"Geisteskranker" FCS in Ekstase: "Jetzt wollen wir nach Berlin" | OneFootball

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·13. März 2024

"Geisteskranker" FCS in Ekstase: "Jetzt wollen wir nach Berlin"

Artikelbild:"Geisteskranker" FCS in Ekstase: "Jetzt wollen wir nach Berlin"

Der Wahnsinn hat einen Namen: 1. FC Saarbrücken! Mit Borussia Mönchengladbach warfen die Saarländer am Dienstagabend sensationell den dritten Bundesligisten aus dem DFB-Pokal und stehen damit zum zweiten Mal in Folge im Halbfinale. Zu Ende soll die Reise dort aber noch nicht sein, nun wollen die Blau-Schwarzen erstmals in ihrer Vereinsgeschichte ins Endspiel.

Siegtor in der Nachspielzeit

Unfassbar! Irre! Völlig verrückt! Die Protagonisten beim 1. FC Saarbrücken überboten sich nach Schlusspfiff gegenseitig in Superlativen. Was sie jedoch alle einte: so richtig fassen konnte es noch niemand. "Einfach geisteskrank", sagte Kai Brünker im "ZDF"-Interview, nachdem der Stürmer in der dritten Minute der Nachspielzeit das Siegtor erzielt hatte – mit seinem ersten Torschuss! Ein gigantischer Jubel auf dem Platz und den Rängen war die Folge. "Wir sind nur dem Ball hinterhergerannt, hatten uns vorgenommen, ein paar Nadelstiche zu setzen. Dass es dann wieder 90.+3 wird, ist einfach Wahnsinn", war der 29-Jährige völlig fertig. "Fuck, was für ein Kampf, sorry für die Ausdrucksweise. Aber ich bin einfach mega glücklich über die Mannschaft, wie sie geackert hat."


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Wenig überraschend wurde Brünker zum "Man of the Man" gekürt, befand aber: "Jeder Einzelne hat die Trophäe verdient. Das sind echt krasse Mentalitätsmonster. Ich bin absolut stolz auf jeden. Einfach Wahnsinn, ich könnte losheulen." Obwohl sich der FCS im zweiten Durchgang einer drückenden Überlegenheit der Gladbacher ausgesetzt sah, "haben wir bis zum Schluss daran geglaubt. Dass der Ball dann so kommt, ist überragend. Besser geht es nicht. Wir haben die letzten Kräfte rausgeholt."

"Völlig, völlig irre"

Selbst der sonst so sachliche Rüdiger Ziehl ging im Anschluss aus sich heraus: "Unfassbar und völlig, völlig irre", musste der FCS-Coach erstmal realisieren, dass seine Mannschaft tatsächlich erneut die Sensation geschafft hatte. "Dass wir in der Nachspielzeit noch einen Konter setzen und dass drei Spieler mitlaufen, war nicht vorhersehbar und ist unfassbar", strahlte Ziehl. "Das war ein ganz, ganz hartes Stück Arbeit. Wir wollten vorne attackieren, sind dann aber in viele Konter gelaufen", schilderte der 46-Jährige die Geschehnisse der wilden Anfangsphase, in der Gladbach nach sieben Minuten zunächst in Führung ging (8.), ehe der FCS über Naifi umgehend ausgleichen konnte (11.). "Ich musste die Mannschaft bremsen. Es war mir zu wild, dass ein Erstligist gegen uns kontert."

Ab der 20. Minute waren die Saarländer deutlich defensiver und ließen kaum noch etwas zu, konnten aber gerade in der zweiten Halbzeit kaum noch für Entlastung sorgen. "Alle waren stehend K.o., Brünker hätte eigentlich ausgewechselt werden müssen. Er konnte nicht mehr gehen." Entsprechend habe Ziehl nicht mehr damit gerechnet, dass noch der Lucky Punch gelingen würde. "Dass wir das dann geschafft haben, ist wirklich Wahnsinn und spricht für den Willen der Mannschaft. Wir waren echt an der Grenze." Auch der Platz, der mit zunehmender Spieldauer immer schlechter wurde, spielte dem FCS in die Karten, wobei Ziehl meinte: "Von außen war es schon schlimm. Aber wenn man jetzt draufgeht, ist er eine Katastrophe."

"Wenn du das nicht genießt, kannst du aufhören"

In der Verlängerung wäre es wohl schwierig geworden – zum einen im Hinblick auf die Kraft, zum anderen was die Platzverhältnisse angeht. "Wir haben die Bedingungen angenommen," sagte Patrick Sontheimer. Zum dritten Mal nach den Partien gegen Karlsruhe und Bayern München das Siegtor in der Nachspielzeit erzielt zu haben, "passt zu unserer Reise. Besser kann man es sich nicht ausmalen". Fand auch Kapitän Manuel Zeitz: "Ich bin verdammt stolz. Wir mussten verdammt viel leiden und hatten in der ersten Halbzeit verdammt viel Glück."

Der FCS habe "kein gutes Spiel" gemacht und sei in der zweiten Halbzeit kaum in der Gladbacher Hälfte gewesen. Dass es dann ausgerechnet in der Nachspielzeit geklappt hat, sei "unfassbar und surreal". Oder wie es Marcel Gaus formulierte: "Geiler geht es nicht, das kann man mit Geld nicht bezahlen, dafür spielt man Fußball." Noch am späten Abend ging es zum Feiern in die Stadt: "Das eine oder andere Bierchen werden wir trinken. Solche Momente muss man einfach genießen. Wenn du das nicht genießt, kannst du aufhören."

Berlin als Ziel

Aufhören soll die Pokal-Reise des 1. FC Saarbrücken auch im Halbfinale nicht, wo es am 2. April im Derby gegen den 1. FC Kaiserslautern geht. "Wir stehen mit einem Bein in Berlin. Das peilen wir jetzt an. Wir wollen nach Berlin", rief Brünker vollmundig aus. Auch die Fans skandierten lautstark: "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin." Als Drittligist nach Berlin zu fahren, "ist eine einmalige Chance. Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll", so Zeitz. Gaus gab sich da schon etwas zurückhaltender und betonte, dass es vermessen sei, jetzt darüber nachzudenken. Auch, wenn das Olympiastadion natürlich eine Reise wert sei. "Wir sind dankbar und demütig. Wir haben es einfach verdient, jetzt im Halbfinale zu stehen."

Auch Ziehl trat auf die Bremse: "Jetzt denken viele, die sind ein Zweitligist, dann gewinnen wir sowieso. Wir wissen aber schon, wo wir in der Liga stehen und dass wir ein Drittligist sind. Wir freuen uns auf das Spiel, aber die Favoritenrolle ist klar verteilt." Als erst zweiter Klub der 2008 gegründeten 3. Liga nach Arminia Bielefeld (2014/15) hat der FCS den Einzug in die Runde der letzten vier Teams erreicht. "Das ist total unbeschreiblich, da fehlen einem die Worte. Das ist richtig krass." Sollte am 2. April auch gegen den FCK die große Überraschung gelingen, würde der FCS in zweifacher Hinsicht für ein Novum sorgen: Noch nie stand ein Drittligist (seit 2008) im Finale und auch der FCS hat es in seiner 121-jährigen Vereinsgeschichte bislang nicht ins Endspiel geschafft – trotz immerhin bereits vier Halbfinale-Teilnahmen. Doch in dieser Saison ist den Blau-Schwarzen alles zuzutrauen.

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