Iago: "Habe mich immer auf die Heimspiele gefreut" | OneFootball

Über fünf Wochen fehlte Linksverteidiger Iago dem FC Augsburg, eine schmerzhafte Fußprellung setzte ihn außer Gefecht. Das könnte sich aber gegen die Überraschungsmannschaft aus Stuttgart ändern, denn der am Saisonende scheidende Brasilianer hat am Dienstag erstmals wieder am Mannschaftstraining teilgenommen. Fünf Jahre spielte Iago insgesamt für den FCA, wir haben ihn zum letzten Interview mit dem Stadionkurier getroffen.

Dein Abschied steht nach dieser Saison leider bereits fest. Warum hast du dich so früh festgelegt? In erster Linie gehe ich wegen meiner Familie zurück nach Brasilien. Meine Frau und ich leben zwar mit unseren beiden Kindern mitten in Augsburg in der Maximilianstraße und die Stadt gefällt uns auch sehr gut, aber letztendlich ist es für sie sehr wichtig, wieder mit Menschen aus unserer Heimat Kontakt zu haben. Wegen der Sprachbarriere ist sie in all den Jahren nie wirklich hier angekommen und wir wissen alle: Happy wife, happy life!

Viele Fans sind traurig, dass du den FCA verlässt. Wie ist deine Gemütslage? Unsere Kinder sind beide in Augsburg geboren und gerade seit dem Trainerwechsel läuft es ja auch sportlich richtig gut für mich. Es macht großen Spaß, weil die Stimmung in der Kabine und im Team immer sehr positiv ist. Trotzdem muss man in einer Ehe Kompromisse machen und ich freue mich natürlich auch auf die nächsten Jahre beim EC Bahia. Es bedeutet mir aber sehr viel, dass ich oft von den Leuten auf der Straße mit der Bitte hierzubleiben angesprochen werde.

Dein neuer Klub EC Bahia steht nach fünf Spieltagen derzeit auf dem zweiten Tabellenplatz in der brasilianischen Série A. Warum Bahia, gibt es eine persönliche Verbindung? Das nicht, aber der Klub gehört zu der Gruppe mit Manchester City oder Girona. Hier soll ein großes Projekt entwickelt werden und wenn alle gut arbeiten, dann ist es nicht unrealistisch, dass man in zwei bis drei Jahren zu den besten drei brasilianischen Mannschaften gehört. An diesem Ziel möchte ich gerne mit aller Kraft mitarbeiten.

Stimmt es eigentlich, dass du erst Stürmer warst und dann zum Verteidiger umfunktioniert wurdest? Das ist richtig, ich hatte einen Trainer in Brasilien, der mir gesagt hat, dass ich als Linksverteidiger bessere Chancen im Profifußball haben würde. Ich habe also die Position gewechselt und es so immerhin in die Bundesliga geschafft. Ich mag den Job auf der linken Außenbahn und kann sagen, dass mein damaliger Coach wohl nicht ganz daneben lag.

Fünf Jahre Deutschland, was hat dir in dieser Zeit am besten gefallen? Im Sommer ist es richtig schön hier in Deutschland, leider sind aber halt die Winter ziemlich lang, nass und kalt. Auch an das Essen musste ich mich erstmal gewöhnen, aber glücklicherweise gibt es in Augsburg zwei Churrascarias, eine in Pfersee und noch eine in Haunstetten. Gerade das Copacabana Steakhaus in Haunstetten ist für mich ein Stück Heimat. Jeden Samstag gibt es da brasilianische Musik und all you can eat, kann ich jedem Fleischliebhaber nur empfehlen.

Du hattest eine recht turbulente Zeit bei deiner ersten Station im Ausland, besonders Corona war für alle schwer. Oh ja, die lange Trennung von meiner Familie in dieser Zeit war schon sehr hart für mich. Man darf auch nicht vergessen, dass ich vor fünf Jahren als Kind aus meiner Heimat hierhergekommen bin. Jetzt habe ich selbst Kinder, bin verheiratet und in Augsburg erwachsen geworden. Auch wenn diese Jahre nicht immer einfach waren, so haben sie mir doch sicher dabei geholfen, ein verantwortungsvoller Ehemann, Familienvater und Mensch zu werden. Und auch sportlich habe ich mich weiterentwickelt, gerade seit Jess Thorup hier Trainer ist.

Wenn du vor deiner Entscheidung für Brasilien gewusst hättest, wie sich das Sportliche beim FCA unter Jess Thorup entwickelt, wäre dein Entschluss genauso ausgefallen? Ganz ehrlich, es wäre deutlich schwieriger gewesen, am Ende hätte ich aber wohl dieselbe Entscheidung getroffen, weil ich es meiner Familie schuldig bin.

Insgesamt 99 Bundesliga-Spiele und sechs im DFB-Pokal stehen auf deiner Bilanz. Kannst du dich noch an dein erstes Tor erinnern? Klar weiß ich das noch, das Tor fiel am 13. Dezember 2019 in Hoffenheim. Meine Freude über das erste Tor in Deutschland war zwar groß, das Spiel haben wir am Ende trotzdem 2:4 verloren. Ich weiß übrigens auch noch, dass ich mein letztes Tor gegen Wolfsburg geschossen habe. Und ich weiß noch, dass mein erstes Spiel gegen Leverkusen war, wenn alles gut läuft, wird gegen Bayer auch mein letztes FCA-Spiel sein. So schließt sich ein Kreis.

Kommt noch ein Tor dazu? Muss! Vielleicht kann ich mich am Freitag gegen den VfB Stuttgart in meinem 100. Spiel sogar mit einem Tor von den tollen FCA-Fans verabschieden.

Was bedeuten die Fans für dich? Ich sage das jetzt nicht nur, weil ich es sagen muss, aber die FCA-Fans haben in den letzten fünf Jahren nicht immer nur Knallerspiele von uns gesehen. Trotzdem stehen sie immer hinter ihrem Klub und sind so unglaublich laut, dass ich mich immer besonders auf unsere Heimspiele gefreut habe. Ich möchte mich also mit einem großartigen Spiel von ihnen verabschieden, wenn mir dann noch ein Tor gelingt, wäre das die Krönung.

Du hast insgesamt sieben Spiele für die brasilianische U20 und U23 gespielt. Gerade für euch Brasilianer spielt die Seleção eine ganz besondere Rolle. Es ist das Größte für jeden brasilianischen Fußballspieler, für seine Nationalmannschaft auflaufen zu dürfen. Wenn es mir gelingt, mit guten Leistungen beim EC Bahia zu überzeugen, dann geht vielleicht sogar noch eine Türe für mich auf. Diesen Traum habe ich noch nicht aufgegeben, schließlich bin ich erst 27 Jahre alt.

Du hast auch die italienische Staatsangehörigkeit. Hat dich die italienische Serie A nie gereizt? Ich hatte tatsächlich noch nie einen intensiven Kontakt zu italienischen Teams und auch nicht wirklich den Plan, irgendwann in der Serie A aufzulaufen. Wenn ich überlege, welche Mannschaft ich dort am liebsten mag, dann wäre das wohl der AC Milan. Aber wie gesagt, die nächsten drei Jahre spiele ich für den EC Bahia.

Mit dem VfB gastiert das Überraschungsteam der Saison in Augsburg. Das Hinspiel gewannen die Württemberger klar 0:3, du hast damals wegen einer Verletzung am Oberschenkel nicht gespielt. Umso wichtiger, dass ich dabei mithelfe, diesmal ein besseres Ergebnis zu erzielen. Ja, letztes Jahr war Stuttgart in der Tabelle hinter uns, diese Saison spielen sie einen mitreißenden Fußball und haben sich bereits für Champions League qualifiziert. Aber wir treten zuhause an und wenn Mannschaft und Fans zusammenhalten, dann werden wir uns am Ende einer guten Saison mit einem Sieg voneinander verabschieden.