Interview mit „FC-Stammtisch Talk“-Moderator Ralf Friedrichs: „Der Talk funktioniert nur gefühlsecht und mit Anfassen“ | OneFootball

Interview mit „FC-Stammtisch Talk“-Moderator Ralf Friedrichs: „Der Talk funktioniert nur gefühlsecht und mit Anfassen“ | OneFootball

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·4. März 2021

Interview mit „FC-Stammtisch Talk“-Moderator Ralf Friedrichs: „Der Talk funktioniert nur gefühlsecht und mit Anfassen“

Artikelbild:Interview mit „FC-Stammtisch Talk“-Moderator Ralf Friedrichs: „Der Talk funktioniert nur gefühlsecht und mit Anfassen“

Die Coronavirus-Pandemie sorgt nicht nur dafür, dass die Fans des 1. FC Köln die Spiele ihres Vereins nicht mehr im Stadion verfolgen können. Auch viele Aktivitäten im Umfeld der „Geißböcke“ sind derzeit auf Eis gelegt. Das gilt nach der 200. Folge im Februar 2020 leider auch für den „FC-Stammtisch Talk“, der momentan aufgrund der verständlichen Einschränkungen für das gesellschaftliche Leben eine Pause einlegt. Wie steht es um die beliebte und traditionsreiche Gesprächsrunde, die seit 2009 die oft turbulenten Geschehnisse rund um den FC diskutiert und analysiert? Gibt es ein Leben nach Corona für den „FC-Stammtisch Talk“? Oder sogar während der hoffentlich nicht mehr allzu lange dauernden Pandemie?

Darüber sprechen wir mit „FC-Stammtisch Talk“-Moderator Ralf Friedrichs und klären unter anderem die Frage, was ein Fußball-Talkmoderator macht, wenn er seit geraumer Zeit keine Talks mehr moderieren kann. Doch nicht nur zu diesem Thema nimmt der Autor diverser FC-Bücher, der auch für effzeh.com schreibt, kein Blatt vor den Mund. Im Interview äußert er sich zur tristen Gegenwart der „Geißböcke“, zu den Diskussionen um die Leistungen der Mannschaft und zum Zustand der Fußballbranche allgemein.


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Ralf, was macht ein Fußball-Talkmoderator, der seit geraumer Zeit keine Talks mehr durchführt?

(lacht) Er schreibt Bücher, mehr bleibt in Pandemie-Zeiten leider nicht. Das Buch „Die Fußball-Thekenphilosophen“, welches ich gerade mit meinem Mitautor Thomas Wagner herausgebracht habe, ist genau deswegen entstanden.

Ihr beiden seid „Die Fußball-Thekenphilosophen“. Worum geht es genau in diesem Buch?

Es dokumentiert ein mehrstündiges Kneipengespräch zwischen zwei Freunden und Fußball-Liebhabern. Es geht um Fußball, aber in allen Varianten. Da werden viele persönliche Anekdoten aus dem Jugendfußball erzählt, aber auch der heutige, nicht unumstrittene Fußball thematisiert. Wir leisten uns gewollt in den gut dreieinhalb Stunden Gespräch viele thematische Sprünge, wie das an der Theke eben auch stattfindet. Kein Wunder, es ist ja auch ein lockeres Thekengespräch. Ohne Drehbuch, roh und echt. Man ist eben mittendrin bei Kölsch, Frikadellen und Salzstangen, halt irgendwie „dabei“ in der Kneipe.

„Es ist ja ein lockeres Thekengespräch. Ohne Drehbuch, roh und echt. Man ist mittendrin bei Kölsch, Frikadellen und Salzstangen, halt irgendwie ‚dabei‘ in der Kneipe.“

Wie fallen die Reaktionen auf dieses doch ungewöhnliche Konzept aus?

Erfreulicherweise gibt es bereits sehr viele Rückmeldungen. Demnach haben wir wohl ein wenig den Nerv getroffen, das kann man ohne rot zu werden behaupten, wenn man das Feedback liest. Viele schrieben sinngemäß unisono, dass beim Lesen ihr ganzes Fußballer-Leben an ihnen vorbei gezogen ist. Wahrscheinlich auch durch unsere Erinnerungen an die großen Turniere, die wir auch thematisiert, auf unsere Art eingeordnet und dabei auch den Zeitgeist einbezogen haben. Ein Journalist schrieb, dass wir quasi die Vorlage für ein Fußball-Roadmovie gegeben hätten. Die Westdeutsche Zeitung fasste es so auf, dass wir so manchen verbalen Schnellschuss in ungeschönter Würze präsentiert hätten und fügte hinzu, dass Thomas Wagner einfach gnadenlos unterhaltsam sei. Da haben sie Recht, das war der Grund, warum ich ihn, der ja beim „FC-Stammtisch Talk“ jahrelang als ständiger Experte die Fans überzeugt hat, für das Buch gewinnen wollte. Er gibt dem Ganzen noch einmal eine sehr spezielle Note.

Artikelbild:Interview mit „FC-Stammtisch Talk“-Moderator Ralf Friedrichs: „Der Talk funktioniert nur gefühlsecht und mit Anfassen“

Du hast den Talk erwähnt: „Die Fußball-Thekenphilosophen“ ist nur auf deiner Website zu bekommen und soll dem „FC-Stammtisch Talk“ helfen. Wie ist das zu verstehen?

Das ist richtig, das ist ganz bewusst von mir im Eigenverlag herausgebracht worden und nirgendwo anders zu erhalten als bei mir auf der Seite. Das wurde gemacht, um den Talk zu unterstützen, der ja derzeit aus bekannten Gründen keinerlei Einnahmen mehr generiert und dennoch irgendwann in diesem Leben wiederkommen soll. Hoffentlich bald.

Wie ist denn die Situation rund um den Talk, der bedingt durch die Coronavirus-Pandemie momentan nicht stattfinden kann?

Die ist natürlich nicht gut. Der letzte Talk vor Publikum ist über ein Jahr her, damals noch zur 200. Ausgabe mit dem FC-Vorstand plus Thomas Kessler. Danach fanden noch zwei Online-Talks statt, die in meinen Augen aber nicht die Begegnungsplattform „FC-Stammtisch Talk“ ersetzen können. Deshalb wird das Format erst fortgesetzt, wenn alles wieder auf dem Stand von vor der Pandemie ist. Unser Talk funktioniert nur gefühlsecht und mit Anfassen. Podcasts oder Online-Talks sind eine nette Sache, überlasse ich aber denjenigen, die das sowieso regelmäßig machen. Wobei ich es mir schon vorstellen kann, demnächst einen umfassenden Talk auch noch einmal online durchzuführen. Vielleicht Richtung Saisonende, mal schauen. Lieber aber ist mir nach wie vor der richtige Live-Talk vor Publikum in der Gaststätte.

„Das Versprechen an mein Stammpublikum steht: Wir kommen wieder!“

Manche diskutieren aber bereits, ob so ein aufwändiges Live-Talk Konzept noch zukunftsfähig ist. Wie siehst du das?

Das wird man sehen, wenn wir wieder loslegen können. Das Versprechen an mein Stammpublikum steht: Wir kommen wieder! Ob wir dann dauerhaft auch bleiben, wird der Markt entscheiden. Nehmen die Menschen es wieder so an wie zuvor, dann geht es weiter mit dem Talk. Wenn nicht, verschwindet er nach über zwölf Jahren. Das muss man leidenschaftslos sehen, auch wenn es schade wäre. Man muss aber auch erstmal abwarten, wie die Fans überhaupt im Gesamten den Fußball und den FC wieder annehmen. Da wurde vieles in der Pandemie ja offengelegt, der Fußball hat sich insgesamt nicht von seiner besten Seite gezeigt und auch der FC macht ja irgendwie sein Ding. Nicht immer zur Freude aller Fans.

Da sagst du was. Wie emotional nimmst du die FC-Spiele denn überhaupt wahr? Wie die Geisterspiele? Hat sich da mittlerweile für dich eine gewisse Normalität eingestellt?

Nein, Geisterspiele sind und bleiben furchtbar. Ich kann und will mich an diesen Stadionhall einfach nicht gewöhnen. Es nimmt mich emotional kaum mit. Auch bei den Siegen in Dortmund und beim Derbysieg in Gladbach hat sich da nur bedingt eine gewisse Stimmung eingestellt. Letztlich bleibt das Fußball im Reagenzglas und damit zum Abgewöhnen.

Hast du dich dadurch entemotionalisiert? Viele Fans sprechen zuletzt von einer gewissen Entfremdung vom Fußball.

Aktuell ein klares Ja! Ich schaue auch wirklich nur die FC-Spiele live. Nichts anders. Keine Sportschau, kein Sportstudio, keine europäischen Spiele. Ich habe wirklich nichts von Bayerns Champions-League Sieg mitbekommen, nichts aus der diesjährigen Champions-League-Saison und auch nur ein Länderspiel. Das 0:6 gegen Spanien. Hurra! Ansonsten visuell nichts, gar nichts, außer dass ich natürlich alles Relevante lese und dadurch im Thema bleibe. Das bleibt bis zum Ende aller Maßnahmen auch so. Pandemie-Fußball in leeren Arenen ist zum Kotzen, da reichen mir die Ergebnisse und eben die FC-Spiele völlig.

„Ganz Köln – Fans, Umfeld, Medien – sieht den FC in der Summe total realistisch, nur am Geißbockheim hat man mit der wirklichkeitsgetreuen Einordnung anscheinend seit Jahren erhebliche Probleme.“

Allerdings bin ich nicht komplett entemotionalisiert. Fragwürdige Aussagen eines Kalle Rummenigge zum Beispiel verhindern das. Und natürlich sind da ja die Aussagen unserer Freunde der gepflegten Schnitzeljagd, die bringen mich auch ab und an in Wallung. Was Horst Heldt und Markus Gisdol manchmal so von sich geben, kann einen schon aus der Fußball-Lethargie erwecken. Die Sprüche zur Erwartungshaltung eines Horst Heldt nach dem Stuttgart-Spiel waren dermaßen an der Realität vorbei – es wundert mich wirklich, dass manche das sogar ernst genommen haben. Ganz Köln – Fans, Umfeld, Medien – sieht den FC in der Summe total realistisch, nur am Geißbockheim hat man mit der wirklichkeitsgetreuen Einordnung anscheinend seit Jahren erhebliche Probleme.

Wie meinst du das konkret?

Mal ohne Polemik: Beim 1. FC Köln kann doch keiner so unfassbar dumm sein, die eigenen Sprüche der angeblich so hohen Erwartungshaltung der Fans und des Umfelds wirklich zu glauben. Ein Blick in die sozialen Medien oder in Foren belegt das in aller Kürze. Auch die Medien fordern nichts Unmögliches. Dennoch bläst der Verein schon seit einigen Jahren das Märchen von der hohen Erwartungshaltung heraus. Da frage ich mich schon: Warum tun sie das? Ist es eine grandiose Fehleinschätzung? Dann wäre es fast Dummheit. Daran will ich nicht glauben. Oder ist es Kalkül? Das wohl schon eher. Aber warum? Da fängt das Spekulieren an.

Artikelbild:Interview mit „FC-Stammtisch Talk“-Moderator Ralf Friedrichs: „Der Talk funktioniert nur gefühlsecht und mit Anfassen“

Was spekulierst du?

Dass es – wie so oft – nichts weiter als eine Ausrede ist, um von eigenen Fehlern abzulenken. Nach dem Motto: Seht her, hier in Köln können wir aufgrund des Umfelds und der Medien einfach nicht in Ruhe arbeiten und somit keine Erfolge erzielen. Man versteckt sich schlicht bequem hinter seinen Fans. Wäre das der Grund für diese unsinnigen Behauptungen, dann wäre es perfide, eigene Unzulänglichkeiten auf diejenigen abzuwälzen, die den ganzen Wahnsinn finanzieren. Also beispielsweise so etwas wie einen sündhaft teuren Zehn-Jahres-Vertrag für Anthony Modeste oder langfristige Verträge mit 28-jährigen Zweitligakickern. Oder das Verschenken eines Simon Terodde an den HSV, mit zusätzlichem Geld, das hinterher geworfen wird. Ich könnte noch zig andere Beispiele nennen. Ist das alles die Schuld des Umfelds? Ganz sicher nicht.

Horst Heldt hat die Kritik an der derzeitigen Spielweise recht schroff abgebügelt mit der Behauptung, schlichtweg mehr Ahnung zu haben.

Natürlich hat er mehr Ahnung als ein Journalist oder als ich. Das wäre ja auch noch schöner, wenn dem nicht so wäre. Er war Spieler, lange auch Manager und kommt aus dem Business. Deswegen verdient er sehr gutes Geld. Aber ob man mit dem, was er dann so anbietet, zufrieden ist, das sollte er mal schön seinem Gegenüber überlassen. Ein Koch hat auch mehr Ahnung vom Zubereiten der Speisen als ich, aber ob mir sein Schnitzel schmeckt, entscheidet nicht er. Und wenn es angebrannt ist, dann sage ich das. Vier-Sterne-Koch hin oder her.

„Ein Koch hat auch mehr Ahnung vom Zubereiten der Speisen als ich, aber ob mir sein Schnitzel schmeckt, entscheidet nicht er. Und wenn es angebrannt ist, dann sage ich das. Vier-Sterne-Koch hin oder her.“

Sollte man beim FC, abgesehen von den finanziellen Ausfällen, nicht eigentlich sogar froh sein, derzeit in Ruhe arbeiten zu können? Das Umfeld ist ja eigentlich recht ruhig, im Stadion sind keine Fanreaktionen zu befürchten.

Gute Frage. Sie arbeiten ja in der Tat eigentlich so, wie sie es immer gefordert haben. Nämlich in Ruhe und ohne große Beeinflussung von außen. Das direkte Feedback des Publikums im Stadion oder am Geißbockheim fehlt nun einmal. Leider kommt dabei aber kaum was Besseres dabei rum als zuvor. Im Gegenteil: Sie pflegen eigentlich weiter – und eben noch ungestörter – ihre Wohlfühloase, wie man an den bescheidenen Ansprüchen an sich selbst erkennen kann. Ich halte es für einen Treppenwitz, sich selbst überspitzt formuliert als den größtmöglichen Außenseiter in der Liga dazustellen, der eine großartige Leistung erbracht hätte, wenn man Fünfzehnter wird. Der Kader ist sicher nicht gut zusammengestellt und das Konstrukt nicht passend für Platz 7 bis 12. Aber Platz 13 bis 15 ist mit den Spielern zu erreichen. Dann hätte man seinen Job befriedigend bis ausreichend gemacht. Mehr aber auch nicht. Man darf ja auch nicht vergessen, nur sechs Vereine haben in dieser Saison mehr Geld in Verstärkungen investiert als wir. Wir haben mehr als 12-mal so viel ausgegeben wie Union Berlin und gar über 35-mal so viel wie Arminia Bielefeld. Das, was dabei herauskommt, ist insgesamt dann doch recht erbärmlich. Fußballerisch sind wir wirklich kaum zu ertragen. Da muss man sogar die Effizienz loben, denn gemessen an dem, was wir zeigen, holen wir noch verhältnismäßig viele Punkte.

Die Spielweise sorgt auch für ordentlich Kritik der Fans an Trainer Markus Gisdol. Wie siehst du ihn in dem Zusammenhang?

Gespalten. Einerseits nötigt es mir Respekt ab, dass er unter wahnsinnigem Druck im rechten Moment immer noch einen Notausstieg findet und die ganz entscheidenden Spiele gewinnt. Auf der anderen Seite hat auch er – neben den Spielern, die oft in der Kritik zu kurz kommen – seinen Anteil daran, dass es immer wieder zu solchen „Endspielen“ kommt. Das Stuttgart-Spiel war dafür ein gutes beziehungsweise ein schlechtes Beispiel. Solche Spiele hatten wir in dieser Saison schon sehr oft. Ein Gegner der Kategorie „schlagbar“ wurde ja im Vorfeld schon viel zu stark geredet. Dann macht man sich vor diesem Gegner, wohlgemerkt einem Aufsteiger, auch komplett ins Hemd und tritt so defensiv und ängstlich auf, als käme Bayern München, Real Madrid oder Juventus Turin. Eine Woche später bietet man dann tatsächlich den Bayern durchaus Paroli und verliert viel zu hoch. Das passt alles nicht zusammen.

Wäre er in deinen Augen noch Trainer, wenn Fans im Stadion wären?

Schwer zu sagen, aber generell wäre die Welt eine andere, würden wir im Normalbetrieb leben. Es käme deutlich mehr Druck vom Umfeld … und zwar nicht, weil die Erwartungshaltung zu hoch ist, sondern weil die geringen Basiserwartungen bisher doch zumeist enttäuscht wurden.

„Im Allgemeinen hat der Vorstand sicher nicht wöchentlich das Tagesgeschäft zu kommentieren. Aber ich würde mir aktuell schon etwas mehr Präsenz wünschen, als nur Geißbock Hennes zum Geburtstag eine Möhre zu spendieren.“

Apropos enttäuschte Erwartungen: Der FC-Vorstand wird von vielen Mitgliedern kritisiert, er würde sich zu wenig einbringen. Teilst du diese Kritik?

Im Allgemeinen hat der Vorstand sicher nicht wöchentlich das Tagesgeschäft zu kommentieren. Aber ich würde mir aktuell schon etwas mehr Präsenz wünschen, als nur Geißbock Hennes zum Geburtstag eine Möhre zu spendieren. Allerdings hat dieser Vorstand bisher mich generell brutal enttäuscht. Er wurde gewählt, um diesen Verein zu reformieren, sicher auch die ein oder andere Strukturfrage zeitnah anzugehen und auch mal die eine oder andere Personalie zu hinterfragen. Die erste Idee aber war, mit einem Armin Veh verlängern zu wollen, was angesichts dessen Leistung einer Katastrophe gleichkam. Jedenfalls für diejenigen, die sich für dieses neue Präsidium stark gemacht hatten. Später hat Alex Wehrle auf der Position des Sportgeschäftsführers seinen Bekannten Horst Heldt durchgesetzt, was auch nicht im Sinne vieler vormaliger Vorstandsunterstützer war. Die merkwürdige Art und Weise der Kaufmann-Entlassung und auch der deutlich unpassende Zeitpunkt waren ebenso diskussionswürdig. Der absolute Negativhöhepunkt aber war die Wahl auf einen neuen Kommunikationschef, der von seinem Profil und seiner Herkunft das absolute Gegenteil von dem war, was man sich gewünscht hätte. Das war völlig daneben und könnte für den Vorstand sicher auch ein Nachspiel haben, auch wenn die Fanszene insgesamt diesen Mann ja verhindern konnte.

Artikelbild:Interview mit „FC-Stammtisch Talk“-Moderator Ralf Friedrichs: „Der Talk funktioniert nur gefühlsecht und mit Anfassen“

Du spielst auf die Mitgliederversammlung an, die irgendwann ja bis Ende Juni stattfinden muss, oder?

Natürlich, da wird die Mitgliedschaft nicht nur zu diesem Vorgang eine Menge Fragen haben, da bin ich ganz sicher. Und dem Vorstand kann man nur raten, gute und plausible Antworten parat zu haben, ansonsten kann es ungemütlich werden. Auch in Hinsicht der Bestätigung des Vorstandsnachrückers für Jürgen Sieger, also Carsten Wettich. Aber auch auf die geheimnisumwitterten Finanzzahlen, die Alex Wehrle zu verkünden hat, darf man sehr gespannt sein. Man muss ja mal festhalten, dies sind die Zahlen des alten Geschäftsjahrs, denn wir reden ja immer noch von der 2020er Mitgliederversammlung, die nachgeholt werden muss. Wenn alles gut läuft, haben wir dieses Jahr sogar zwei Versammlungen und es stehen sogar wieder Mitgliederratswahlen an. Es kommt zwangsläufig irgendwann Bewegung hier rein.

Tatsächlich kann da noch einiges in Fluss geraten…

Nochmal zurück zu Alex Wehrle: Ich verstehe nicht, warum man diese Zahlen – die ja eh bereits veraltet sind – nicht längst bekannt gegeben hat. Vor mir aus per Brief an alle Mitglieder. Wir haben als Mitglieder ein Recht darauf, zu erfahren, wie es um den Verein bestellt ist. Gerade in diesen Corona-Zeiten. Das nährt schon ein wenig den Verdacht, dass die Zahlen übler sind als befürchtet und dass man den Zeitpunkt der Veröffentlichung ganz bewusst nach hinten schiebt. Und wer weiß, ob Wehrle dann noch hier ist. Das Dementi nach den Gerüchten aus Stuttgart war für seine Verhältnisse ja äußerst leise und nach allen Seiten hin interpretierbar.

„Um die Zukunft meines und unseres 1. FC Köln mache ich mir natürlich Gedanken. Wir stecken im Prinzip seit dem Herbst 2017 in einer permanenten Führungskrise.“

Soviel zum Thema „entemotionalisiert“. Ich merke: Auch mit Abneigung gegen Geisterspiele und die aktuelle Situation scheinen dich die Dinge rund um den FC ordentlich zu beschäftigen, wie ich feststelle.

Nun ja, die Leidenschaft für seinen Verein verliert man ja nicht. Und ich mache mir eben sehr große Sorgen. Vor dem Abstieg merkwürdigerweise weniger, denn dafür haben wir trotz allem genug Substanz … und zum Glück Mannschaften hinter uns, die deutlich schlechter performen. Aber um die Zukunft meines und unseres 1. FC Köln mache ich mir natürlich Gedanken. Wir stecken im Prinzip seit dem Herbst 2017 in einer permanenten Führungskrise, die sich mal mehr, mal weniger auswirkt. Diese Führungskrise umfasst alle: Vorstand, die komplette Geschäftsführung und auch die Gremien, denn leider hat auch der Mitgliederrat mit der Auswahl zu den Vorstandswahlen ziemlich danebengelegen. Wir müssen das als Verein unbedingt in den Griff kriegen, brauchen neue Ansätze, eine neue Struktur und auch sicher irgendwann neue Köpfe. Aber eines nach dem anderen, zunächst mal gilt es den Abstieg zu verhindern. Das wird sicher noch ein Nervenspiel, welches wir hoffentlich ohne Relegation für uns entscheiden werden. Langweilig wird es sicher nicht, auf allen Ebenen.

Danke für das Gespräch.

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