Stadien, von New Jersey über Atlanta bis hin nach Kalifornien.

Namen wie das MetLife Stadium oder das Rose Bowl klingen nach Super Bowl, nicht nach Fussball. Doch genau das ist Teil des Plans, denn der Fussball soll sich dort ausbreiten, wo sonst andere Sportarten das Terrain beherrschen.

Folgende europäische Teams sind vertreten:

  • Chelsea
  • Manchester City
  • Real Madrid
  • Bayern München
  • Paris Saint-Germain
  • Inter Mailand
  • Porto
  • Benfica
  • Borussia Dortmund
  • Juventus
  • Atlético Madrid
  • Red Bull Salzburg

Dass das Turnier ausgerechnet im Sommer stattfindet, ist alles andere als Zufall. Die Sommerzeit gilt als strategisches Fenster, denn die nationalen Ligen pausieren und internationale Turniere wie EM oder Copa América laufen nicht jährlich.

Die FIFA nutzt diese Leere, um den Ball am Rollen zu halten, aber auch, um die eigene Marke in Nordamerika zu stärken. Es geht um Marktanteile, um Sichtbarkeit und letztlich um die große Frage, wie sich Fussball dort zu einem alltagstauglichen Sport entwickeln lässt.

Grosse Namen, grosse Zahlen – wer am Ende wirklich gewinnt

Wenn die sportlichen Belastungen kritisch gesehen werden, bleibt die wirtschaftliche Seite bislang nahezu unantastbar. Die Summen, die rund um die Klub-WM im Umlauf sind, dürften viele Vereinsbosse milde stimmen. Mit bis zu 125 Millionen US-Dollar für den Sieger steht ein Preisgeld zur Verfügung, das selbst für finanzstarke Klubs attraktiv ist.

Noch bemerkenswerter ist das Sponsorenfeld. Namen wie Budweiser, Coca-Cola, Visa und Qatar Airways sind längst etabliert, doch auch US-Grössen wie Bank of America oder Airbnb reihen sich ein. In Nordamerika gelten darüber hinaus andere Werberichtlinien, etwa im Umgang mit Glücksspielanbietern, die für Online Slots werben. In Europa ist dieser Bereich deutlich strikter reguliert.

Neben klassischen Sponsoren setzen auch Tech-Konzerne verstärkt auf Sportinvestitionen. Streamingdienste, Social-Media-Kampagnen und datenbasierte Auswertungen der Zuschauerinteressen sollen helfen, das Turnier zu einem globalen digitalen Erlebnis zu machen. Die FIFA investierte eigenen Angaben zufolge über 50 Millionen US-Dollar allein in Marketingmassnahmen, darunter Influencer-Kampagnen, City Events und LED-Werbung bei anderen US-Sportarten.

Auch medial ist das Turnier gut aufgestellt. Weltweit werden die Spiele über DAZN übertragen, in den Vereinigten Staaten kommen Sender wie TNT Sports oder Univision zum Zug. Besonders Spiele mit bekannten Teams sorgen für hohe Einschaltquoten, während Partien ohne Stars eher unter dem Radar laufen.

Mal Messi-Magie, mal gähnende Leere – wie das Turnier angenommen wird

Sportlich liefert das Turnier bereits zahlreiche Geschichten, die aufhorchen lassen. Lionel Messi etwa trifft per Freistoss gegen Porto, als wolle er sich selbst in ein Poster verwandeln. Bayern München bezwingt Boca Juniors in einem Spiel mit ordentlich Zündstoff. Auch Flamengo, Manchester City und Chelsea starten überzeugend, zumindest auf dem Rasen.

Wie Bayern München gegen die Argentinier gewann, zeigt das folgende Video:

Auf den Tribünen sieht es hingegen unterschiedlich aus. Während in Pasadena über 80.000 Menschen die Partie PSG gegen Atlético verfolgen, verläuft ein Spiel wie Chelsea gegen LAFC beinahe unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nur rund 22.000 Menschen verlieren sich im riesigen Stadion von Atlanta. Was in Miami mit Inter-Miami-Trikots für Furore sorgt, fällt in anderen Städten durch gähnende Leere auf.

Die Ursachen dafür sind vielseitig. Der Turniermodus führt dazu, dass viele Begegnungen ohne grosse sportliche Brisanz stattfinden. Lokale Fanstrukturen fehlen bei vielen teilnehmenden Klubs, was der Atmosphäre wenig zuträglich ist. Besonders Spiele, die unter der Woche am frühen Abend stattfinden, locken kaum Zuschauer an.

Hinzu kommt, dass das Konzept einer „Weltmeisterschaft der Klubs“ für viele amerikanische Sportfans noch erklärungsbedürftig bleibt. Das Turnier wirkt deshalb nicht wie ein gemeinschaftliches Fest, sondern eher wie eine Aneinanderreihung von Einzelevents, die nicht immer miteinander verbunden scheinen.

1,5 Millionen verkaufte Tickets, aber dennoch leere Ränge – der Kampf um die Kulisse

Die FIFA verkündet stolz, dass über eineinhalb Millionen Tickets den Besitzer gewechselt haben. Doch diese Zahl sagt wenig über die Stimmung in den Stadien aus. Denn während einige Partien ausverkauft sind, zeigen sich andere als Problemfälle mit beinahe peinlich leeren Rängen.

Die Preisgestaltung spielt dabei eine zentrale Rolle. Viele Tickets bewegen sich im dreistelligen Bereich, bei sogenannten Premiumspielen wurden sogar Beträge jenseits der 2.000 US-Dollar aufgerufen. Der dynamische Preismechanismus, der sich an Nachfrage, Ort und Zeitpunkt orientiert, führt zu Unsicherheit unter den potenziellen Käufern.

In Kombination mit dem recht späten Ticketverkaufsstart ergibt sich ein ungünstiges Bild. Viele Fans wussten bis kurz vor Turnierbeginn weder, ob ihre Teams überhaupt teilnehmen, noch wann oder wo sie spielen würden. Spontane Reisen zu Auswärtsspielen sind für europäische Fans teuer, für Einheimische wenig attraktiv, wenn der Bezug zum Team fehlt.

Als Reaktion auf schwache Verkaufszahlen setzt die FIFA auf massive Rabattaktionen. Studenten erhalten kurzfristig Eintritt für vier Dollar, in einigen Regionen verteilen Schulen und lokale Organisationen Freikarten. Die Stadien sehen auf den ersten Blick gut besucht aus, doch die Atmosphäre bleibt zumeist verhalten. Besonders deutlich wird das, wenn man Städte wie Miami und Orlando vergleicht. Dort, wo Stars wie Messi spielen, herrscht Euphorie, anderswo bleibt der Funke aus.

Belastungsgrenze erreicht – warum Spieler und Verbände Alarm schlagen

Während das Turnier für die Zuschauer ein Spektakel bieten will, wächst unter den Spielern die Unzufriedenheit. Nicht wenige sehen in der Klub-WM ein weiteres Zahnrad in einem bereits überdrehten System. Organisationen wie FIFPRO sowie zahlreiche Ligen warnen seit Monaten vor einer Überlastung der Profis.

Viele Spieler kommen aus einer vollen Saison, haben bereits über 50 Pflichtspiele in den Beinen und sollen nun auch im Sommer noch Höchstleistungen bringen. Regeneration bleibt Wunschdenken. Zwar argumentiert die FIFA, dass Rotation innerhalb der Kader möglich sei, doch dieses Argument greift nicht bei jeder Position und schon gar nicht bei jedem Klub.

Besonders kritisch ist das für Spieler, die anschliessend an Olympischen Spielen, Vorbereitungsturnieren oder Qualifikationen teilnehmen sollen. Die Saison 2025/26 steht vor der Tür, doch einige Akteure laufen seit über zwölf Monaten durch. Dieses Dauerfeuer erhöht das Verletzungsrisiko erheblich und lässt Zweifel aufkommen, ob sportliche Qualität auf Dauer mit solcher Frequenz überhaupt zu halten ist.

Die Stimmen werden lauter, die eine Neuverhandlung des internationalen Kalenders fordern. Denn auch wirtschaftlich interessante Turniere müssen langfristig auf die Gesundheit der Athleten Rücksicht nehmen. Andernfalls droht ein Spielbetrieb, der seine Hauptdarsteller auf Dauer verliert.

Ein amerikanisches Spielfeld – Klubs zwischen Hoffnung und Realität

Die Wahl des Gastgeberlandes ist kein Zufall. Die Vereinigten Staaten gelten als Testmarkt für den Fussball der Zukunft. Das Turnier dient als Generalprobe für die Weltmeisterschaft 2026, bietet aber gleichzeitig auch die Chance, den Klubfussball auf amerikanischem Boden zu etablieren.

Doch der Weg dorthin ist lang. Fussball besitzt in den USA keine tief verwurzelte Vereinsbindung. Menschen gehen ins Stadion, wenn ein Star wie Messi spielt oder wenn ein Event lockt. Lokale Identifikation mit einem internationalen Klub ist eher selten. Die Konkurrenz durch andere Sportarten wie Baseball oder Basketball ist übermächtig.

Gleichzeitig sind die Vereinigten Staaten ein Land der unbegrenzten Vermarktungsmöglichkeiten. Das gilt auch für Fussball. Merchandise, VIP-Tickets, Hospitality-Zonen und Halbzeitshows erzeugen ein Event-Erlebnis, das europäische Fans oft mit Skepsis betrachten. Hier prallen Kulturen aufeinander, das sportliche Produkt muss für beide Seiten funktionieren.

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