
Rund um den Brustring
·19. Mai 2025
Happier End

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·19. Mai 2025
Der VfB krönt mit dem ersten Auswärtssieg in Leipzig seinen Liga-Schlussspurt und kann mit breiter Brust ins Pokalfinale gehen. Nicht nur der Kopf, sondern auch die Beine scheinen bereit zu sein für das große Spiel.
Auf Platz 9 laufen die Brustringträger über die Ziellinie dieser Bundesliga-Saison. Mehr Mittelmaß als dieser erste Tabellenplatz der oberen Tabellenhälfte geht eigentlich gar nicht. Wer aber in ferner Zukunft beim Blick auf die Abschlusstabelle 2024/2025 eine langweilige Saison in der Bedeutungslosigkeit vermutet, könnte sich nicht mehr irren: Die Mannschaft flog erst ziemlich hoch, stand im Winter auf einem Champions-League-Platz, ging dann in den Sinkflug, arbeitete sich aber zum Saisonende wieder zurück nach oben. Nach zwei zu-Null-Siegen gegen Konkurrenten aus dem Tabellenmittelfeld ließ sich die Mannschaft auch von zwei ärgerlichen Rückständen gegen eine Mannschaft mit höheren Ambitionen nicht zurückwerfen und setzte am Ende mit dem ersten Sieg in der Brausefabrik in Salzburg-Nord noch ein Ausrufezeichen.
Dabei verleitet keines der letzten drei Spiele irgendjemanden dazu, übermütig zu werden und mit blindem Optimismus ins Pokalfinale zu gehen. Das 2:1 durch Ridle Baku war einfach wieder eines dieser Gegentore, die sich in dieser Saison scheinbar nicht verhindern lassen. Bei der frühen Führung durch Xavi Simons war der VfB mal wieder nicht wach genug. Die Siege gegen Augsburg und St. Pauli muss man auch unter dem Vorbehalt sehen, dass beide Gegner lange in Unterzahl spielten. Und trotzdem gelangen der Mannschaft in diesen drei Spielen insgesamt acht Tore und vor allem die Offensivspieler kommen zum Ende der Saison hin Richtung in Fahrt: Nick Woltemade traf drei Mal, Ermedin Demirovic steuerte zwei Treffer bei, Enzo Millot und Deniz Undav je einen. Das Spiel gegen Bielefeld am Samstag wird trotzdem kein Spaziergang, aber die Mannschaft hat, gerade noch rechtzeitig, die richtigen Schuhe für den Aufstieg zum Gipfel — dem ersten Titel seit 2007 — gefunden. Und dass sogar ohne Mittelfeldregisseur Angelo Stiller, dessen Heilungsverlauf uns voraussichtlich die ganze Woche beschäftigen wird.
Ich bin, fünf Tage vor dem Spiel immer noch verdammt nervös. Rechnet man mal die Zweitliga-“Meisterschaft” und den albernen Supercup raus, den ja eh die Leverkusener Märchenmannschaft gewinnen sollte, kommt man als VfB-Fan mit Finalspielen, Titelchancen und Trophäen nur sehr selten in Berührung. 2007 erwartete eigentlich jeder von uns das Double, nach der Meisterschaft — heute vor 18 Jahren — konnte man die Finalniederlage gegen Nürnberg aber noch irgendwie verkraften. 2013 war das Finale schon das Höchste der Gefühle und es hätte schon sehr viel zusammen kommen müssen, damit eine sich schon im langsamen Siechtum befindliche VfB-Mannschaft am Ende den Pott in die Höhe gereckt hätte. Aber dieses Mal haben wir nicht nur eine realistische Chance auf den Titel, nein, wir brauchen ihn auch. Natürlich wäre das für die Arminia ein noch größerer Erfolg, aber wir brauchen diesen verdammten Pokal!
Schließlich war es nur den eben genannten Leverkusenern geschuldet, dass sich der VfB für seine beste Saison seit Menschengedenken “nur” mit der Vizemeisterschaft und dem Einzug in die Champions League belohnen konnte. Jahrelang konnten wir von solchen Höhen nur träumen verblasste das Bild von VfB-Kapitän Frank Verlaat, der am 14. Juni 1997 den Pokal in den Berliner Himmel reckt, immer mehr. Der Pokalsieg wäre ein verspäteter Lohn für die Saison 2023/2024 und, neben der damit verbundenen erneuten Qualifikation für Europa, eine Wohltat für die über ein Jahrzehnt geschundene VfB-Seele. Ich habe es schon vor ein paar Wochen geschrieben: Der VfB ist normalerweise nicht gut darin, Chancen zu nutzen. Aber diese müssen wir unbedingt ergreifen. Für den VfB, für diese immer noch großartige Mannschaft, für uns alle!
Titelbild: © Maja Hitij/Getty Images