
Miasanrot
·26. Juni 2025
FC Bayern vor nächster Transfer-Soap?

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·26. Juni 2025
Auf der Suche nach einem neuen Linksaußen wird dem FC Bayern Interesse an praktisch jedem halbwegs verfügbaren und geeigneten Spieler nachgesagt. Ein Ablauf, der an die Trainerkür vergangenen Sommer erinnert.
Es war ein zäher, holpriger Weg, bis im Mai 2025 schließlich feststand: Vincent Kompany wird neuer Trainer des FC Bayern. Zuvor hatte sich der Rekordmeister durch eine Vielzahl von Kandidaten und Gerüchten gearbeitet – kommentiert, begleitet und befeuert von den eigenen Verantwortlichen.
Es erinnerte phasenweise an eine Soap: Erst stand mit Xabi Alonso der von allen geliebte Schwarm im Fokus, der sich dann doch gegen München entschied. Es folgte ein kurzes Flirten mit dem edgy Bad Boy Roberto De Zerbi. Dann rückten die Ex-Partner Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel wieder ins Blickfeld, bevor sogar der langjährige Widersacher Ralf Rangnick ernsthaft in Erwägung gezogen wurde und ebenfalls absagte. Am Ende erschien Vincent Kompany wie der märchenhafte Prinz aus dem Nichts, mit dem alles gut wurde. Zumindest bis jetzt.
Auf dem Spielermarkt wartet der FC Bayern derzeit noch auf ein Happy End. Der „Ballkönig“ des Sommers, Florian Wirtz, hat bereits abgesagt. Er zieht es vor, seine Karriere beim FC Liverpool fortzusetzen. In München tröstet man sich nun mit dem Argument, dass es ohnehin nicht optimal gepasst hätte: Jamal Musiala besetzt schließlich bereits die offensive Mittelfeldposition. Stattdessen soll nun ein Linksaußen her.
Doch auch diese Suche zieht sich. Die Kandidaten zögern – oder der Verein selbst ist unentschlossen. Es wirkt wie ein Déjà-vu aus dem vergangenen Sommer. Auch Lothar Matthäus hat das erkannt, in seiner aktuellen Sky-Kolumne plädiert er für eine rasche Lösung.
Miasanrot blickt auf das Geschehene, die Probleme bei der Suche und ob es wirklich schnell behoben werden muss.
Wirtz war der Traum einiger Bayern-Granden und darüber hinaus so gut, dass die Münchner den Versuch wagten, ihn zu holen, obwohl er neben Michael Olise und Jamal Musiala nicht wirklich perfekt ins System gepasst hätte.
Nach seiner Absage und dem bevorstehenden Abschied von Leroy Sané ist es absolut nachvollziehbar, dass Max Eberl nun gezielt nach einem Linksaußen sucht, der im klassischen 4-2-3-1 der Bayern neben den beiden anderen funktioniert.
Weniger nachvollziehbar ist allerdings, wie diese Suche betrieben wird. Jeder intern diskutierte Name scheint an die Öffentlichkeit zu gelangen, vielleicht, weil man sich auch nicht einig ist und die Diskussion so nach außen durchschlägt. Die Auswahl der Namen wirkt wenig inspiriert, dafür vorhersehbar und bei vielen Kandidaten ist unklar, ob der FC Bayern abgewiesen wird oder selbst zögert.
Die Kandidatenliste liest sich, als hätte jemand bei Transfermarkt.de „Linksaußen“ in die Detailsuche eingegeben, nach Marktwert sortiert und die halbwegs realistischen Spieler herausgepickt: Auf die nahezu unerreichbaren Vinícius Júnior, Khvicha Kvaratskhelia und Raphinha folgen in der Auflistung Nico Williams, Bradley Barcola, Luis Díaz, Cody Gakpo und Rafael Leão.
Nur ein paar Plätze dahinter: Gabriel Martinelli, Jamie Bynoe-Gittens und Kaoru Mitoma. Übrigens: Auf Platz 25 taucht mit Kingsley Coman der erste Bayern-Spieler auf (Marktwert: 30 Millionen). Alle genannten wurden bereits mit dem FC Bayern in Verbindung gebracht.
Gakpo kurz nach der Wirtz-Absage, doch der Niederländer will offenbar gar nicht weg aus Liverpool. Barcola, Williams und Leão galten zwischenzeitlich als die drei großen Favoriten: Williams, weil er weg von Athletic Bilbao den nächsten Schritt machen will; Leão, weil Milan dringend Einnahmen braucht; und Barcola, weil er bei PSG nach dem Kvaratskhelia-Transfer seinen absoluten Stammplatz verloren hat.
Doch die Realität sieht anders aus: PSG blockt bei Barcola jede Anfrage ab. Williams soll zwar wechselbereit sein, zieht aber wohl klar den FC Barcelona vor. Und bei Leão scheint nun plötzlich der FC Bayern selbst auf der Bremse zu stehen – nach anfänglichem Interesse wartet man offenbar ab.
So entsteht Stillstand und damit Raum für Spekulationen. Immer neue Namen tauchen auf. Jüngst hieß es, Max Eberl habe sich mit Hans-Joachim Watzke getroffen, angeblich wegen Jamie Gittens. Doch der Engländer soll sich längst mit Chelsea einig sein. Möglicherweise geht es auch nur darum, den Preis hoch zu treiben. Auch hier: Bayern wieder spät dran.
Bei den zuletzt neu ins Spiel gebrachten Díaz und Martinelli ist völlig offen, ob sie überhaupt wechselwillig sind. Beide waren letzte Saison Stammspieler bei ihren Premier-League-Top-Klubs. Transfers erscheinen also aktuell eher unrealistisch.
Was auffällt: Ein klarer Plan fehlt. Die gesuchten Spielertypen wirken beliebig. Leão und Gakpo sind physisch stark und ziehen gerne selbst ins Zentrum, Barcola und Williams kommen über Tempo und Dribblings. Dass alle schnell sind, überrascht wenig, sie spielen schließlich auf dem Flügel. Doch ein klares Profil, das Bayern sucht? Nicht erkennbar.
Ebenso unklar scheint die Strategie, mit der man Spieler überzeugen will. Eigentlich sollte der FC Bayern genug Strahlkraft haben, um auch Profis von Topklubs loszueisen. Mit einer klaren Rolle, einer sportlich attraktiven Perspektive und den nötigen finanziellen Mitteln. Bestes Beispiel: Michael Olise.
Kaum Gerüchte, dann war der Deal fix. Der Franzose kam aus der Premier League, zwar von einem kleineren Klub, aber mit klarer Idee, Rolle und Entwicklungsperspektive. Wenn der Name Bayern München nicht mehr reicht, braucht es eben kreative Wege.
Spieler wie Rodrigo Mora, Alex Baena oder Morgan Rogers – extrem talentiert, aber bei kleineren Vereinen. Ehemalige Jugendspieler wie Kenan Yıldız oder Malik Tillman. Alternativ ein anderer Typ wie Kerem Aktürkoğlu. Oder eben ganz groß denken: einem Rodrygo eine größere Rolle anbieten, oder einen unzufriedenen Christopher Nkunku überzeugen.
Nkunku wurde in der Vergangenheit regelmäßig mit Bayern in Verbindung gebracht. Doch auch hier wirkt es, als würde man zögern. Und genau das ist vielleicht das zentrale Problem: Entscheidungen dauern zu lange, weil intern zu viel Uneinigkeit herrscht. Sollte das so bleiben, droht dem FC Bayern erneut ein Transfersommer, der sich genauso zäh zieht wie die Trainersuche im vergangenen Jahr.
Eine Frage darf man stellen: Ist dieses alljährliche Theater rund um den FC Bayern wirklich so schlimm? Der „FC Hollywood“ hat schon immer für mediale Unterhaltung gesorgt und der vergangene Sommer endete ja nicht schlecht für den deutschen Branchenprimus. Nach langem Hin und Her kam Vincent Kompany: Ein junger, entwicklungsfähiger Trainer, der in seiner ersten Saison wieder aktivieren Fußball spielen ließ, viele Spieler voranbrachte und die Meisterschaft zurück nach München holte.
Auch der Kader stand früh fest. Alle wichtigen Verpflichtungen wurden zeitig abgeschlossen. Es spricht einiges dafür, dass es in diesem Sommer ähnlich laufen könnte: Mit Jonathan Tah und Tom Bischof stehen zwei interessante Neuzugänge bereits fest. National scheint das Standing also noch hoch zu sein. Sollte Max Eberl auf der linken Außenbahn noch den passenden Spieler finden, könnten die wesentlichen Transfers bereits erledigt sein, sofern sich auf der Abgangsseite nichts Größeres mehr tut.
Doch ein echter Umbruch ist das nicht. So gut Michael Olise auch eingeschlagen ist, er bleibt bislang der einzige Eberl-Neuzugang mit wirklichen Einfluss. Was der FC Bayern derzeit durchläuft, ist eher ein vorsichtiges Weiterentwickeln als ein tiefgreifender Neuanfang. Die Mannschaft war in den letzten beiden Jahren in der Champions League durchaus konkurrenzfähig, aber ein paar frische Impulse mehr wären wünschenswert.
Ernüchternd ist dabei vor allem das Wie der Suche. Der FC Bayern wirkt in seiner Vorgehensweise träge, manchmal planlos und doch am Ende meist erfolgreich. Denn der Verein ist schlicht zu groß, zu reich und zu attraktiv, um nicht doch noch Jemanden zu finden. Natürlich wird Max Eberl einen Linksaußen verpflichten – genauso, wie sich vergangenes Jahr letztlich ein fähiger Trainer fand. Die Qualität des Kaders, die Strahlkraft des Klubs und die finanziellen Möglichkeiten sind zu stark, als dass Bayern leer ausgehen würde.
Aber die entscheidende Frage ist: Zu welchem Preis? Und ist es die gewünschte Qualität? Wie vielen Kandidaten sagt man ab – oder man bekommt Absagen? Wie viele Namen sickern durch, wie oft wirkt die Suche planlos? Welches Bild gibt der Verein dabei ab?
Dass Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge über den Aufsichtsrat weiterhin maßgeblich mitreden, ist kein Geheimnis. Und genau dieses Bild interner Uneinigkeit strahlt nach außen und nicht gerade vorteilhaft. Die Lücke, die Leroy Sané hinterlässt, muss nicht um jeden Preis sofort geschlossen werden. Es braucht auch keinen spektakulären Namen.
Der Trainer kam schließlich vom 19. der Premier League, der letztjährige Königstransfer vom Tabellenzehnten. Eberl und Freund stehen in der Pflicht, eine stimmige Lösung zu finden – ohne dass der FC Bayern mit der nächsten Soap seine Strahlkraft verspielt.