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·16. Februar 2025
FC Bayern in gefährlicher Situation: Quo vadis, Vincent Kompany?
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·16. Februar 2025
Mit einem blauen Auge kommt der FC Bayern München in Leverkusen davon. Für Vincent Kompany offenbart das Spiel einige Probleme.
„Man stellt sich immer das Idealspiel vor und das war es nicht“, sagte Vincent Kompany nach dem 0:0 des FC Bayern München bei Bayer Leverkusen im Gespräch mit Sky. Dennoch sei es eine Qualität seiner Mannschaft gewesen, dass man das Ergebnis verteidigen könne, wenn man so hinten reingedrückt wird.
„Wir werden noch lernen aus diesem Spiel“, kündigte er zudem an. Das wird mit einem mittel- und langfristigen Blick auf die Entwicklung seiner Mannschaft auch notwendig sein.
Die Partie in Leverkusen stellt den Trainer aber erneut vor Grundsatzfragen.
Kompany schwankt beim FC Bayern nahezu wöchentlich zwischen Debatten über zu hohes Risiko und Debatten über zu viel Pragmatismus und Vorsicht. Zu Beginn der Saison gab es große Kritik an seiner Spielidee, weil die Münchner in den Spitzenspielen vermeintlich zu naiv und offensiv agierten. Im weiteren Saisonverlauf reagierte Kompany darauf, ließ deutlich pragmatischer spielen – zunächst mit unspektakulärem Erfolg.
Das führte in den vergangenen Wochen aber immer mal wieder zu zähen Auftritten, wo der Knoten gegen tiefstehende Mannschaften erst spät platzte. Zu wenig Tiefe, zu wenig Bewegung, zu wenig Gier auf das Tor – dafür aber eine vermeintlich stärkere Absicherung in der Defensive, die sich an der gestiegenen Anzahl der Gegentore aber nur so semi untermauern lässt.
Es scheinen beide Varianten noch nicht optimal justiert zu sein. Gerade in den Spitzenspielen zeigt sich das immer wieder. Ob es der mindestens in Phasen naive Auftritt in Barcelona ist oder der ideenlose Vortrag am Samstagabend in Leverkusen: Gerade auswärts tun sich die Bayern auf diesem Niveau schwer damit, Spiele auf ihre Seite zu ziehen.
Die beiden Extrembeispiele zeigen, dass beides auf höchstem Niveau zu Problemen führen kann: Gnadenlos hohes Pressing, aber eben auch das sehr tiefe Verteidigen ohne echte Entlastungsphasen nach vorn. Man sollte nicht den Fehler machen und das 0:0 in Leverkusen deutlich besser bewerten als den Auftritt in Barcelona.
Ein Unterschied ist, dass die Werkself aus besseren Chancen als Barça kein Tor statt vier Toren gemacht hat. Ein weiterer Unterschied ist, dass das Spiel durch die destruktive Herangehensweise weniger spektakulär wirkte. Das Resultat aber hätte dasselbe sein können, wenn nur ein Bayer-Spieler die damalige Form von Raphinha gehabt hätte.
Bayern fand mit dem Ball keine Lösungen, um sich aus dem Druck zu lösen. Über 90 Minuten hinweg hat man es nicht geschafft, sich mehr Spielanteile zu erarbeiten und sich so sukzessive Zugriff zu verschaffen. Leverkusen hat das gegen den Ball intelligent gelöst, das Zentrum zugestellt und aggressiv nach vorn gepresst.
Es ist nicht das erste Mal, dass den Kompany-Bayern gegen ein so gut organisiertes Pressing, das den Spielaufbau aktiv einschränkt, keine guten Lösungen findet. Auch wenn die meisten Gegner eher tief verteidigen. Doch woran liegt es, dass die Bayern sich gegen Leverkusen derart den Schneid haben abkaufen lassen?
Einerseits waren die Vorzeichen mitentscheidend. Leverkusen war zuletzt formstärker, fand seinen Rhythmus und erinnerte fußballerisch wieder stark an die Leistungen der Vorsaison. Bei den Bayern ist spätestens seit dem Jahreswechsel ein wenig der Wurm drin.
Vor dem Hinspiel in München war es genau andersherum, entsprechend verteidigte die Werkself damals in der Allianz Arena ungewohnt tief und hatte Glück, dass am Ende ein Unentschieden heraussprang. Und doch darf das keine Ausrede für einen derart uninspirierten Auftritt der Bayern sein. Zumal die Probleme etwas tiefer liegen als nur bei der Form.
Gerade auf der linken Defensivseite hat Leverkusen einen Schwachpunkt ausgemacht, wie Xabi Alonso hinterher erklärte. Hiroki Ito hatte nach 68 Minuten 54 Ballkontakte – 14 mehr als Konrad Laimer über die gesamten 90 Minuten. Grund dafür war das Pressing der Leverkusener, die Bayern immer wieder auf Ito lenkten, um dessen Optionen dann zuzustellen und ihn zu pressen. Sieben lange Bälle musste der Japaner schlagen, nur einer davon kam an.
Dem 25-Jährigen ist dabei kein großer Vorwurf zu machen, war er doch meist auf sich gestellt. Immerhin ließ er sich nicht zu großen Fehlern zwingen, fand mitunter sogar ganz passable Lösungen. Ein ordentliches Startelfdebüt nach langer Verletzung.
Die Frage, die eher gestellt werden muss: Warum gelang es den restlichen Bayern-Spielern um Ito herum nicht, diese Situationen besser aufzulösen? Aleksandar Pavlovic war der ballnahe Sechser, der mit nur 48 Kontakten in 68 Minuten kaum Einfluss auf die Partie nehmen konnte. Kingsley Coman und Jamal Musiala fanden ebenfalls nicht die richtigen Wege in die Zwischenräume. Und so blieben Optionen für echte Raumgewinne oft aus.
Letztendlich gibt es gegen hohes Pressing nur eine Lösung: Sich immer wieder befreien, den Gegner arbeiten lassen und ihn nicht belohnen. Dann wird man zu längeren Ballbesitzphasen kommen und kann womöglich Kontrolle in die Partie bekommen. Zwischen der 30. Minute und der 40. Minute hatten die Bayern dahingehend vielleicht ihre beste Phase, als sie sich zwei-, dreimal lösen konnten und etwas Luft schnappen konnten.
Leverkusen ließ sich fallen und Bayern den Ball laufen. Wirklich gefährlich wurde man offensiv aber nicht. Von außen lässt sich nicht beurteilen, warum die Lösungen gegen hohes Pressing so rar sind. Auffällig ist aber, dass das nicht ganz neu ist. Auch unter Thomas Tuchel und Julian Nagelsmann gab es diese Probleme.
So gut Minjae Kim verteidigen kann, so offensichtlich sind auch seine Probleme im Aufbauspiel. Sei es, weil er einen Tick zu lange überlegt, bis der Pass kommt oder weil er einen Mitspieler mit einem Zuspiel unnötig unter Druck setzt. Es ist kein Zufall, dass Leverkusen die Pressingfallen eher auf der linken Bayern-Seite aufgestellt hat.
Rechts ist Konrad Laimer zwar auch kein überragender Aufbauspieler, mit Joshua Kimmich, Michael Olise, Dayot Upamecano und dem sich viel bewegenden Jamal Musiala hat man aber deutlich mehr Qualität in der Vorwärtsbewegung. Die bekamen die Bayern in Leverkusen aber ebenfalls kaum auf den Platz. Leverkusen verstand es gut, den Rhythmus der Münchner zu stören, ihnen keine Entfaltung zu erlauben.
Mit der Erfahrung, dass diese Probleme nicht neu sind, liegt der Schluss nahe, dass es ein individuelles Problem im technischen Bereich gibt, dass die Spieler nicht in der Lage sind, mit so einem Gegner umzugehen. Weil Spieler wie früher Thiago im Zentrum fehlen, die mit einer Bewegung alles verändern können. Doch auch das Trainerteam muss sich Fragen gefallen lassen.
Schon zur Pause hätte es eine Anpassung gebraucht, doch die kam nicht. Bayern kam mit derselben Grundstruktur aus der Kabine und wenig überraschend ging es genauso weiter wie in den ersten 45 Minuten. Der Wechsel der kompletten linken Seite in der 68. Minute war sinnvoll, hätte aber auch früher kommen können – wenngleich der Erfolg überschaubar war. Hier hätte ein Spielertyp wie Tom Bischof vielleicht größeren Einfluss haben können als Leon Goretzka.
Das zeigt dann abermals, dass die Kaderzusammenstellung der vergangenen Jahre zumindest keine große Hilfe für das In-Game-Coaching ist. Aber warum nicht die Struktur im Spielaufbau anpassen? Musiala hätte noch tiefer agieren können, Kimmich sich konsequenter in die Defensivlinie fallen lassen, Kompany hätte ihn statt Pavlović links spielen lassen können oder man stellt konsequenter auf ein 4-3-3 um – doch die Bayern zogen es durch und so hatte man Glück, dass das Warten auf das Gegentor nicht bestraft wurde.
Und genau das ist der Punkt, an dem man sich nicht hinter dem Kader verstecken sollte. Dass es hier und da Baustellen gibt, ist offensichtlich. Die ausbleibenden Impulse von der Bank sollten aber dennoch ein Kritikpunkt sein.
Und so stellt sich auch für Kompany jetzt in dieser entscheidenden Saisonphase die Frage, wohin er eigentlich will. Die Bayern haben sich nach einigen Absagen mehr oder weniger bewusst für einen Trainer entschieden, der auf diesem Niveau bisher nur als Spieler Erfahrungen gesammelt hat.
Das bedeutet auch, dass man eine Lernkurve wie einst bei Nagelsmann in Kauf nimmt, dass man ihm Rückschläge zugestehen muss. Was auch gar nicht schlecht sein muss. Auch die erfahrensten Trainer sollten im Idealfall in der Lage sein, sich ständig zu hinterfragen und ihre Idee je nach Gegebenheit und Situation anzupassen.
Seit der furiosen Anfangsphase dieser Saison scheint Kompany hier ein Stück weit in einen Selbstfindungsprozess geraten zu sein. Das Spiel der Bayern ist deutlich zurückhaltender und vorsichtiger geworden. Gegen Leverkusen fiel besonders auf, wie risikoarm das Spiel war. Immer wieder wurde nach Ballgewinnen die vermeintlich sichere Variante gewählt. Das wiederum hat Risiko und Druck aber eher erhöht, weil die Entlastung ausblieb.
Es scheint ein bisschen, als wäre der Belgier gefangen zwischen seiner Wunschvorstellung von gnadenlosem Offensivspiel und der Sorge, dass man mit dieser Kaderzusammenstellung schnell an Grenzen kommt und insbesondere auf höchstem Niveau bestraft wird. Er hat gemerkt, wie schnell die Stimmung rund um ihn kippen kann.
Aber auch in München muss man sich immer wieder daran erinnern, woher man kommt. Die Schere zwischen Anspruch und Realität klaffte im Sommer weit auseinander. Ein echter Umbruch des Kaders gelang Max Eberl und Co. nicht. Vor diesem Hintergrund ist der Gesamteindruck, den die Mannschaft bisher hinterlassen hat, immer noch gut.
Kompany hat es geschafft, den FC Bayern in der Bundesliga wieder auf Kurs zu bringen. Insbesondere gegen die vielen kleineren Gegner punkten die Münchner konstant. Nur wie will er die großen Spiele angehen, die jetzt noch verbleiben und vor allem in der Champions League bald anstehen, wenn man am Dienstag gegen Celtic Glasgow in die nächste Runde einzieht?
Dort könnten erneut zwei Spiele gegen diesen Gegner anstehen, den man nun seit sechs Spielen in Serie nicht schlagen konnte. Es ist im Moment eine sehr schwierige Phase für Kompany. Denn einerseits sprechen die Ergebnisse immer noch für ihn, während aber auf der anderen Seite die Leistungen immer größere Fragezeichen aufwerfen.
Wie schnell sich der Druck auf einen Trainer entfachen kann, haben die letzten Jahre gezeigt. Wie sehr wird der FC Bayern ihn decken, wenn es in der Champions League zu einem frühen Aus kommen sollte? Wie sehr steht man tatsächlich hinter seiner Idee? Kompany und seine Mannschaft können ein solches Szenario vermeiden, indem sie in den kommenden Spielen Stück für Stück zurückfinden zu dem, was sich der Belgier als „Idealspiel“ vorstellt.
Vielleicht ist eine große Erkenntnis aus den Anpassungen der letzten Wochen und Monaten ja auch, dass zu viel Pragmatismus und Vorsicht mehr Schaden anrichten, als sie Lösungen anbieten. Vielleicht muss Kompany noch die Mitte aus Auftritten wie in Barcelona und jetzt in Leverkusen finden. Vielleicht aber müssen er, die Verantwortlichen und auch die Fans die Geduld aufbringen, bis der Kader im kommenden Sommer weiter umgebaut werden kann.
Bis dahin wird die Suche nach dem optimalen Ansatz weitergehen. Gefährlich ist die aktuelle Situation allemal. Schon vor dem Leverkusen-Spiel deuteten sich einige Probleme an. Das 0:0, das sich wie ein Sieg anfühlt, sollte nicht darüber hinwegtäuschen.
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