
Miasanrot
·28. Mai 2025
FC Bayern München: Kaderlücke Linksverteidiger

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·28. Mai 2025
Dem FC Bayern fehlt auf mehrere Monate ein stabiler Linksverteidiger im Kader. Miasanrot blickt auf die internen Optionen als Davies-Vertreter.
Max Eberl soll im Sommer nicht nur den Kader des FC Bayern umbauen, sondern dabei im Idealfall auch noch Geld einsparen. Seit Monaten kursieren daher in den Medien Streichlisten: Wer wird nicht mehr gebraucht, ist zu teuer oder selbst nicht mehr überzeugt? Meistens tauchen dabei die üblichen Verdächtigen auf – Leon Goretzka, Serge Gnabry, Kingsley Coman.
Doch inzwischen geraten auch vergleichsweise neue Spieler wie João Palhinha oder Min-jae Kim ins Wanken. Einer, der bislang selten auf solchen Listen stand: Raphaël Guerreiro. Aber auch der Portugiese soll nun zur Disposition stehen.
Und das wäre durchaus nachvollziehbar. Guerreiro kam in zwei Jahren bei Bayern auf eine ordentliche Zahl an Einsätzen – als Kaderspieler mit klarer Ergänzungsrolle. In der Hinrunde half er zuverlässig als Not-Rechtsverteidiger aus, weil Verletzungen die Position ausdünnten.
Im Mittelfeld zeigte er mit seiner kreativen Spielweise immer wieder gute Ansätze. Doch als in der heißen Saisonphase mit Alphonso Davies und Hiroki Itō beide Linksverteidiger-Optionen von Trainer Vincent Kompany ausfielen, konnte sich der Belgier nicht auf Guerreiro verlassen. Der fiel in ein Formtief, offenbarte defensiv Schwächen – und Kompany stellte in den entscheidenden Spielen gegen Inter Mailand lieber Josip Stanišić auf links, obwohl der als Rechtsfuß auf der Position durchaus eingeschränkt war.
Es ist also nicht abwegig, dass sich der FC Bayern hinter Platzhirsch Davies neu umsieht. Zumal sowohl der Kanadier als auch Itō den Saisonstart voraussichtlich verpassen werden. Und auf den Backup-Linksverteidiger wird dadurch früh in der neuen Spielzeit viel Verantwortung zukommen.
Bei Itō wurde zunächst nur von rund drei Monaten Ausfallzeit gesprochen, nachdem er sich Ende März erneut einen Bruch im rechten Mittelfuß zuzog. Doch es war bereits die zweite Verletzung an exakt derselben Stelle innerhalb eines Jahres – und beim ersten Mal lag zwischen Diagnose und Comeback über ein halbes Jahr.
Bei Davies ist klar: Es werden mindestens sechs Monate Pause. Der Münchner Sunnyboy hat sich einen Kreuzbandriss inklusive Meniskusschaden zugezogen. Und viele Spieler brauchen nach so einer Verletzung deutlich länger als das medizinische Mindestmaß um wieder auf Topniveau zu kommen.
Der Ersatz für Guerreiro müsste also idealerweise sofort einsatzbereit sein. Einer, der von Anfang an funktioniert. Und das klingt eher danach, als müsste Eberl doch nochmal investieren – zumal für Guerreiro selbst wohl kaum noch nennenswerte Ablöse zu erzielen ist: 31 Jahre alt, ein Jahr Restvertrag, gewisse Verletzungsanfälligkeit.
Dabei könnte die Lösung ganz nah und vor allem kostengünstig sein. Am Campus – oder derzeit bei Leihvereinen geparkt – ist kaum einer Position so breit mit Talenten besetzt, wie die linke Abwehrseite. Miasanrot blickt auf die Kandidaten, die am 16. August im Supercup die Saison eröffnen könnten.
Der 18-jährige Adam Aznou kam 2022 als hochgehandeltes Toptalent vom FC Barcelona zum FC Bayern. Bereits im vergangenen Sommer galt er als Kandidat für den Sprung nach oben. Damals stieg Alphonso Davies erst spät nach der Copa América ins Mannschaftstraining ein – Aznous Chance, so schien es.
Vincent Kompany hatte ihn sogar gebeten, auf die Teilnahme an den Olympischen Spielen zu verzichten, um die Vorbereitung beim FC Bayern mitzumachen. In den Testspielen wurde der Marokkaner auch auf der rechten Abwehrseite eingesetzt, wo der Kader noch dünner besetzt war. Doch eine echte Chance, sich festzuspielen, bekam er nie.
Bis Februar standen am Ende gerade einmal 15 Bundesliga-Minuten in zwei Einsätzen und ein Kurzeinsatz über zwei Minuten in der Champions League zu Buche. Im Winter entschloss sich Aznou daher zu einer Leihe nach Real Valladolid. Eine Leihe zu Holstein Kiel hatte er zuvor abgelehnt. Der Doppelstaatsbürger zog es vor, in seine spanische Heimat zurückzukehren.
Ein perfektes Leihgeschäft sieht aus Bayern-Sicht wahrscheinlich anders aus. Valladolid holte in den 16 Spielen, die Aznou dort verbrachte, gerade einmal einen Punkt und stieg als abgeschlagener Tabellenletzter ab. Aber aus Sicht des Spielers war es jedoch genau das, was er gebraucht hatte: Spielzeit auf hohem Profi-Niveau. In 13 Einsätzen, davon zehn in der Startelf, zeigte Aznou solide Leistungen – und konnte sich trotz der sportlich prekären Gesamtsituation weiterentwickeln.
Vor allem in der Defensivarbeit und im Zweikampfverhalten machte der Youngster sichtbare Fortschritte. Auch wenn seine offensiven Qualitäten in diesem Kontext weniger zur Geltung kamen und er ohne Scorerpunkt blieb, überzeugte er durch Spielverständnis, Tempo und Pressingresistenz. Aznou sucht mutig das Dribbling, hat ein gutes Arsenal an Finten und sucht zielstrebig den Weg in die Tiefe.
In der Hinrunde war er als Kapitän der Youth-League-Mannschaft noch deutlich offensiver aufgefallen, mit vier Scorerpunkten (2 Tore, 2 Vorlagen) in fünf Spielen. Schon in den Jugendteams war sein Offensivdrang auffällig – doch gerade in der Leihe war entscheidend, dass er sich defensiv stabilisierte. Nach diesem Entwicklungsschritt könnte die Klub-WM der ideale Moment sein, um herauszufinden, ob Aznou bereit ist, in der neuen Saison die Rolle als Davies-Vertretung zu übernehmen.
Auch Matteo Pérez Vinlöf trug in der Saison 2024/25 lila Vereinsfarben – allerdings mit deutlich mehr Erfolg. Während Aznou mit Valladolid abstieg, spielte Pérez Vinlöf mit der Wiener Austria bis zum Saisonende um den Meistertitel mit – und das als Stammspieler.
Der junge Schwede verschwand während seiner Leihe jedoch nahezu vollständig aus dem Blickfeld der deutschen Öffentlichkeit. Dabei hatte er sich ein Jahr zuvor mit einem kurzen Bundesliga-Debüt gegen Wolfsburg (15 Minuten im Mai 2024) erstmals auf der großen Bühne gezeigt. Empfohlen hatte er sich zuvor bei den Amateuren, wo er sich bereits mit 17 Jahren in der Regionalliga festspielte und mit fünf Scorerpunkten (1 Tor, 4 Vorlagen) offensiv auffiel.
Doch zur neuen Saison gab es keine realistische Aussicht auf Spielzeit in der Bundesliga – also suchte Pérez Vinlöf seine Chance in Wien. Und er fand sie. In einem 3-5-2-System erarbeitete er sich direkt die Rolle des linken Schienenspielers und absolvierte 38 Pflichtspiele mit knapp 2.500 Einsatzminuten. Mit einem Tor und zwei Vorlagen blieb seine Offensivbilanz eher überschaubar. Doch er zeigte genau das, was ihn – laut Sportdirektor Christoph Freund – auszeichnet: „Ein äußerst fleißiger, disziplinierter Spieler.“
Pérez Vinlöf überzeugte mit starkem Positionsspiel, stabiler Zweikampfführung und der Fähigkeit, sich auch unter Druck clever zu behaupten. Sein Spielverständnis, sein Mut im Dribbling und seine Gradlinigkeit nach vorn machten ihn zu einer verlässlichen Option – auch wenn er selten durchspielte. Meist teilte er sich die Position mit Hakim Guenouche, blieb dabei aber klar die erste Wahl.
Ein Jahr in Österreich – ruhig, effizient, lehrreich. Pérez Vinlöf hat sich weiterentwickelt und dürfte nun mit deutlich breiterer Brust zurückkehren. Das Potenzial, in München mehr zu wollen als nur Trainingsminuten, hat er sich erarbeitet.
Die nächste Leihe – und der nächste Abstieg. Auch Bayerns Kooperationspartner SpVgg Unterhaching erwischte es am Ende deutlich: Letzter Platz in der 3. Liga, sang- und klanglos. Der Umbruch nach zahlreichen Abgängen war zu groß – davor ist selbst ein U17-Weltmeister nicht gefeit.
Maximilian Hennig, 2023 zunächst Ersatzspieler beim EM-Triumph, später Stammkraft beim WM-Sieg der U17, wagte mit immer noch 17 Jahren den Sprung in den Herrenfußball. Unterhaching sollte für den talentierten Linksverteidiger mit starkem Stellungsspiel und robuster Zweikampfführung das nächste Level werden.
Doch der Start verlief holprig. Wenig Spielzeit, wenig Rhythmus, viele Niederlagen. Unter Trainer Marc Unterberger fand Hennig kaum statt – erst mit dem Trainerwechsel änderte sich das Bild. Die folgenden Übungsleiter setzten konsequent auf ihn, Hennig wurde Stammspieler.
Am Ende stehen 26 Ligaeinsätze und rund 1.750 Minuten – ein stabiler Wert für einen 18-Jährigen in einer Krisensaison. Die Entwicklung ist angestoßen, aber der ganz große Durchbruch lässt noch auf sich warten. Für die neue Saison dürfte Hennig zunächst zur U23 des FC Bayern zurückkehren – mit wertvoller Profi-Erfahrung im Gepäck.
Eigentlich hätte an dieser Stelle noch ein vierter Spieler genannt werden können: Frans Krätzig. Doch der technisch starke, offensiv ausgerichtete Außenbahnspieler hat offenbar keine langfristige Perspektive beim FC Bayern. Ein Wechsel zu RB Salzburg steht im Raum.
Krätzig, eher als Schienenspieler denn als klassischer Linksverteidiger einzuordnen, konnte sich in der Hinrunde beim VfB Stuttgart nicht durchsetzen. Erst in der Rückrunde – auf einer offensiveren Position beim 1. FC Heidenheim – fand er besser in seinen Rhythmus.
Somit bleiben aktuell drei Kandidaten, die realistische Optionen als Backup für Alphonso Davies darstellen. Vor allem Adam Aznou sollte von Max Eberl ernsthaft in Betracht gezogen werden. Die Klub-Weltmeisteschaft könnte sich für den jungen Marokkaner als ideale Plattform erweisen, um sich zu beweisen.
Sollte Bayern jedoch erneut kein Vertrauen in den eigenen Nachwuchs setzen und stattdessen extern nachverpflichten, wäre das ein fatales Signal – sowohl an die Talente selbst als auch an den gesamten Campus. Nicht einmal in einer überbrückbaren Phase, bis Davies zurückkehrt, wagt man den Schritt, einem der begehrtesten Youngster Europas eine echte Chance zu geben. Der FC Barcelona beobachtet die Situation rund um seinen Ex-Schützling Aznou angeblich sehr genau.
Hiroki Ito wird voraussichtlich nicht allzu lange ausfallen und könnte die defensive Alternative zu Aznou sein. In der Frühphase der Saison wäre es auch kein Problem, wenn Josip Stanišić ab und zu einspringt. Sollte Ito wider Erwarten länger fehlen, wäre es keineswegs abwegig, mit Aznou und Matteo Pérez Vinlöf in die Saison zu starten – je nachdem, wer in der Vorbereitung den stärkeren Eindruck hinterlässt.
Allgemein könnte sich für Pérez Vinlöf ein ähnlicher Weg wie bei Krätzig als sinnvoll erweisen: Erst die Leihe zu Austria Wien, dann der nächste Schritt in die Bundesliga. Maximilian Hennig hingegen muss sich erst noch im Profibereich etablieren. Eine Leihe in die 2. oder 3. Liga wäre für ihn der richtige nächste Schritt, um Spielpraxis und Reife zu sammeln.