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·21. März 2023
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·21. März 2023
Champions-League-Nächte im Parc des Princes! Die Frauen des VfL Wolfsburg treffen im Viertelfinale auf Paris Saint-Germain. Die Gegnerinnen aus Paris kennen sich mit dem Wettbewerb aus und sind alles andere als Laufkundschaft. Der Vergleich.
Bis vor Kurzem konnten Wolfsburg-Fans noch von einer Saison ohne Niederlage träumen - das allein zeigt, wie erfolgreich der VfL bisher ist. Inzwischen ist dieser Traum dahin, Wolfsburg verlor verdient in der Frauen-Bundesliga gegen Hoffenheim. Dennoch ist die Elf von Tommy Stroot in der Bundesliga Spitzenreiter und steht im DFB-Pokal im Halbfinale. Das Gros ihrer Spiele gewannen die Wolfsburgerinnen diese Saison locker.
Aber von einem 5:0 gegen Meppen kann man sich noch keinen Titel kaufen, und die heiße Phase der Saison fängt gerade erst an. An den Leistungen gegen Paris, Bayern und Co. wird der VfL am Ende gemessen werden. Bisher bestritt Wolfsburg drei wirkliche Topspiele: Das Hinspiel in der Bundesliga gegen Bayern sowie die Duelle gegen Rom in der Champions League. In diesen Spielen gelang es den Wölfinnen noch nicht zu hundert Prozent, ihre beste Leistung abzurufen. Am Ende setzten sie sich oft dank ihrer Ausdauer, Kaderbreite und Mentalität trotzdem durch - Eigenschaften, die auch für die kommenden Wochen wichtig werden.
Es gibt mehrere Arten, die Saison von Paris Saint-Germain bisher zu erzählen. Die erste ist eine Erfolgsstory: Trotz der Verletzung des großen Stars Marie-Antoinette Katoto sind die Pariserinnen in der Liga noch ungeschlagen. Im Pokal stehen sie im Halbfinale, in der Champions League überstanden sie die Hammergruppe mit Chelsea und Real. C'est parfait, alors!
All das stimmt, aber es gibt auch noch eine andere Geschichte dahinter. Viele von Paris' Siegen in der Liga waren äußerst knapp, gerade zu Beginn der Saison hatten sie oft mehr Glück als Verstand. Im Winter etwa gewannen sie viermal hintereinander knapp mit 1:0 - Glanz sieht anders aus. Ein gutes Pferd springt nur so hoch wie es muss, das scheint das Motto der Pariserinnen bisher. Aber in den Spielen gegen einen wirklich großen Gegner in der Champions League, Chelsea, hatte PSG wenig Chancen. Wie gut die Elf von Gerard Prêcheur also wirklich ist, ist schwer zu sagen.
Steht für den Erfolg des VfL: Alexandra Popp / Mika Volkmann/GettyImages
Der VfL Wolfsburg ist eine Größe im internationalen Frauenfußball. In den letzten zehn Jahren war es den Wölfinnen fast immer zuzutrauen, dass sie um den Titel mitspielen. Das allein spricht schon für die konstant gute Arbeit, die am Mittellandkanal geleistet wird. Wolfsburg durfte den Henkelpott bisher zweimal stemmen, das letzte Mal im Jahr 2014. Auch da spielte Alex Popp schon in der Sturmspitze - some things never change. Nach zuletzt drei Niederlagen im Finale gegen Olympique Lyonnais (2016, 2018, 2020) wollen die Wöfinnen mit einem breit besetzten Kader nun wieder ins Endspiel stürmen.
Wer die Nummer 1 in Frankreich ist, war lange Zeit glasklar: Olympique Lyonnais dominierte die Liga und zog auch international mit acht Champions-League-Triumphen alle Augen auf sich. PSG blieb dagegen lange im Schatten. Inzwischen haben sich die Kraftverhältnisse aber geändert und auch mit den Pariserinnen ist in der UWCL zu rechnen. Zweimal konnte PSG bereits ein Finale in der Champions League erreichen (2015 und 2017), verlor aber beide Endspiele.
In den letzten drei Jahren erreichte Paris je das Halbfinale - Wolfsburg wird also gewarnt sein. Ein anderes deutsches Team hat bereits schlechte Erfahrungen mit PSG gemacht: Letzte Saison schied der FC Bayern München, von Verletzungen gebeutelt, knapp in der Verlängerung des Viertelfinales gegen die Französinnen aus.
Edeljokerin: Jule Brand / Martin Rose/GettyImages
Wolfsburg hat einen in der Breite enorm gut aufgestellten Kader, besonders in der Offensive: Trainer Tommy Stroot kann Spielerinnen mit internationaler Klasse, wie Jule Brand oder Tabea Waßmuth, von der Bank bringen. Fast alle Spielerinnen im VfL-Team sind auch Nationalspielerinnen, oft dort Leistungsträgerinnen. Die Qualität der VfL-Joker ist definitiv eine der Stärken des Teams diese Saison.
Im defensiven Mittelfeld und in der Abwehr ist es allerdings etwas schwieriger, die Stammspielerinnen zu ersetzen: Lena Oberdorf oder Marina Hegering sind sehr wichtig für die defensive Stabilität der Wolfsburgerinnen. Der Ausfall von Oberdorf wiegt daher sehr schwer, ihre Physis und Antizipation wird Wolfsburg sicherlich vermissen und kollektiv auffangen müssen.
PSG hat einen heterogenen Kader: Auf der einen Seite stehen erfahrene internationale Stars wie die Niederländerinnen Jackie Groenen und Lieke Martens, oder die schweizerische Stürmerin Ramona Bachmann. Dazu kann PSG auf viele junge Talente zurückgreifen - die Frage ist nur, ob sie bereits das Zeug für die Champions League haben. Mittelfeldspielerin Laurina Fazer (19 Jahre) ist dabei die Vielversprechendste dieser jungen Talente.
Wichtigste Spielerin des Teams ist eindeutig die Stürmerin Kadidiatou Diani, die diese Saison PSGs Lebensversicherung ist. Ob auf dem Flügel oder in der Mitte, Diani sorgt immer für Gefahr und hat diese Saison bereits 24 Mal für PSG eingenetzt. Andererseits ist das Team sehr von der schnellen und technisch starken Diani abhängig - ohne sie läuft bisher im Angriff nicht viel.
Der VfL Wolfsburg will durch flüssige One-Touch-Kombinationen zum Ziel kommen. Die Wölfinnen haben gerne den Ball und ziehen ein ruhiges Aufbauspiel auf. Wenn sie aber in die gegnerische Hälfte kommen, macht Stroots Team gerne das Spiel schnell und versucht, durch Passstaffetten die Lücken in der gegnerischen Defensive zu finden.
Gegen den Ball laufen die Wolfsburgerinnen viel und lassen den Gegnerinnen wenig Zeit. Das Gegenpressing - also das Nachhaken, nachdem sie den Ball verloren haben - funktioniert diese Saison sehr gut.
PSG kommt sehr oft über die Flügel, und die schnellen Stürmerinnen gehen einem Dribbling meist nicht aus dem Weg. Die Außenverteidigerinnen rücken oft hoch auf und unterstützen mit Flanken oder als Anspielstation den Angriff. Mit der Kanadierin Ashley Lawrence und Sakina Karchaoui kann PSG dabei auf ein exzellentes Außenverteidigerinnen-Duo zählen.
Im Mittelfeld zieht die passsichere Grace Geyoro, von Chelsea seit letztem Sommer stark umworben, die Fäden. Diese drei Spielerinnen bilden zusammen mit Kapitänin Paulina Dudek in der Innenverteidigung und Diani einen erfahrenen Block im Pariser Spiel, um den alles herum aufgebaut wird.
Die Kaderbreite von Wolfsburg ist sicherlich die Stärke Nummer eins des deutschen Meisters. Dazu kommt, dass fast alle Offensivspielerinnen eine große Torgefahr ausstrahlen und Wolfsburg daher wenig von einer einzigen Akteurin abhängt. Die Verteidigung dagegen trieb Tommy Stroot schon das ein oder andere Mal die Sorgenfalten auf die Stirn: Oft klaffen große Lücken zwischen Außenverteidigerinnen und Innenverteidigerinnen, und die Defensive kann zu einfach mit einem langen Ball überwunden werden. Die Außenverteidigerinnen Lynn Wilms und Felicitas Rauch sind sehr präsent im Angriff, aber darunter leidet teilweise die defensive Komponente ihres Spiels.
PSG ist ein sehr unangenehmer Gegner, und mit ihrer Physis und Cleverness können es die Französinnen jedem Team schwer machen. Das zeigte zum Beispiel das letztjährige Viertelfinale gegen Bayern, wo sich PSG eiskalt zeigte und geschickt verteidigt. Auf der anderen Seite hängt der französische Vizemeister sehr von einzelnen Spielerinnen ab, und nicht jede Position ist top besetzt. Das gilt etwa für die Torhüterin: Sarah Bouhaddi hat sich diese Saison schon mehr als einen Patzer geleistet. Und ob die jungen Talente es schaffen, unter Druck ihre Leistung komplett abzurufen, steht noch zur Frage.