Fußball, so grausam und schön: Dieser CL-Finalist hat zuletzt alles erlebt | OneFootball

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Selina Eckstein·10. Juni 2023

Fußball, so grausam und schön: Dieser CL-Finalist hat zuletzt alles erlebt

Artikelbild:Fußball, so grausam und schön: Dieser CL-Finalist hat zuletzt alles erlebt

„Fußball ist grausam.“ So eine Aussage trifft ein Profisportler nicht einfach so. Es muss etwas passiert sein. Etwas, wodurch die ganze Aufmerksamkeit auf dich gelenkt wird. So war es auch bei André Onana, der heute um den Gewinn der Champions League spielen wird.

Die Weltmeisterschaft in Katar ist zwar noch nicht so lange her, aber für Inters Keeper wird sie für immer in Erinnerung bleiben. Allerdings nicht im positiven Sinne. „Ich kann mit Stolz sagen, dass ich meinen großen Traum verwirklicht habe“, schrieb Onana in einem Social-Media-Statement im April: „Aber jede Geschichte, egal wie schön sie ist, hat ein Ende.“ Damit gab er seinen Rücktritt aus Kameruns Nationalmannschaft bekannt.


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Doch was war passiert? Bei der WM wurde der 27-Jährige suspendiert. Es soll Streit mit dem Trainer gegeben haben, berichten mehrere Medien. Nach dem 3:3 gegen Serbien sagte Rigobert Song dazu: „André wollte da ausscheren.“ Das Team stünde bei ihm als Coach im Vordergrund, bei Onana soll das nicht der Fall gewesen sein, führte Song aus.

Diese Vorwürfe ließ er nicht auf sich sitzen, es folgte ein Statement auf seinen Social-Media-Kanälen: „Ich habe mich immer gut verhalten, um die Mannschaft zum Erfolg zu führen.“ Er habe versucht, eine Lösung für eine Situation zu finden, „die ein Fußballer öfter erlebt. Aber es gab auf der Gegenseite keinen Willen dazu.“

Bis heute ist nicht ganz klar, was damals passiert ist. Verbandspräsident Samuel Eto’o hatte noch versucht zu schlichten, doch vergeblich. Der Verband stellte sich auf die Seite des Trainers und beendete damit indirekt die Nationalmannschafts-Karriere von Onana.

Ja, Fußball kann eben manchmal grausam sein. Doch diese Erkenntnis hatte der 1,90 Meter große Torhüter schon viel früher. Wegen einer Tablette für Schwangere wurde er von der Uefa für neun Monate als Spieler gesperrt. Was sich im ersten Moment ziemlich kurios anhört, ist aber natürlich trotzdem möglich. Deshalb sperrte ihn die Uefa auch. „Gesetz ist Gesetz“, das verstand auch Onana, wie er im Interview mit der spanischen ‚Sport‘ im Dezember 2021 sagte. Da war seine Sperre gerade zu Ende gegangen.

Die Zeit zuvor sei sehr hart für ihn gewesen, verriet er außerdem. Doch was hatte eine Schwangerschaftstablette mit der Sperre zu tun? Onana verwechselte die Tablette seiner Frau mit seiner eigenen. Kurz darauf musste er zur Dopingkontrolle. Ergebnis: positiv.

Eigentlich hätte er zwei Jahre gesperrt werden sollen. Doch die Uefa glaubte dem damalige Ajax-Keeper, dass er nicht absichtlich gedopt hatte und es wurde nachgewiesen, dass die Pille die Leistung eines Sportlers auch nicht verbessert. So wurden es „nur“ neun Monate, in denen er nicht spielen durfte. Für Fußballer trotzdem eine verdammt lange Zeit.

„Es war schwierig, meinen Mitmenschen zu erklären, dass ich – der nie getrunken oder geraucht hat – beschuldigt werde, Drogen zu nehmen. Es war sehr schwierig, weil sie es nicht verstanden“, blickte er zurück. Hier zeigte sich, wie grausam sich der Fußball aufs Private auswirken kann.

Ans Aufhören dachte Onana trotzdem nicht. „Ich habe mein ganzes Leben auf diesen Sport gesetzt. Damit ich mit dem Fußball aufhöre, müsste mir schon etwas wirklich Schlimmes passieren.“

Onanas Geschichte zeigt eben auch, wie schnell es im Fußball wieder nach oben gehen kann. Vor nur einem Jahr wechselte der Keeper zu Inter, nachdem er bei Ajax meist nur noch auf der Bank gesessen hatte. Während seiner Sperre hatten sie sich einen neuen Torhüter gesucht. Mit seinem Transfer nach Italien machte Onana aber alles richtig. Er fand zu alter Stärke zurück und zwölf Monate später steht er im Finale der Champions League. Manchmal kann Fußball eben auch einfach schön sein.

Er hat alle Widerstände, die auf ihn zukamen, abgewehrt. Genau so, wie er in dieser CL-Saison schon viele Chancen parierte. 45 waren es bis jetzt. In fünf von sechs K.o.-Spielen hielt er die Null fest. Ein Torchancen-Zerstörer, das wissen auch Milan und Porto, die sich die Zähne ausbissen. Ballgefühl bewies er nebenbei auch, hier kommt der Beweis.

Einzig Benfica konnte Onana in einer Partie überwinden und ihm gleich drei Tore einschenken. Vielleicht sollte sich ManCitys Abteilung für Gegneranalyse noch mal dieses Spiel genau anschauen. Doch, ob das helfen wird? Denn was in keiner Gegneranalyse zu finden ist: Onana hat jedem Spieler in Citys Starensemble eine ganz wichtige Sache voraus. Er wird jede Minute des CL-Finals voll auskosten. Nach allem, was er zuletzt durchgemacht hat, dürfte er positive Erlebnisse nochmal deutlich mehr zu schätzen wissen.

Und eine positive Erfahrung wird es für André Onana heute Abend auf jeden Fall werden. Ganz ergebnisunabhängig. Egal, ob Haaland ihm acht Tore einschenkt oder einen 200er Pack macht, denn das wichtigste ist, er darf endlich wieder spielen. Vielleicht kommt am Ende aber auch alles ganz anders als man vor dem Spiel denkt. Vielleicht gelingt Inter mit Onana die Überraschung. Denn wir erinnern uns: Jede schöne Geschichte hat mal ein Ende. Vielleicht sogar ein Happy End.