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·13. Juli 2024
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Die Kritiker sollen endlich verstummen. Doch dafür muss Harry Kane im EM-Finale die erste bedeutende Trophäe seines Lebens gewinnen.
Vor der vielleicht wichtigsten Nacht seines Lebens blendete Harry Kane all die Kritik bewusst aus. Locker und doch fokussiert knipste der viel gescholtene Anführer der Engländer im Teamcamp im thüringischen Blankenhain Selfies mit Fans, hier und da gab es auch ein Autogramm. Den Druck, seine so tolle wie titellose Karriere mit dem EM-Pokal zu versilbern, ließ Bayern Münchens Starstürmer gar nicht erst an sich heran.
“Es wurde früh viel geredet. Das ist verständlich. Wir haben nicht so gut gespielt, wie wir können. Aber letztlich habe ich gesagt: Urteilt nach dem Turnier über uns”, sagte Kane in Richtung der kritischen Geister, die beim Finale am Sonntag (21.00 Uhr/ARD und MagentaTV) in Berlin gegen Spanien auf ihn schauen werden. In seinen 13 Jahren als Profi ächzte er immer wieder unter den gigantischen Erwartungen.
In der englischen Nationalmannschaft, aber auch zunächst bei Tottenham Hotspur und dann bei den Bayern traf Kane stets wie am Fließband – allein in seinem ersten Jahr in München schoss er in 45 Pflichtspielen 44 Tore. Und doch blieb dieser eine fette Makel. Jose Mourinho, seinem früheren Coach bei Tottenham, sagte er einmal in einem Gespräch, das in einer Amazon-Doku zu sehen ist, sein Ziel sei es, auf eine Stufe mit den Lionel Messis und Cristiano Ronaldos dieser Welt zu klettern.
Bislang eine Utopie, denn dafür braucht es Titel, die Kane nicht zu gewinnen imstande war. Ein paar Mal war er nah dran. 2019 mit den Spurs im Champions-League-Finale, das gegen Jürgen Klopp und den FC Liverpool verloren ging. Oder eben vor drei Jahren, in dieser Nacht in Wembley, in der alles für Kanes Krönung bereitet schien. In der aber dann Italien im EM-Finale im Elfmeterschießen siegte. Auch wenn Kane selbst meist ablieferte, gibt es für Pokale eben keinen Ersatz – und irgendwann kommen die Zweifel.
Als sich die Engländer vom Start dieser EM weg mehr schlecht als recht durch das Turnier würgten, geriet auch schnell Kane ins Kreuzfeuer der Kritik. Ist der Angreifer überhaupt fit? Lässt er sich zu tief fallen? Sollte ihn Teammanager Gareth Southgate auf die Bank setzen? “Als hätte man Cristiano Ronaldo im Team – der spielt auch nur wegen seines Namens”, sagte der frühere Premier-League-Spieler und heutige TV-Experte Jamie O’Hara, Kane sei “weit von seiner Form entfernt”.
Allen Unkenrufen zum Trotz verteidigte Southgate seinen langjährigen Kapitän, der mehr als nur eine Chancenverwertungsmaschine ist. “Er führt das Team unglaublich gut, er hat einen so positiven Einfluss auf das ganze Lager und führt die jungen Spieler durch alles, was die Mannschaft in der Anfangsphase des Turniers zu bewältigen hatte”, sagte der Coach. Und Kane traf ja dennoch! Ohne seine Tore im Achtelfinale gegen die Slowakei (2:1 n. V.) und in der Vorschlussrunde gegen die Niederlande (2:1) wären die Engländer längst im Urlaub.
Nach seinem dritten Turniertor ist der 30-Jährige nicht nur der erfolgreichste Torschütze in K.o.-Spielen bei Fußball-Europameisterschaften, er kann auch noch Torschützenkönig werden. Nur Spaniens Dani Olmo, ebenfalls drei Tore, könnte ihm wohl gefährlich werden. Aber Torjäger-Preise stapeln sich im Hause Kane bereits, nur für den “Coupe Henri Delaunay” ist noch Platz in der Vitrine. “Wir müssen noch einen weiteren Schritt gehen”, so Kane, “um Geschichte zu schreiben.” Und die Kritiker wären endlich leise. (SID)
(Photo by KENZO TRIBOUILLARD/AFP via Getty Images)