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Katarina Schubert·11. August 2021
Frauenbundesliga: Sterben die Traditionsvereine weiter aus?

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Katarina Schubert·11. August 2021
Früher gaben Vereine wie der FCR Duisburg, Turbine Potsdam oder der SC Bad Neuenahr in der Frauenbundesliga den Ton an, heute heißen die Klubs Bayern München oder VfL Wolfsburg. Die Vereinslandschaft im deutschen Frauenfußball hat einen gewaltigen Wandel vollzogen.
Zwölf Teams spielen in der Frauenbundesliga, neun davon unter dem Dach eines Männerklubs. Nur noch der SC Sand, die SGS Essen und Turbine Potsdam können sich als einzige reine Frauenklubs in Deutschlands höchster Spielklasse behaupten. Doch auch Turbine Potsdam, einst eine der erfolgreichsten Vereine, ging zur vergangenen Saison eine Kooperation mit dem Männer-Bundesligisten Hertha BSC ein.
Dass die Männerklubs das Spielgeschehen dominieren, war jedoch nicht immer so. Von den 20 Gründungsmitgliedern der Frauenbundesliga gehörten 1990 nur Bayern München sowie der FSV Frankfurt einem Männerverein an. Bis 2012 ging der Meistertitel nur über Traditionsvereine wie Turbine Potsdam, dem FCR Duisburg oder den 1. FFC Frankfurt. Letztere existieren jedoch auch schon längst nicht mehr. Sie spielen nun als MSV Duisburg und Eintracht Frankfurt in der 2. Bundesliga bzw. Bundesliga. Die heutigen Meister heißen Bayern München oder Wolfsburg.
Schaut man in ausländische Ligen wie die englische Women’s Super League, welche der deutschen Frauenbundesliga in Bezug auf Zuschauerzahlen, Fernsehgelder und Marktwerten längst den Rang abgelaufen hat, scheint der Trend klar: Ohne einen starken Männerklub im Rücken geht nicht mehr viel im Frauenfußball. In England spielen alle Teams unter dem Dach eines starken Männerklubs. Das gilt in weiten Teilen auch für die spanische, französische sowie italienische Liga, die alle langsam, aber sicher die deutsche einholen.
„Ich denke, dass es langfristig so kommen wird, dass noch deutlich mehr Profi-Vereine auch eine Frauen-Abteilung haben werden“, sagte Nationalspielerin Sara Däbritz von Paris Saint-Germain der ‚dpa‘. „Ich fände das aus zwei Gründen gut. Zum einen könnten dadurch viele coole Paarungen entstehen wie Bayern gegen Dortmund oder sogar Derbys wie Schalke gegen Dortmund. Da würden sicher viele Zuschauer kommen. Zum anderen habe ich in Freiburg, München und Paris nun selbst in drei solcher Vereine gespielt und sehr gute Erfahrungen gemacht.“
Schalke gegen Dortmund – zumindest im Frauenfußball werden Fans noch lange auf diese Begegnung warten müssen. Denn beide Teams gründeten erst in diesem bzw. vergangenem Jahr – teilweise auf Druck der eigenen Fans hin – eine Frauen- und Mädchenabteilung. Als einer der letzten wird der VfB Stuttgart zur Saison 2022/2023 den Spielbetrieb seines Frauenteams aufnehmen.
Dass es bei manchem Vereinen in dieser Frage so langsam voran geht oder Frauenteams eher stiefmütterlich behandelt werden, stößt vielen Spielerinnen, aber auch bei Funktionären wie dem ehemaligen DFB-Präsidenten Fritz Keller bitter auf. „Es muss irgendwann eine Verpflichtung sein, dass jeder Verein der ersten drei Ligen im Verhältnis zum Umsatz in den Frauenfußball investieren muss. Zum Beispiel als Teil der Lizenzierung, dass ein bestimmter Betrag in die Frauen gehen muss. Es geht nicht, dass man das halbtags macht“, so Keller gegenüber dem ‚ZDF‘.
Wenn richtig angestellt, könnten die Spielerinnen von den professionelleren Strukturen der männlichen Kollegen – bessere Trainingsbedingungen, höhere Budgets oder mehr Aufmerksamkeit – profitieren. Das hätte wiederum nicht nur positive Auswirkungen auf die Frauenbundesliga, sondern auch auf das Nationalteam. Denn der Glanz alter Tage, als die deutsche Liga noch eine der besten der Welt war und die Nationalmannschaft reihenweise Titel gewann, ist nämlich vorbei. Immer mehr Nationalspielerinnen, nicht nur aus Deutschland, spielen heutzutage lieber in den ausländischen Ligen.
Doch bei aller Freude über das Engagement der männlichen Profiklubs im Frauenfußball ist auch Vorsicht geboten. Denn ist die Vereinsführung nicht mit vollem Herzen dabei und sieht seine Frauenabteilung nur als lästige Pflichtaufgabe, kann es schwerwiegende Folgen für die Spielerinnen haben. So geschehen in Bochum und Hamburg, die ihre Frauenteams aufgrund von Sparmaßnahmen aus den höherklassigen Ligen abzogen. Beide kicken bis heute nur unterklassig.
Und auch die wenig verbliebenen reinen Frauenklubs kämpfen um ihr Überleben. So hat sich die SGS Essen mit der Realität abgefunden und begreift sich selbst nur noch als Ausbildungsverein.
Die Forderungen nach mehr Engagement im Frauenfußball richten sich aber nicht nur mehr an die Männerklubs. Es werden auch immer mehr Stimmen laut, welche die Übernahme der Frauenbundesliga durch die Deutsche Fußball Liga ins Spiel bringen. Bislang ist nämlich der DFB für die Organisation sowie Vermarktung zuständig. Damit sind aber viele Fans und auch Verantwortliche sowie Spielerinnen nicht mehr zufrieden.
Noch wehrt sich der DFB aber vehement, denn er möchte sein „Prestige-Produkt“ – so wie es schon unzähligen Frauenklubs vor ihm geschehen ist – nicht an den männlichen Profi-Fußball verlieren. Mal schauen, wie lange sich der DFB noch diesem Trend widersetzen kann.