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·23. November 2024
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Es ist eines der traditionsreichsten Spiele im deutschen Fußball. Ein Duell, das es in der 2. Bundesliga eigentlich gar nicht geben dürfte. Doch wenn der FC Schalke am Samstagabend beim HSV gastiert, geht es um so viel mehr als nostalgische Erinnerungen an die Vergangenheit. Für beide Teams könnte die Partie nicht richtungsweisender sein.
In was für einer rasenden Geschwindigkeit sich die Stimmung rund um einen Traditionsverein mit großem Medienecho um 180 Grad drehen kann, lässt sich an den vergangenen Wochen des Hamburger SV vortrefflich beobachten. Nach dem souveränen Doppelsieg über die Top-Teams aus Düsseldorf und Magdeburg wähnten sich die Rothosen voll im Soll und unter Steffen Baumgart auf dem richtigen Wege. Endlich sei die nötige und in den letzten Jahren fast immer fehlende Konstanz beim ehemaligen Bundesliga-Dino eingekehrt, so der Tenor nach nur einer Niederlage aus den ersten neun Saisonspielen.
Doch die verbliebenen drei Partien vor der Länderspielpause setzte der mittlerweile zum Zweitliga-Primus verkommene Traditionsverein aus der Hansestadt mal so richtig in den Sand. Auf einen indisponierten Auftritt in Elversberg samt 2:4-Niederlage folgte ein glückliches 1:1 gegen den FC Nürnberg, wobei die Klose-Schützlinge den HSV in weiten Teilen des Spiels sogar dominierten. Abgerundet wurden die Hamburger Wochen des Grauens dann von der blamablen 1:3-Pleite im kleinen Nord-Derby gegen Eintracht Braunschweig. Die gute Stimmung der Vorwochen war wie weggeblasen, auch Steffen Baumgart saß auf einmal nicht mehr fest im Sattel. Zwar will Sportvorstand Stefan Kuntz zunächst am polarisierenden 52-Jährigen festhalten, doch laut Sky-Informationen steht der Hamburger Übungsleiter in den kommenden Wochen unter genauer Beobachtung.
Zwei Wochen hatte Baumgart nun Zeit, um das zuletzt wankende HSV-Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Dabei geizte der gebürtige Rostocker nicht mit Intensität und ließ seine Spieler nur einen Tag nach dem Testkick gegen Twente Enschede 1.000-Meter-Läufe nahe des Volksparkstadions absolvieren, die mit einer anschließenden Einheit im Kraftraum abgerundet wurden. Es sind also Magath-Methoden, mit denen der ehemalige Effzeh-Coach die dringend benötigte Trendwende herbeiführen will.
Der Begegnung gegen Schalke kommt dabei hinsichtlich des weiteren Saisonverlaufs eine absolute Schlüsselrolle zu. Die Rothosen befinden sich derzeit am tabellarischen Scheideweg, sind von Platz eins genau soweit entfernt wie von einem möglichen Absturz auf Rang zwölf. Innerhalb eines Spieltags kann jegliches dieser Szenarien eintreten, das macht die außergewöhnlich enge Tabellenkonstellation in der 2. Bundesliga möglich.
(Photo by Cathrin Mueller/Getty Images)
Es liegt also mächtig Druck auf dem Kessel des Volksparkstadions, das am Samstagabend wieder einmal restlos ausverkauft sein wird. „Für solche Spiele lebst du als Fußballer“, befand auch Davie Selke im Podcast Copa TS von Tommi Schmitt. Dass die Topspiel-Paarung Hamburg gegen Schalke noch immer Glanz versprüht und eher nach Kampf um die Champions-League-Plätze als nach Zweitliga-Tagesgeschäft klingt, rückt angesichts der überbordenden Wichtigkeit dieser Partie allerdings in den Hintergrund.
Der gegen die Königsblauen im Unterhaus fast durchweg positiven Bilanz hingegen dürfte die Hanseaten schon eher eine Bedeutung zumessen. Von vier Aufeinandertreffen gewannen die Norddeutschen drei, lediglich einmal sicherte sich S04 einen Punktgewinn. Aus Schalker Sicht datiert der letzte Sieg gegen den HSV vom 19. November 2017, als der damalige Dino schon dem ersten Abstieg seiner Vereinsgeschichte entgegen taumelte und die Knappen ihrerseits Kurs auf die Vizemeisterschaft nahmen.
Vielleicht auch angesichts dieser Zahlen gibt sich Baumgart vor dem für ihn so richtungsweisenden Duell betont gelassen. „Ich versuch da klar durchzugehen, bei mir zu bleiben“, erklärte der 52-Jährige: „Es ist ja nicht so, dass wir komplett danebenliegen, was wir an Ideen haben. Wir haben die letzten Ergebnisse nicht eingefahren.“ Dennoch musste auch Baumgart eingestehen, dass seine Mannschaft zuletzt „so ein bisschen den Faden verloren habe“. Von einer besonders außergewöhnlichen Drucksituation will der HSV-Coach trotz allem nichts wissen: „Schalke hat auch Druck auf dem Kessel. Bei beiden Vereinen hast du nur Gegenwind.“
Und damit liegt Baumgart nicht gerade falsch. Noch immer gestaltet sich die Situation auf Schalke gänzlich anders als an der Waterkant. Trotz vier Punkten aus den vergangenen zwei Partien stecken die Königsblauen knietief im Tabellenkeller, der Vorsprung auf einen direkten Abstiegsplatz beträgt lediglich zwei Zähler. Dennoch wollen die Gelsenkirchener das positive Grundgefühl aus dem 2:0-Sieg über den SSV Jahn Regensburg mit nach Hamburg nehmen, wo sich der Tabellenvierzehnte keineswegs in der Favoritenrolle befindet.
„Uns erwartet ein ganz anderes Spiel als zuletzt gegen Regensburg“, stellte auch Trainer Kees van Wonderen im Vorfeld der Begegnung klar. „Wir haben einen Plan, wie wir die Aufgabe in Hamburg angehen wollen. Uns erwartet eine große Herausforderung – aber die nehmen wir gerne an.“ Dabei könnte vor allem die bislang so wackelige Defensive zum entscheidenden Faktor werden. Gegen den SSV Ulm und beim Heimsieg gegen Regensburg wahrten die Knappen erstmalig in dieser Spielzeit eine weiße Weste.
Doch für 90PLUS-Redakteur und Schalke-Experte Till Gabriel bieten die vergangenen beiden Partien nur wenig Anlass für Optimismus. „Gerade gegen Gegner mit der individuellen Klasse des HSV dürfte es fatal sein, sich auf die bröcklige Defensive zu stützen“, prognostiziert Gabriel und empfiehlt den Königsblauen daher einen mutigen Spielansatz: „Die Aufgabe wird sein, den HSV selbst in der Defensive zu fordern, hoch und mutig anzulaufen, denn dort sind die Hanseaten verwundbar.“ Ein solcher Matchplan stelle jedoch „einen gewaltigen Bruch mit van Wonderens Art, Fußball spielen zu lassen dar.“
Als Lichtblicke hingegen bezeichnet Gabriel die Eigengewächse Taylan Bulut (18) und Max Grüger (19), die sich zuletzt mit ansehnlichen Leistungen in die Stammelf gespielt haben. Der Schalke-Kenner attestiert insbesondere Grüger ein Alleinstellungsmerkmal, da dieser im Gegensatz zu den anderen Mittfeldspielern mit seiner Ruhe am Ball und seiner stetigen Anspielbarkeit heraussteche. Auch bei Rechtsverteidiger Bulut führe der Weg auf Sicht „fast zwangsläufig in die Bundesliga.“
Doch erst einmal müssen sich die Youngster auf der vielleicht größten Bühne beweisen, welche die 2. Bundesliga zu bieten hat. Wenn Schalke am Samstagabend bei Flutlichtatmosphäre im Hamburger Volksparkstadion gastiert, werden weite Teile Fußball-Deutschlands gebannt gen Hansestadt blicken. Die Namen sind beider Vereine sind zu groß, die Bedeutung der Begegnung für den weiteren Saisonverlauf noch viel größer. Vielversprechendere Rahmenbedingungen für ein Spiel kann es also kaum geben.
(Photo by Cathrin Mueller/Getty Images)
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