MillernTon
·16. September 2024
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Mit 1:3 verliert der FC St. Pauli gegen den FC Augsburg, zeigte dabei mehrere (taktische) Gesichter und musste einmal mehr seine Fehler teuer bezahlen.(Titelfoto: Alexander Hassenstein/Getty Images/via OneFootball)
Puuh, dass ist jetzt schon der Inbegriff eines richtigen Fehlstarts. Drei Ligaspiele, drei Niederlagen – dreimal gegen einen Club gegen den der FC St. Pauli eigentlich punkten sollte, um den Klassenerhalt zu schaffen. Das gelang nicht – und mit fehlendem Spielglück kann zwar auch dieses Mal argumentiert werden, ausreichend beschrieben sind die Gründe für die erneute Niederlage aber nicht.
In der Startelf des FC St. Pauli gab es nur eine Veränderung: Carlo Boukhalfa ersetzte Connor Metcalfe im zentralen Mittelfeld. Alexander Blessin erklärte vor Anpfiff am DAZN-Mikro, dass sich Boukhalfa diese Nominierung „verdient“ habe und zudem: „Wir wollten die Struktur nicht ändern, weil wir gegen den Ball gut gestanden haben.“
Ein weiteres personelles Fragezeichen gab es um eine Rückkehr von Manos Saliakas. Blessin entschied sich dafür weiter mit Lars Ritzka und Philipp Treu auf den Schienenpositionen zu starten. Ganz ehrlich: Dass in der Bundesliga die beiden Startelfspieler des FC St. Pauli auf der linken Seite mal Carlo Boukhalfa und Lars Ritzka heißen – das habe ich nicht kommen sehen.
Viel mehr personelle und auch strukturelle Veränderungen gab es beim FC Augsburg. Die Startelf wurde auf gleich fünf Positionen verändert: Ruben Vargas, Frank Onyeka, Kritijan Jakic, Marius Wolf und Maximilian Bauer kamen für Tietz, Maier, Pedersen, Breithaupt und Jensen hinein. Dieser doch recht große personelle Umbruch hatte unter anderem auch die Formation als Grund: Statt einem 4-4-2 mit Mittelfeldraute stellte sich der FC Augsburg in einem 3-4-2-1 auf.
Aufstellung beim Spiel FC Augsburg gegen FC St. Pauli
FCA: Labrovic – Bauer, Gouweleeuw, Schlotterbeck – Wolf, Onyeka, Jakic, Giannoulis – Rexhbecaj, Vargas – Essende
FCSP: Vasilj – Wahl, Smith, Mets – Treu, Wagner, Irvine, Boukhalfa, Ritzka – Eggestein, Guilavogui
Um gleich mal die Stoßrichtung der folgenden Absätze zusammenzufassen: Die erste Halbzeit, die der FC St. Pauli in Augsburg spielte, war ziemlich enttäuschend. Das Team war offensiv schlicht nicht präsent und defensiv anfällig. Und das alles gegen einen Gegner, dem man die eigene Unsicherheit anmerkte. Wenig verwunderlich dann auch, dass Alexander Blessin nach Abpfiff bei DAZN erklärte: „Wir haben den Gegner stark gemacht.“
Im Spiel mit dem Ball organisierte sich das Team des FC St. Pauli erneut etwas verändert, versuchte Lösungen gegen das Pressingverhalten des FC Augsburg zu finden. Dabei bildete das Team zu Beginn eine Dreierkette im Aufbau (Smith blieb zwischen den Innenverteidigern). Vor allem Lars Ritzka schob bei eigenem Ballbesitz oft weit nach vorne, während Carlo Boukhalfa in den halblinken Defensivraum zurückfiel. So wurde versucht auf der linken Seite eine Überzahl im Aufbau zu erschaffen.
Eine Überzahl hätte sich theoretisch auch im Mittelfeldzentrum ergeben können. Denn die Augsburger sortierten sich gegen den Ball in ein 5-2-3. Die drei Innenverteidiger des FC St. Pauli wurden dabei vom Trio Vargas-Essende-Rexhbecaj mehr oder weniger zugestellt (Rexhbecaj schob aus der Achter-Position nach vorne). Dabei standen allerdings Jakic und Onyeka, die Doppelsechs der Augsburger, theoretisch gegen das zentrale Mittelfeld des FCSP in Unterzahl. Vor allem dann, wenn die fallenden Stürmer des FCSP hinzugekommen wären.
Doch all die taktischen Feinheiten, all die Ideen das Augsburger Spiel gegen den Ball in Verlegenheit zu bringen, waren nur theoretischer Natur. Denn dem FC St. Pauli gelang es in den ersten 45 Minuten so gut wie nie auch nur ansatzweise sauber ins letzte Drittel des FCA zu kommen. Das eigene Aufbauspiel war langsam, ideenlos und durchsetzt von Fehlern. Es fehlte jegliche Dynamik, um nach vorne zu kommen und die Anzahl an Fehlpässen und gefährlichen Ballverlusten war viel zu hoch.Entsprechend bedient war Alexander Blessin nach dem Spiel, als er über die ersten 45 Minuten sprach: „Wir haben viel zu viel nach hinten gespielt, haben träge und langsam gespielt. Dadurch haben wir Augsburg eingeladen uns zu pressen und den Blick nach vorne verloren.“
Auch gegen Union Berlin gelang es dem FC St. Pauli in der ersten Halbzeit nicht, offensiv gefährlich zu werden. Der Unterschied war allerdings, dass man sich zumindest ins letzte Drittel vorspielen konnte (was gegen Augsburg nicht gelang). Dass der FCSP im ersten Abschnitt nur zu zwei Torschussversuchen kam (Boukhalfa und Guilavogui, in der gleichen Situation) und nur sechs magere Ballkontakte im gegnerischen Strafraum hatte, ist einfach zu wenig. Und das auch dann noch, wenn man defensiv sicher gestanden hätte.
Die Zahnlosigkeit in der Offensive hing unter anderem damit zusammen, dass es viel zu wenige Momente gab, in denen das Team nach Ballgewinn zu vielversprechenden Umschaltgelegenheiten kam. Die einzigen Torschussversuche entstanden zwar aus genau so einer Situation, als es Guilavogui gelang einen Augsburger Pass abzufangen. Doch insgesamt war das Team zu wenig aggressiv im Spiel gegen den Ball, sodass der FCA mit zunehmender Dauer des Spiels immer sicherer wurde, weshalb Blessin auch davon sprach, dass man den Gegner stark gemacht habe.
Weil der FC St. Pauli nur wenig Druck auf das Augsburger Aufbauspiel erzeugen konnte, stand das Team leider auch defensiv alles andere als sicher. Elf Torschüsse ließ man im ersten Abschnitt zu (28 FCA-Ballkontakte im eigenen Strafraum). Oft fehlte schlicht der Zugriff auf die FCA-Spieler, die sich bei Ballbesitz etwas anders als gegen den Ball positionierten (Rexhbecaj agierte zusammen mit Jakic oder Onyeka auf der Acht, Vargas sorgte offensiv für die Besetzung der Außenposition). Immerhin musste Nikola Vasilj nur ein einziges Mal im ersten Abschnitt ernsthaft rettend eingreifen, tat das herausragend gegen Essende.
Zu allem Überfluss sorgte die einzige Abschlusssituation des FC St. Pauli der ersten 45 Minuten auch noch dafür, dass Morgan Guilavogui ein paar Minuten später ausgewechselt werden musste. Nach seinem weit verzogenen Torschuss fasste sich der Neuzugang des FCSP ans rechte Bein, lief nicht rund. Kurz danach, nach einer Klärungsaktion im eigenen Strafraum, bei dem es einen Kontakt gab, musste er ausgewechselt werden. Es ist zu hoffen, dass er sich keine schwere Verletzung zugezogen hat, besonders weil er eines der wenigen dynamischen Elemente im FCSP-Spiel war. Für Guilavogui kam Dapo Afolayan auf den Platz. Ein Wechsel der vermutlich Einfluss auf weitere personelle Entscheidungen hatte.Die einzig gute Nachricht für den FC St. Pauli in der ersten Halbzeit war, dass sie irgendwann endete – und das mit einem 0:0.
Zum Anpfiff der zweiten 45 Minuten standen dann Manos Saliakas und Elias Saad auf dem Platz. Saliakas ersetzte den gelb-vorbelasteten Ritzka, Saad (der im zweiten Abschnitt massiv Werbung für einen Startelfeinsatz betrieb) den blassen Wagner. Mit diesen personellen Wechseln – und der Tatsache, dass Afolayan bereits auf dem Platz stand – ging auch die Umstellung auf ein 3-4-3 einher. Es wäre spannend gewesen zu sehen, wie sich das Spiel beim Stand von 0:0 entwickelt hätte. Doch in der 47. Minute kam es zu einer diskutablen Szene…
Alexander Blessin sah eine schwache erste und eine gute zweite Halbzeit des FC St. Pauli – und eine fatale Fehlentscheidung von Schiedsrichter Felix Zwayer // (Alexander Hassenstein/Getty Images/via OneFootball)
Kurz nach Wiederanpfiff gab es einen FCA-Einwurf auf Höhe der Strafraumkante des FC St. Pauli. Karol Mets klärte die hereingeschlagene Flanke von der rechten Seite per Kopf. FCA-Stürmer Essende versuchte ebenfalls zum Ball zu kommen. Doch Mets war eher dran, von dem der Ball erst an Essendes Hand und dann aus dem Strafraum heraus sprang, während Essende den FCSP-Innenverteidiger voll mit dem Körper erwischte. Mets blieb liegen – und fehlte dann womöglich entscheidend, als Wolf, der den geklärten Ball von ihm aufnahm, zur Augsburger Führung ins FCSP-Tor traf. Für Blessin ein klares Foul („Das muss man abpfeifen.“) und es ist in der Zeitlupe auch zu erkennen, wie Schiedsrichter Felix Zwayer die Pfeife kurz in Richtung Mund führte nachdem Mets getroffen wurde. Der Pfiff blieb jedoch aus und für einen VAR-Eingriff war das vermutlich auch nicht klar genug (gecheckt wurde im Anschluss wohl nur, ob es sich um ein strafbares Handspiel von Essende handelte). Hätte Zwayer hier ein Offensivfoul gepfiffen, hätte sich sicherlich niemand beschwert. Pech für den FC St. Pauli.
Trotz dieses denkbar schlechten Starts in die zweite Halbzeit ließ sich der FCSP nicht davon abbringen nun besseren Fußball zu spielen. Nach nur 15 Minuten hatten sie bereits mehr erfolgreiche Pässe im letzten Drittel, mehr Torabschlüsse und mehr Kontakte im gegnerischen Strafraum, als im gesamten ersten Abschnitt. Das 3-4-3 des FC St. Pauli ist in der Struktur anders als in der Vorsaison, wird viel geradliniger umgesetzt und ist auf dem Platz viel klarer zu erkennen. Denn Smith verbleibt dabei in der Innenverteidigung, die Schienenspieler bilden zusammen mit den beiden Sechsern eine erkennbare Viererkette und aus dieser Position bewegen sich alle vier Spieler immer vertikal vor oder zurück, aber eigentlich nie horizontal.
In der Struktur gefiel das Aufbauspiel des FC St. Pauli nun besser. Da die Augsburger Schienenspieler nur ungern die Fünferkette verließen (Saad und Afolayan sorgten mit ihrer Positionierung dafür), gab es viel Raum für die FCSP-Schienenspieler (vor allem für Saliakas), die sich etwas weiter hinten positionierten als noch in der ersten Halbzeit. Doch statt aus der guten Phase in den Minuten nach dem Rückstand etwas Zählbares zu holen, ließ sich der FC St. Pauli auskontern: Der eingewechselte Tietz traf nach einer maßgenauen Flanke von Onyeka zum 2:0. Das defensive Umschaltverhalten des FCSP war in dieser Szene, trotz deutlicher Überzahl, einfach nicht gut organisiert. Onyeka konnte flanken, obwohl zwei Spieler (Mets und Saad) Zugriff gehabt hätten. Tietz stand völlig blank am zweiten Pfosten, obwohl zwei Spieler (Wahl und Saliakas) diesen Raum erreichen konnten. Das sind einfache Fehler, die in der Bundesliga brutal bestraft werden.
War das 0:1 noch nicht wirklich zu spüren, so war das 0:2 ein Wirkungstreffer für den FC St. Pauli. Denn kurz danach hätten Rexhbecaj und Onyeka das Spiel bereits entscheiden können, der FCSP wirkte kurzzeitig ziemlich von der Rolle. Doch der FC Augsburg nutzte diese Chancen nicht, das Spiel blieb damit zumindest etwas offen – und wurde durch den Anschlusstreffer von Boukhalfa nochmal spannend, bei dem Saad genauso maßgeschneidert flankte, wie Onyeka vor dem 2:0. Saad war es auch, der wenige Minuten vor dem Abpfiff die wohl beste Gelegenheit zum Ausgleich hatte. Der FCSP hatte nach dem Anschlusstreffer nämlich ziemlich Druck aufgebaut, spielte einen richtig guten Ball.
Doch es reichte erneut nicht, der Ausgleich gelang nicht mehr. Stattdessen kam der FC Augsburg in der Nachspielzeit gleich zu mehreren vielversprechenden Gelegenheiten. Die dritte und letzte (hier ist nach meinem Empfinden zuvor ein Foul an Eric Smith erkennbar) nutzte Yussuf Kabadayi zum entscheidenden 3:1 für den FCA. Der Aufwand und die klare Leistungssteigerung des FC St. Pauli in der zweiten Halbzeit wurden also nicht belohnt.
Der FC St. Pauli verliert also auch das dritte Ligaspiel und der Druck Punkte zu holen nimmt damit natürlich nicht ab. Ein ziemlicher Fehlstart. Mut macht, dass sich das Team bis zuletzt gegen die erneute Niederlage stemmte und alles andere als chancenlos gewesen ist. Das sieht auch Blessin so, der von einer „intakten Mannschaft“ sprach und dabei auch den Anhang mit ins Boot holte: „Die Fans standen wie eine Wand hinter uns. Nur so geht es.“Immer weiter vor!// Tim
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