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·29. September 2024
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·29. September 2024
Fünf Jahre war Pia-Sophie Wolter für den VfL Wolfsburg am Ball. Am heutigen Sonntag (ab 17 Uhr, live im ZDF sowie bei DAZN und MagentaSport) trifft die 26 Jahre alte Außenverteidigerin mit dem Tabellenzweiten Eintracht Frankfurt im Topspiel der Google Pixel Frauen-Bundesliga auf ihren Ex-Verein, der derzeit DRitter ist. Im DFB.de-Interview spricht die Nationalspielerin mit Mitarbeiter Ralf Debat über das Wiedersehen und die Aussichten im DFB-Team.
DFB.de: Wie gefällt Ihnen vor dem 4. Spieltag der Blick auf die Tabelle, Frau Wolter?
Pia-Sophie Wolter: Ganz okay. (lacht) Mit sieben Punkten haben wir einen guten Saisonstart hingelegt. Auch beim 2:2 in Leverkusen hätten wir den Platz als Gewinnerinnen verlassen können, obwohl wir 0:2 zurücklagen. Die aktuelle Situation ist auf jeden Fall deutlich angenehmer als vor einem Jahr. Damals lagen wir nach zwei Spieltagen auf einem Abstiegsplatz, waren nach vier Partien immer noch Neunter. Da schaut man jetzt schon lieber hin.
DFB.de: Die Eintracht geht dank der besseren Tordifferenz als Tabellenzweiter in das Topspiel gegen den punktgleichen VfL Wolfsburg. Wie sehr überrascht Sie das?
Wolter: Eher etwas überraschend war sicherlich, dass der VfL sein erstes Heimspiel gegen Werder Bremen nicht gewonnen hat. Deshalb sind wir aktuell knapp vorne. Das ist eine schöne Momentaufnahme, mehr aber auch nicht.
DFB.de: Sind beide Teams auch insgesamt auf Augenhöhe?
Wolter: Das wird sich am Sonntag zeigen. Wir sind auch diesmal mit dem Ziel in die Saison gestartet, uns international zu qualifizieren, sprich einen der ersten drei Tabellenplätze zu erreichen. Dafür haben wir schon mal eine gute Basis gelegt, mehr aber auch nicht. Sicherlich ist uns der VfL mit seiner individuellen Klasse und seinem sehr tiefen Kader teilweise noch ein wenig voraus, auch wenn das Team einige Leistungsträgerinnen verloren hat. Für uns spricht, dass wir einen Tick eingespielter sind und zu Hause antreten. Wir alle freuen uns auf das erste Heimspiel seit vier Wochen und nehmen uns definitiv vor, das Spiel für uns zu entscheiden.
DFB.de: Welche Aussagekraft besitzt die Tabelle grundsätzlich nach drei Spieltagen?
Wolter: Noch gar keine. Die Saison ist lang, viele Spiele sind knapper als noch in der jüngeren Vergangenheit. Wie schon gesagt: In der Vorsaison sind wir trotz eines schlechten Starts am Ende noch Dritter geworden. Von daher sollte man das nicht überbewerten. Dennoch zeigt die Tabelle, dass die Tendenz bei uns positiv ist, und es hätte niemand etwas dagegen, wenn sie auch zum Schluss so aussehen würde. Klar ist aber auch, dass die Leistungsdichte in der Bundesliga größer wird und auch vermeintlich schwächere Teams inzwischen mindestens sehr gut verteidigen können. Deshalb haben sich die Spitzenmannschaften auch schon in einigen Partien schwergetan. Für die Liga kann das nur gut sein.
DFB.de: Als einziges Team ist der FC Bayern München noch ohne Punktverlust und insgesamt seit 42 Ligaspielen unbesiegt. Wer kann den Titelverteidiger stoppen?
Wolter: Es ist sicherlich kein Geheimnis, dass der Kader des FC Bayern insgesamt mit am besten besetzt und als aktueller Meister auch erster Favorit auf die Meisterschale ist. Mit dieser herausragenden individuellen Qualität und nicht zuletzt auch mit der großen Stärke bei Standards ist das Team immer in der Lage, Spiele zu entscheiden. Das heißt aber nicht, dass sie unschlagbar sind. Wir werden demnächst auch in München in die Partie gehen, um zu punkten.
DFB.de: Nach Ihrer festen Verpflichtung absolvieren Sie Ihre zweite Saison in Frankfurt. Welche Fortschritte hat die Mannschaft im Vergleich zur vorherigen Spielzeit gemacht?
Wolter: Wir haben jetzt im Ballbesitz noch klarere Abläufe und sind dadurch in der Lage, uns noch mehr Torchancen zu erspielen. Für die Gegner sind wir noch ein Stück weit unberechenbarer geworden. Das wollen wir auch gegen den VfL Wolfsburg beweisen.
DFB.de: Wie schwierig war es, die Enttäuschung über das Verpassen der Gruppenphase der UEFA Women's Champions League wegzustecken?
Wolter: Keine Frage, die Enttäuschung war und ist riesengroß. Wir hatten das Gefühl, dass wir in einem Spiel vieles zunichtegemacht haben, wofür wir ein Jahr lang hart gearbeitet hatten. Vor allem die Art und Weise tat weh, weil wir bei allem Respekt vor Sporting Lissabon zwar an einem guten, aber nicht übermächtigen Gegner gescheitert sind, sondern einfach unsere Leistung nicht gebracht haben. Dass wir anschließend noch das für das Erreichen der Play-offs nicht mehr relevante Spiel um Platz drei gegen den FC Minsk bestreiten mussten und dann auch 6:0 gewonnen haben, war letztlich hilfreich, um wieder in die Erfolgsspur zu kommen. Wir haben die Tage auf Island genutzt, um viele Gespräche zu führen und den Fokus auf die nächsten Aufgaben zu richten.
DFB.de: Im Gegensatz zur Eintracht wird der VfL diesmal wieder in der Königsklasse dabei sein, musste am Mittwoch aber noch im Playoff-Rückspiel gegen den AC Florenz antreten. Könnte das ein kleiner Vorteil für die Eintracht sein?
Wolter: Ich glaube nicht, dass das einen großen Einfluss auf unser Spiel haben wird. Zum einen sind es die Wolfsburger Spielerinnen gewohnt, Englische Wochen zu absolvieren. Zum anderen konnten sie nach dem 7:0 im Hinspiel diesmal sicherlich ein paar Kräfte sparen und mussten auch nicht reisen. Und ganz ehrlich: Es wäre mir deutlich lieber gewesen, wenn wir in dieser Woche auch noch ein Playoff-Spiel bestritten hätten.
DFB.de: In der abgelaufenen Saison hat Frankfurt beide Duelle recht deutlich verloren. Welche Erinnerungen haben Sie daran?
Wolter: Die Ergebnisse hören sich mit 2:4 und 0:3 deutlich an, das stimmt. Sie spiegelten die Spielverläufe aber nicht unbedingt wider. In beiden Partien haben wir dem VfL alles abverlangt, im Hinspiel lagen wir auch zweimal in Führung. Am Ende standen wir aber gegen einen effektiveren Gegner jeweils mit leeren Händen da.
DFB.de: Worauf wird es ankommen, damit es diesmal anders läuft und die Eintracht auch nach dem Abpfiff noch vor dem VfL steht?
Wolter: Wir müssen auf jeden Fall kompakt in der Defensive stehen, die Intensität hochhalten und unsere Chancen möglichst eiskalt nutzen. Wir sollten allzu viele Standardsituationen vor unserem Tor vermeiden, da auch Wolfsburg dort besonders stark ist. Dazu setze ich auf die Energie, die wir mit unseren Fans im Stadion am Brentanobad entwickeln können - die Kulisse wird sicherlich super.
DFB.de: Sie waren selbst fünf Jahre lang für den VfL Wolfsburg am Ball. Wie bewerten Sie die Zeit im Nachhinein?
Wolter: Erst vor wenigen Tagen habe ich darüber noch mit meinem Papa Thomas gesprochen, der viele Jahre selbst für den SV Werder gespielt und dem Verein bis heute in verschiedenen Funktionen immer die Treue gehalten hat. Selbst er ist der Meinung, dass es für mich 2018 genau der richtige Schritt war, Bremen zu verlassen und nach Wolfsburg zu wechseln. Ich habe mich dort deutlich weiterentwickelt, viel erlebt und auch gute Freunde gefunden. Das bleibt haften, auch wenn das letzte Jahr extrem schwierig für mich war. Nachdem ich meinen Kreuzbandriss auskuriert hatte und voll angreifen wollte, wurde ich kaum noch berücksichtigt. Aber auch das war eine lehrreiche Erfahrung.
DFB.de: Wie sehr nehmen Sie bei der Eintracht jetzt eine andere Rolle ein?
Wolter: Es ist schön, das Vertrauen des Trainers zu spüren, wieder regelmäßig zu spielen und auch Verantwortung übernehmen zu dürfen.
DFB.de: Hat bei der Entscheidung für Frankfurt auch die Aussicht auf weitere Berufungen in die Frauen-Nationalmannschaft Einfluss gehabt?
Wolter: Nicht nur das. Ich habe sofort gespürt, dass alle im Verein Bock darauf haben, den Frauenfußball zu pushen und weiterzuentwickeln. Deshalb bin ich sehr gerne ein Teil davon. Es tut mit einfach gut, das Vertrauen zu bekommen. Die Rückkehr in die Nationalmannschaft ist ein zusätzlicher Bonus.
DFB.de: Gab es bereits einen Austausch mit dem neuen Bundestrainer? Wie bewerten Sie Ihre Chancen?
Wolter: Bei unserer Rückkehr aus Paris habe ich Christian Wück in der Tat zufällig kurz am Flughafen getroffen. Wir haben aber nicht darüber gesprochen, ob oder wie er mit mir plant. Da werde ich mich im Oktober überraschen lassen müssen. (lacht)
DFB.de: Beim Spitzenspiel gegen den VfL Wolfsburg stehen sich zahlreiche Spielerinnen gegenüber, die noch vor wenigen Wochen gemeinsam bei Olympia in Paris Bronze gewonnen haben. Ist das emotional nicht besonders schwierig, Gegnerinnen in einem so wichtigen Spiel zu sein?
Wolter: Für mich persönlich kann ich sagen, dass ich das ganz gut voneinander trennen kann. Schließlich gehört das im Profifußball einfach dazu. Klar, ich werde auf dem Platz gegen einige Freundinnen spielen, aber das ist in diesem Fall Normalität. Wenn es nicht gegen uns geht, gönne ich dem VfL und den Mädels jeden Erfolg. Aber wenn die Schiedsrichterin das Duell anpfeift, dann will ich mit der Eintracht erfolgreich sein.