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Philipp Overhoff·26. September 2023
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Philipp Overhoff·26. September 2023
In der neunten Minute des WM-Achtelfinales 2014 wetzt Manuel Neuer hinter Algeriens Islam Slimani her und grätscht ihm gerade noch den Ball weg. Der Auftakt einer unglaublichen Torwart-Show. Emiliano Martínez zieht bei den Elfmetern der vergangenen WM alle Register der Mindgames und verhilft seinen Argentiniern letztlich zum Titel.
Wenn wir an große individuelle Torhüterleistungen denken, kommen uns sofort solche Szenen in den Kopf.
Eine weitere Top-Leistung dieser Art ereignete sich am 27. September 2022: 120 überragende Minuten samt weißer Weste, drei parierte Strafstöße im Elfmeterschießen und ein selbst verwandelter Elfmeter. So liest sich der Arbeitsnachweis von Bayerns neuem Torhüter Daniel Peretz, der heute im DFB-Pokal vor seinem Debüt steht, beim Playoff-Rückspiel für die Qualifikation zur U21-EM 2023. Im alles entscheidenden Duell zwischen Israel und Irland in Tel Aviv machte Peretz die EM-Qualifikation für seine Farben quasi im Alleingang klar.
Zugegeben, wir reden hier „nur“ über ein U21-Spiel und nicht über Leistungen von der Tragweite, wie dies bei den besagten Partien von Neuer oder Martínez der Fall war. Aber eines steht dennoch fest: Die bayrische Neuverpflichtung Daniel Peretz scheint ein Faible für die großen Spiele zu haben.
Davon kann auch die deutsche U21-Nationalmannschaft ein Lied singen. Beim Auftaktspiel der Junioren-EM im Juni parierte der 23-Jährige die Strafstöße von Youssoufa Moukoko und Jesse Ngankam und hielt somit das überraschende 1:1 Unentschieden fest. Der israelischen Auswahl gelang bei diesem Turnier sogar sensationell der Einzug ins Halbfinale, nachdem man das Viertelfinale gegen Georgien, selbstverständlich nach Elfmeterschießen, für sich entscheiden konnte. Auch hier tat sich Peretz mit zwei gehaltenen Strafstößen hervor.
Diese Leistungen sind auch den Verantwortlichen des FC Bayern nicht verborgen geblieben, die Münchner überwiesen angeblich fünf Millionen Euro plus mögliche Boni an Maccabi Tel Aviv. Beim Rekordmeister hat Peretz einen Vertrag bis 2028 unterschrieben und soll sich langfristig zur Nummer eins aufschwingen. Gegen Preußen Münster bekommt er eine erste Chance um sich zu zeigen.
Almog Cohen, ehemaliger israelischer Nationalspieler und in Deutschland für Nürnberg und Ingolstadt aktiv gewesen, traut seinem Landsmann langfristig sogar zu, die Nummer eins des FC Bayern München zu werden. „Daniel ist Manuel Neuer 2.0., der israelische Neuer!“, so Cohen gegenüber der ‚Bild‘-Zeitung.
Peretz habe ein „gutes Gesamtpaket aus Reflexen und Strafraum-Beherrschung“ und sei ein „richtig großes Talent“. Cohen sieht den jungen Torhüter, der neben der israelischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und deutsch spricht, in Zukunft unter den fünfzehn besten Torhütern der Welt. Natürlich müsste sich Peretz aber noch „in allen Bereichen verbessern.“
Der Hype in Peretz‘ Heimat kennt derweil übrigens kaum Grenzen. Noch nie zuvor hat ein Israeli beim deutschen Rekordmeister unter Vertrag gestanden, die dortigen Gazetten überschlugen sich vor Euphorie. Sogar Ministerpräsident Netanyahu äußerte sich vor der Verpflichtung im Rahmen einer Kabinettssitzung. In Anspielung auf den Verkauf des israelischen Verteidigungssystems Arrow 3 an Deutschland sagte der Politiker: „Es ist möglich, dass wir auch Daniel Peretz für die deutsche Verteidigung spenden, das werden wir in den nächsten Tagen prüfen.“
Zwei Dinge dürften somit bereits feststehen. Die Bayern haben mit Daniel Peretz nicht nur einen hochveranlagten jungen Torhüter, sondern sicherten sich im selben Atemzug auch eine potenzielle neue Fan-Gemeinschaft.