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·25. Juni 2025
Geis: "Nicht hier, um meine Karriere ausklingen zu lassen"

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·25. Juni 2025
Mit dem FC Sevilla spielte Johannes Geis in der Champions League gegen den FC Liverpool und Jürgen Klopp. Jetzt wechselte der 31-Jährige zu seinem Heimatklub 1. FC Schweinfurt in die 3. Liga. Mit liga3-online.de spricht Geis über Kontroversen über seine Karriere, positive und negative Entwicklungen im Fußball, seinen Bezug zur Stadt Schweinfurt und seine Rolle im Team des Aufsteigers aus der Regionalliga Bayern.
liga3-online: Sie spielen in der kommenden Saison für Aufsteiger 1. FC Schweinfurt. Wie kam es dazu, Herr Geis?
Johannes Geis: Nach dem Abstieg mit der SpVgg Unterhaching in die Regionalliga und dem gleichzeitigen Aufstieg von Schweinfurt in die 3. Liga hat sich die Vereinsführung sehr um mich bemüht. Dass der Klub nicht die größten finanziellen Mittel hat, ist kein Geheimnis. Aber es geht eben auch um mehr. Der Verein ist ambitioniert und hat viel vor. Ich bin nicht bloß hier, um meine Karriere ausklingen zu lassen, sondern will mit anpacken und die Erfolgsgeschichte mitschreiben.
Sie sind in Schweinfurt geboren. Welchen Bezug haben Sie zur Stadt?
Ein großer Teil meiner Familie lebt hier. Ob Onkel, Cousins oder meine Tante, die einen Friseursalon betreibt. Meine Eltern wohnen ganz in der Nähe, nur 20 Minuten entfernt von Schweinfurt. Ich habe in meinem Leben viel Zeit in der Stadt verbracht und es fühlt sich an wie ein nach Hause kommen.
Wie haben Sie die Entwicklung des Vereins in den letzten Jahren verfolgt?
Sehr aktiv. Der 1. FC Schweinfurt war eine gefühlte Ewigkeit nicht im Profibereich. Die Mannschaft ist zuletzt sehr eng zusammengewachsen und hat sich den Aufstieg verdient. Ich freue mich riesig für den Verein, aber auch für die gesamte unterfränkische Region, die um einen weiteren Profiklub reicher ist.
Bei der Bewertung Ihrer Karriere gibt es viele Kontroversen. Nachdem es lange bergauf ging und Sie mit dem FC Schalke 04 und dem FC Sevilla sogar international spielten, wechselten Sie danach zum 1. FC Köln und dann zum 1. FC Nürnberg, mit dem Sie lange in der 2. Bundesliga kickten. Zuletzt stiegen Sie mit der SpVgg Unterhaching aus der 3. Liga ab. Wie blicken Sie auf Ihre bisherige Laufbahn zurück?
Es hätte auch anders und noch besser laufen können. Aber insgesamt bin ich sehr stolz auf das, was ich erreicht habe und erleben durfte. Ich habe für große Vereine mit riesiger Strahlkraft wie den FC Schalke 04, den FC Sevilla und den 1. FC Köln gespielt, in Spanien stand ich in der Champions League gegen den FC Liverpool und Manchester United auf dem Platz. In Mainz hatte ich mit Thomas Tuchel einen der besten Trainer der Welt, der mir viel beibringen konnte. Außerdem durfte ich fünf Jahre für den 1. FC Nürnberg spielen. Wenn man mich als Kind gefragt hätte, ob ich genau diesen Weg gehen möchte, hätte ich sicher nicht Nein gesagt. Viele Fußballer träumen von einer solchen Karriere. Ich bin daher sehr dankbar für alles.
Was hätte beispielsweise besser laufen können?
Ich wäre rückblickend gerne länger in Sevilla geblieben. Der spanische Fußball hat zu dieser Zeit super zu mir gepasst. Aber es hat sich nicht ergeben und es blieb dann leider bei einem Jahr in Spanien.
Wie bewerten Sie generell die Entwicklung im oft schnelllebigen Fußballgeschäft?
Ich denke, dass man dieses Thema differenziert betrachten muss. Positiv ist, dass junge Spieler heutzutage mehr Chancen erhalten, sich zu beweisen. Sie können früher mit den Profis trainieren, Spielpraxis sammeln und sich so super entwickeln. Negativ ist sicher, dass es immer mehr nur noch um Geld und Business geht und uns die Menschlichkeit abhanden kommt. Die neue Klub-WM ist ein aktuelles Beispiel dafür. Und natürlich ist auch Social Media ein wichtiger Punkt. Instagram & Co. machen den Sport noch schnelllebiger und kommerzieller. Schon kleinere Fehltritte schlagen Wellen und jeder vergleicht sich mit jedem. Gesund ist das nicht – eine Veränderung ist aber wohl leider nicht in Sicht.
Im beschaulichen Schweinfurt mit etwas mehr als 50.000 Einwohnern können Sie dem schnelllebigen Trubel möglicherweise entfliehen. Wie groß ist die Vorfreude, das Abenteuer 3. Liga mit Ihrem Heimatverein anzugehen?
Ich freue mich riesig. Es kribbelt in der ganzen Stadt, und die Euphorie kennt keine Grenzen. Viele Spieler im Team haben noch nie in der 3. Liga oder höher gespielt und sind dementsprechend hungrig. Das Trainerteam um Victor Kleinhenz arbeitet sehr akribisch und schon die ersten Einheiten haben viel Spaß gemacht. Schön ist auch, dass meine Familie ab sofort alle meine Heimspiele live im Stadion verfolgen kann.
Wie wird Ihre Rolle im Team aussehen?
Ich möchte der Mannschaft mit meiner Erfahrung helfen. Es wird in Duellen mit Aachen, 1860 München, Essen oder Duisburg sicher auch mal lauter in den Stadien werden. Hier kann ich als Führungsspieler für positive Impulse sorgen. Aber nur weil ich mal Champions League gespielt habe, bin ich sicher nicht der Coolste. Oder der Beste. Die Mannschaft hat sich die 3. Liga mit einer tollen Saison in der Regionalliga verdient und ich will mich demütig in das Team einfügen.
Was haben Sie noch für Karriereziele?
Jetzt möchte ich mit Schweinfurt erst einmal die Klasse halten und meinen Teil dazu beitragen, dass der Verein deutschlandweit wieder mehr Aufmerksamkeit erhält. Die Konstellation mit mehr als 70 Prozent fränkischen Spielern ist schon außergewöhnlich. Außerdem hoffe ich, weiter von großen Verletzungen verschont zu bleiben. Dass ich bis hierhin keine längeren Ausfallzeiten hatte, ist nicht selbstverständlich. Insgesamt will ich einfach meine Karriere mit einem guten Gefühl beenden.
Schweinfurt wird also Ihre letzte Station sein?
Das ist gut möglich. Es fühlt sich wie gesagt schön an, nach Hause zu kommen. Vielleicht folgt hier der sinnvolle Abschluss einer ereignisreichen Lebensphase. Und möglicherweise bleibe ich danach auch noch im Verein und starte in die Zeit nach meiner Karriere. Aber Stand heute ist das Zukunftsmusik – noch möchte ich ein paar Jahre selbst auf dem Platz stehen.