MillernTon
·4. Dezember 2024
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Noch eine Woche bis zur Vergabe der WM-Turniere 2030 und 2034. Die Vergabe als solche ist sicher, schweigend hinnehmen sollte man sie trotzdem nicht.
Es wurde bereits sehr viel gesprochen über die anstehende Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft der Männer in den Jahren 2030 und 2034. Diese wird heute in einer Woche auf einem virtuellen Kongress stattfinden. Für beide Turniere wird es mangels Alternativen keine Kampfabstimmung geben.
Die WM 2030 geht daher an Portugal und Spanien. Mit Marokko ist noch ein drittes Land und ein zweiter Kontinent beteiligt. Da es sich zusätzlich um das 100-Jährige Jubiläum der Weltmeisterschaft handelt, hat man sich etwas Besonderes ausgedacht: Je ein Spiel wird in Uruguay (Austragungsland WM 1930), in Argentinien und Paraguay stattfinden.
Durch die Beteiligung von drei Kontinenten (Europa, Afrika, Südamerika) und die Rotationsvergabe, sperrte man fast alle anderen Kontinente aus, um die Vergabe 2034 an Asien zu sichern. Denn 2026 findet die WM ja in den USA, Kanada und Mexiko statt, womit auch Nord- und Mittelamerika abgedeckt sind. Das Rotationsverfahren der FIFA schließt (Stand jetzt) einen Kontinentalverband nach der erfolgreichen Vergabe für die nächsten zwei Turniere aus.
Eine WM-Vergabe nach „Asien“ an sich wäre ja gar kein Problem, allerdings kristallisierte sich sehr früh heraus, dass dieser Schachzug einzig und allein die Vergabe an Saudi-Arabien sichern sollte. Sehr zur Freunde von FIFA-Präsident Gianni Infantino, dessen freundschaftliche Beziehungen in die Golfstaaten nicht erst seit der WM 2022 in Katar bekannt sind.Es gab im Verlauf der letzten Jahre zahlreiche Ideen für eine gemeinsame Bewerbung mehrerer asiatischer Länder (unter anderem waren Malaysia, Singapur, Thailand und Vietnam in wechselnden Konstellationen im Gespräch), schlussendlich aber blieb nur die Bewerbung Saudi-Arabiens über. Mehr Infos, Links und zeitliche Abläufe: Wikipedia.
Auch Australien hatte über eine Austragung nachgedacht, unter anderem auch über ein gemeinsames Turnier mit Indonesien. Als Indonesien aber erklärte, die saudi-arabische Bewerbung zu unterstützen, endeten diese Bemühungen. Nicht überraschend, dass die FIFA ihre Ausschreibungskriterien nachträglich anpasste, damit Saudi-Arabien diese auch erfüllen konnte. Beispielsweise mussten plötzlich weniger Stadien schon zum Zeitpunkt der Bewerbung fertig sein (n-tv.de).
Tja, man sollte annehmen, dass ein Verband mit Haltung, insbesondere nach den großen Diskussionen um Menschenrechte bei der WM 2022 in Katar, in diesem Fall zumindest gegen die Bewerbung Saudi-Arabiens stimmt. Wohl wissend, dass die „Ein Land, eine Stimme“-Regel dies ohnehin zu einem rein symbolischen „Nein“ machen würde, denn es würde in der Masse an begeisterten „Ja“-Stimmen der anderen Nationen (insgesamt gibt es 211 FIFA-Länder) nicht relevant ins Gewicht fallen.
Hier kommt aber ein weiterer „cleverer“ Schachzug von FIFA-Boss Gianni Infantino ins Spiel. So wurde im Mai 2024 beschlossen, dass über beide Bewerbungen (2030 und 2034) in einer einzigen Block-Abstimmung entschieden wird. Ein „Nein“ zu Saudi-Arabien wäre also auch ein „Nein“ zu Spanien und Portugal. Diese Entscheidung traf der FIFA-Rat. Einstimmig. Also auch mit Zustimmung des DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf, der diesem angehört.
An eben jenen Bernd Neuendorf richtet sich dann auch ein Offener Brief von „Fairness United“, einer Gruppe die aus den „Boycott Qatar“-Bemühungen entstanden ist, den wir hier gerne abdrucken:
No To Saudi-Arabia 2034Eine WM 2034 in Saudi-Arabien jetzt verhindernUrabstimmung über die Teilnahme einer DFB-AuswahlOffener Brief an DFB-Präsident Bernd Neuendorf
VorbemerkungAm 11. Dezember 2024 entscheidet der FIFA-Kongress offiziell über die Vergabe der WM-Turniere 2030 und 2034. Hinter den Kulissen wurde längst eine Vorentscheidung eingefädelt: Der FIFA-Rat, in dem Bernd Neuendorf Mitglied ist, legte sich darauf fest, das Turnier 2030 auf den drei Kontinenten Afrika, Europa und Südamerika auszuspielen. Damit fallen diese Kontinente aufgrund der Vergabe-Gewohnheiten als folgende Gastgeber aus, und es wurde der Weg freigemacht, das Turnier schon 2034 wieder nach Asien zu vergeben. Dort heißt der einzige Bewerber Saudi-Arabien. Damit ist klar: Wenn der FIFA-Kongress dem erwartungsgemäß zustimmt, findet nur zwölf Jahre nach Katar 2022 erneut eine WM-Endrunde in einemdiktatorisch regierten Golfstaat statt.
Sehr geehrter Herr Neuendorf,wir, die unterzeichnenden Gruppen, erklären uns strikt gegen eine Vergabe der WM- Endrunde 2034 nach Saudi-Arabien. Das Land wird in einer Monarchie diktatorisch regiert. Menschenrechte werden ständig und massiv verletzt. Es gibt keine Meinungs- und Pressefreiheit, keine freien Wahlen, keine Religionsfreiheit. Die Selbstbestimmungsrechte von Frauen sind stark eingeschränkt, Homosexualität istverboten, LGBTIQ*-Communities werden unerbittlich verfolgt. Zum saudischen Alltag gehören willkürliche Verhaftungen, Folterungen und eine häufig verhängte Todesstrafe, auch wegen politischer „Straftaten“. Weit über zehn Millionen Arbeitsmigrant:innen sind dem brutalen Kafala-System unterworfen, das Missbrauch und Ausbeutung leicht macht.Saudi-Arabien wendet seit Längerem riesige Geldsummen auf, um im internationalen Sport Einfluss zu gewinnen und große Turniere ins eigene Land zu holen. Ein Ziel dabei ist es, vom Image des Folterstaates abzulenken und somit eindeutiges Sportswashing zu betreiben.Es widerspricht allen ethischen Grundsätzen des Sports, einen solchen Staat als Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft auszuwählen. Diese Entscheidung der FIFA folgt allein der Logik von Profit und Korruption und verhöhnt das eigene hehre Bekenntnis zu Menschenrechten und Nachhaltigkeit.
Wir verurteilen alle Schritte und Beschlüsse, die zu einer Entscheidung pro Saudi- Arabien führen. Vielmehr treten wir für WM-Endrunden ein, bei denen die Aspekte Menschenrechte und Nachhaltigkeit entschieden beachtet werden. In diesem Sinn fordern wir Sie, Herr Neuendorf, als DFB-Präsident und Mitglied des FIFA-Rates auf:
Bisher unterzeichnet durch:
Man muss sich da nichts vormachen, das Ding ist durch und die FIFA wird natürlich die beiden Turniere so vergeben wie geplant.Da ändert es auch nichts, dass Amnesty International fordert, den Vergabeprozess zu stoppen, nachdem ein Bericht festgestellt hat, dass die Bewerber bisher nicht die von der FIFA selbst geforderten Menschenrechtskriterien erfüllen – wohlgemerkt sowohl für die WM 2030 als auch 2034, auch wenn die Verfehlungen bei Saudi-Arabien laut Bericht deutlich schwerwiegender sind.
Wer sich resigniert abwenden will, darf das natürlich tun.Ansonsten findet man bei Sport Inside den hörenswerten Podcast „Applaus für Saudi-Arabien – Das System Infantino und die FIFA“ (34min), beim Deutschlandfunk einen Bericht über die absehbaren Schwierigkeiten bei der Terminfindung (24min) und ganz generell bei der Sportschau unter dem Thema WM 2034 jede Menge lesenswerte Artikel.
Bleiben wir also weiterhin lieber beim Vereinsfußball. Der hat auch genug Baustellen.Forza St. Pauli!// Maik
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