MillernTon
·6. Oktober 2024
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·6. Oktober 2024
Wenn man hinten Fehler macht und vorne nicht effizient ist – dann verliert man als FC St. Pauli in der Bundesliga. So geschehen gegen Mainz 05.(Titelfoto: Stefan Groenveld)
Puuuh, das hatte man sich natürlich alles anders erhofft. Nicht ohne Stolz hatte man auf das Samstagabendspiel der Bundesliga hingefiebert. Dass es in diesem bereits nach etwas mehr als einer Viertelstunde 0:2 stand, war ziemlich bitter. Da hätte nur Torgefahr geholfen. Aber die fehlte leider. Und am Ende auch die Überzeugung.
Nein, dieses Mal fanden sich nicht elf Spieler der Vorsaison in der Anfangsformation wieder. Denn Connor Metcalfe fehlte kurzfristig aufgrund einer leichten Verletzung im Adduktorenbereich. Damit ist er nicht alleine. Auch ich konnte krankheitsbedingt schweren Herzens nicht am Millerntor dabei sein. Ist leider so, deshalb ist dieser Spielbericht etwas kürzer als üblich. Für den verletzten Carlo Boukhalfa stand jedenfalls also nicht Connor Metcalfe, sondern Robert Wagner in der Startelf. An der Formation, dem 5-2-3 (3-4-3 offensiv), änderte diese personelle Veränderung nichts.
Beim 1. FSV Mainz 05 gab es drei personelle Veränderungen in der Startelf. Nadiem Amiri kehrte nach Sperre wieder direkt auf den Platz zurück (Silvan Widmer musste dafür weichen). Der genesene Maxim Leitsch ersetzte den gesperrten Hanche-Olsen. Zudem startete Armindo Sieb im offensiven Mittelfeld anstelle von Hyunseok Hong.
Aufstellung beim Spiel FC St. Pauli gegen 1. FSV Mainz 05
FCSP: Vasilj – Wahl, Smith, Mets – Saliakas, Wagner, Irvine, Treu – Afolayan, Eggestein, Saad
M05: Zentner – Kohr, Jenz, Leitsch – Caci, Sano, Amiri, Mwene – Sieb, Lee – Burkardt
Wie erwartet „musste“ sich der FC St. Pauli mit mehr Ballbesitz begnügen. Der 1. FSV Mainz 05 hatte nur wenig Interesse daran, den Ball über längere Zeiträume in den eigenen Reihen zu halten. Sobald die eigenen Spieler auch nur leicht unter Druck gesetzt wurden, schlugen sie die Kugel hoch und weit nach vorne. Erfolg brachte diese Variante kein einziges Mal während des Spiels. Ob das auch so gewesen wäre, wenn sie nicht bereits früh mit 2:0 geführt hätten? Vermutlich nicht. Aber is halt auch egal, zumal sich der FCSP offensichtlich auch auf ballphobe Mainzer eingestellt hatte.
Bevor man sich aber so wirklich mit dem Spiel des FC St. Pauli bei eigenem Ballbesitz beschäftigen konnte, stand es bereits 0:1. Eine Ecke wurde geklärt. Ein zweiter Ball segelte zurück in den Strafraum – hier lag nach meinem Empfinden eine Abseitsposition von einem Mainzer vor, der auch ins Spiel eingriff – erneut wurde geklärt. Doch ein zweiter „zweiter Ball“ segelte in den Strafraum. Diesen erlief Mainz-Stürmer Johnny Burkardt. Vermutlich auch erlaufen wollte ihn Nikola Vasilj. Doch da hatte sich der FCSP-Schlussmann brutal verschätzt. Burkardt sah, dass Vasilj völlig hilflos im Raum stand und überlupfte ihn smart per Kopf. Ein unnötiger und komplett bitterer Start.
In den ersten Minuten nach dem Rückstand fiel vor allem Dominik Kohr mit einem gelbwürdigen Foul auf (bei dem er sich selbst wehtat, so agierte er danach zumindest). Dass jemand wie Kohr – immerhin Inhaber von vier gelben Karten nach fünf Spielen und dabei dreimal haarscharf am Platzverweis vorbeigeschrammt – bei so einem Foul nicht frühzeitig verwarnt wird, hatte Folgen: Im gesamten Spiel beging er sechs Fouls. Erst kurz vor Spielende gab es aber eine Verwarnung. Da war das Spiel schon durch und er grätschte Saad rüde an der Seitenlinie um. Da hätte er sich auch über eine andere Kartenfarbe nicht beschweren dürfen. Saad nützt das nichts, er wurde nach Abpfiff gestützt in die Kabine gebracht.
Alle, wirklich alle wussten vor Anpfiff, was Dominik Kohr für ein harter Spieler ist und dass er besonders diese Saison bereits mehrfach über das Ziel hinausgeschossen ist. Angesichts dessen kann man sich gar nicht vorstellen, dass Schiedsrichter behaupten, sie würden sich auf Spiele und Spieler explizit vorbereiten. Christian Dingert wird das sicher nicht gemacht haben. Denn wäre das passiert, dann hätte er Kohr nämlich schon in der ersten Szene zwingend Gelb zeigen müssen. Allein schon, um andere Spieler zu schützen. Das ist nicht passiert, Dingert ließ Kohr gewähren. Jetzt droht Saad verletzt auszufallen. Was für ne Shit-Show.
Ist für den Spielverlauf aber auch egal, ob Kohr frühzeitig verwarnt wurde oder nicht. Denn der FC St. Pauli hat höchstselbst dafür gesorgt, dass dieses Spiel verloren ging. In der 16. Minute spielte Eric Smith im Aufbau direkt in die Füße von Amiri. Genau das sollte nicht passieren, erklärte Blessin nach Abpfiff am Sky-Mikro: „Wir haben gesagt, wenn wir gepresst werden, dann spielen wir über ihre Kette. Hier spielen wir genau in ihre Vorwärtsbewegung rein.“ Amiri nahm den Fehlpass von Smith auf und spielte direkt in den Lauf des gestarteten Sieb – 0:2. Was für eine Scheiße. „Das Spiel war durch, ehe es richtig angefangen hat“, sagte Andreas Bornemann im Anschluss an die Partie.
Die 2:0-Führung spielte Mainz extrem in die Karten, beinhaltete doch ihr Spielansatz nun wirklich nicht viel offensive Kreativität. Musste er aber auch nicht, weil man sich nach den zwei Treffern bereits komplett auf das Verteidigen konzentrieren konnte. Die Minuten bis zur Halbzeitpause gehörten jedenfalls voll und ganz dem FC St. Pauli.
Womit wir nun endlich zum vielen Ballbesitz des FCSP kommen. Alexander Blessin hatte vor der Partie auf die mannorientierte Spielweise der Mainzer hingewiesen. Diese versuchte man sich zunutze zu machen. Bei Ballbesitz schob Robert Wagner mit hoch, fast auf die Position von Eggestein. Beim FC St. Pauli ergaben sich dann ganz ähnliche Strukturen wie in der Vorsaison, wenngleich der Ball viel schneller nach vorne gespielt wurde. So richtig den Gefallen mit der mannorientierten Spielweise taten die Mainzer dem FCSP aber nicht. Im zentralen Mittelfeld schoben sie nicht so weit hoch, waren gar nicht so mannorientiert. Dadurch verloren sie nicht den Kontakt zur eigenen letzten Reihe und der FCSP konnte nur selten durch das Überspielen des Drucks temporeiche Situationen generieren.
Trotzdem wurde der FC St. Pauli bis zur Pause sehr druckvoll. Zeitweise gelang es die Mainzer regelrecht in der eigenen Hälfte einzuschnüren. Das sah richtig gut, richtig ballsicher aus. Zwischen der 24. Minute und dem Halbzeitpfiff setzte der FCSP elfmal zum Torschuss an, versuchte es insgesamt 15x in den ersten 45 Minuten (Mainz: vier). Wir hatten im Verlauf der letzten Woche etwas zum Thema Effizienz vor dem Tor geschrieben, leider lieferte der FC St. Pauli die dazu passende Vorstellung ab. Reden wir nicht drumherum: St. Pauli muss in dieser Phase zwingend den Anschlusstreffer erzielen. Warum das nicht geschafft wurde, muss dringend genau analysiert werden.
Auch dieser Torschuss landete leider nicht im Mainzer Gehäuse. Der FC St. Pauli erspielte sich zwar eine Reihe von Torgelegenheiten, konnte diese aber nicht nutzen und verlor am Ende verdient gegen Mainz. // (c) Stefan Groenveld
So ging es aber leider mit dem 0:2 auch nach der Pause weiter. Mit Wiederanpfiff war von dem ganzen Druck, und der damit verbundenen Hoffnung das Spiel noch zu drehen, leider gar nichts mehr zu sehen. Nur maue vier Torschüsse brachte der FCSP in den zweiten 45 Minuten zustande. Erst der Kopfball von Irvine wenige Minuten vor dem Ende dürfte als „richtige“ Torgelegenheit gezählt werden. Alexander Blessin erklärte nach dem Spiel, dass man sich in der Pause schon noch einiges vorgenommen habe, weil ein 2:0 ein „sehr gefährliches Ergebnis“ sei.
Warum es dann aber nicht mehr gelang, so viel Druck wie noch in der ersten Halbzeit zu erzeugen, da war sich Blessin nicht so sicher. In einigen Momenten habe man „zu lange gewartet“, bis die Flanke geschlagen wurde. Auch das Gegenpressing sei nicht mehr gut gewesen, erklärt der Cheftrainer des FC St. Pauli und es habe auch ein bisschen „der Glauben gefehlt“. Was man auch ohne Fußballtrainer-Lizenz erkennen konnte: Die Anzahl an individuellen Fehlern war viel zu hoch, um den Gegner vor Probleme zu stellen. Nur selten konnten Angriffe durchgespielt werden, viel zu oft waren Pässe ungenau, Entscheidungen nicht gut, gingen Zweikämpfe verloren.
Keine Ahnung, ob da nochmal mehr Druck erzeugt worden wäre. Aber just in dem Moment, als man überlegen musste, ob der FC St. Pauli nun etwas mehr ins Risiko gehen sollte, war klar: Dieses Spiel geht verloren. Denn Mainz erzielte in der 62. Minute das 3:0 und machte damit den Deckel auf diese Partie. Das war spürbar, da machten auch die Verantwortlichen nach Abpfiff keinen Hehl draus. Das erinnerte damit schon an das Auftaktspiel gegen Heidenheim, wo der Heidenheimer Treffer nach etwas mehr als einer Stunde ebenfalls mehr oder weniger das Spielende bedeutete.
So steht am Ende von sehr viel Aufwand ein 0:3 in den Büchern. Ein bisschen konnte man ein Gefühl davon bekommen, wie sich der SC Freiburg vergangenes Wochenende gefühlt haben muss. Auch die versuchten viel, hatten viel Ballbesitz und lagen irgendwann mit 0:3 in einem Heimspiel zurück. Klar, bei der Anzahl an Torchancen gibt es sicher Unterschiede. Aber man muss der Wahrheit eben auch ins Auge blicken: Nur wenn der FC St. Pauli an beiden Enden des Spielfelds alles rausholt was geht – hinten keine Fehler macht und vorne effizient ist – dann können Bundesligaspiele gewonnen werden. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber halt Realität in der Bundesliga. Mund abwischen, Länderspielpause nutzen, neuer Anlauf in Dortmund!
Immer weiter vor!// Tim
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